Die afghanische Astronomin und Aktivistin für Frauenrechte Amena Karimyan wurde von der österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Graz zu einem dreimonatigen Forschungsaufenthalt nach Österreich eingeladen. Die österreichische Botschaft in Islamabad (Pakistan) hat Karimyan ein Visum in Aussicht gestellt, das „nur“ noch abgeholt werden muss. Amena Karimyan hat die für sie lebensgefährliche Reise von Afghanistan nach Pakistan auf sich genommen. Dort angekommen wurde ihr allerdings mitgeteilt, dass das Visum nicht ausgestellt werden wird. Jetzt sitzt Karimyan in einem Hotel in Pakistan. Sie kann nicht nach Österreich und zurück nach Afghanistan kann sie auch nicht mehr. Österreich hat die 25jährigen Astronomin eine Falle gelockt und lässt sie dort jetzt im Stich.

Schon bevor die Taliban im August 2021 die Macht in Afghanistan übernommen haben, war es dort nicht leicht für die Wissenschaft. Insbesondere als Frau, die sich für Astronomie begeistert. Was Amena Karimyan aber getan und die Organisation Kayhana (was so viel wie „Universum“ heißt) gegründet hat. Dort kümmert sie sich insbesondere darum, junge Frauen für die Wissenschaft zu begeistern. Mit Erfolg; im Juni 2021 ist ihre Organisation eine von 12, die beim Projekt „Telescopes for all“ der Internationalen Astronomischen Union ausgezeichnet werden. Dabei geht es darum, Organisationen in Ländern mit Teleskopen und Technik auszustatten, die ansonsten keine Möglichkeit haben, die Infrastruktur für astronomische Arbeit zu bekommen.

Die Arbeit von Menschen wie Amena Karimyan kann nicht hoch genug geschätzt werden. Bildung ist der Weg aus fast jeder Krise; gerade in Ländern wie Afghanistan kann man sich gar nicht genug darum kümmern, den Kindern möglichst viel Wissen und Begeisterung für Wissenschaft zu vermitteln. Insbesondere den jungen Mädchen, die dort dramatisch stärker unter Diskriminierung zu leiden haben als anderswo. Über den Wert von Forschung und vor allem Forschungsinfrastruktur habe ich ja schon vor ein paar Jahren anlässlich der Gründung einer Sternwarte in Äthiopien geschrieben. Wenn Österreich sich daher entscheidet, Amena Karimyan einzuladen, sie zu unterstützen und auch von ihren Engagement zu lernen, dann ist das erstmal äußerst positiv. Wir brauchen den Austausch nicht nur zwischen den etablierten wissenschaftlichen Einrichtungen des globalen Nordens sondern zwischen allen Ländern!

So richtig die Entscheidung von Österreich also war, Amena Karimyan einzuladen, so völlig unverständlich und unakzeptable ist es, sie jetzt einfach sitzen zu lassen. Mit der Machtübernahme durch die Taliban hat sich die Situation massiv verschlechtert. Frauen wie Karimyan, die sich öffentlich für Wissenschaft und die Bildung von Mädchen einsetzen, werden nicht einfach „nur“ diskriminiert; sie riskieren ihr Leben! Aber das scheint dem österreichischen Außenministerium ziemlich egal zu sein. Anstatt sich darüber zu freuen, dass man hier nicht nur einer engagierten Person helfen kann, sondern während des Aufenthalts auch sehr viel von Karimyan lernen kann, macht man sich Sorgen, sie könnte länger bleiben als vorgesehen. „Es gebe begründete Zweifel, dass Karimyan den Schengen-Raum nach Ablauf ihres Visums wieder verlassen würde, begründet das Außenministerium die Entscheidung in einem Schreiben.“, schreibt die Wochenzeitung „Falter“. Ja, natürlich gibt es die! Natürlich wird Karimyan nicht in ein Land zurückkehren wollen, in der sie Gefahr läuft, ermordet zu werden. Oder, falls nicht, „nur“ massive Diskriminierung zu erwarten hat und es ihr mit Sicherheit nicht mehr erlaubt ist, sich mit Astronomie und der wissenschaftlichen Ausbildung junger Menschen zu beschäftigen. Eine vernünftige Politik würde das nicht nur von selbst merken, sondern Karimyan auch anbieten, solange in Österreich zu bleiben, wie es nötig ist!

Abgesehen davon will Karimyan aber auch gar nicht in Österreich bleiben. Sie hat Einladungen an Universitäten in den USA und in Osteuropa und will nach ihrem Aufenthalt in Österreich dorthin weiter reisen. Das überzeugt das Außenministerium aber nicht und verdammt noch mal: Wieso hat man ihr dann überhaupt ein Visum in Aussicht gestellt wenn man sowieso nicht vorhat, es dann zu gewähren?

Die Politik in Österreich entwickelt sich in eine völlig dysfunktionale Richtung. Der ehemalige Kanzler steht vor einer Anklage wegen Korruption, ist zurück getreten und zieht im Hintergrund immer noch die Fäden. Die Pandemie wurde so absurd mies gemanaged, dass Österreich mittlerweile ein viertes Mal eine Ausgangssperre für alle Menschen verordnen muss (die Skilifte dürfen aber offen bleiben). Der aktuelle Kanzler war früher Außenminister und ist da nicht nur dadurch aufgefallen, dass er gut integrierte Schülerinnen nachts von Polizisten abholen und abschieben lässt; die geflüchteten Menschen in Elendslagern wie Moria ignoriert sondern auch bis zum Schluss Menschen nach Afghanistan abschieben und die Taliban „an ihren Taten messen“ wollte bevor er daran etwas ändert. Der neue Außenminister Michael Linhart ist bisher durch gar nichts aufgefallen (vermutlich haben die meisten Menschen schon wieder vergessen, das wir den haben). Er könnte aber nun auffallen, in dem er sich um das Chaos kümmert, dass sein Ministerium angerichtet hat!

Die Menschenrechtsorganisation „SOS Mitmensch“ hat den Fall von Amena Karimyan aufgegriffen und eine Petition aufgesetzt. Ich bin zwar nicht so sicher, wie viel eine solche Petition erreichen kann. Aber es kann definitiv nicht schaden, wenn möglichst viele Menschen kundtun, dass so ein Verhalten der österreichischen Regierung nicht zu tolerieren ist!

Also: Unterschreibt die Petition. Vielen Dank.

17 Gedanken zu „Wie Österreich eine afghanische Astronomin in eine Falle gelockt hat“
  1. Das ist leider in Deutschland auch Gang und Gebe. Widerlich wie hier mit Menschen umgegangen wird. Die angeblich so guten europäischen Werte werden überall wenn es um Menschen aus dem Nicht-EU Raum geht immer wieder mit Füßen getreten.

  2. trifft es (..) nichts hinzuzufügen

    Dem würde ich zustimmen, allein, wer hat denn überhaupt diesen Treffer gelandet, Ingo?

    begründete Zweifel

    Jetzt mal abgesehen davon, daß das selbstverständlich zutrifft (naja, das ist eine Extrapolation, besser: ‚wohl zutreffen dürfte‘): Was ist das denn bitte für ein Argument, einen Menschen nach ner Einladung auf ‚einen trinken‘ später bei der Party rauszuschmeißen, weil es begründete Zweifel gibt, daß er es nicht bei dem einen belassen wird?

  3. @Michael

    nicht nachdenken, machen!
    wenn deine unterschrift nicht zählt, schadet es nicht, und du hast gleich farbe bekannt
    grüssle

    ps: die 3000 sind schnell geschafft!

  4. Das klingt sehr bedauerlich.
    Und auch für Deutschland fallen einem zur Zeit spontan relativ viele Beispiele zum Thema „dysfunktional“ ein.
    Wir haben bei der Visavergabe allerdings einen Mechanismus, der eventuell weiterhelfen könnte. Ich weiss nicht, ob es sowas auch in Österreich gibt.

    Und zwar muss bei Besuchern aus Nicht Schengen Staaten jemand (der Besuchte) eine Kostengarantie abgeben. (natürlich unbegrenzt) Also alle Sozial und Abschiebekosten, die dem Staat anfallen würden, wenn er in diesem Bereich Leistungen erbringen müsste.
    Klingt erstmal schlimmer wie es ist. Falls man sich eine Risikoperson einlädt, sollte man besser 8000Euro in der Hinterhand haben.
    Mit dieser Garantie sind die Behörden relativ handzahm und umgänglich.

  5. @Gerhild Schinagl

    Vorneweg, ich finde es genauso bescheiden(um es mal in abgemilderter Form zu schreiben), wie das abgelaufen ist.

    Aber sobald man genauer drüber nachdenkt, erkennt man das Hauptproblem dabei. Sie ist Intelligent, gebildet, sie gehört also der intellektuellen Elite an. Sie darf rein. Die dummen ungebildeten müssen aber bitte draussen bleiben. Immerhin werden aus dieser Gruppe die IS-Kämpfer rekrutiert. Wir wollen uns keine möglicherweise Terroristen ins Land holen. Aber bei einer intelligenten FRAU kann ja nichts passieren.

    Ja, ich denke auch das sie völlig ungefährlich ist und mit Taliban und IS nichts am Hut hat. Aber wir machen da dann Ausnahmen für die Elite. Eigentlich genau das was wir im eigenen Land verdammen und anprangern. Nur hier ist Bildung kein elitäres Merkmal. Hier ist es Reichtum und Macht. Wenn Reiche dann Bonus bekommen hat die Presse 2 Wochen was zu lamentieren. Sicherlich mit Recht…keine Frage.

    So sehr ich das ganze bedauer, der Fehler ist an völlig anderer Stelle passiert, nämlich als man ihr Hoffnung gemacht hat. Das hätte man erst machen dürfen, wenn politisch beschlossen wäre, Afghanistan als Asylberechtigt einzustufen. Lässt man nun elitäre Menschen rein nähert man sich einer Grenze die man besser nicht überschreitet.

    Jedenfalls meine Meinung. Daher mein Vorschlag an der generellen Anerkennung zu arbeiten und nicht an Einzelfällen die einen emotional berühren.

    1. @chefin: „nicht an Einzelfällen die einen emotional berühren.“

      Die Welt besteht aber nun mal aus jeder Menge Einzelfällen! Und die Lage ist ein klein wenig komplexer als du denkst. Das fängt schon mal damit an, dass die Taliban nicht der IS sind (die beiden mögen sich auch nicht sonderlich).

  6. @Michael
    Stell dir vor, man würde Petitionen zulassen bei der die ganze Welt zeichnen darf. Was meinst du was dann Islamisten machen würden? Die hätten in 2 Wochen, dank ihrer totalitären Einstellung 10 Millionen Unterschriften das Österreich zum Islam konvertieren soll. Mehr Unterschriften als Österreich Einwohner hat. Und dann? Ignorieren weil das Blöd ist? Aber nicht ignorieren, wenn DU es für richtig hälst?

    Petitionen sind Abstimmungen, Menschen die ihre Meinung festschreiben wie bei einer Abstimmung. Daher sollte eine Abstimmung auch immer nur von Betroffenen gemacht werden. Und nicht für alle auf der Welt zugänglich. Den wir hätten ganz schnell dann ein Indien oder China, die fast überall eine Mehrheit produzieren könnten für ihre Meinung. Und dank ihres Punktesystems(in China) würde man deren 1,3 Milliarden Menschen schnell dazu bringen eine Petition zu zeichnen. Gibt 20 Sternchen im Sammelheft und 0,2% weniger Sollzinsen beim Hauskauf. So läuft es dort aktuell. Wir würden abkacken wenn wir sowas zulassen würden. Und Ignorieren wollen wir ja auch nicht. Sonst würde anderes auch ignoriert werden. Den wieso sollte man nur Chinesen ignorieren. Bei Gleichbehandlung muss ich alle ignorieren oder keinen.

  7. — Ich bitte um Erlaubnis meinen Rant hier ablegen zu duerfen —

    Dies ist nicht nur in Oesterreich oder Deutschland so,- sondern in der gesamten westlichen Welt.

    Wir (=die westliche Welt) reden gerne von Menschenrechten, und meinen damit jedoch nur unsere Rechte.
    Menschen aus aermeren Laendern sind bei den Menschenrechten scheinbar ausgeschlossen.

    Wir reden gerene von dem Recht auf Schutz von Verfolgten,- bezahlen unsere Grenzbeamten jedoch mit unseren Steuergeldern dafuer, dass sie, die tatsaechlich von diesen Recht gebrauch machen wollen in Gummiboten auf dem Meer wieder aussetzen oder Traenengas ueber Stacheldraht verschiessen, ohne dass die ankommenden ueberhaupt eine Changse erhalten ihre Situation vorzutragen.
    Unser ganzer Wohlstand beruht letztendlich darauf, dass unterbezahlte Fabikarbeiter in armen Laendern Waren herstellen, waerend genau diese Arbeiter aufgrund von Visaregelungen kaum Changsen haben in genau diese Laender zu reisen wo diese Waren hin verkauft werden.
    Nach all den Schikanen und Misstrauensbekundungen wundern wir uns dann, wenn die Wenigen die trotzdem angekommen sind dem Staat nicht trauen und sich nicht integrieren.

    Wir behaupten „die Sozialsysteme verkraften dies nicht“ (=das Boot ist voll) waehrend mittlerweile die meiste Werbung in unseren Strassen nicht mehr Produkte verkaufen will, sondern darauf hinweisst, dass ueberall Arbeiter gesucht werden.

    Wir reden von Pluralitaet und Freiheit, und verstecken uns Feige hinter Mauern vor allen was uns veraendern koennte.

    — Vielen Dank, dass ich meinen Rant hier ablegen durfte —

  8. Vielleicht kann Deutschland ja einspringen und helfen.
    Einem Menschen Hoffnung zu geben und dann die Rettung zu verweigern, dieses perfide Spielchen seitens Österreich ist wirklich schäbig, hundig und gemein.

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