Der Saturnmond Titan gehört mit Sicherheit zu den faszinierendsten Himmelskörpern in unserem Sonnensystem. Der 5150 Kilometer große Monde hat eine dichte Atmosphäre; allerdings keine aus Stickstoff und Sauerstoff so wie auf der Erde sondern eine die fast ausschließlich aus Stickstoff besteht. Außerdem ist es so fern der Sonne auch so kalt, dass kein flüssiges Wasser auf Titans Oberfläche existieren kann. Dafür gibt es aber flüssiges Methan, das große Seen und Flüsse bildet. So wie es auf der Erde einen Wasserkreislauf gibt, hat Titan einen Methankreislauf; mit Methanwolken und Methanregen. Seit 2004 wird das Saturnsystem und damit auch Titan von der Raumsonde Cassini untersucht und am 14. Januar 2005 wurde sogar die Landeeinheit Huygens auf die Oberfläche des Mondes geschickt von wo sie eine Stunde lang Daten sendete. Aber wie wenig wir auch heute noch über Titan wissen, zeigt sich immer wieder. Zum Beispiel bei den Aufnahmen, die kürzlich veröffentlicht worden sind.

So hat Cassini die Oberfläche des Titan gesehen:

Bild: NASA/JPL-Caltech/ASI/Cornell
Bild: NASA/JPL-Caltech/ASI/Cornell

Hier sieht man Ligeia Mare, einen der größten Seen auf Titan, der zu drei verschiedenen Zeitpunkten aufgenommen worden ist. Es handelt sich nicht um normale Aufnahmen im sichtbaren Licht. Dann würde man dank der dicken Atmosphäre nämlich gar nichts sehen. Die Bilder hat Cassini mit seinem Radarinstrument gemacht; man sieht also die Regionen auf der Oberfläche die das Radiolicht der Raumsonde reflektiert haben. Dort wo es dunkel ist, müssen sich Flüssigkeiten mit glatter Oberfläche befinden, die die Radarstrahlen nur schlecht reflektieren. Man sieht auf den Bildern also einen Teil der Küste des Methansees – und man sieht deutlich, dass sich dort etwas verändert!

2013 taucht auf einmal eine gut reflektierende Region mitten im See auf, die in veränderter Form auch 2014 zu sehen ist. Und das interessante daran ist: Niemand weiß, worum es sich dabei handelt.

Die Wissenschaftler können weitestgehend ausschließen, dass es sich um einen Fehler bei den Instrumenten handelt. Was immer es auch ist, ist also tatsächlich da. Eine Möglichkeit, die einem sofort in den Sinn kommt, ist eine Art „Insel“ die plötzlich auftaucht. Zum Beispiel durch eine Veränderung der Höhe des „Wasser“spiegels im Ligeia Mare. Wenn das Methan dort verdunstet, dann könnten Strukturen sichtbar werden, die vorher nicht zu sehen waren und wenn es dann wieder regnet und sich die Menge an Methan im See ändert, ändert sich auch das Aussehen dieser Struktur. Allerdings hat sich die Küstenlinie des Sees nicht verändert und diese Möglichkeit scheidet aus.

Wahrscheinlicher ist es, dass es sich um einen jahreszeitlichen Effekt handelt. Es könnte sich auch um Wellen auf dem See handeln, um Gasblasen die aufsteigen, um (Methan)Eis das auf der Oberfläche des Sees schwimmt – oder etwas ganz anderes. Und ich weiß: Die Versuchung ist groß, jetzt gleich wieder ganz tief in die Spektakelschublade zu greifen. Vielleicht ist es ein außerirdisches Unterseeboot? Oder ein gelandetes Raumschiff? Gigantische Alien-Wale, die in den Methanseen schwimmen? Aber dadurch verstellt man sich höchstens den Blick auf das, was die Angelegenheit meiner Meinung nach wirklich faszinierend macht. Beobachtungen wie diese hier zeigen uns deutlich, dass Titan eine eigene Welt ist. Das ist etwas, das wir gerne vergessen: Die ganzen Himmelskörper dort draußen sind nicht einfach nur irgendwelche Punkte am Himmel und auch nicht irgendwelche (schwarz-weißen) Standbilder, sondern eben ganze Welten! Keine Welten wie unsere Erde, sondern ganz andere Welten – aber deswegen nicht weniger interessant. Wir sind daran gewohnt, Mond, Mars und Co als unveränderliche Steinwüsten zu betrachten; als Bereiche des Sonnensystems, wo absolut nichts passiert. Aber das ist eben nicht der Fall!

Gefrorene Methan-Eisbrocken auf dem Titan. In der Mitte des Bildes sind sie circa 15 Zentimeter groß und ungefähr 85 Zentimeter von der Sonde entfernt.(Bild: NASA/ESA)
Gefrorene Methan-Eisbrocken auf dem Titan. In der Mitte des Bildes sind sie circa 15 Zentimeter groß und ungefähr 85 Zentimeter von der Sonde entfernt.(Bild: NASA/ESA)

Der Titan ist eine fremde Welt. Eine Welt mit Flüssen aus Methan auf die es aus Kohlenwasserstoffwolken regnet. Eine Welt, mit eigener Geografie und Meteorologie; mit eigenen Jahreszeiten und eigenen Zyklen von denen wir bis jetzt noch kaum etwas wissen. Gezwungenermaßen ist es unsere Sicht auf das Universum auf die Erde zentriert. Aber wir sollten dabei nicht vergessen, dass auch anderswo im Universum ständig Dinge passieren. Dinge, die es sich zu verstehen und erforschen lohnt. Der Titan hat uns genau das wieder eindrucksvoll gezeigt.

22 Gedanken zu „Der Saturnmond Titan verändert sich – und keiner weiß warum!“
  1. Faszinierend! (Copyright Mr. Spock 🙂 ) Ich tippe auf einen riesiegen Eisberg, der unter der Oberfläche abgebrochen und dann aufgetaucht ist. Vielleicht ist an dieser Stelle aber auch nur das Methan gefroren (warum auch immer).

    Aber dass es so weit draußen überhaupt Aktivität gibt, ist abermals faszinierend. Wer weiß, welche Überaschungen uns noch bevorstehen. Maahks dürften aber auf Titan keine leben 🙂 (Perry Rhodan Fans wissen, wer die sind)

  2. @walter
    Auf einem Methansee kann kein Methan-Eisberg „auftauchen“. Methan hat am Gefrierpunkt keine Anomalie – da ist Wasser eine der sehr wenigen Ausnahmen, die sich die Natur leistet. Methaneis ist schwerer als die Flüssigkeit. Der „Methan-Eisberg“ – wenn es einer ist – kann also nur vom Grund aus über die Oberfläche hinausgewachsen sein.

  3. Gab es nicht mal die Vermutung, dass es tief unter der Titanoberfläche flüssiges Wasser geben könnte? Oder war das Europa? (Oder war das Discovery Channel?)

  4. @Alderamin#6: stimmt, da war doch was mit wasser auf/in titan, danke für die erinnerung (völlig vergessen…flo, ich bin schockiert, *das* hätteste doch aufm schirm haben müssen, ist zwar eher ludmilas fachgebiet, aber trotzdem ;D)

    (äh, was machstn in norwegen? just curious…)

  5. Hmm… das sieht mir eher nach Küste aus. Der Mond hat eine gebundene Rotation, aber möglicherweise liegt es an der Umlaufbahn, das sieht nach Gezeiten aus.

    Selbstverständlich… unter diesen Bedingungen verhalten sich Stoffe anders als wir es gewohnt sind und nehmen auch recht merkwürdige Zustände an, das ist sehr schwer einzuschätzen.

  6. lt. Wikipedia könnte die Eisberg-Theorie aber doch stimmen:

    „Wahrscheinlich gibt es auf diesen Seen sogar Eisberge aus Methan/Ethan. Diese können jedoch nur auf den Methanseen schwimmen, wenn sie mindestens 5 % gasförmigen Stickstoff enthalten. Wenn die Temperatur nur geringfügig sinkt zieht sich der Stickstoff soweit zusammen, dass das Eis zum Grund hinabsinkt. Steigt die Temperatur wieder, kann das Grundeis dann wieder zur Seeoberfläche aufsteigen. Bei bestimmten Temperaturen kann sogar Oberflächen- und Grundeis gleichzeitig vorkommen“

  7. „Die ganzen Himmelskörper dort draußen sind nicht einfach nur irgendwelche Punkte am Himmel“

    Sehr schön gesagt. Seeeehr schön……..

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