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Sternengeschichten Folge 469: Extrasolare Monde

Dass unsere Erde von einem Mond umkreist wird, kann man kaum übersehen. Der Mond war, neben der Sonne, in der Geschichte der Menschheit von Anfang an der wichtigste Himmelskörper. Er wurde als Gottheit vereehrt, man hat Kalender nach ihm ausgerichtet, sich Mythen über ihn erzählt und immer schon davon geträumt und darüber nachgedacht, wie es wohl wäre, dorthin zu reisen. Der Mond ist auch der einzige andere Himmelskörper, den wir Menschen tatsächlich schon betreten haben. Der Mond war von Anfang an ein Begleiter der Menschen, schon lange bevor wir Menschen geworden sind.

Wir haben am nächtlichen Himmel immer auch schon die Sterne gesehen. Und andere helle Punkte, die sich anders bewegt haben als die Sterne und die wir „Planeten“ genannt haben. Bis wir erkannt haben, dass sich diese Planeten, so wie die Erde, um die Sonne bewegen und dass auch die Erde ebenfalls ein solcher Planet ist, hat es ein wenig gedauert. Diese Erkenntnis hat sich erst ab dem 17. Jahrhundert durchgesetzt und im 17. Jahrhundert war es auch, dass wir die ersten anderen Monde entdeckt haben.

Galileo Galilei hat als erster ein Teleskop zum Himmel gerichtet und dabei herausgefunden, dass der Jupiter von vier kleineren Himmelskörpern umkreist wird. Diese „galileischen Monde“ tragen heute die Namen Io, Europa, Ganymed und Callisto. Sie waren die ersten anderen Monde die wir gefunden haben aber bei weitem nicht die einzigen! 1655 hat man Titan entdeckt, den größten Mond des Saturn. 1787 wurde der erste Mond entdeckt, der Uranus umkreist; 1846 der erste Mond des Neptun. 1877 fand man die beiden kleinen Marsmonde Phobus und Deimos. Bei allen Planeten des Sonnensystems, mit Ausnahme von Venus und Merkur, hat man Monde entdeckt, mittlerweile sind es mehr als 200 und die meisten davon umkreisen die großen Planeten Saturn und Jupiter.

Unser Sonnensystem ist also voll mit Monden; es gibt sehr viel mehr davon als Planeten; von denen haben wir ja nur acht Stück. Seit 1995 wissen wir, dass auch andere Sterne von Planeten umkreist werden. Heute kennen wir weit mehr als 4000 solcher Exoplaneten und wissen, dass das Universum voll davon ist. Es gibt da draußen mindestens so viele Planeten wie Sterne. Und eine Frage die sich da ziemlich bald stellt lautet: Werden auch die Exoplaneten von Monden umkreist?

Jede Menge Monde – aber alle nur bei uns! (Bild: NASA)

Das ist eine spannende Frage. Denn so ein Mond kann eine erstaunlich komplexe Welt sein. Ganymed, der größte Mond des Jupiters etwa ist größer als der Planet Merkur. Auf dem Jupitermond Europa gibt es einen unterirdischen Ozean aus flüssigem Wasser, auf dem Saturnmond Enceladus ebenfalls und beide sind heiße Kandidaten für die Suche nach außerirdischem Leben. Wären Jupiter oder Saturn nicht so weit von der Sonne entfernt wie sie es jetzt sind, sondern näher – zum Beispiel dort wo sich die Erde befindet, dann wären diese Ozeane nicht unter einer dicken Schicht aus Eis versteckt, wie jetzt. Dann gäbe es vielleicht dort flüssiges Wasser an der Oberfläche, eine Atmosphäre und angenehmen Temperaturen. Dann wären diese Monde bewohnbar. Sind sie aber nicht – aber anderswo kennen wir durchaus Planeten die dem Jupiter oder dem Saturn ähnlich sind und sich genau dort befinden, wo etwaige Monde lebensfreundliche Bedingungen haben könnten. Es ist also durchaus wichtig, wenn wir uns fragen, ob es anderswo auch Monde gibt.

Die Antwort darauf kann eigentlich nur „Ja!“ lauten. Es wäre höchst seltsam, wenn einerseits Planeten die Sterne umkreisen enorm häufig sind; andererseits nur die Planeten des Sonnensystems auch Monde haben. Das, was bei uns zur Entstehung von Monden geführt hat, muss anderswo genau so passiert sein. Wir sind ja kein irgendwie außergewöhnlicher Ort. Im Einzelfall kann das natürlich anders sein. Ich habe ja früher schon im Podcast erzählt, wie der Mond der Erde entstanden ist: Nach allem was wir bis heute wissen, ist das durch eine gewaltige Kollision im frühen Sonnensystem passiert. Ein noch nicht fertiger Planet von der Größe des Mars ist mit der ebenfalls noch nicht ganz fertigen Erde zusammengestoßen und dabei völlig zerstört worden. Die Erde hat die Kollision gerade so überstanden und aus den Trümmern dieser unvorstellbaren Katastrophe hat sich der Mond gebildet. So ein Ereignis ist ein Resultat der chaotischen Vorgänge die ablaufen, wenn sich Planeten um einen Stern herum bilden und es kann gut sein, dass ein Ergebnis wie bei der Erde und unserem Mond sehr unwahrscheinlich ist. Anderswo werden vielleicht beide Planeten bei einer Kollision zerstört, oder es bildet sich ein kleinerer oder gar kein Mond aus den Trümmern.

Aber nicht alle Monde entstehen durch Kollisionen. Die Marsmonde zum Beispiel sind aller Wahrscheinlichkeit nach ehemalige Asteroiden, die vom Mars eingefangen worden sind. Viele der kleineren Monde von Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun haben vermutlich den gleichen Ursprung als eingefangene Asteroiden. Die großen Monde der Gasplaneten sind dagegen auf ähnliche Weise entstanden wie die Planeten selbst. So wie die aus einer Scheibe voll Gas und Staub um die junge Sonne herum entstanden sind, haben sich Monde wie die galileischen Monde des Jupiters aus einer Gas- und Staubscheibe gebildet, die früher den jungen Jupiter umgeben hat. Solche Prozesse sind, wie das Einfangen von Asteroiden, Vorgänge, die überall stattfinden, wo Planeten entstehen. Man kann also mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass auch die extrasolaren Planeten Monde haben.

Damit könnte diese Folge auch schon wieder zu Ende sein. Ist sie aber nicht. Denn es reicht uns in der Wissenschaft ja nicht, einfach nur sehr sicher zu sein, dass irgendwo irgendwas existiert. Wir wollen schon auch wissen, ob das wirklich stimmt. Egal wie plausibel eine Annahme erscheint: Am Ende zählt in der Naturwissenschaft nur die Bestätigung durch eine konkrete Beobachtung. Können wir also herausfinden, ob es da draußen irgendwo extrasolare Monde gibt?

Können wir! Wir können sie natürlich nicht direkt sehen; das geht ja schon bei den extrasolaren Planeten sehr schwer bis gar nicht. So wie die Planeten leuchten auch die Monde nicht mit ihrem eigenen Licht. Sie reflektieren nur das Licht ihres Sterns. Und weil Monde im Allgemeinen kleiner sind als die Planeten, leuchten sie noch viel schwächer. Und werden nicht nur durch das Licht des Sterns überstrahlt, sondern zusätzlich auch noch vom Licht des Planets, den sie umkreisen.

Wir können aber durchaus indirekte Nachweise führen. Viele Planeten anderer Sterne haben wir durch die sogenannte „Transitmethode“ gefunden. Wir beobachten das Licht eines Sterns und messen seine Helligkeit über mehrere Tage, Wochen oder Monate hinweg. Wenn von uns aus gesehen zufällig gerade ein Planet vor dem Stern vorüber zieht, blockiert der ein ganz klein bisschen von dessen Licht. Das können wir messen und wenn der Planet den Stern umkreist, wiederholt sich diese Mini-Verdunkelung in regelmäßigen Abständen. Wenn der Planet der so einen „Transit“ verursacht zusätzlich auch noch von einem Mond umkreist wird, wird die Sache interessant. Denn der Mond ist zwar kleiner als der Planet und hat weniger Masse. Aber er übt trotzdem eine Gravitationskraft auf den Planet aus. So ist es ja auch bei Erde und Mond. Der Mond umkreist die Erde. Aber wenn man es genau nimmt, stimmt das nicht. Es zieht nicht nur die Erde den Mond an, sondern auch der Mond die Erde. Beide Himmelskörper kreisen um ihren gemeinsamen Schwerpunkt. Weil die Erde so viel schwerer ist als der Mond liegt dieser Punkt allerdings sehr nahe am Erdmittelpunkt; er liegt 1700 Kilometer unter der Erdoberfläche. Effektiv kreist also tatsächlich der Mond um die Erde und die Erde wackelt einfach nur ein bisschen hin und her.

Bild: NASA Ames

Bei einem extrasolaren Planet mit Mond ist das genau so. Je nach Konfiguration kann das Wackeln größer oder kleiner sein. Aber ein Planet mit Mond wackelt immer – und das bedeutet, dass die Verdunkelungen die er beim Stern hervor ruft, nicht VÖLLIG regelmäßig sind. Bei seiner Hin- und Herwackelei wird mal ein kleines bisschen früher ankommen und mal ein kleines bisschen später. Das nennt man eine „Transitzeitvariation“ und wenn man so etwas beobachtet, kann man daraus prinzipiell auf die Existenz des Mondes schließen.

Natürlich gibt es auch jede Menge andere Effekte, die eine Transitzeitvariation hervorrufen können. Das muss kein Mond sein, es kann auch einfach ein anderer Planet sein, der den Stern umkreist. Die beiden Planeten beeinflussen sich ja auch gegenseitig mit ihrer Gravitationskraft und das führt zu unregelmäßigen Transits. In der Realität wird man es auch vermutlich mit mehreren Planeten zu tun haben, die jeweils einen oder mehrere Monde haben. Aber wenn die Beobachtungsdaten gut genug sind, kann man das ganze mit Hilfe von Computermodellen und Mathematik aufdröseln und herausfinden, wer da wen umkreist. Neben der Transitzeitvariation gibt es auch noch die „Transitdauervariation“. Ein Planet mit Mond wird nicht nur immer wieder mal früher oder später als erwartet seinen Stern verdunkeln; diese Verdunkelungsphase wird auch unterschiedlich lange dauern, weil die Störungen des Mondes ihn immer wieder leicht unterschiedlich am Stern vorüber ziehen lassen. Beobachtet man beide Effekte auf einmal, dann kann man schon ziemlich gut berechnen, ob und was für ein Mond da sein könnte.

Man kann natürlich auch großes Glück haben, und einen Transit sehen, der direkt vom Mond selbst verursacht wird. Stellen wir uns vor, der Mond steht – von uns aus gesehen – direkt neben seinem Planeten. Und beide ziehen nebeneinander am Stern vorüber. Dann wird das Sternlicht zuerst ein wenig dunkler werden, weil der Planet einen Teil davon von blockiert. Und dann, wenn auch der Mond von uns aus gesehen vor dem Stern steht, wird noch ein kleines bisschen mehr Licht blockiert. Am Ende des Transits ist es umgekehrt: Zuerst wird der Stern wieder heller, weil der Planet nicht mehr in der Sichtlinie steht und dann steigt die Helligkeit noch ein kleines bisschen an, weil dann auch der Mond nichts blockiert. So eine Beobachtung wäre am allerbesten, denn dann kann man direkt aus dem Ausmaß der Verdunkelung die Größe des Mondes ablesen.

Es gibt auch Methoden, wie man einen extrasolaren Mond ohne Transit entdecken kann. Das ist praktisch, denn man kann ja nicht immer davon ausgehen, dass Planet und Mond von uns aus gesehen genau an ihrem Stern vorüber ziehen. Bei der Mehrheit der Planetensysteme ist das nicht der Fall und da helfen die vorhin beschriebenen Methoden nicht. Dann kann man aber vielleicht mit Gravitationslinsen erfolgreich sein. Davon habe ich ja in Folge 274 schon ausführlich erzählt. Die Masse eines Planeten krümmt den Raum, genau so wie die Masse eines Sterns oder genaugenommen jede Masse. Das war ja gerade das, was Albert Einstein mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie herausgefunden hat. Licht folgt immer der Krümmung im Raum und die Masse eines Himmelskörpers ist daher in der Lage, Licht abzulenken. Wenn nun ein Stern mit einem Planet vor einem anderen Stern vorüber zieht, wirkt dieser Stern im Vordergrund wie eine Linse, die das Licht des Sterns im Hintergrund kurzfristig verstärken kann. Der Planet verändert diese Linsenwirkung ein wenig und ein Mond würde sie ein weiteres mal verändern.

Künstlerische Darstellung des Exomonds und seines Planeten: NASA/ESA/L. Hustak

Es gibt noch andere Methoden, mit denen man einem extrasolaren Mond auf die Spur kommen könnte, aber da braucht man meistens sehr viel Glück. Im Jahr 2017 hat man geglaubt, einen extrasolaren Mond entdeckt zu haben, später hat sich dann herausgestellt, das dieser Himmelskörper viel zu groß ist. Das war auch bei einer Beobachtung mit Gravitationslinseneffekt im Jahr 2014 der Fall – der potentielle Mond den man damals gefunden zu haben glaubte, ist viel eher ein großer Gasplanet. Sehr vage und indirekte Daten haben immer wieder vermuten lassen, dass da Monde sein könnten. Aber es ist eben schwer, so etwas kleines wie den Mond eines Planeten bei einem anderen Stern zweifelsfrei nachzuweisen. Am vielversprechendsten ist immer noch die Sache mit den Transits; wir haben ja Teleskop im All, die sehr viele solcher Transits beobachtet haben und in Zukunft beobachten werden. Irgendwo in diesen Daten taucht vielleicht auch mal ein Mond auf. Es ist nicht die Frage, ob wir einen Mond finden. Das werden wir. Wir können nur nicht sagen, wann es so weit sein wird. Und je nachdem, wann ihr diese Folge hört, ist es vielleicht schon passiert.

3 Gedanken zu „Sternengeschichten Folge 469: Extrasolare Monde“
  1. @ FF:

    Ist es eigentlich denkbar, dass die Erde früher auch mal weitere Monde in Form einfangener Asteroiden hatte, welche dann aber im Laufe der Zeit Teil unseres heutigen Mondes geworden sind? Könnte man sowas auch u.U. beweisen, z.B. durch Gesteinsproben vom Mond?

  2. @noch’n Flo:

    Ist es eigentlich denkbar, dass die Erde früher auch mal weitere Monde in Form einfangener Asteroiden hatte, welche dann aber im Laufe der Zeit Teil unseres heutigen Mondes geworden sind? Könnte man sowas auch u.U. beweisen, z.B. durch Gesteinsproben vom Mond?

    Denkbar ist es wohl und nachzuweisen könnte es auch sein. So hat ja beispielweise Harrison Schmitt einen Stein aufgehoben und eingepackt, und auf der Erde kam schließlich heraus: Das Ding stammte aller Wahrscheinlichkeit nach von hier – von der Erde. Es wäre also bei einem Einschlag ins All geschleudert und später vom Mond eingefangen worden. Das Problem mit eingefangenen Minimonden dürfte allerdings sein, dass die meisten von ihnen von der Erde selber eingefangen und letztlich verschluckt worden wären. Noch gravierender sehe ich folgendes Problem: Wie soll man den Unterschied bestimmen, der herangeflogen und eingeschlagen ist und einem, der zunächst lediglich in eine Umlaufbahn gezwungen worden war?

    Noch eines zum Entstehen von Monden: Es steckt irgendwie in einem drin, dass zwei etwa gleich große Planeten, die miteinander kollidieren, sich gegenseitig zerstören. Und ja, in so einem Fall gäbe die ursprünglichen Planeten ja auch nicht mehr. Nur was geschieht danach mit ihrer Masse? Die bleibt ja nun einmal erhalten. Sicherlich wird ein Teil davon dermaßen beschleunigt, dass er sich auf Nimmerwiedersehen im All verteilt. Es ist indes aber durchaus möglich, dass ein großer Teil der Wolke aus zersprengten und aufgeschmolzenen Trümmerstücken beieinander bleibt und sich aufgrund ihrer eigenen Schwerkraft wieder zu etwas festem zusammen ballt. Die sogenannte Synestia-Hypothese beschreibt dabei sogar das Szenario, dass sich in den Außenbereichen der Trümmerwolke (=Synestia) eine Reihe kleinerer Himmelskörper gebildet haben könnten, die den immer noch glühenden Kern umkreist hätten. Nach dem Erkalten und dem Zusammenziehen der Synestia und den Kollisionen der Mondfamilie hätten wir am Ende unsere Heimat: Die Erde und ihr ziemlich großer Mond.

    Langer Rede, kurzer Sinn: Womöglich hat die Erde den Einschlag von Theia nicht überstanden, sondern sich erst danach aus den Überresten der Kollision gebildet. In dem Fall sollten wir wohl dem Planeten, der damals mit Theia zusammengekracht ist, einen ganz anderen Namen geben.

  3. @FF:

    Ist eigentlich auch der umgekehrte Prozess denkbar, dass z.B. ein Sternen- oder Planetenvagabunden-FlyBy den Mond eines Planeten entreisst, an sich selbst aber nicht koppelt und dieser dann zum eigenständigen Planeten wird?

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