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Heute vor 40 Jahren, am 24. Juli um 18.50 MESZ landeten die Astronauten von Apollo 11 wieder auf der Erde. Das größte Abenteuer der Menschheit, die erste bemannte Landung auf dem Mond, war vorbei. Und es war erfolgreich!

Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Mike Collins konnten ihre gewaltige Leistung übrigens nicht sofort standesgemäß feiern. Die nächsten 17 Tagen mussten die Astronauten in einem hermetisch abgeschlossenen Wohnwagen bzw. einem Labor der NASA in Quarantäne verbringen. Man war sich damals noch nicht sicher, ob es auf dem Mond nicht vielleicht Mikroorganismen gibt und wollte eine eventuelle Kontamination ausschließen:

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Erst am 13. August konnten die drei die Quarantäne verlassen und die Feierlichkeiten genießen (oder vielleicht auch nicht; vielleicht war ihnen der ganze Rummel auch schon wieder zuviel).

Heute, 40 Jahre später blicken wir auf die Erfolge des Apollo-Programms zurück und haben eigentlich nichts vergleichbares vorzuweisen. In den 80ern folgte das Shuttle-Programm der NASA und in den 90ern begann man mit dem Bau der internationalen Raumstation ISS. Beides sind natürlich tolle wissenschaftliche und technische Leistungen – aber bei weitem nicht so visionär wie das Apollo-Program.

Es lohnt sich vielleicht, nochmal die berühmte Rede von John F. Kennedy anzuhören, bei der er den Entschluß der USA verkündete, den Mond zu erreichen. Meistens sieht man ja nur den „We choose to go to the moon“-Ausschnitt – aber auch der Rest ist sehenswert:

Besonders hinweisen möchte ich auf diesen Abschnitt (hier kann man die ganze Rede auch nachlesen):

„To be sure, all this costs us all a good deal of money. This year¹s space budget is three times what it was in January 1961, and it is greater than the space budget of the previous eight years combined. That budget now stands at $5,400 million a year–a staggering sum, though somewhat less than we pay for cigarettes and cigars every year. Space expenditures will soon rise some more, from 40 cents per person per week to more than 50 cents a week for every man, woman and child in the United Stated, for we have given this program a high national priority–even though I realize that this is in some measure an act of faith and vision, for we do not now know what benefits await us. But if I were to say, my fellow citizens, that we shall send to the moon, 240,000 miles away from the control station in Houston, a giant rocket more than 300 feet tall, the length of this football field, made of new metal alloys, some of which have not yet been invented, capable of standing heat and stresses several times more than have ever been experienced, fitted together with a precision better than the finest watch, carrying all the equipment needed for propulsion, guidance, control, communications, food and survival, on an untried mission, to an unknown celestial body, and then return it safely to earth, re-entering the atmosphere at speeds of over 25,000 miles per hour, causing heat about half that of the temperature of the sun–almost as hot as it is here today–and do all this, and do it right, and do it first before this decade is out–then we must be bold.“

Yes – we must be bold! Aber heute ist irgendwie niemand mehr mutig. Es gibt keine Visionäre mehr. Ich kann mir keinen Politiker vorstellen, der heute eine ähnliche Rede halten würde wie damals Kennedy. Mut oder Visionen spielen in der heutigen Forschungspolitik kaum mehr ein Rolle. Da geht es eher um Wirtschaftlichkeit und Anwendbarkeit.

Das sieht auch Alexander Stirn von „Alles was fliegt“ in seinem lesenswerten Artikel „Die Krise der bemannten Raumfahrt: Vier Thesen„:

„Wo sind die Politiker, die sich hinstellen und sagen: „Wir, die Nationen der Erde, werden bis zum Jahr 2030 einen Menschen auf dem Mars absetzen und ihn wieder sicher zurück zur Erde bringen.“ Wo sind die Politiker, die sagen: „Wir machen das nicht, weil es einfach ist, sondern weil es schwierig, kompliziert, teuer ist“.
Stattdessen ist in den USA gerade eine Kommission eingesetzt worden, die sich Gedanken darüber machen soll, ob man das Mondprogramm nicht besser komplett einstampfen sollte. Stattdessen ist es Hauptzweck der Europäischen Raumfahrtagentur ESA, die Beiträge der einzelnen Mitgliedsländer durch Industrie- und Forschungsaufträge wieder so auf die Staaten zu verteilen, dass jeder glücklich ist. Visionen stören da nur, zukunftsträchtige Projekte wie die Weiterentwicklung des Raumfrachters ATV werden mit unterfinanzierten Machbarkeitsstudien abgespeist. Stattdessen wird in Deutschland jemand zum Raumfahrtkoordinator gemacht, der der Kanzlerin ganz bestimmt keine unbequemen Fragen stellt.“

So beeindruckend das Apollo-Programm auch war – ich hoffe trotzdem, dass wir in 40 Jahren nicht immer noch nur das 80jährige Jubiläum der Mondlandung feiern. Vielleicht gibt es ja bis dahin doch noch jemanden mit Visionen und dem Willen und den Möglichkeiten diese auch durchzusetzen. Hoffen wir, dass Apollo 11 nicht als singuläres Ereignis in die Geschichte eingehen wird, sondern als erster Schritt der Menschheit bei der Eroberung des Weltalls.


Weitere Artikel in der Serie „40 Jahre Mondlandung“: Die Mondlandungslüge einmal anders betrachtet, LRO fotografiert den Landeplatz von Apollo 11, Laserstrahlen am Mond: Lunar Laser Ranging, Ein kaputtes Klo ist kein Argument gegen bemannte Raumfahrt, Ist bemannte Raumfahrt Geldverschwendung?, Gagarin oder Armstrong: Wer war wichtiger?, Die Astrologin und der Austronaut, 1959: die erste Mondlandung von Luna 2, Wie ein Filzstift einmal die Mondlandung gerettet hat, Nicht schlecht für ein paar Affen, Fantastische Bilder und ein restauriertes Video der Mondlandung, Wir kamen in Frieden und für die gesamte Menschheit, We choose the moon, Die verlorenen Videoaufnahmen vom Mond, Zuhören beim Wettlauf um den Mond, I faked the moon landing, MyMoon – Mond 2.0, Live von Apollo 11 – 40 Jahre später

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9 Gedanken zu „40 Jahre nach Apollo 11: Wo sind die Visionäre?“
  1. Florian Freistetter schrieb:

    „Hoffen wir, dass Apollo 11 nicht als singuläres Ereignis in die Geschichte eingehen wird, sondern als erster Schritt der Menschheit bei der Eroberung des Weltalls.“

    Hoffen wir, dass der Asteroidenschlag, der die Kreidezeit beendet hat, als singuläres Ereignis in die Geschichte eingeht und das Weltall nicht die Menschheit erobert.

  2. „Hoffen wir, dass der Asteroidenschlag, der die Kreidezeit beendet hat, als singuläres Ereignis in die Geschichte eingeht und das Weltall nicht die Menschheit erobert.“

    Also so ein Asteroideneinschlag wird definitiv kein singuläres Ereignis bleiben (er war außerdem nicht der einzige große Einschlag; da gabs vorher noch einige von dem Kaliber). Die Frage ist nicht OB so ein Einschlag stattfindet, sondern WANN. Ein Grund mehr, in bemannte Raumfahrt zu investieren..

  3. Die Erde mit allen möglichen Kräften gegen die Eroberung aus dem Weltall zu verteidigen, hat etwas mit Realitäten oder Reaktionen auf realistische Gefahren zu tun, der Wunsch, das Weltall zu erobern, hat dagegen mehr mit Träumen, irrealen Utopien und naiven Zukunftsphantastereien zu tun.

  4. @Geoman: „der Wunsch, das Weltall zu erobern, hat dagegen mehr mit Träumen, irrealen Utopien und naiven Zukunftsphantastereien zu tun.“

    Und Träumen ist schlecht? Utopien werden solange irreal bleiben, wie niemand probiert, sie zu verwirklichen. Das Menschen fliegen war auch lange ein Traum, eine irreale Utopie. Heute ist es Wirklichkeit und eine enorm wichtige noch dazu (die „naive Phantasterei“ lege ich mal unter Beleidigung ab und gehe nicht weiter drauf ein).

    Gäbs denn noch vernünftige Argumente gegen bemannte Ramfahrt? Oder war es das schon?

  5. Hi,
    naja, eigentlich gibts nur 1 vernünftiges Argument GEGEN die bemannte Raumfahrt: Es kostet viel. Aber dieses Argument hat sich ja bekanntlich in den vergangenen 12 Monaten ganz schön relativiert, denn allein mit dem, was die Hypo Real in den Sand gesetzt hat, hätte man – schon inflationsbereinigt – die gesamte Apollo-Mission finanzieren können. Und ich fürchte, das Geld wäre besser angelegt gewesen, wenn die HRE das ganze Apollo-Programm nochmal durchgezogen hätte.

  6. Florian Freistetter schrieb:

    „Hoffen wir, dass Apollo 11 nicht als singuläres Ereignis in die Geschichte eingehen wird, sondern als erster Schritt der Menschheit bei der Eroberung des Weltalls.“

    Bei der Suche nach „Schwarzen Löchern“… habe ich in der „NZZ Folio“ (Der Zeitschrift der Neuen Züricher Zeitung) den außergewöhnlich analytischen und visionären Artikel “ Reise ins Dunkel- Jenseits des Modens beginnen die Metaphern gefunden“ von dem Literaturprofessor Lars Gustafsson aus dem Jahre 1994 gefunden. Er ist dazu geeignet, Raumfahrtvisonäre, die vom Betreten ferner Wirklichkeiten und neuen bemannten Raumfahrtprogrammen träumen, wieder auf den Teppich zu holen:

    https://www.nzzfolio.ch/www/d80bd71b-b264-4db4-afd0-277884b93470/showarticle/d24b3172-1093-4e63-8116-ca278e915c8b.aspx

    Darin heißt es u. a.

    „Den Mond zu betreten, das war natürlich ein Akt – und das steigerte den Genuss für alle Zeugen dieses Schauspiels -, dem etwas zutiefst Verbotenes innewohnte.

    Den Mond physisch berühren, das hiess, ein Symbol berühren, das Symbol für das Unerreichbare, für das, was sich nicht berühren lässt. Nicht nur den Gnostikern aus dem dritten Jahrhundert erscheint der Mond als Grenze zwischen unserer Welt und einer anderen.

    Und natürlich hat sich auch die sublunare Welt für immer verändert, als diese symbolische Grenze überschritten wurde. Man könnte sagen, das Symbol Mond hörte für immer auf, ein Symbol zu sein, wurde aber dafür durch ein anderes ersetzt: das wohlbekannte Bild von der Erde, als Planet gesehen.“

    Und:

    „An Mondlandungen als Demonstration technologischer und industrieller Überlegenheit herrscht auch nicht mehr derselbe Bedarf. Mondlandungen galten damals – und gelten noch heute – als ein Glied in dem grossen gemeinsamen Projekt der Menschheit, der Eroberung des Weltraums. Diese prachtvolle Hyperbel dürfte zu den eigentümlichsten Mythen zählen, die eine Kultur je hervorgebracht hat.

    Wer von der Eroberung des Weltraums spricht – und sich selbst ernst nimmt -, hat keine Ahnung, was das heisst. Aus jeder anderen Perspektive als der provinziellsten ist der Mond, mit seinen 384 400 Kilometern Entfernung zur Erde, in fast jeder vernünftigen Hinsicht Teil unserer eigenen Umwelt.“

    Und noch weiter:

    „Der Mond, oder möglicherweise der Planet Mars, ist das Äusserste, was sich als «Ding» auffassen lässt. Darüber hinaus gibt es nichts als Modelle, gewagte Deutungen ferner Signale. Und allem, was sich da draussen befindet, fehlt das wichtigste Kennzeichen der Dinglichkeit: gleichzeitig mit uns in der Welt zugegen zu sein.“

    Und abschlleßend:

    „Auf einem Planeten, wo die Oberflächenprobleme auch in den entwickelten, hochtechnologischen Ländern von dringlichster Art sind (Krankheiten, Kriminalität, soziale Probleme), gibt es ganz bestimmte Grenzen dafür, was aus öffentlichen Mitteln aufgebracht werden kann, um die Welt, in der wir leben, zu erforschen.

    Dass die Mondlandungen möglich wurden, lag vielleicht an der einmaligen Konstellation von politischen und metaphorischen Motiven, die am Ende der sechziger Jahre bestand; der kalte Krieg, der Optimismus der Kennedy-Ära, die Vorstellung von einer neuen frontier. Pragmatische, unpragmatische, metaphorische und unmetaphorische Begründungen gingen für einen Augenblick die denkbar günstigste Verbindung ein.

    Solange es währte, besass es eine seltsame Schönheit.“

    Kurz, die Mondmissionen waren vieles, aber alles andere als der erste Schritt zur Eroberung des Weltalls!

  7. @Geoman: „Kurz, die Mondmissionen waren vieles, aber alles andere als der erste Schritt zur Eroberung des Weltalls!“

    Also nur weil ein frustierter NZZ-Journalist das so sieht, muss das noch lange nicht so sein. Auch wenn der Mond in der „Nachbarschaft“ liegt – er liegt im Weltall…

  8. Der Mond eignet sich hervorragend als Ausgangspunkt für weitere Expeditionen in unser Sonnensystem, da kann man über einen Nutzen streiten…aber nur im ersten Moment.

    Schon allein in der Tatsache das der Mensch immer weiter will, liegt die logische Begründung für die Raumfahrt. Die Menschheit muss ins All. Wir mussten auch Amerika entdecken, weil der Wille zum Entdecken tief in uns verankert liegt.

    Natürlich muss auch jeden Pessimisten klar sein, das man in den Kinderschuhen steckt und mit jeden Schritt wächst.

    @geoman
    Was wäre denn der erste Schritt zur Eroberung des Weltalls und wer spricht davon das All zu erobern? Alpha Centauri zu erreichen? Irgendwie muss man ja anfangen, da finde ich den Mond schon passender, bzw. erreichbar(er);)

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