Passend zu den Rezensionen der letzten Kapitel in Carl Sagans Buch „Der Drache in meiner Garage“, in denen es um Kinder geht, die Wissenschaft für uncool halten und Altersgenossen, die das nicht tun („Nerds“) verspotten, kann ich ein Erlebnis aus dem Jenaer Planetarium berichten.

Weil das Programm gerade so interessant ist, haben wir uns heute gleich zwei Vorstellungen dort angesehen. Einmal „Kosmische Dimensionen“ und dann die neue Show „Augen im All„. „Kosmische Dimensionen“ konnten wir gemeinsam mit einer Schulklasse sehen – ich schätze, die Jugendlichen waren zwischen 15 und 17 Jahren alt. Und die mitgehörten Gespräche während und nach der Show haben leider alle Klischees bestätigt.

Schon während das Programm lief zeigte sich der Großteil der Schüler demonstrativ uninteressiert – und nach der Show überboten sie sich gegenseitig darin, zu erzählen, wie wenig sie aufgepasst hätten und wie langweilig das ganze gewesen wäre.

Der „coolste“ der ganzen Truppe war dann natürlich auch der, der vorgab, die ganze Show verschlafen zu haben…

An der Aussage, dass diejenigen, die sich zu sehr für Wissenschaft interessieren, dem größten Druck der Gruppe ausgesetzt sind, scheint also durchaus was dran zu sein (falls mein Erlebnis im Planetarium representativ war…)

Das ist schade – denn „Kosmische Dimensionen“ war absolut interessant und gut gemacht! Ziel des Programms war es, die unvorstellbaren Größenverhältnisse und Entfernungen im Kosmos halbwegs anschaubar zu machen. Das ist schwierig und kann eigentlich sowieso nicht gelingen, weil das menschliche Gehirn für solche Größenordnungen gar nicht ausgerichtet ist. Trotzdem hat man eine einigermaßen gute Vorstellung von den Verhältnissen bekommen. Und wenn man das alles noch auf den gigantischen 800 m² Projektionsfläche der Jenaer Planetariumskuppel präsentiert bekommt, ist das schon ein Erlebnis. Hier kann man einen Trailer sehen.

Und auch „Augen im All“, eine Gemeinschaftsproduktion der europäischen Weltraumagentur ESA und den deutschen Planetarien, ist absolut sehenswert. Hier wird die Geschichte der nicht-optischen Astronomie erzählt. Also die Beobachtung der Strahlung, die wir Menschen selbst nicht wahrnehmen können (Ultraviolettstrahlung, Infrarotstrahlung, usw.). Demonstriert wurde das an den beiden neuen Missionen der ESA: Herschel und Planck. Sehr zu empfehlen! Hier ist ein kleiner Vorgeschmack:

Also liebe Jugendliche! Lasst euch nicht einreden, sich für Wissenschaft zu interessieren wäre uncool. Wenn die Schule vorbei ist, interessiert sich sowieso niemand mehr dafür, wer mal „cool“ war und wer nicht. Und ich behaupte einfach mal, dass diejenigen, die im Planetarium lieber schlafen, später im Leben dann gar nicht mehr so „cool“ sind 😉

P.S. So, und nachdem ich jetzt ausführlich über die schlimme „Jugend von heute“ gemeckert habe, fühle ich mich richtig alt 😉

P.P.S. Das Kind war erwartungsgemäß zutiefst begeistert. In diesem Alter (5 Jahre) hat man eben noch andere Vorstellungen darüber, was cool ist und was nicht (Glücklicherweise!). Ein Zitat (als im Film gerade die Szene mit dem Urknall gezeigt wurde): „Wow! Der Urknall war cool!“ 😉

15 Gedanken zu „„Coole“ Kinder im Planetarium“
  1. Das klingt ziemlich spannend:)
    Das Planetarium steht bei mir weit oben bei den Dingen, die ich mir in Jena anschauen will.
    Ich ziehe ja im Oktober nach Jena, weil ich da nun studieren werde:)
    Danke für die Trailer.

  2. @Ramose: Also das Planetarium in Jena ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Immerhin ist es das älteste Planetarium der Welt, das noch in Betrieb ist! Und wenn du in Jena studierst (was denn?), dann verbringst du sicher viel Zeit in der Uni-Bibliothek. Die ist gleich neben dem Planetarium 😉 Und unmittelbar daneben ist auch noch ein nettes Cafe mit gutem Bier 😉

    @djalminho: Kann mit über 30 überhaupt noch cool sein? 😉

  3. Florian, um Dir Mut zu machen: Meine Tochter, jetzt 9, liebt Planetarien. Sie hat zum Einstein Jahr ganz toll und interessiert durchgehalten und noch ganz oft davon gesprochen.

    Leider ist sie der Meinung, daß Mathe nichts für Mädchen ist, sondern nur die Jungs das gut können 🙁 …

  4. @Chartinael: Toll das deine Tochter Planetarien super findet! Aber die Dinger sind ja auch super 😉 Das mit der Mathematik ist schade. Die kann wirklich enorm faszinierend sein. Vielleicht kann man ihr da ja noch irgendwie weiterhelfen (in Wien gibts z.B. ein super Mathematik „Museum“ für Kinder – vielleicht gibts sowas ja auch bei euch in der Nähe). Ansonsten finden sich sicher andere Möglichkeiten (bei Bedarf kann ich ein bisschen Literatur empfehlen). Auch aus elterlicher Sicht sollte man froh sein, wenn die Kinder sich für Mathe interessieren – mit nem Mathematik-Studium in der Tasche hat man später kaum Jobprobleme 😉

  5. Buh, in Bochum gibt es nur eine „begleitende Ausstellung“ an der Uni zu Augen im All, wenn ich das auf der (fürchterlichen) Website vom hiesigen Planetarium richtig lese. Schade 🙁

  6. Zum Thema cool bei Jugendlichen kann ich folgende Beobachtung beisteuern:
    Es gibt in jeder Klasse/ Gruppe/ etc von Jugendlichen immer ein, zwei drei Kids, die vorgeben, was cool ist.
    Das sind meistens gar nicht die doofen, sondern eh die klugen, die auch eine hohe Sozialkompetenz haben und daher von den anderen gemocht und respektiert werden.
    Diese Kids geben (sicher unbewusst) vor, was cool ist.
    Bei Gruppen von Kindern, wo sich diese Kinder sehr für Bildung interessieren (so würden sies noch nicht nennen, aber ihr wisst schon, was ich meine) ist es dann auch ok, gute Noten zu haben, sich für Astronomie oder auch Biologie oder so zu interessieren- da wird dann die ganze Gruppe mitgerissen, und im Endeffekt hat man dann 20 interessierte Kinder.
    Wenn sich die bewunderten Kids mehr für Sport interessieren, hat man binnen kürzester Zeit permanent irgendwelche Laufbewerbe uÄ.

    Wie auch immer- ich denke, der Trick, den Kinder Wissenschaft näher zu bringen, ist die „coolen Kids“ für Wissenschaft zu begeistern, und nicht andersrum..
    Allerdings hab ich auch keine Idee, wie man das Anstellen könnte.

  7. Also bei mir in der Schule waren wir, die Wissenschaftsinteressierte immer die „uncoolen“, und die „coolen“ waren sowas von dämlich… Genauso wie Florian das beschreibt – wer am wenigsten Anhung hat, hat gewonnen. Sarahs Idee, „die coolen Kids für Wissenschaft zu begesitern“ klingt sinnvoll, aber ja, wie wie können wir das schaffen?

  8. Nun, damit etwas cool wird, braucht man als erstes eine Geschichten mit handelnden Personen. Wenn man sich dann mit dem Protagonisten identifzieren kann, so übernimmt man zu einem Teil dessen Emotionen. Wenn dieser dann tolle Dinge mit Wissenschaft macht, überträgt sich dies unbewusst auch auf den Zuschauer. Je häufiger man solche Geschichten konsumiert, desto fester wird dann das Bild.

    Eine Präsentation, wie die von oben kann ohne Personen also höchstens interessant sein.

  9. Bei mir damals in der Schule fing das Mobbing an dem Tag an, als ich nach dem Museumsbesuch in der zweiten Klasse die Stunde ‚Freizeit‘ lieber dazu nutzte mir die Ausstellung mit der Lehrerin noch einmal anzusehen, weil ich sie so klasse fand und die Führung zu schnell war zum genau gucken, anstatt mit den anderen auf dem Spielplatz rumzuhängen und darüber zu reden wie lahm die Ausstellung war.
    Zumindest bei uns in der Dorfgrundschule kam Wissensdurst eindeutig nicht gut an, von da an war ich der ‚Prügelknabe‘ der Klasse…

  10. @Florian W.: Naja, es muss ja nicht unbedingt in der Planetariumsshow jemand „cooles“ auftreten. Es würde ja schon reichen, wenn in Filmen, den Medien und Fernsehen Wissnschaft und Wissnschaftlr etwas „cooler“ dargestellt werden (oder übrhaupt mal dargstellt werden). Und coole Wissenschaftler gibts genug. Da ist für jeden Geschmack was dabei 😉 (s gibt sogar nn Astronomen, der mit ner F-18 auf Astroidensuch geht)

  11. @Kathy: Also solche Erfahrungen kenne ich aus meiner Schulzeit glücklicherweise nicht. Da gabs das mit „coolen“ und wenigr „coolen“ Schülern auch lange nicht so ausgeprägt. Ich erinnere mich an ne Klassenfahrt nach Frankreich in der 11. Klasse, als ich ein Buch von Isaac Asimov mithatte („DFie exakten Geheimnisse des Universums“) aus dem ich immer wieder mal was vorgelesen hatte – und niemand fands uncool. Wir waren jetzt aber keine Streberklasse oder so – ganz normale Jugendliche. Wir haben uns auch heimlich im Hotelzimmer betrunken – nur dann eben dabei auch mal alle über Tachyonen und Urknall diskutiert 😉

    Ich weiß nicht ob das eine untypische Klassengemeinschaft war oder obs einfach an der damaligen Zeit (naja – so lang ists auch noch nicht her 😉 ) lag oder am Kleinstadtgymnasium… In meiner Klasse war jedenfalls Wissenschaft nie „uncool“ – wahrscheinlich hab ich Glück gehabt…

  12. @Florian: Nun, Ich habe die Frage so verstanden, dass es darum geht, der Wissenschaft einen „coolen“ Anstrich zu geben. Ich habe nun versucht auf exakt diese Frage eine Antwort zu geben. Ich hätte vielleicht kürzer antworten sollen, dass dies gar nicht möglich ist, da man in der Kürze einer Show kaum gegen gewachsene Vorurteile ankommt. Aber man kann eine Show eben zumindest interessant gestalten.

    Die Darstellung in den Massenmedien bewerte ich so: Eine Serie, bei denen Wissenschaftler noch ganz gut weg kamen war „Star Trek“. Warum wurde Star Trek produziert? Möglicherweise weil die USA damals sehr viel Geld für die Mondlandung ausgegeben haben. Warum haben die USA das getan? Natürlich wegen der Forschung… aber sicher auch wegen dem Symbol-wert. Warum hatte dies Symbol-wert? Natürlich wegen Sputnik, aber auch weil Werner-von-Braun sehr viel Werbung dafür gemacht und in der Lage war auch andere an zustecken. Wie ist ihm dies gelungen? Weil er wusste, wie PR und Medien funktionierten.

  13. @ Florian: Deine Begeisterung für Planetarien kann ich gut nachvollziehen. Bei deiner Bewertung der Show „Augen im All“ scheint der Wunsch, Werbung für Planetarien zu machen, jedoch die Überhand gewonnen zu haben. Ich habe die Show in Hamburg gesehen und war sehr enttäuscht. Wenn man sich – als Laie etwas mit dem Thema befasst hat, hat man kaum etwas neues erfahren. Es wurde auch sehr wenig erklärt, sodass „Neulinge“ wohl kaum etwas mitgenommen haben dürften. Die knappen Wortbeiträge haben dafür Raum für ausgedehnte Pausen gelassen, die mit sphärischer Musik gefüllt werden konnten. Und abgerundet wurde das Ganze mit ein paar Szenen über die Erforschung des Mars, auch wenn das überhaupt nichts mit dem Thema Planck und Herschel zu tun hatte.
    Ich frage mich echt, für welche Zielgruppe die Show gestaltet wurde.

    Als ich am Ende erfahren musste, dass in der Show gar nicht die echten Wissenschaftler zu Wort gekommen sind, sondern Schauspieler, war ich besonders enttäuscht. Sind die Wissenschaftler der Esa nicht vorzeigbar und können Laien nicht für ihre Tätigkeit begeistern? Auch der Raketenstart wurde lieber mittelmäßig mit Computergrafik nachgebildet als mit Originalbildern gezeigt. Was ist so schlecht an Originalbildern und -filmen?

    Insgesamt zeugt die Show „Augen im All“ von der Angst, das Publikum mit Wissenschaft zu konfrontieren. Hierzu passt dann auch, dass das Planetarium HH nicht einmal einen Buchladen hat. Vor der Show hatte ich mich hierüber gewundert, nach der Show war mir klar, dass Menschen, die sich mit den Themen befassen wollen, wohl nicht zum Zielpublikum gehören.

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