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Sternengeschichten Folge 592: Weltraumwaffen und Killersatelliten

Der Satellit Fengyun-1C flog am 10. Mai 1999 ins Weltall. Der Name bedeutet so viel wie „Sturm und Wolken“ und passte zur Aufgabe des wissenschaftlichen Instruments: Nämlich das Wetter zu beobachten. Das hat der Satellit auch getan, bis er am 11. Januar 2007 zerstört worden ist. Nicht aus Versehen, es war ein geplanter Angriff. Eine Rakete, die von der Erde aus ins All geschossen wurde, traf den Satelliten und hat ihn komplett vernichtet. Nach der Kollision gab es nur noch eine große Trümmerwolke aus über 40.000 größeren und Millionen kleinerer Bruchstücke. Die absichtliche Zerstörung von Fengyun-1C war allerdings kein kriegerischer Akt. Der chinesische Satellit wurde von China selbst zerstört, um ihre Antisatellitenraketen testen zu können. Aber allein die Tatsache, dass es so etwas wie Antisatellitenraketen gibt und das ihre dramatische Wirkung von China so öffentlich demonstriert worden ist, zeigt, dass Krieg auch im Weltall nicht ignoriert werden kann.

Es ist traurig, dass auch dieser Bereich nicht von der menschlichen Gewalt verschont bleibt. Aber auch nicht überraschend. Wir sind Menschen und wir bleiben Menschen, auch wenn wir ins Weltall fliegen. Und seit es uns Menschen gibt, führen wir Krieg gegeneinander. Wir scheinen nicht in der Lage zu sein, friedlich miteinander leben zu können. Und auch die Wissenschaft kann sich da nicht entziehen. Kriege waren immer schon Treiber für wissenschaftliche Entwicklungen. Nehmen wir nur den zweiten Weltkrieg: Die Radartechik war ein direktes Resultat der Forschung, die für Kriegszwecke durchgeführt worden ist. Auch Computer und Flugzeuge wurden während des Krieges massiv weiter entwickelt. Und natürlich auch die Raumfahrt selbst. Die deutschen Pioniere der Raketentechnik bauten die ersten richtigen Raketen nicht für die Forschung, sondern als Waffen. Und als Deutschland den Krieg verloren hatte, wurden die Raketentechnik und die Ingenieure von den USA und der UdSSR übernommen, um dort die jeweiligen Raumfahrtprogramme zu entwickeln. Es soll hier aber nicht um die Geschichte der Raumfahrt im zweiten Weltkrieg gehen, das wäre außerdem ein zu umfangreiches Thema für einen Podcast. Ich wollte nur die Verknüpfungen zwischen Technik und Krieg betonen, damit klar ist, dass sich das nicht so einfach trennen lässt. Das gilt auch für die „reine“ Wissenschaft: Als gut 400 Jahre früher Menschen wie Galileo Galilei, Johannes Kepler oder Isaac Newton darüber nachgedacht haben, wie und warum sich die Himmelskörper bewegen, da ist es ihnen nur darum gegangen, das Universum besser zu verstehen. Aber wenn damals nicht die Grundlagen der Mechanik entwickelt worden wären und man nicht angefangen hätte, die Gravitation zu verstehen, dann hätte man später auch keine Raketen ins All schicken können. Raketen, die einerseits wissenschaftliche Instrumente transportieren können, die unser Verständnis der Welt verbessern. Oder Bomben tragen und unsägliches Leid anrichten können. Was wir mit dem Wissen anstellen, das wir erlangen, liegt an uns selbst. Und so wie es aussieht, schaffen wir es leider nicht, das Wissen nur zum Wohl der Menschheit einsetzen. Das kann man schrecklich finden und das soll man auch. Aber man kann es nicht ignorieren. Und deswegen geht es in der heutigen Folge der Sternengeschichten um Killersatelliten.

Beziehungsweise um Krieg im Weltall. Der findet statt, wenn auch ganz anders, als wir das aus den Science-Fiction-Filmen gewöhnt sind. Es gibt keine gigantischen Raumschlachten, in denen sich Raumschiffe mit Lasern, Phasern oder Photonentorpedos beschießen; keine waghalsigen Flugmanöver und all das andere, eher unwissenschaftliche, Standard-Gekämpfe aus den Hollywood-Filmen. Trotzdem ist der Weltraum natürlich auch ein Ort, der für die Kriegsführung wichtig geworden ist. Nicht als Kampfschauplatz, noch nicht – beziehungsweise nur sehr sporadisch, wie wir noch sehen werden. Aber als strategische Position, die es zu besetzen gilt. Seit wir in der Lage sind, Satelliten ins All zu schicken, schicken wir auch Satelliten ins All, deren Aufgabe die Spionage ist. Der Blick von oben liefert Hinweise über Truppenbewegungen, die Stationierung von Waffen, usw. Per Satellitenkommunikatin lassen sich Truppen zielgenau steuern, Einsätze in Echtzeit auch aus großer Ferne verfolgen. Aber in diesen Fällen dient der Weltraum eben nur als strategische Plattform, die Vorteile bei der Kriegsführung auf der Erde bringen kann. Natürlich und leider gibt es aber auch Überlegungen, direkt im All oder vom All aus zu kämpfen.

Test einer Antisatelliten-Rakete (Bild: gemeinfrei)

Killersatelliten sind dabei nur eine von mehreren Möglichkeiten, andere Satelliten zu zerstören. Das, was China bei der Zerstörung von Fengyun-1C eingesetzt hat, war eine Antisatellitenrakete, die von der Erde aus ins All zielgenau auf einen Satelliten geschossen werden. Das kann entweder direkt vom Boden aus passieren, oder aber auch von hoch fliegenden Kampfjets. Erste Tests solcher Raketen gab es in den USA schon seit den 1950er Jahren, im Gegensatz zu China hat man dabei aber nie etwas im Weltall auch tatsächlich zerstört. Zumindest bis zum 21. Februar 2008. Da wurde der Satellit USA 193, vermutlich ein ehemaliger Spionagesatellit der Vereinigten Staaten durch eine Rakete zerstört, die von einem amerikanischen Kriegsschiff aus gestartet wurde. Der Satellit enthielt noch circa 500 Kilogram Hydrazin, eine extrem gefährliche Chemikalie, die oft als Treibstoff für die Steuerraketen bei Satelliten eingesetzt wird. Der Satellit selbst wurde 2006 ins All geschossen, funktionierte aber nicht. Seine Bahn konnte nicht kontrolliert werden und 2008 drohte er, auf die Erde zu stürzen. Beziehungsweise in der Atmosphäre zu verglühen. Weil das Hydrazin mittlerweile gefroren gewesen sein dürfte und der Eisblock den Wiedereintritt in der Atmosphäre überstehen und am Boden für Schaden Sorgen könnte, entschlossen sich die USA, den Satellit lieber abzuschießen. Dass die Aktion irgendwas mit der kurz zuvor stattgefundenen Demonstration der chinesischen Antisatellitenwaffe zu tun haben könnte, haben offizielle Stellen dementiert.

So oder so: China und die USA hatten sich jedenfalls gegenseitig gezeigt, dass sie in der Lage waren, Satelliten von der Erde aus zu zerstören. In der Sowjetunion hat man sich dagegen schon früh darauf konzentriert, Raumfahrzeuge zu bauen, die andere Raumfahrzeuge angreifen können. In den 1960er baute man Istrebitel Sputnikow, was so viel wie „Satellitenzerstörer“ heißt, also Satelliten, die im All andere Satelliten zerstören können. Was dabei wirklich getest wurde und wie erfolgreich, ist heute schwer herauszufinden. Die Raumstation Saljut 3, die von Juni 1974 bis Januar 1975 die Erde umkreiste, soll zum Beispiel mit einer Maschinenkanone ausgestattet gewesen sein, die kurz vor dem Wiedereintritt der Raumstation in die Erdatmosphäre auch getest worden sein soll. Aber auch das will offiziell niemand bestätigen.

Was wir definitiv wissen: Am 15. November 2021 wurde der Satellit Kosmos-1408 von einer russischen Anti-Satellitenwaffe zerstört. Der ehemalige Spionagesatellit wurde von einer Rakete zerstört, die von der Erde aus abgeschossen wurde – womit jetzt alle drei großen Raumfahrtnationen demonstriert hatten, dass sie zu sowas in der Lage sind. Und erwartungsgemäß haben sich die jeweils anderen Länder über die Zerstörung der Satelliten des dritten Landes aufgeregt. Vor allem wegen des Weltraummülls: Als China als erstes Land einen eigenen Satelliten abgeschossen hat, beschwerte sich etwa die USA sehr über die vielen Trümmer, die jetzt eine Gefahr für die Raumfahrt darstellen. Genau so haben sich China und Russland dann über den amerikanischen Abschuss beschwert, wegen des Weltraummülls und so weiter. Das alle nur über den Weltraummüll der anderen meckern, mag lächerlich erscheinen. Die Tatsache selbst ist aber durchaus bedenklich: Ein Bruchstück des chinesischen Satelliten ist 2013 zum Beispiel tatsächlich mit einem anderen Satelliten kollidiert. Die Trümmerwolke von der Zerstörung des russischen Satelliten bedrohte sogar die Internationale Raumstation. Die sieben Menschen, die damals gerade an Bord waren, mussten sicherheitshalber in die Raumkapseln übersiedeln, um im Fall einer katastrophalen Kollision schnell zur Erde flüchten zu können. Passiert ist zum Glück nichts, aber die Station musste ein paar Ausweichmanöver fliegen. Die Trümmer des russischen und amerikanischen Satelliten sind dann ziemlich bald in der Atmospäre verglüht und stellen keine Gefahr mehr dar. Aber die chinesische Trümmerwolke kann immer noch Ärger machen.

Russische Killersatelliten (Fantasiebild: gemeinfrei)

Geht man nach den diversen Plänen und Tests der Militärs, könnte im Weltall noch viel mehr passieren. Man könnte Satelliten mit gigantischen Lasern abschießen, oder ganz gezielt Weltraumschrott in der Bahn eines anderen Satelliten aussetzen. Oder anstatt von der Erde aus den Weltraum anzugreifen, ginge es auch umgekehrt: Man könnte von Satelliten aus Objekte auf die Erde werfen. Das müssen dann nicht einmal irgendwelche Bomben sein. Es reicht schon ein sehr kompaktes Objekt, zum Beispiel ein Stab aus Wolfram. Dieses Metall hat einen extrem hohen Schmelzpunkt, würde den Wiedereintritt durch die Atmosphäre überstehen und allein die hohe Geschwindigkeit des Einschlags dieser Metallstangen würde enorme Zerstörung anrichten.

Bis jetzt haben die Nationen im Weltall nur ihre eigenen Satelliten zerstört. Und wir können hoffen, dass es auch so bleibt. Angesichts der Geschichte der Menschheit ist diese Hoffnung vielleicht naiv. Aber wenn wir nicht wenigstens darauf hoffen, dass wir uns irgendwann ändern; wenn wir nicht hoffen, dass zumindest der Weltraum von unserer menschlichen Zerstörungswut frei bleibt: Dann haben wir nicht nur keine Chance, sondern es auch nicht anders verdient.

4 Gedanken zu „Sternengeschichten Folge 592: Killersatelliten und Weltraumwaffen“
  1. Schon die Einführung des Artikels drängt mich zu dem Kommentar:
    Wie weit wäre die Menschheit, wenn die Forschung in Frieden und mit dem Fokus die Probleme der Erde angehen würde? Wie weit, ginge es darum das Rätsel zu lösen, was die Welt im Innersten zusammen hält.

    Vielleicht erkären drei fast willkürlich ausgewählte Namen alles. Sagen wir mal als Beispiel:
    „Plato, Einstein, Putin“
    Which one does not belong to the other? Na? Jetzt klar? Nicht? Okay. Klartext:

    Krieg als Inovationsmotor? Ein absurder Gedanke! Das ist Missbrauch der Wissenschaft. Das ist Resourcenverschwendung. Das ist tödlich! Die Kubakrise hätte fast die Welt vernichtet. Erzähl mir doch nicht die Märchen, die Diktatoren, möchtegerne Politiker und andere kleine Wichte, ja Geisteskranke und perverse Dummköpfe den Menschen zum eigenen Machterhalt einflüstern wollen.

    Ich hörte: Krieg ist Frieden? Gleichgewicht der Kräfte? Und Arbeit macht frei? Nein! Es ist tötlich, tötlich für Millionen und für die ganze Menschheit rittlings auf der Bombe zu reiten. Und Technik macht es offensichtlich alles nur noch furchtbarer. (AI anyone?). Wir haben eine Verantwortung!

    Aber hab jetzt nur wenig Zeit. Ich muss (u.A) erst einmal weiter lesen.
    Doch eines noch, weil es mir wichtig ist: das ist nicht als Kritik am Artikel und schon gar nicht am Autor gemeint. Der hält sich meiner Meinung nach an Faken – soweit es geht.

  2. So, durchgelesen, alles okay. Fast alles.
    Nur die „naive Hoffnung“ kann ich so nicht stehen lassen. Es ist naiv zu meinen, man könne Kriege gewinnen. Naiv ist es einen Weltraum/Roboter/AI Krieg führen oder planen zu wollen. Herr wirf Hirn vom Himmel.

    Nicht nur naiv sondern mathematisch belegbar kontraproduktiv ist es Konfrontation einer Kooperation vorzuziehen. Im besten Fall ist das Resultat ein fragiles Räuber/Beute Modell. Ist das der Menschheit würdig? Wie ist sowas mit den (stolz vorgegebenen) Werten etwa der EU, Deutschlands oder der Christen, Muslime, you name it, auch nur entfernt in Einklang zu bringen? Mit „sowas“ meine ich natürlich das Räuber/Beute Modell.

    (Abschnitt über Evolution und Simulation gestrichen. Das Wort „Würde“ reicht eigentlich auch)

    Wer nun was und warum verdient ist auch so eine Frage. Verdienen es die Kinder, die im Krieg leiden? Verdienen es die Menschen in der Ukraine, in Israel oder Palestina? Wenn jemand etwas verdient, dann unsere Wirtschaft, die Rüstungsindustie, russische Oligarchen, hardliner Politiker und anderes miese Gesocks. Die Menschen und auch die Welt in Form der Natur aber leiden.

    Noch einmal. Liebe Politik, erzähl mir keine Märchen davon, wer Naiv ist und wer was verdient.

  3. So, zuende gelese. Alles gut (wie man es hier gewohnt ist).
    Nur die Sätze zu dem was naiv ist und wer was verdient, die würde ich ernsthaft überdenken.

    Alternativ sollten die Verantwortlichen den Text oben einmal extrapolieren „was ist zu erwarten, was geschehen wird? Was ist noch vertretbar und was nicht“. Und es könnte sich lohnen über Kooperation vs. Konfrontation wissenschaftlich nachzudenken. Da gibt es Dinge schriftlich!

    Kurz: man könnte aus Einsicht Konsequenzen ziehen. Denn das passiert ja offentichtlich, oben nachlesbar, nicht. Aus meiner Sicht werden nur immer feuchte Träume und eigene Interessen transportiert (statt Verantwortung zu übernehmen). Friede, Hoffnung sei naiv? Wollt ihr sagen, Krieg sei alternativlos? Dies nach Jahren verantwortungslosem Handeln und dem Einstreichen von Profiten. Kopfschüttel.

    Das kann man gut belegen. Ich habe einen wunderbaren Beweis dafür gefunden. Doch leider ist der Heftrand hier zu schmal. Nun, bestimmt, in 450 Jahren kommt ihr auch von selbst darauf. So es euch noch gibt.

    (Btw. 504-Error, Timeout beim Absenden von Kommentaren)

  4. Wie aktuell das Thema ist zeigt tagesschau.de:
    https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/weltraum-bundeswehr-100.html

    Zitat: „Die schlimmste Vorstellung ist, dass wir ins Vor-Digitale Zeitalter zurückfallen“, so Traut.
    Frage: kann man zurück fallen, wenn man noch lange nicht angekommen ist?

    Ich will aber nicht unfair sein. Da steht auch: „Es kommt wesentlich darauf an zu zeigen, dass wir innerhalb Europas und dann auch mit den Vereinigten Staaten als Allianz und Gemeinschaft zusammenstehen.“ Ich ergänze auch außerhalb Europas und nicht nur mit den USA. Wir wollen doch nicht spalten. Weil, auf Freunde ballert man nicht.

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