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Sternengeschichten Folge 470: MACHOs und RAMBOs

Der Titel der heutigen Folge ist ein wenig missverständlich. Normalerweise stellt man sich unter MACHOs und RAMBOs etwas anderes vor als das, um das es gleich gehen wird und man stellt sich vermutlich nichts vor, was mit Astronomie zu tun. Wenn ich gleich von MACHOs und RAMBOs erzähle, dann wird es aber nicht um übertrieben männliche Männer gehen und auch nicht um Action-Helden. Sondern um dunkle Materie – und den seltsamen Hang der Naturwissenschaft zu leicht lächerlichen und sehr konstruierten Akronymen.

Über dunkle Materie habe ich im Podcast ja schon oft gesprochen und alles in Folge 25 ausführlich vorgestellt. Das Konzept ist alt; in den 1930er Jahren hat der Astronom Fritz Zwicky festgestellt, dass sich Galaxien in einem Galaxienhaufen schneller bewegen, als sie es tun sollten. Wie schnell sich ein Himmelskörper bewegen muss, kann man leicht berechnen, wenn man weiß, welche Gravitationskraft er spürt. Zwicky hat damals alle Galaxien eines Haufens beobachtet und aus ihrer Helligkeit auf ihre jeweiligen Massen geschlossen. Daraus kann man direkt berechnen, welche Gravitationskraft sie auf ihre Umgebung ausüben – und welche Gravitationskraft sie von den anderen Galaxien in ihrer Umgebung spüren. Und weil die Geschwindigkeit von der Gravitationskraft abhängt, kann man leicht eine maximal mögliche Geschwindigkeit berechnen. Das ist ein wenig so wie bei der „Kosmischen Geschwindigkeit“, von der ich in Folge 151 erzählt habe. Will man mit einer Rakete dauerhaft aus dem Anziehungsbereich der Erde entkommen, muss man eine gewisse Geschwindigkeit erreichen. Ansonsten wird einen die Gravitationskraft der Erde wieder zurück auf den Boden fallen lassen. WIE schnell man genau sein muss, hängt von der Masse der Erde ab. Wäre sie schwerer als sie es ist, müsste man schneller sein; wäre sie leichter, käme man auch schon mit einer geringeren Geschwindigkeit weg. Umgekehrt gilt: Ist man schneller als diese Fluchtgeschwindigkeit, dann ist es nicht mehr möglich, die Erde zu umkreisen; dafür müsste man erst wieder abbremsen.

Die Galaxien des Galaxienhaufens waren alle VIEL zu schnell. Sie waren so schnell, dass sie der Anziehungskraft des Haufens auf jeden Fall schon längst entkommen wären. Der Haufen war aber noch da; die Galaxien hingen immer noch über ihre gegenseitige Gravitationskraft zusammen. Zwickys Schlussfolgerung: Da musste mehr Masse sein, als man sehen konnte. Die Masse, die er aus der Helligkeit der Galaxien abgeschätzt hatte, war viel zu gering; tatsächlich musste da circa fünfmal mehr Masse sein, als man sehen konnte. Diese nicht sichtbare Masse nannte Zwicky „dunkle Materie“ und wir haben diesen Befund in den Jahrzehnten seit damals immer wieder unabhängig bestätigt. Sterne und Galaxien bewegen sich nicht so, wie sie es tun sollten, wenn die Masse, die wir sehen können, alles ist, was es im Universum gibt.

Und seit damals fragen wir uns natürlich: Was ist diese „dunkle Materie“? Die erste und simpelste Idee ist natürlich, dass es sich bei der dunklen Materie buchstäblich um dunkle Materie handelt. Sterne leuchten. Aber Planeten zum Beispiel tun das nicht. Schwarze Löcher leuchten nicht. Es gibt weiße Zwerge, die Überreste ehemaliger Sterne, die zwar noch ein bisschen leuchten, aber eben auch sehr klein und dadurch sehr schwer zu sehen sind. Es gibt braune Zwerge, also Himmelskörper die zwar deutlich mehr Masse haben als ein Planet aber immer noch zu wenig, als dass sie in ihrem Inneren eine Kernfusion wie bei einem echten Stern durchführen können – und deswegen auch sehr dunkel sind.

Vielleicht haben wir einfach sehr viel übersehen da draußen. Das wäre allerdings ein wenig komisch. Im Vergleich zu einem Stern ist die Masse eines Planeten oder eines braunen Zwergs sehr gering. Und wenn wir fünfmal mehr dunkle als normale Materie brauchen, müssten wir WIRKLICH viele dieser dunklen Himmelskörper übersehen haben. Weiße Zwerge und schwarze Löcher haben mehr Masse; die sind in der Hinsicht mit den Sternen vergleichbar. Aber die entstehen auch nicht aus dem nichts; ein weißer Zwerg oder ein schwarzes Loch haben ihr Leben ja als Stern begonnen und erst als der Stern die Kernfusion beendet hat, sind seine Reste zu einem weißen Zwerg oder – bei größeren Sternen – zu einem schwarzen Loch kollabiert. Hat es wirklich früher fünfmal mehr Sterne als heute gegeben deren Überreste jetzt die dunkle Materie ausmachen?

Künstlerische Darstellung verschiedener Brauner Zwerge (Bild: AIP/J. Fohlmeister)

Das erscheint nicht sehr wahrscheinlich, aber man kann die Beobachtungsdaten ja nicht einfach ignorieren. IRGENDWAS muss dafür verantwortlich sein, dass sich die Himmelskörper nicht so bewegen wie sie es sollen. Dieses irgendwas muss sich vor allen in den Außenbereichen einer Galaxie befinden; auch das zeigen die Beobachtungsdaten. Die leuchtenden Sterne einer Galaxie sind in eine sehr viel größere Region eingebettet, die von der dunklen Materie dominiert wird. Diesen Außenbereich nennt man auch „Halo“ und jetzt sind wir schon fast bei den MACHOs angekommen. Vielleicht, so hat man sich gedacht, ist dieser Halo voll mit massereichen, kompakten Himmelskörpern. Also eben Planeten, braunen Zwergen, weißen Zwergen, Neutronensternen oder schwarzen Löcher. Das wären dann also massereiche, astrophysikalische kompakte Halo-Objekte, auf englisch „Massive Astrophysical Compact Halo Objects“ oder als Akronym: MACHOs.

Jetzt ist es natürlich nicht sonderlich sinnvoll, wenn man die dunkle Materie durch etwas beschreibt, von dem man nicht weiß, ob es da ist oder nicht. Zu sagen, dass MACHOs die dunkle Materie ausmachen, ist eine Hypothese und keine Erklärung. Man müsste ausreichend viele MACHOs beobachten, um diese Hypothese zu bestätigen. Aber wenn sich die dunkle Materie so leicht beobachten lassen würde, hätten wir das ganze Problem ja gar nicht erst. Bevor wir schauen, wie das mit der Beobachtung von MACHOs funktioniert, schauen wir aber kurz noch auf die Alternativen.

Es wäre natürlich prinzipiell möglich, dass die dunkle Materie gar keine Materie ist. Sondern dass wir die Gravitationskraft falsch berechnet haben – zum Beispiel weil die Gravitation doch nicht exakt so wirkt, wie Albert Einstein und Isaac Newton uns das gesagt haben. Das ist die Behauptung der „Modified Newtonian Dynamics“-Hypothese, die ich in Folge 351 ausführlich vorgestellt habe. Sehr viel spricht aber dafür, dass wir es tatsächlich mit irgendeiner Art von Materie zu tun haben, die wir bisher übersehen haben. Die muss jetzt aber nicht als dunkler Planet oder schwarzes Loch im All herumschwirren. Was wäre denn mit irgendwelchen gigantischen Wolken aus Gas oder Staub? Die leuchten ja auch nicht von selbst? Ja, und nein. So eine Wolke leuchtet schon, die Teilchen dort haben ja immer eine gewisse Temperatur und geben Wärmestrahlung ab. Das kann man beobachten und das beobachtet man auch. Nur wenn es sehr kaltes Gas wäre, könnten wir es vielleicht übersehen haben. Aber so eine Wolke würde sich auch immer ein wenig aufheizen, zum Beispiel durch die Strahlung der Sterne in der Umgebung. Das funktioniert also nicht.

Aber was, wenn es sich nicht einfach um dunkle Materie handelt, sondern um völlig andere Materie? Um irgendwelche Teilchen, denen Licht völlig egal ist? Normale Materie heizt sich auf, wenn elektromagentische Strahlung auf sie trifft; sie absorbiert diese Strahlung – oder sie reflektiert sie. Auf jeden Fall aber können wir sie dadurch prinzipiell sehen. „Sehen“ ist ja nichts anderes als eine Wechselwirkung mit elektromagnetischer Strahlung. Und in der Astronomie ist es quasi auch „sehen“, wenn wir von der Detektion von Infrarot-, oder Ultraviolett-, Röntgen- oder Radiostrahlung sprechen. Das ist ja alles elektromagnetische Strahlung, so wie das normale Licht. Was aber, wenn es irgendwelche Teilchen geben würde, die überhaupt nicht mit elektromagnetischer Strahlung wechselwirken? Die wären dann nicht dunkel; die wären genaugenommen unsichtbar. Wir würden sie überhaupt nur wahrnehmen können, wenn wir die Gravitationskraft spüren, die sie durch ihre Masse auf die Umgebung ausüben. Und wenn sie die dunkle Materie erklären sollen, von der wir ja recht viel erklären müssen, dann müssen diese Teilchen auch eine vergleichsweise große Masse haben. Solche Teilchen nennt man „Schwach wechselwirkende massereiche Teilchen“, auf englisch „Weakly Interacting Massive Particles“. Oder als Akronym: WIMPs. Vermutlich hat sich irgendwer sehr lustig gefühlt, als man sich diese Bezeichnungen ausgedacht hat. MACHOs und WIMPs, also der englische Begriff für „Schwächling“, sind die beiden wichtigsten Hypothesen zur Erklärung der dunklen Materie.

Ab sofort bebildere ich WIMPs nur noch so! (Bild: gemeinfrei)

Bevor wir zu den MACHOs zurück kommen, schauen wir noch kurz auf die WIMPs. Das ist ja vorerst auch nur eine Hypothese mit einem komischen Akronym. Gibt es Hinweise, dass da draußen irgendwo wirklich WIMPS sind? Ja, tatsächlich. Neutrinos sind WIMPs! Sie wechselwirken nicht über Elektromagnetismus; sind sind „unsichtbar“ und wir müssen uns sehr anstrengen, sie nachzuweisen, wie ich in Folge 103 erzählt habe. Die Neutrinos SIND also dunkle Materie – aber ihre Masse ist viel zu gering. Die dunkle Materie kann nicht vollständig aus Neutrinos bestehen.

Also wieder zurück zu den MACHOs: Wie kann man die finden, wenn sie da sind? Auch hier muss man sich auf die Gravitation konzentrieren. Es sind ja vergleichsweise große, massereiche Objekte. Mit ihre Masse krümmen sie den Raum und diese Raumkrümmung kann das Licht von Sternen ablenken, abschwächen oder verstärken. Man muss also nur ausreichend viele ferne Sterne beobachten und nach solchen Effekten Ausschau halten. Daraus lässt sich ableiten, wie viele MACHOs sind rumtreiben und das Sternenlicht ablenken. Das ist natürlich leichter gesagt als getan – aber es gab immer wieder entsprechende Beobachtungskampagnen die sich teilweise über Jahre und Jahrzehnte erstreckt haben. Das Resultat: Jawoll, da draußen sind massereiche, dunkle Objekte. Da schwirren Planeten, braune Zwerge und so weiter rum, die wir bisher nicht gesehen haben. Aber auch hier haben die Daten gezeigt: Es sind viel zu wenige, als dass sie eine brauchbare Erklärung für die dunkle Materie sein könnten.

Schauen wir jetzt nochmal kurz, was es mit den RAMBOs auf sich hat. Dabei handelt es sich um „Robust associations of massive baryonic objects“ beziehungsweise „Robuste Ansammlungen Massereicher Baryonischer Objekte“ oder, als Akronym „RAMBOs“. Auch dieses Akronym ist selbstverständlich massiv konstruiert; man hätte die Dinger auch irgendwie anders nennen können. Aber die Astronomen Ben Moore und Joseph Silk wollten auf die MACHO/WIMP-Sache offensichtlich noch eins drauf setzen, als sie sich das 1995 ausgedacht haben. Vereinfacht gesagt geht es darum, dass die MACHOs vielleicht gar nicht überall im Halo der Galaxien verteilt sind. Sondern sich in Haufen zusammmenfinden. Dass da draußen also große Ansammlungen dunkler Objekte sind. So wie Sternhaufen, von denen wir ja wissen, dass man die in den Halos von Galaxien häufig findet. Nur dass es da eben nicht um jede Menge Sterne geht, die sich zu einem Haufen zusammengefunden haben, sondern um entsprechend dunkle Objekte. Dann lassen sich diese dunklen Haufen vielleicht schwerer finden als die großflächiger verteilten MACHOs gefunden werden könnten. Aber auch wenn sich die beiden Astronomen so große Mühe mit ihrem Akronym gegeben habe: Bis jetzt hat sich noch kein RAMBO am Himmel gezeigt.

Die Sache mit der dunklen Materie ist deutlich komplizierter als man Anfangs gedacht hat. Wir wissen zum Beispiel, dass sie nicht vollständig aus baryonischer Materie bestehen kann. Und „bayronische Materie“ ist nur ein anderes Wort für „normale Materie“, also das Zeug, aus dem die normalen Atome bestehen, aus denen auch wir aufgebaut sind. Wir wissen, dass diese Materie beim Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren entstanden ist. Damals fast ausschließlich in Form der beiden leichtesten Atome, Wasserstoff und Helium. Was sich da auch gebildet hat, ist Deuterium, ein Isotop des Wasserstoffs. Also Wasserstoff, der statt einem Proton im Kern dort ein Proton und Neutron hat. Das ist insofern interessant, als dass sich Deuterium nur unter sehr speziellen Umständen bilden kann. Nach dem Urknall sind jede Menge Protonen und Neutronen durch die Gegend gesaust. Nur wenn die Umgebungstemperatur gerade richtig ist, können sich Proton und Neutron aneinander binden und Deuterium bilden. Und das Universum ist nach dem Urknall sehr schnell abgekühlt. Zuerst war es zu heiß, danach war es zu kalt und in dem kurzen Zeitraum in dem Deuterium gebildet werden konnte, ist noch mehr passiert. Aus dem Deuterium kann durch weitere Fusionen mit anderen Teilchen Helium entstehen. Wie effektiv das passiert, hängt unter anderem stark von der Dichte ab. Also davon, wie viele Teilchen da insgesamt in einem bestimmten Stück Raum durch die Gegend schwirren. Je dichter, desto mehr Deuterium fusioniert zu Helium. Und auch hier gilt: Das Universum hat sich nach dem Urknall sehr schnell ausgedehnt, dadurch sinkt die Dichte und irgendwann hat das mit der Fusion nicht mehr geklappt.

Was hat das jetzt alles mit der dunklen Materie zu tun? Nun, wir können aus Beobachtungsdaten ableiten, wie viel Deuterium heute noch so durch das Universum schwirrt. Daraus können wir bestimmen, wie viel damals nach dem Urknall übrig geblieben ist, als die Phase vorbei war, in der Deuterium zu Helium fusionieren konnte. Je mehr Deuterium übrig war, desto geringer muss die Dichte gewesen sein. Das ist wichtig, deswegen sage ich es nochmal: Aus der Menge an Deuterium die wir beobachten, können wir ableiten, wie die Teilchendichte im frühen Universum gewesen sein muss. Wir können also quasi messen, wie viel normale Materie beim Urknall entstanden ist – oder zumindest sehr gute Grenzen dafür angeben. Und das was wir da messen, ist VIEL zu wenig. Das würde bei weitem nicht reichen, dass daraus einerseits die ganzen Sterne und Galaxien entstehen, die wir sehen und dazu noch die ganzen MACHOs, die wir nicht sehen können. Tatsächlich stimmen die Beobachtungen recht gut überein: Bei der Beobachtung der Sterne und Galaxien und ihrer Bewegung fehlt uns in etwa genau so viel Materie, wie uns bei den Berechnungen über die Teilchendichte im frühen Universum fehlt. Zwei unabhängige Nachweismethoden führen also zu der Erkenntnis: Da ist Materie, die wir nicht sehen können. Und sagen zusätzlich noch: Es muss sich um Materie handeln, die anders ist als die normale Materie.

Bild: gemeinfrei

Ein kleiner Teil der dunklen Materie besteht aus Neutrinos, also aus WIMPs. Ein weiterer kleiner Teil besteht aus MACHOs, also aus braunen Zwergen, Planeten, etc die irgendwo da draußen schwer sichtbar rumschwirren. Aber der überwiegende Teil der dunklen Materie lässt sich dadurch nicht erklären. MACHOs fallen als Erklärung raus; die dafür nötige Menge an Materie ist beim Urknall nicht entstanden. Bleiben also noch WIMPs von einer Art, die wir bisher noch nicht nachweisen konnten; irgendwelche anderen WIMPs mit sehr viel mehr Masse als die Neutrinos sie haben. Solche WIMPs haben wir aber noch nicht nachweisen können. Vielleicht ist es am Ende ja auch was ganz anderes – sicher ist nur: Was auch immer es ist; die Astronomie wird sich dafür irgendwann ein absurdes Akronym ausdenken.

13 Gedanken zu „Sternengeschichten Folge 470: MACHOs und RAMBOs“
  1. Haben die Gaia Daten eigentlich ergeben, dass viele unserer Satelliten Galaxien eigentlich keine sind, weil zu schnell unterwegs, so dass weniger dunkle Materie erforderlich ist im Halo unserer Galaxie, oder habe ich Laie das falsch verstanden?

  2. Tja, die Neutrinos, diese „unmöglichen Elementarteilchen“! Die sind zumindest immer ein gutes Argument dafür, dass es tatsächlich Teilchen geben kann, die nur der Gravitation und der Schwachen Kernkraft unterliegen, mit Elektromagnetismus und der Starken Kernkraft aber nichts zu tun haben. Gerade die Sache mit der elektromagnetischen Grundkraft sorgt ja für die „Unsichtbarkeit“, weil „Sehen“, wie im Artikel ja auch erwähnt, das Detektieren elektromagnetischer Strahlung ist, und das eben über das gesamte Spektrum hinweg.

    Viele sagen ja Sachen wie: „Vielleicht ist da draußen Materie, nur eben zu dunkel, um sie sehen zu können?“ Tja, man hat „nachgeschaut“, auch im Infraroten, aber eben viel zu wenig gefunden. Andere sagen: „Elementarteilchen, die man nicht sehen oder spüren kann? Die sich nur durch Gravitation oder Schwache Kernkraft bemerkbar machen? Solche ‚Geisterteilchen‘ kann es doch gar nicht geben!“ Doch, gibt es: Neutrinos! Und wenn es eine Art bzw. sogar drei Arten solcher „Geisterteilchen“ definitiv gibt, warum dann nicht auch eine vierte, eine fünfte oder eine sechste?

    Aber mal etwas anderes: Neutrinos haben Eigenschaften, die sie nach dem Standardmodell nicht haben dürften. Das postulierte sie einst als ruhemasselos, aber Neutrinos fluktuieren, verwandeln sich also von einer Art in eine der beiden anderen. Es vergeht also Zeit für sie, und sie können nicht lichtschnell unterwegs sein. Trotzdem sind Neutrinos von Supernovae vor der zugehörigen elektromagnetischen Strahlung gemessen worden, was man sich mit dem Startvorsprung erklärt. Die Neutrinos entstehen und sausen los, die lichtschnelle Strahlung wird mit Verzögerung abgegeben und hat Mühe, die Neutrinos einzuholen. Ja, so kennt man die Neutrinos: Extrem massearm und irrsinnig schnell. Ich frage mich nun: Könnte es einen bislang nicht entdeckten Prozess geben, der Neutrinos abbremst oder sogar direkt langsame erzeugt? Das könnte ja auch kurz nach dem Urknall geschehen sein und seitdem nie wieder. In diesem Falle wäre die Gesamtzahl der Neutrinos einfach sehr viel größer als bislang angenommen. Vorteil: Man bräuchte kein weiteres Teilchen.

  3. @Cpt:

    Könnte es einen bislang nicht entdeckten Prozess geben, der Neutrinos abbremst oder sogar direkt langsame erzeugt?

    Das stelle ich mir schwierig vor, denn durch ihre absurd geringe (Ruhe-)Masse reichen geringste Energieübertragungen an Neutrinos aus, um ihnen eine Geschwindigkeit zu verleihen, die von der Lichtgeschwidigkeit nicht mehr zu unterscheiden ist. Und wenn man Milliarden Jahre lang von Strahlung beballert wird, dann ist auch irgendwann mal das eine oder andere Photon dabei, das doch mal interagiert. Und dann haste den Salat.

  4. @Bullet:

    Das stelle ich mir schwierig vor, denn durch ihre absurd geringe (Ruhe-)Masse reichen geringste Energieübertragungen an Neutrinos aus, um ihnen eine Geschwindigkeit zu verleihen, die von der Lichtgeschwidigkeit nicht mehr zu unterscheiden ist. Und wenn man Milliarden Jahre lang von Strahlung beballert wird, dann ist auch irgendwann mal das eine oder andere Photon dabei, das doch mal interagiert. Und dann haste den Salat.

    Das ist eine interessante Überlegung. Aber gut, es gibt da natürlich erst einmal zwei Möglichkeiten:

    1. Neutrinos entstehen immer mit einer hohen Energie, die sie bis fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Danach bewegen sie sie so lange durch das Universum, bis sie irgendwann doch einmal (per schwacher Kernkraft) mit irgendetwas wechselwirken und in Folge davon umgewandelt werden. Langsame Neutrinos existieren prinzipiell nicht.

    2. Es gibt oder gab langsame Neutrinos. Wie groß wäre nun der Anteil der auf fast Lichtgeschwindigkeit beschleunigten Teilchen, wenn man von einer gewissen Ursprungsmenge ausgeht?

    Im zweiten Fall bliebe festzuhalten, dass eine Wechselwirkung mit anderen Teilchen nicht nur sehr unwahrscheinlich ist, sondern auch zur Umwandlung und somit dem Ende der Existenz führen dürfte. Bei Photonen wäre die Frage, ob sie Neutrinos überhaupt beschleunigen können. Oder würde die seltene Wechselwirkung (per schwacher Kernkraft?) eher zur Zerstörung und Umwandlung führen?

    Im ersten Fall bliebe immer noch die Option, dass die Zahl „Drei“ nicht das Ende sein muss. Wenn es drei Teilchenarten gibt, kann es auch mehr geben. Und die Frage: Wie weist man Teilchen nach, die sich verhalten wie Neutrinos, aber nicht so schnell unterwegs sind?

    Ich erinnere übrigens an die andere Begrifflichkeit: Neutrinos sind „heiße“ Dunkle Materie, aber wir suchen „kalte“ Dunkle Materie. Wenn sich hypothetische „kalte“ Neutrinos relativ schnell beschleunigen und in „heiße“ Teilchen umwandeln ließen, wie sollte es da zu nennenswerten Mengen „kalter“ Dunkler Materie kommen? Deine Überlegung, dass Teilchen mit extrem geringer Ruhemasse sich fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegen müssen, träfe auch auf vergleichbare Teilchen zu. Oder sie müssten halt wie die Austauschteilchen der Schwachen Kernkraft eine irrsinnig hohe Ruhemasse haben. Aber wären sie dann nicht leichter nachweisbar?

    Ich glaube, ich bekomme gerade Kopfschmerzen! 😉

  5. Ein Großteil der Dunklen Materie besteht vermutlich aus gigantischen Akronymkonglomeraten, welche die uralten galaktischen Zivilisationen hinterlassen haben.
    (Ja, denn die waren auch nicht so viel anders als wir.)

  6. @Bullet, Captain E.:

    Ich nehme Türchen 1 in #5 …

    Nee, im Ernst:

    Soweit ich das verstehe, liegt die hohe Geschwindigkeit von Neutrinos an den Kern-Prozessen, bei denen sie erzeugt werden. Da gilt halt Energie- und Impulserhaltung und da Neutrinos eine sehr, sehr kleine Masse haben, kriegen sie aus Erhaltungsgründen eben einen enorm hohen Impuls mit. (Fragt mich nicht nach Details, bitte. Da bin ich überfordert).
    Ob es „langsame“ Neutrinos überhaupt geben kann, oder ob man sie „abbremsen“ könnte, so wie Neutronen? Keine Ahnung …

    Noch eine Kleinigkeit (aus #3):

    Trotzdem sind Neutrinos von Supernovae vor der zugehörigen elektromagnetischen Strahlung gemessen worden, was man sich mit dem Startvorsprung erklärt. Die Neutrinos entstehen und sausen los, die lichtschnelle Strahlung wird mit Verzögerung abgegeben und hat Mühe, die Neutrinos einzuholen.

    Das ist so nicht ganz korrekt. Beides entsteht gleichzeitig. Aber die Photonen wechselwirken halt dauernd mit dem Plasma und dem anderen Gekröse, dass bei Supernovae entsteht und brauchen deswegen „nach draußen“ länger als die Neutrinos, weil die halt mit fast nichts wechselwirken. Deswegen die unterschiedliche Ankunftszeit, oder wie du schreibst, „haben Mühe sie einzuholen“.

    Ein Photon, dass im innersten Inneren unserer Sonne entsteht, braucht beispielsweise im Mittel ca. 300000 Jahre, bis es an der Oberfläche angelangt ist. Bei Supernovae ist die Situation natürlich eine andere und das geht viel schneller – aber das Grundprinzip ist das gleiche. Solare Neutrinos kommen ungestört bei uns an. Photonen eher nicht.

  7. @Kyllyeti:

    Ein Großteil der Dunklen Materie besteht vermutlich aus gigantischen Akronymkonglomeraten, welche die uralten galaktischen Zivilisationen hinterlassen haben.

    Das könnte sein …

    KATRIN? Karlsruhe Tritium Neutrino Experiment

    Was kommt als nächstes?

    „DELEZNASV“ ?

    („Das endgültig letzte Experiment zur Neutrinomasse. Aber sowas von!“)

    😉

  8. Übrigens – sollte jemand jetzt noch etwas mit dem Titel „AKRONYM“ in die Welt setzen, dann implodiert das Universum auf der Stelle (Rekursiver Kollaps).

  9. @PDP10:

    […]

    Soweit ich das verstehe, liegt die hohe Geschwindigkeit von Neutrinos an den Kern-Prozessen, bei denen sie erzeugt werden. Da gilt halt Energie- und Impulserhaltung und da Neutrinos eine sehr, sehr kleine Masse haben, kriegen sie aus Erhaltungsgründen eben einen enorm hohen Impuls mit. (Fragt mich nicht nach Details, bitte. Da bin ich überfordert).
    Ob es “langsame” Neutrinos überhaupt geben kann, oder ob man sie “abbremsen” könnte, so wie Neutronen? Keine Ahnung …

    Tja, es bleibt schwierig! Vielleicht könnte es tatsächlich so sein, dass kurz vor, kurz nach oder während der primordialen Nukleosynthese Neutrinos entstanden sind, die anders sind als die, die heute neu gebildet werden. Aber dazu müsste erst jemand eine wirklich gute Idee haben, wie und warum es zu so etwas gekommen sein sollte.

    […]

    Das ist so nicht ganz korrekt. Beides entsteht gleichzeitig. Aber die Photonen wechselwirken halt dauernd mit dem Plasma und dem anderen Gekröse, dass bei Supernovae entsteht und brauchen deswegen “nach draußen” länger als die Neutrinos, weil die halt mit fast nichts wechselwirken. Deswegen die unterschiedliche Ankunftszeit, oder wie du schreibst, “haben Mühe sie einzuholen”.

    Da hast du etwas von mir heraus interpretiert, was ich implizit hinein gepackt hatte. Ich hatte ja geschrieben, dass die Photonen später „abgestrahlt“ werden. Implizit war damit gemeint, woran du gedacht hattest: Die Strahlung wird erzeugt und absorbiert, und das einige Male, bis sie an der „Oberfläche“ der Supernova angelangt ist und ab da ungehemmt davon ziehen kann.

    Haben wir hier eigentlich das Zenonsche Paradoxon in echt? Oder wann holt die elektromagnetische Strahlung die Neutrinos ein?

    Ein Photon, dass im innersten Inneren unserer Sonne entsteht, braucht beispielsweise im Mittel ca. 300000 Jahre, bis es an der Oberfläche angelangt ist. Bei Supernovae ist die Situation natürlich eine andere und das geht viel schneller – aber das Grundprinzip ist das gleiche. Solare Neutrinos kommen ungestört bei uns an. Photonen eher nicht.

    Richtig, nur das eben jedes abgestrahlte Photon einen mehr oder minder langen Prozess von Emission und Absorption durchlaufen hat. Wie lange braucht dieser Prozess eigentlich bei einer Supernova? Minuten? Stunden? Tage?

  10. So wie Bullet hatte ich das auch im Kopf.

    https://de.wikipedia.org/wiki/SN_1987A#Neutrinoaussto%C3%9F

    Da steht:

    „Die Neutrinos erreichten vor dem Licht die Erde, da sie praktisch ohne Wechselwirkung (also ungebremst) Materie durchqueren können. So verließen sie den kollabierenden Kern und die Schockwelle direkt nach dem Ereignis – das Licht der Supernova wurde erst sichtbar, als die Explosion die Sternoberfläche erreicht hatte, was ungefähr drei Stunden später der Fall war. Der Unterschied in der Ankunftszeit von wenigen Stunden nach circa 157.000 Jahren bedeutet, dass die Geschwindigkeit der Neutrinos sich höchstens minimal von der des Lichts unterscheidet. „

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