Das ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.
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Sternengeschichten Folge 544: Dunkle Supernova
Wenn ein großer Stern am Ende seines Lebens explodiert, dann nennt man das „Supernova“. Solche Ereignisse gehören zu den gewaltigsten Explosionen die das Universum zu bieten hat. So gewaltig, dass so ein sterbender Stern für kurze Zeit die Leuchtkraft einer ganzen Galaxie voll mit hunderten Milliarden Sternen übertreffen kann. So hell, dass wir eine Supernova noch in Millionen Lichtjahren Entfernung sehen können. Schon der Name sagt, dass es sich um etwas extrem Helles handeln muss: „Nova“ heißt „neu“ und als man das erste Mal eine Supernova gesehen hat, dachte man, es handelt sich um einen neuen Stern. Verständlicherweise, denn wenn eine Supernova ausreichend nahe stattfindet, dann sieht es wirklich so aus, als würde plötzlich ein neuer Stern am Himmel aufleuchten. Heute wissen wir, dass es sich nicht um die Geburt eines Sterns handelt, sondern um seinen Tod. Und vielleicht gibt es auch dunkle Supernova-Explosionen.
Das klingt seltsam. Ich habe ja gerade erklärt, dass so eine Supernova extrem hell ist. Und jetzt rede ich auf einmal vom Gegenteil, einer „dunklen Supernova“. Um zu verstehen, was damit gemeint ist, müssen wir uns zuerst mal ein wenig im Detail ansehen, was bei einer Supernova überhaupt passiert. Warum explodiert ein Stern einfach, wenn er am Ende seines Lebens angelangt ist? Was heißt das eigentlich: „am Ende seines Lebens“? Natürlich sind Sterne nicht lebendig, das ist klar. Aber die Metapher von Geburt, Leben und Tod passt recht gut zu dem, was im Laufe der Zeit mit einem Stern passiert. Ich werde jetzt nicht alle Prozesse durchgehen, von der Sternentstehung, über die Sternentwicklung und so weiter – das habe ich in anderen Folgen schon ausführlich getan. Für jetzt reicht es zu wissen, dass im Inneren eines Sterns so extreme Temperaturen und Dichten herrschen, dass dort Wasserstoffatome zu Heliumatomen fusioniert werden. Bei diesen Kernreaktionen wird Energie frei und die bringt den Stern zum Leuchten. Nicht nur das, die aus dem Kern des Sterns nach außen strahlenden Lichtteilchen üben auch einen Druck auf die Materie des Sterns aus, der der Gravitationskraft entgegenwirkt, unter der der Stern eigentlich in sich zusammen fallen will. Auch das hab ich schon oft erzählt. Irgendwann hat der Stern aber keine Atome mehr im Kern, die er fusionieren kann. Dann fällt er unter seinem eigenen Gewicht in sich zusammen. Bei diesem Kollaps finden weitere Kernreaktionen statt, bei denen Neutrinos entstehen.
Neutrinos entstehen auch so, als Nebenprodukt der normalen Kernfusion. Und weil diese Elementarteilchen so gut wie gar nicht mit andere Materie wechselwirken, können sie normalerweise auch einfach so aus dem Inneren eines Sterns ins All hinaus sausen. Unsere Sonne produziert in jeder Sekunde unzählige Neutrinos, die mit annähernd Lichtgeschwindigkeit durch das Sonnensystem fliegen und dabei zum Beispiel auch mitten durch die Erde hindurch – oder uns Menschen hindurch sausen. Wir sind für die Neutrinos quasi gar nicht da, wir sind weniger als Luft für sie. Wie gesagt, so ist es normalerweise. Wenn jetzt aber ein Stern kollabiert, weil die Fusion in seinem Innerem zum Erliegen gekommen ist, dann ändert sich die Lage. Zuerst einmal werden bei den Kernreaktionen die während des Kollaps stattfinden, sehr viel mehr Neutrinos erzeugt. Und dann wird das Innere des Sterns durch den Kollaps auch sehr viel dichter. Das bedeutet, dass die Neutrinos nicht mehr ganz so einfach nach draußen kommen. Sie wechselwirken zwar so gut wie gar nicht mit anderer Materie, aber ein klein wenig eben schon. Und wenn sie sich irgendwo aufhalten, wo die Materie wirklich extrem dicht ist, spüren das auch die Neutrinos. Irgendwann wird die Dichte so groß, dass die Neutrinos mehr oder weniger gefangen sind. Und irgendwann wird auch der Kollaps langsamer, weil die Dichte zu groß wird. Die nach innen fallenden Schichten des Sterns prallen auf den dichten Kern, der schon so dicht ist, wie es nur geht und es entsteht eine Druckwelle, die am Kern wieder nach außen reflektiert wird. Das ist jetzt der Moment, den man als Start der Supernova-Explosion bezeichnen kann. Die nach außen rasende Druckwelle komprimiert und erhitzt die Gasschichten des Sterns und die Neutrinos, die jetzt ebenfalls nach außen gelangen können, sorgen bei der Wechselwirkung mit dem dichten Material für eine zusätzliche Erhitzung und Beschleunigung der Expansion des Sterns. Oder anders gesagt: Der Stern explodiert.
Das, was danach übrig bleibt ist nur der extrem dichte Rest des Sternenkerns, je nach Masse ein Neutronenstern oder schwarzes Loch.
Das war jetzt natürlich eine sehr stark vereinfachte Beschreibung der Vorgänge. Das alles läuft auch extrem schnell ab, der Kollaps des Kerns dauert nur Sekundenbruchteile. Aber das ist, mehr oder weniger, dass, was die Astronomie unter einer „Kernkollapsupernova“ versteht. Nicht jeder Stern endet so; er muss dafür ausreichend viel Masse haben. Nur wenn beim Kollaps von außen ausreichend viel Masse nach innen fällt und den Kern ausreichend stark verdichtet, reicht es für eine Supernovaexplosion. Mindestens die achtfache Masse der Sonne sollte ein Stern haben, wenn eine Supernova daraus werden soll.
Unsere Sonne wird am Ende ihres Lebens zu einem roten Riesen. Die massereicheren Sterne werden Rote Überriesen. In beiden Fällen bedeutet das vorerst, dass ein Stern in den letzten Phasen seines Lebens immer heißer wird. Das liegt daran, dass am Schluss nicht mehr Wasserstoff zu Helium fusioniert wird, sondern Helium und andere Atome den Brennstoff für die Fusion stellen und dabei mehr Energie freigesetzt wird, die dafür sorgt, dass sich der Stern aufbläht. Bei der Sonne werden die äußeren Schichten hinaus ins All gepustet, bis nur noch der innere Kern übrig bleibt, ein weißer Zwergstern, der dann nur noch abkühlt. Bei massereicheren Sternen ist die Ausdehnung sehr viel größer. Würde man einen roten Überriesen dorthin setzen, wo sich die Sonne befindet, dann würde alles bis circa inklusive der Umlaufbahn des Jupiters darin verschwinden. Diese roten Überriesen sind es dann, deren Kern kollabiert und die zu einer Supernova werden.
Es gibt da allerdings ein Problem. Das sogenannte „Rote Überriesen Problem“. Wenn man schaut, welche Sterne zu Supernovae werden, dann sind das vor allem die, die eine Masse vom 8 bis zum 17fachen der Sonnenmasse haben. Aber was ist mit den noch größeren Sternen? Die sollten ja noch größere rote Überriesen werden und damit noch besser zu sehen sein. Aber bei den Supernova-Explosionen die wir bisher beobachtet haben, findet man so gut wie keine Vorläufersterne, die mehr als das 17fache der Sonnenmasse haben. Was passiert hier? Die Vermutung: Solche Sterne beenden ihr Leben nicht bei einer Supernova, sondern einer „fehlgeschlagenen Supernova“, wahlweise auch „Un-Nova“ oder „dunkle Supernova“ genannt.
Vereinfacht gesagt: Ein Stern implodiert einfach; er fällt in sich zusammen und kollabiert direkt zu einem schwarzen Loch, ohne große Explosion, die wochenlang extrem hell leuchtet und von uns beobachtet werden kann. Das kann man natürlich jetzt mal so vermuten – aber warum sollten manche Sterne explodieren und andere implodieren? Für eine mögliche Erklärung müssen wir wieder auf die Kernreaktionen im Inneren des Sterns schauen. Im Normalzustand wird Wasserstoff zu Helium fusioniert, das habe ich schon erwähnt. Wenn der Wasserstoff im Kern alle ist, dann kann ein Stern auch Heliumatome miteinander verschmelzen und dabei entstehen Kohlenstoff- und Sauerstoffatome. Bei kleinen Sternen wie unserer Sonne ist dann Schluss, größere Sterne können noch mehr Druck auf ihren Kern aufbauen; noch höhere Temperaturen erzeugen und dann auch noch die Kohlenstoff- und Sauerstoffatome fusionieren lassen. Dabei entstehen dann Atome wie Magnesium, Neon oder Natrium.
Wir konzentrieren uns auf den Kohlenstoff: Der fusioniert bei so hohen Temperaturen, dass die bei der Fusion erzeugten Photonen auch eine enorm hohe Energie haben. So hoch, dass sie diese Energie spontan in Paare von Elektronen und Positronen umwandeln können. Ein Positron ist das Antiteilchen des Elektrons und Materie und Antimaterie löschen sich natürlich sofort wieder gegenseitig aus. Dabei entstehen wieder hochenergetische Photonen, aber auch Neutrinos und Antineutrinos, die – wie vorhin beschrieben – aus dem Stern hinaus sausen, und dabei auch Energie nach außen transportieren. Diese Energie fehlt dem Stern und er hält typischerweise nur noch ein paar tausend Jahre durch, bevor der Kernkollaps einsetzt.
Jetzt wird es interessant: Wie lange die Phase der Kohlenstofffusion dauert, hängt von der Masse des Sterns ab. Bei Sternen mit geringerer Masse findet die Fusion konvektiv statt. Das heißt, dass der Kohlenstoff im Kern sich ständig durchmischt. So wie kochendes Wasser im Topf brodelt: Heißes Wasser steigt von unten auf, dafür sinkt kühleres von oben nach unten. Durch die Konvektion kommt frischer Kohlenstoff von außen nach innen und der Stern kann mehr Kohlenstoff fusionieren. Aber dadurch entstehen auch mehr Neutrinos, die Energie nach außen transportieren. Wegen dieses Energieverlusts fällt der Kern des Sterns immer weiter in sich zusammen und wird sehr kompakt. Danach setzen die Prozesse ein, die ich vorhin beschrieben habe: Es gibt eine Schockwelle, der Stern expandiert explosiv und es gibt eine Supernova.
Wenn jetzt aber ein Stern eine größere Masse hat, dann findet die Kohlenstofffusion nicht konvektiv statt. Es kommt weniger frischer Kohlenstoff von außen in den Kern; die Fusion endet früher und es gibt weniger Verluste durch die Neutrinos. Der Kern ist nicht so kompakt; ist größer als im anderen Fall und außen um diesen Kern sind noch dichte Schichten aus Kohlenstoff und anderen Atomen. Wenn der Kern jetzt kollabiert, dann wird die Schockwelle – sehr vereinfacht – von diesen Schichten um den Kern herum aufgefangen. Das ganze Gas fällt nach innen, auf den sowieso schon dichten Kern. Es gibt keine Supernovaexplosion und der übergroße Kern hat eine so hohe Dichte erreicht, dass er sofort zu einem schwarzen Loch kollabiert. Man kann ausrechnen, wo die Grenze der Ausgangsmasse liegt, bei der so etwas passiert: Circa 19 Sonnenmassen, was einigermaßen gut zu dem passt, was man beim „Roten Überriesen Problem“ beobachtet hat.
Fassen wir alles noch einmal zusammen: Sterne mit ausreichend großer Masse – mindestens dem achtfachen der Sonnenmasse – beenden ihr Leben mit einer Supernova-Explosion. Wenn ein Stern aber zu viel Masse hat – circa das 17 bis 19fache der Sonnenmasse – dann sorgen die Kernreaktionen in der Endphase seines Lebens dafür, dass er nicht explodiert, sondern implodiert und direkt zu einem schwarzen Loch wird. Dabei wird keine oder höchstens sehr wenig Strahlung frei und wir sehen keine extrem helle Supernova-Explosion sondern – ja: Nichts. Eine dunkle Supernova eben.
Ob das wirklich so ist, wissen wir noch nicht. Supernova-Explosionen sind leicht zu beobachten. Aber dunkle Supernovae eben leider nicht. Es gab schon Fälle, wo man einen roten Überriesen verschwinden sehen hat. Auf der einen Aufnahme war er noch zu sehen; auf einer anderen, die später gemacht wurde, war er weg. Spuren von einer Supernova waren nicht zu finden – aber ein Beweis ist das leider noch nicht. Vielleicht haben wir die Supernova einfach übersehen; es wird ja nicht jeder Bereich des Himmels ständig fotografiert. Wir brauchen mehr Daten; müssen mehr rote Riesensterne finden, die einfach so vom Himmel verschwinden bevor wir uns sicher sein können, dass dunkle Supernovae wirklich existieren.
Aber es ist auf jeden Fall eine faszinierende Vorstellung: Die größten und hellsten Sterne des Universums, in deren Inneren am Ende ihres Lebens unvorstellbare Energien frei werden, verschwinden einfach so. So, als würde einfach jemand das Licht ausmachen…
Die Blauen Riesen, die als erste Sterne entstanden, verabschieden sich sang- und klanglos, indem sie zu Schwarzen Löchern werden. Da diese Sterne kurzlebig sind, muss die Zahl der kollabierten Exemplare recht hoch sein. Die meisten davon bleiben wohl unentdeckt.
Was passiert im Moment des Entstehens eines Schwarzen Lochs? Jedenfalls wird es aufgrund des Piroutteneffekts wesentlich schneller rotieren als bisher. Erst recht, wenn der ursprüngliche Stern ein Doppelstern war, der aus der Verschmelzung beider hervorgegangen ist. Das ist laut Wikipedia bei 70 Prozent der Riesen der Fall. Das so entstehende Schwarze Loch ist dann „maximal rotierend“, das heißt, dass es an den Rändern an die Lichtgeschwindigkeit herankommt. Was nun relativistische Massenzunahme bewirkt: die träge und die schwere Masse des Lochs sind um ein beliebiges Vielfaches größer als die ursprüngliche Sternmasse.
Schüchterne Frage: könnte das nicht die Ursache für die Dunkle Materie sein?
Ehrlich gesagt, habe ich von einem Massezuwachs durch annähernd lichtschnelle Rotation noch niemals etwas gehört. Wie kommst du also zu deiner Annahme?
Das ist einfach naheliegend. Der Massenzuwachs bei annähender Lichtgeschwindigkeit ist ein reales Phänomen, das bei beschleunigten Elektronen sehr gut beobachtet werden kann. Träge und schwere Masse nehmen genau in dem Maß zu, wie es die Realtivitätstheorie vorsieht.
Dass dies bei Schwarzen Löchern nie in Betracht gezogen wird, wundert mich auch. Aber warum sollte der Effekt da nicht auftreten?
Was bei maximaler Rotation mit c rotiert, Artur57, ist der Ereignishorizont. Die Bahngeschwindigkeit der **räusper: wir wissen nicht,
was jener Herr, nee, was in einem schwarzen Loch los ist, aber für den Moment sei mal MaximalKollaps angenommen** randäußeren Wasauchimmer der eigentlichen ~Punktmasse ist aufgrund des nahezu verschwindenden Bahnradius ebenfalls nahezu verschwindend.