Ich habe ja erst kürzlich über den kleinen Marsmond Phobos geschrieben. Der bekommt ja bald Besuch von der Raumsonde Mars-Express. Die wird zwar nicht auf ihm landen (das macht hoffentlich dann die russische Sonde Fobos-Grunt im Jahr 2012) – aber sie wird in nur 50 64 67 Kilometer Abstand über seine Oberfläche fliegen.
Und zwar übermorgen!
Die Bahn von Mars Express wurde so gewählt, dass sie Phobos immer wieder mal nahe kommt; momentan gibt es eine ganze Serie von nahen Begegnungen:
Die „Fly-By-Saison“ hat am 16. Februar begonnen, als die Raumsonde den Mond in 991 Kilometer Entfernung passierte. Seitdem gab es noch 3 weitere, immer nähere Begegnungen. Und am 3. März um 21:55 MEZ wird die größte Annäherung stattfinden: Mars Express wird Phobos in nur 67 64 50 Kilometer überfliegen.
Das nutzt man, um das Mars-Radio-Science (MaRS) Instrument einzusetzen. Damit wird man das Gravitationspotential des Mondes so genau wie nie zuvor analysieren können. Wie schwer Phobos ist, ist aus früheren Untersuchungen bekannt (Ludmila hat darüber berichtet). Aber man weiß noch nicht wirklich, wie diese Masse verteilt ist!
Denn wenn man aus der bekannten Masse und dem (ebenfalls bekannten) Volumen die Dichte des Mondes berechnet, stellt man fest dass sie zu klein für einen nicht-porösen Festkörper ist. Es liegt also die Vermutung nahe, dass es sich bei Phobos – so wie bei vielen Asteroiden – um einen „rubble Pile“ handelt. Also kein monolithisches Einzelobjekt sondern eine Ansammlung vieler großer und kleiner Felsbrocken. MaRS wird es herausfinden…
Außerdem nutzt man die Annäherung, um die bisherigen Karten des Phobos zu verbessern. Hier hat man ja schon früher mit der High Resolution Stereo Camera (HRSC) sehr genau Oberflächenprofile erstellt:
Das ASPERA (Analyzer of Space Plasmas and Energetic Atoms) Instrument wird zusätzlich die Interaktion der Phobos-Oberfläche mit dem Sonnenwind untersuchen.
Uns stehen also jede Menge interessante Ergebnisse ins Haus! Nach dem 3. März wird es noch 7 weitere Fly-Bys geben ehe am 26. März die nahen Begegnungen dann zu Ende sind. Über die gewonnenen Daten und die Resultate der Auswertung könnt ihr dann sicher im Mars-Express-Blog und auch bei ScienceBlogs lesen!
Update: Wegen einer Kursänderung wird Mars Express Phobos nun in etwa 64 Kilometer Entfernung überfliegen und nicht in 50
Update 2: Die ESA scheint sich nun festgelegt zu haben: minimaler Abstand sind 67 Kilometer
67 Kilometer nicht 50 km. Mehr erfährt man auf dem MEX Blog: https://webservices.esa.int/blog/blog/7
Korrektur: 50 km über der Oberfläche, 67 km vom Massezentrum entfernt. So kommen die beiden unterschiedlichen Werte zusammen. Wir rechnen natürlich mit dem Massenzentrum.
Eieiei … nur ein winziger Verrechner, und Phobos wächst um ein Stück Blech.
@Ludmila: Jetzt war ich kurz auch verwirrt. Als ich anfing den Artikel zu schreiben, stand hier in der Spalte „Altitude“ der Wert von 50 Kilometer. Jetzt gibts nen neuen Artikel, da steht „Passing by at an altitude of 67 km, precise radio tracking will allow researchers to peer inside the mysterious moon“. Das sollte mal jemand vereinheitlichen…
Aber ich glaub, ich hab mich in meinem Artikel eh immer auf die Oberfläche bezogen. Müsste also alles passen.
Korrektur der Korrektur: Gaarrrrgh. Es ist noch anders. Flyby-Distanz ist jetzt 77 km vom MZ und 20:55 UTC *Verwirrung pur* 50 km über der Oberfläche ist leider immer noch eine veraltete Angabe, denn so groß ist Phobos gar nicht.
@Bullet
Na zumindest fällt schon mal die Fehlermöglichekeit bei der Umrechnung von footpound in Newtonmeter weg 8]
Nur zur Info wieso es hier so zur Verwirrung kam:
1. Zum einen schwirren zwei Abstandswerte im Raum. Einmal gerechnet vom Massezentrum. Das brauchen die Navigations- und die Mars Radio Science Leute (also wir). Das andere gerechnet von der Oberfläche des Mondes. Das brauchen die Kamera-Leute und ASPERA.
2. Es gab am Freitag den 27.2. eine Kurskorrektur. Dabei haben sich die Anflugdaten geändert. Florian stützte sich aber auf die offizielle Seite vom 26. Februar.
3. Das alles führte jetzt dazu, dass ich hier völlig verwirrt durch die Büros gelatscht bin und nach den neuesten Infos gefragt habe. *Geht jetzt weiter arbeiten*
Hui, hui, hui!
Am Ende stellt sich dann doch heraus, dass der Mond eine hohle Raumstation ist! 😛
Im Ernst: Mal sehen was bei rum kommt. Ich bin zumindest gespannt. 🙂
@Ludmila: Danke für die Infos! Ich werd am besten einfach bis Donnerstag warten und dann die korrekten Werte nachträglich einfügen 😉
Ich hätte da mal eine naheliegende Frage: sind solche Flyby-Manöver eigentlich die einzige Möglichkeit, die Massen von Monden zu bestimmen? Oder kann man die, z. B. gerade bei den -zig Monden von Jupiter und Saturn (plus Ringe) auch irgendwie rausbekommen, indem man sich (wohl störungstheoretisch) die Einflüsse der Monde aufeinander anschaut?
Ja das ginge grundsätzlich schon. Im Grunde hättest Du so eine Art „natürliches“ Flyby-Manöver. Wir rechnen ja auch hier, wie die Bahn der Sonde durch Phobos gestört wird.
Nur dann brauchst Du immer noch die Masse des vorbeifliegenden Körpers, um ausrechnen zu können, wie der von dem anderen gestört wird. Ich denke nicht, dass man an nem Flyby mit ner Sonde zur Eichung wirklich vorbei kommt.
Es sei denn, Du siehst einen kleineren Körper auf ner Keplerbahn um so einen Mond kreisen. Dann kriegst Du die Masse des Zentralkörpers über das 3. Keplersche Gesetz heraus. Aber auch da nur über die Näherung, dass die eine Masse viel größer als die andere ist.
@Ludmila: Danke! Das heißt, die Massen der Monde im Sonnensystem (einschließlich unseres eigenen?) kennt man erst seit einigen Jahrzehnten – seit wir da Raumsonden hinschicken können? Hatte ich mir vorher irgendwie auch nie bewusst gemacht…
@Bjoern: Noch schlimmer. Die Massen und Radien der Planeten im Sonnensystem kennt man eigentlich erst hinreichend genau seitdem wir da Raumsonden hinschicken. So ist die Wiegung und Vermessung des Explaneten Pluto und des Begleiters Charon ein Ziel von New Horizons. Die hatten nämlich bislang noch keinen Besuch.
Bis dahin müssen wir uns mit recht groben Abschätzung begnügen.
@Bjoern: „Das heißt, die Massen der Monde im Sonnensystem (einschließlich unseres eigenen?) kennt man erst seit einigen Jahrzehnten – seit wir da Raumsonden hinschicken können?“
Naja – kommt drauf an, wie du „kennen“ definierts. Wie Ludmila schon gesagt hat: wenn man zwei Dinger hat, die umeinander laufen und ich diese Bewegung beobachten kann, dann kann ich auch die Massen abschätzen. D.h. wir wussten auch schon vor den Raumsonden über die Massen Bescheid – aber halt nicht ganz so genau.
@Florian:
Das ist prinzipiell schon klar. Aber z. B. die Massenunterschiede zwischen Jupiter und seinen Monden sind ja sehr groß. Hatte man da vor den Raumsonden wirklich genügend hohe Messgenauigkeit, um überhaupt Aussagen über die Massen der Monde machen zu können? (die Masse des Jupiters selbst hat man natürlich schon damals sehr einfach rausbekommen können).
@Ludmila: Was genau heißt da „recht grob“? 1% 10%? (nach meinen Erfahrungen in der Astronomie wohl eher 10% 😉 ).
Ich würd auch eher auf 10% tippen. Was ja aber schon auch nicht sooo schlecht ist 😉 Ich muss mal genau nachschlagen, wie genau Plutos Masse bekannt ist.