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Sternengeschichten Folge 553: Warum ist der Himmel blau?

In dieser Folge der Sternengeschichten geht es um die Lichtstreuung. Wenn man noch nie davon gehört hat, dann klingt das Wort ziemlich harmlos. In der Physik meint man mit „Streuung“ ganz allgemein einen Vorgang, bei dem ein Objekt durch die Wechselwirkung mit einem anderen Objekt abgelenkt wird. Wenn beim Fußball jemand eine Flanke annimmt und den Ball ins Tor kickt, dann ist das in gewissen Sinne auch nichts anderes als eine Streuung, in dem Fall eben die Streuung des Balls am Fuß. Aber um Fußball soll es heute nicht gehen und wir bleiben auch beim speziellen Fall, in dem Licht gestreut wird. Und keine Sorge, das reicht vollkommen um eine Folge der Sternengeschichten zu füllen.

Licht kann an so gut wie allem gestreut werden und je nachdem, was ihm genau in die Quere kommt, können ganz unterschiedliche Phänomene entstehen. Fangen wir mit dem an, was wir in unserem Alltag quasi täglich sehen können, nämlich den Auswirkungen der sogenannten Rayleigh-Streuung. Formal handelt es sich dabei um die elastische Streuung elektromagnetischer Wellen an Teilchen, deren Durchmesser im Vergleich zur Wellenlänge der Strahlung klein ist. In der Praxis ist die Rayleigh-Streuung der Grund, warum der Himmel blau ist.

Klären wir aber vorher nochmal das mit der „elastischen Streuung“. Wenn ein Streuungsvorgang elastisch ist, dann ist die Bewegungsenergie vor dem Stoß genau so groß wie danach. Im Gegensatz zum „inelastischen Stoß“ beziehungsweise der inelastischen Streuung, wo beim Streuungs- oder Stoßvorgang ein Teil der Bewegungsenergie in andere Energieformen umgewandelt werden kann, zum Beispiel in Wärme- oder Deformationsenergie. Wenn zum Beispiel ein Auto frontal gegen eine Mauer fährt, handelt es sich definitiv um einen inelastischen Stoß. Vor der Kollision hat das Auto eine gewisse Bewegungsenergie, die Mauer nicht. Danach stehen sowohl Auto als auch Mauer; die Summe der Bewegungsenergien hat sich also auf jeden Fall verändert. Man sieht aber auch sehr gut, wohin die Bewegungsenergie des Autos verschwunden ist: Sie hat dazu geführt, dass das Auto massiv verformt wurde und jetzt nur noch ein Schrotthaufen ist.

In der Alltagswelt ist jeder Stoß ein inelastischer Stoß, aber wenn es um Atome und Elementarteilchen geht, dann gibt es dort durchaus auch elastische Stoßvorgänge, da eine bestimmte Mindestenergie benötigt wird, wenn man ein Atom anregen, also quasi aufwärmen will. Das liegt an der Quantenmechanik, die Energie nur in bestimmten Mengen zulässt, aber so weit ins Detail müssen wir jetzt gar nicht gehen.

Lord Rayleigh (Bild: gemeinfrei)

Bei der Rayleigh-Streuung haben wir es auf jeden Fall mit kleinen Teilchen zu tun; zum Beispiel mit den Atomen und Molekülen in der Luft. Die sind definitiv kleiner als die Wellenlänge von für unsere Augen sichtbarer elektromagnetischer Strahlung, also dem, was wir normalerweise als „Licht“ bezeichnen. Es geht also um die Frage, was passiert, wenn Licht sich durch die Erdatmosphäre bewegt. Licht ist Energie und zwar um so mehr, je kleiner die Wellenlänge ist. Rotes Licht enthält also weniger Energie als das blaue Licht mit seiner kürzeren Wellenlänge. Mit dieser Energie kann das Licht nun die Elektronen anregen, die sich in den Hüllen der Atome der Luftmoleküle befinden. Wenn das passiert, dann verändert sich die Verteilung der Elektronen und damit auch ihre Position. Die Details würden jetzt zu weit führen, aber die schwingende Lichtwelle bringt, vereinfacht gesagt, auch die Elektronen der Moleküle zum Schwingen und damit dazu, selbst Strahlung auszusenden. Und es ist diese Strahlung, die wir dann als das gestreute Licht wahrnehmen.

Wie das genau und in welchen Ausmaß das passiert, hängt vom sogenannten „Wirkungsquerschnitt“ ab; vereinfacht gesagt ist das ein Maß für die Wahrscheinlichkeit der Wechselwirkung zwischen dem Licht und einem Teilchen. Bei der Rayleigh-Streuung hängt der Wirkungsquerschnitt von der Wellenlänge ab. Je kürzer die Wellenlänge, desto stärker die Streuung. Oder anders gesagt: Blaues Licht wird circa 16 mal stärker gestreut als rotes Licht. Das ist der Grund für den blauen Himmel: Hätte wir keine Atmosphäre, wäre der Himmel immer schwarz, so wie in der Nacht. Dann würde das weiße Sonnenlicht einfach ungehindert auf die Erde fallen und wir würden zwar die helle Sonne am Himmel sehen, aber dort wo die Sonne nicht ist, wäre es einfach nur schwarz. Aber weil wir eine Atmosphäre haben, wird das Sonnenlicht gestreut, sobald sie darauf trifft. Untertags steht sie, zumindest in den meisten Gegenden der Welt, hoch am Himmel. Der Weg des Lichts durch die Atmosphäre ist also vergleichsweise kurz und es bleibt nicht so viel Zeit für das Licht, an den Molekülen der Luft gestreut zu werden. Deswegen wird vor allem der Anteil des Sonnenlichts gestreut, bei dem der Wirkungsquerschnitt groß ist: Das blaue Licht. Es breitet sich also durch die Streuung in alle Richtungen aus und wir sehen den gesamten Himmel bläulich eingefärbt.

Anders ist es, wenn die Sonne sehr tief steht, also in der Morgen- oder Abenddämmerung. Jetzt muss das Licht einen langen Weg durch die Atmosphäre zurücklegen. Jetzt wird sehr viel Licht gestreut und wieder sehr viel blaues Licht. So viel, dass der blaue Anteil des Sonnenlichts zu einem großen Teil seitlich wegstreut ist, bevor der Rest in unseren Augen ankommt. Dieser Rest besteht dann vor allem aus den rötlichen/gelblichen Anteilen und sorgt für die schönen Sonnenauf- und untergänge.

Jetzt wird der eine oder die andere einwerfen wollen, dass der Himmel doch bitte nicht immer blau ist. Manchmal schaut man aus dem Fenster und sieht nur eine trübe, grau-weißliche Suppe und keinen klaren, blauen Himmel. Das stimmt, und dafür ist ein anderer Streuungs-Vorgang verantwortlich, nämlich die sogenannte „Mie-Streuung“. Die findet statt, wenn die Teilchen an denen das Licht gestreut wird, keine kleinen Moleküle oder Atome sind, sondern größer – ungefähr so groß wie die Wellenlänge des Lichts selbst. Das können zum Beispiel kleine, feine Wasserströpfchen sein. Oder Staub- und Rußpartikel. In diesem Fall hängt das Ausmaß der Streuung kaum von der Wellenlänge des Lichts ab. Alle Farben werden annähernd gleich stark gestreut und das weißliche Sonnenlicht verteilt sich ebenso weißlich über den ganzen Himmel. Das ist auch der Grund, warum Wolken weiß erscheinen, denn die sind ja nichts anderes, als große Ansammlungen feiner Wassertropfen, die über den Himmel schweben. Und wenn die Luft sehr feucht ist, ist der ganze Himmel trüb. Die Mie-Streuung kann man auch nachts beobachten, wenn sich um den hell leuchtenden Mond herum ein nebelartiger Lichthof bildet. Auch das liegt am Wasser in der Luft und ein Mond mit Hof ist daher ein Anzeichen für nahendes Schlechtwetter.

Tyndall-Effekt (Bild: FEXX, CC-BY-SA 3.0)

Etwas erfreulicher ist die Mie-Streuung zu sehen, wenn man es mit dem Tyndall-Effekt zu tun hat. Man kennt das: Man spaziert zum Beispiel durch den Wald und das Sonnenlicht bildete wunderschöne Strahlen, die durch das Blätterdach fallen. Auch hier ist der Grund die Streuung des Lichts an Staub- oder Wasserpartikeln. Ein Teil des Sonnenlichts wird dadurch seitlich aus dem Strahl heraus gestreut, weswegen wir ihn auch von der Seite aus sehen können.

Es gibt noch jede Menge andere Arten der Lichtstreuung. Zum Beispiel all die Fälle, wo Licht nicht an Atomen, Molekülen oder Partikeln gestreut wird, sondern an Elementarteilchen wie Elektronen. Und es muss ja auch nicht immer nur für unsere Augen sichtbares Licht sein; gestreut werden kann jede Art der elektromagnetischen Strahlung, auch Röntgenstrahlung, Radiostrahlung, und so weiter. Es ist sogar möglich, dass Licht an Licht gestreut wird. Das klingt seltsam, denn was soll da der Grund sein? Der Grund ist in dem Fall die Quantenmechanik und die Tatsache, dass es Quantenfluktuationen gibt, die kurzfristig Teilchen hervorbringen, die dann aber gleich wieder verschwinden. Die spielen in der Alltagswelt keine Rolle, sorgen aber dafür, dass Licht sogar an Licht gestreut werden. Diese Art der Streuung spielt sogar eine Rolle in der Astronomie – aber das ist eine so lange Geschichte, dass ich sie mir lieber für eine andere Folge aufhebe. Lichtstreuung ist eben tatsächlich ein sehr vielfältiges Problem und es kann sehr viel passieren, wenn man dem Licht in die Quere kommt.

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