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Heute gibt es einen Artikel von Sebastian Templ. zu einem Thema, über das ich auch schon geschrieben habe.



Sterne bedeuten wohl für jeden etwas anderes. Manche sind bei ihrem Anblick fasziniert und hingerissen und denken andächtig an die unbegreiflich großen Dimensionen des Universums. Manche sinnieren darüber, ob es „da oben“ wohl noch mehr geben kann als bloße Sterne – Leben, intelligentes Leben, womöglich etwas Göttliches. Manchen ist vielleicht bewusst, dass alles „Material“ auf unserem Planeten Erde – sogar der organische Stoff, der jeden von uns aufbaut – in genau solchen Sternen, wie wir sie auf jedem Fleck des Himmels sehen, einst gebildet wurde.
Andere betrachten all die Himmelskörper womöglich weniger emotional – für sie sind Sterne einfach Sterne, nicht mehr und nicht weniger. Sterne sind für unsere Sinnesorgane immerhin nur helle Punkte, die bestenfalls ein bisschen flackern (was übrigens unsere Atmosphäre bewirkt – die Sterne selbst flackern nicht derart), sonst aber wirklich nicht aufregend sind. Oder womöglich doch?

Ja, unsere Augen sind wohl etwas zu unsensibel, um aus dem Licht der Sterne Nennenswertes herauszulesen. Aber wir haben technische Hilfsmittel und logische Gedankengänge entwickelt, mit deren Hilfe wir erstaunlich viele Eigenschaften eines Sterns erfahren können.
In diesem (und in den weiteren Artikeln) geht es darum, was wir einzig und allein aus Sternenlicht (denn mehr „haben“ wir von einem Stern nicht) „lesen“ können.

I) Helligkeit und Leuchtkraft der Sterne:

Schon im Altertum unterteilte man die Sterne in sechs Größenklassen. Dabei bezeichnete man die hellsten Sterne als Sterne erster Größe (m = 1, m…Magnitude); die nächste Klasse umfasste die etwas dunkleren Sterne (m = 2). Jene, die mit freiem Auge gerade noch sichtbar waren, fielen in die Kategorie der sechsten und somit dunkelsten Größenklasse (m = 6).
Dieses System erscheint relativ willkürlich. Und das war es damals mit Sicherheit auch.
Heute ist es genauer definiert, welche Sterne in welche Größenklasse gehören. (Zwei Sterne unterscheiden sich um eine Größenklasse, wenn sich ihre Helligkeit um umgefähr den Faktor 2,51 unterscheidet.) Natürlich kennt man heute um eine Vielzahl mehr Sterne als die „alten Astronomen“ und man kommt mit der herkömmlichen Anzahl an Klassen nicht mehr aus. Die durch moderne Teleskope entdeckten Sterne sprengen den Rahmen der sechs Größenklassen. Die Helligkeitswerte reichen von jenen unserer Sonne (m ~ -27) bishin zu jenen der bislang dunkelsten entdeckten Sterne (m ~ 25).
Zur Veranschaulichung findet man hier eine Tabelle mit einigen willkürlich ausgewählten Sternen und ihren Helligkeitswerten: https://de.wikipedia.org/wiki/Scheinbare_Helligkeit

Zu beachten ist allerdings, dass es sich bei dieser bisher genannten Helligekeit nicht um die tatsächliche, absolute Helligkeit eines Sterns handelt, sondern lediglich um die für auf der Erde wahrgenommene Helligkeit. Diese scheinbare Helligkeit ist die Strahlungsleistung (ΔE/Δs, „Energie pro Zeit“) pro m² Erdoberfläche und pro s (Sekunde).

Auf die absolute Helligkeit eines Sterns kommt man, wenn man die scheinbare Helligkeit mit seiner Entfernung von der Erde vergleicht.
Wie kommt man allerdings auf die Entfernung eines Sterns? Immerhin kann ein heller Stern, der weiter von uns entfernt ist, relativ erdnah aussehen, während ein tatsächlich naher, lichtschwacher Stern uns als weit entfernt erscheint. Die wahrgenommene Helligkeit kann also täuschen.

Man hat verschiedene Methoden in der Astronomie entwickelt, um kosmische Entfernungen zu messen. Eine davon ist die sogenannte Parallaxenmethode.

Während die Erde in einer Ebene jährlich die Sonne umläuft, beschreibt ein naher Stern vor dem Hintergrund weiter entfernter Sterne einen kleinen Kreis. Als Parallaxe wird der halbe Öffnungswinkel des aus den Sehstrahlen gebildeten Kegels bezeichnet.

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Bild: Wikistefan, CC-BY-SA 3.0

Schön und gut. Doch jetzt mal langsam:
Man nimmt zuerst an, dass die Sterne im Hintergrund (im Bild die Sterne des Sternbilds „Großer Wagen“) relativ „fix“ sind, sich also von der Erde gesehen nicht nennenswert bewegen. Dann beobachtet man (beispielsweise) im Sommer den Stern, von dem man seine Entfernung zur Erde herausfinden möchte, und bemerkt, dass dieser sich zu diesem Zeitpunkt „innerhalb des Wagens“ befindet. Ein halbes Jahr später (in unserem Beispiel im Winter), wenn die Erde bekanntermaßen auf der anderen Seite der Sonne ist (eigentlich nicht richtig ausgedrückt, aber auskennen tut man sich schon 😉 ), betrachtet man den Stern abermals. Diesmal sehen wir ihn außerhalb des Sternbilds. Würde man den Stern dazwischen mehrmals beobachten, käme man drauf, dass er vor dem Sternenhintergrund einen kleinen Kreis beschreibt. Die Sehstrahlen (im Bild als schwarze Linien dargestellt) spannen einen Winkel auf, der von der Entfernung des untersuchten Sterns abhängt. (Wäre der Stern näher, wäre der Winkel größer. Wäre er weiter weg, so würde sich auch dementsprechend der Winkel verkleinern.) Zieht man eine Linie, die durch die Sonne und durch den Stern geht, so halbiert man diesen Winkel und erhält somit die Parallaxe. Mit Hilfe von trigonometrischen Methoden kann man sich kurzerhand die Entfernung des Sterns ausrechnen (weil man ja die Entfernung Erde-Sonne bereits kennt).

Hier ist eine Liste mit astronomischen Entfernungsangaben:

  • Astronomische Einheit AE mittlerer Abstand der Erde zur Sonne (149.597.870 Kilometer) – nur für „kurze“ (im kosmischen Sinne) Entfernungen
  • Lichtsekunde Ls 299.792,458 km (Lichtgeschwindikeit c = 299 792 458 m/s)
  • Lichtminute Lm 17,99 Mio km
  • Lichtstunde Lh 1,08 Mrd km
  • Lichtjahr LJ 9.460,5 Mrd km = 63.240 AE
  • Parsec pc Jene Entfernung, aus der der mittlere Abstand zwischen Erde und Sonne (= 1 AE) unter einem Winkel von einer Bogensekunde erscheint: 3,262 LJ oder 31.000 Mrd km
  • Kiloparsec kpc 1.000 pc = 3.262 LJ = 31.000.000 Mrd km
  • Megaparsec Mpc 1.000 kpc = 1 Mio pc = 3,262 Mio LJ

Gut. Nun können wir die Entfernung zu einem Stern berechnen. Auch seine scheinbare Helligkeit können wird leicht herausfinden, indem wir – vereinfacht gesagt – messen, wie viel Strahlung jede Sekunde in einem Quadratmeter auf der Erde ankommt.

Mit diesen Werten können wir uns die absolute Helligkeit des Sterns – seine Leuchtkraft – ausrechnen. Die Leuchtkraft ist diejenige Lichtenergie, die der Stern pro Sekunde aussendet.
Hier die Formel:
L=Ω R^2 f
L…..Leuchtkraft
f……Energiefluss (Energie pro Zeit, „Strahlungsleistung“)
R…..Abstand zw. Stern und Erde
Ω…..Ist die Strahlungsquelle (der Stern) isotrop – d.h. in alle Richtungen gleichermaßen strahlend – gilt Ω = 4π, weil sich die gesamte Energie auf eine Kugeloberfläche mit dem Radius R verteilt.

Man hat zahlreiche Messungen der Leuchtkraft an Sternen vorgenommen, was gezeigt hat, dass unser Zentralgestirn wohl ein Stern mittlerer Leuchtkraft ist. Es gibt sowohl Sterne mit einem Zehntausendstel der Leuchtkraft unserer Sonne als auch welche mit der Zehntausendfachen Leuchtkraft.

Soviel vorerst zur Helligkeit und Leuchtkraft von Sternen.
Allerdings gibt es noch sehr viel mehr Eigenschaften eines Sterns, auf die man durch die Beobachtung des Lichts schließen kann.
Diese werden in weiteren Blogartikeln beschrieben, die hier zu finden sind:

4 Gedanken zu „Sternenlicht lesen“
  1. @Sebastian Gastautor:
    du schreibst

    Diese scheinbare Helligkeit ist die Strahlungsleistung (ΔE/Δs, „Energie pro Zeit“) pro m² Erdoberfläche und pro s (Sekunde).

    Ist das „pro Sekunde“ nicht schon in der Leistung drin? So wie ich das gerade lese, wäre die Sekunde jetzt zweimal im Nenner…

  2. @Bullet:

    Ja, damit hast du recht.
    Die Leistung ist ja an sich schon „Energie pro Zeit“ (dQ/dt).
    Besser wäre es auf jeden Fall gewesen, wenn ich geschrieben hätte: „Diese scheinbare Helligkeit ist die auf der Erdoberfläche ankommende Strahlungsleistung, welche durch ‚Energie pro Zeit‘ definiert ist.“

    Ich glaube, ich war damals beim Verfassen des Textes wohl zu sehr darauf bedacht, alles möglichst ausführlich zu erklären. (Oder: Ich hatte zuviel Zeit^^)

    Danke auf jeden Fall! 😉

  3. @MonsieurMG

    Das ist aber nur eine von vielen Methoden, sie reicht auch nur bis ca. 3000 Lichtjahre weit (1000 pc, Messungen durch den Astrometrie-Satelliten Hipparcos), begrenzt durch die Messgenauigkeit.

    An diesem Verfahren kann man jedoch andere kalibrieren. Zum Beispiel:
    – Cepheiden und RR Lyrae-Sterne: es gibt bestimmte Klassen von Sternen, die pulsieren regelmäßig, und ihre Leuchtkraft hängt fest mit der Pulsationsperiode zusammen. Solche Cepheiden kann man bis in die Nachbargalaxien der Milchstraße nahcweisen und so deren Entfernungen bestimmen

    – Leuchtkraft aus Spektralklasse: Wenn man den Typ eines Sterns z.B. an seinem Spektrum erkennen kann, dann folgt aus der Farbe (= Temperatur) seine Leuchtkraft. Aus der Leuchtkraft folgt dann die Entfernung

    – Sternstromparallaxen: wenn man die Eigenbewegung von Sternengruppen (klassischen Beispiel sind die Hyaden im Stier) bestimmt, stellt man fest, dass diese perspektivisch in einem Punkt zusammenlaufen. Aus geometrischen Überlegungen folgt aus dem Abstand dieses „Apex“ genannten Punkts von den Sternen deren Entfernung (so ungefähr; müsste mich nochmal schlau machen)

    – Typ I Supernovae: Unter den Supernova-Sternexplosionen gibt es einen Mechanismus, der immer gleich helle Explosionen verursacht: ein weißer Zwerg sammelt von einem zum roten Riesen gewachsenen Begleiter Materie auf, bis er eine bestimmte kritische Masse von 1,6 Sonnenmassen (Chandrasekhar-Grenze) erreicht, bei der er zu einem Neutronenstern kollabiert und eine Supernova auslöst. Diese kann man an ihren Helium-Linien gut von den anderen „Kernkollaps-Supernovae“ unterscheiden. Mit dem Hubble Space Telescope wurde gezielt in Galaxien, deren Entfernung durch Cepheiden bekannt war, gesucht, um die Leuchtkraft der Typ Ia Supernovae zu bestimmen. Nachdem das gelang, konnte man das Weltall bis an die Grenze des sichtbaren Universums vermessen, und seitdem wissen wir, dass es beschleunigt expandiert und kennen sein Alter auf 1% genau.

    – Rotverschiebung: durch die Expansion des Weltalls erscheint das Licht ferner Galaxien rotverschoben, d.h. Spektrallinien verschieben sich zu längeren Wellenlängen hin (eben, zum Roten hin). Es gibt eine Beziehung zwischen der Entfernung und der Rotverschiebung, die an den Supernova Ia-Messungen kalibriert wurde. Somit kann man auch für Galaxien, in denen gerade keine Supernova Ia explodiert, die Entfernung bestimmen.

    Daneben gibt’s noch eine Reihe anderer ausgefuchster Methoden.

    Der Nachfolger von Hipparcos, Gaia, ist in der Mache und er soll in genau einem Jahr starten, um die Parallaxenmessungen von Hipparcos nochmal um einen Faktor 40 zu verbessern und außerdem noch schwächere Sterne messen zu können.

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