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Sternengeschichten Folge 543: Die Ringe des Uranus

Wenn man an die Ringe eines Planeten denkt, kann man kaum anders, als sich Saturn mit seinem gewaltige Ringsystem vorzustellen. Schon in vergleichsweise kleinen Teleskopen man die Ringe erkennen und spätestens seit die Raumsonde Cassini im Jahr 2004 im Saturnsystem angekommen ist und es in den folgenden Jahren intensiv erforscht hat, haben wir spektakuläre Nahaufnahmen der unzähligen Ringe. Saturn ist der „Herr der Ringe“, wir können dort eine faszinierend komplexe Dynamik zwischen Ringen, Monden und Planet beobachten. Aber so spannend Saturn ist – auch andere Planeten haben Ringe. Ich habe in Folge 36 einen kurzen Überblick über die planetaren Ringe gegeben und erwähnt, dass alle vier Gasplaneten solche Ringsysteme besitzen. Keines davon ist so enorm wie das von Saturn. Jupiter und Neptun haben zwar Ringe, aber die sind eher unscheinbar und rudimentär. Die Ringe des Uranus dagegen sind deutlich komplizierter. Wir finden dort nicht die Komplexität wie bei Saturn, aber es passiert sehr viel mehr als bei den wenigen und dünnen Ringen von Jupiter und Neptun. Also werfen wir heute einen Blick auf das Ringsystem des Uranus.

Entdeckt hat den Planeten bekanntlich der britische Astronom Wilhelm Herschel im Jahr 1781. Es war das erste Mal überhaupt, dass ein Mensch einen neuen Planeten des Sonnensystems entdeckt hat. Herschel war ein großartiger Beobachter und seine selbstgebauten Teleskope waren die größten und besten ihrer Zeit. Und natürlich hat Herschel den Uranus weiterhin beobachtet. Er hat dort Monde gefunden – und vielleicht auch als erster die Ringe gesehen.

Uranus und seine Ringe (Bild: NASA)

Bis vor einiger Zeit hat man die Entdeckung der Uranusringe ins Jahr 1977 gelegt – davon erzähle ich später noch mehr. Aber auch früher war schon bekannt, dass Herschel am 22. Februar 1789 folgenden Satz in sein Beobachtungsbuch geschrieben hat: „Verdacht auf einen Ring“. Der verdächtige Planet war Uranus; Herschel hat auch noch eine Zeichnung hinzugefügt und angemerkt, dass der Ring ein wenig rötlich ausgesehen habe. Die Beobachtung wurde 1797 auch in einer Fachzeitschrift veröffentlicht, aber in den folgenden Jahren und Jahrzehnten nicht sonderlich ernst genommen. Man war skeptisch, ob Herschel wirklich in der Lage gewesen ist, Ringe bei Uranus zu beobachten und vor allem verwundert darüber, dass niemand anderes seine Beobachtung bestätigt hat.

Deswegen galt der 10. März 1977 als offizielle Entdeckung der Uranusringe. Damals nutzten die Astronomen James Elliot, Edward Dunham und Douglas Mink das „Kuiper Airbone Observatory“; ein Teleskop, das in einem Flugzeug montiert war und mit dem man hoch hinauf und weit über einen großen Teil der störenden Erdatmosphäre fliegen konnte. Die drei waren daran interessiert eine andere Atmosphäre zu beobachten, nämlich die des Uranus. Sie wussten, dass an diesem Tag der Stern SAO 158687 von Uranus bedeckt wird. In dem kurzen Moment, bevor sich Uranus vor den Stern schiebt, leuchtet ein bisschen Sternenlicht durch die äußeren Schichten der Atmosphäre hindurch und die Analyse dieses Lichts erlaubt es, ein paar Eigenschaften wie die Zusammensetzung der Atmosphäre zu bestimmen. Bei der Beobachtung machten die drei Astronomen allerdings eine überraschende Entdeckung: Kurz bevor es zur Bedeckung kam, verschwand der Stern für einen winzigen Augenblick. Danach nochmal. Und nochmal. Insgesamt fünfmal ist der Stern verschwunden und wieder aufgetaucht bevor er vom Planeten endgültig bedeckt wurde. Und nach Ende der Bedeckung fand das gleiche Spiel nochmal statt: Fünfmal ein kurzes Blinken, bevor alles wieder normal war.

Die Schlussfolgerung war klar: Uranus ist von mindestens fünf Ringen umgeben, und jeder davon hat einmal kurz den Stern verdeckt, bevor sich der ganze Uranus vor ihn geschoben hat. Die Ringe wurde den mit griechischen Buchstaben α, β, γ, δ und ε bezeichnet und so heißen sie heute auch noch.

Wieder zurück zu Herschel: 2007 nahm man sich seine Aufzeichnungen nochmal genau vor. Man konnte zeigen, dass ein Ring des Uranus damals tatsächlich genau so zu sehen war, wie Herschel ihn gezeichnet hatte. Und man wusste mittlerweile auch, dass dieser Ring leicht rötlich leuchtet. Es ist also nicht unmöglich, dass Herschel im Jahr 1789 wirklich als erste einen Uranus-Ring gesehen hat. Aber warum gerade er und danach niemand mehr bis 1977? Das weiß man nicht, aber manche vermuten, dass die gerade einsetzende industrielle Revolution die Luft immer mehr verschmutzt hat, so dass der sowieso schon kaum sichtbare Ring gar nicht mehr zu sehen war.

Uranus‘ Ringe (Bild: NASA/ESA/Showalter)

So oder so: Mittlerweile wissen wir, dass der Uranus Ringe hat und das ohne jeden Zweifel. Wir wissen auch, dass es mehr als die fünf Ringe sind, die 1977 entdeckt worden sind. Wenn man sie nach ihrem Abstand vom Planeten aus ordnet, angefangen beim planetennächsten Ring, dann heißen sie: 1986U2R/ζ, 6, 5, 4, α, β, η, γ, δ, λ, ε, ν und μ. Das klingt ein wenig durcheinander, aber das hat mit den weiteren Entdeckungen zu tun. Elliot, Dunham und Mink, die die ersten fünf Ringe fanden, haben danach noch vier weitere entdeckt. Einer lag zwischen den Ringen Beta und Gamma und wurde Eta genannt und drei lagen noch innerhalb des Alpha-Rings und wurden mit den Zahlen 4, 5 und 6 bezeichnet. Was daran lag, dass man wieder Sternbedeckungen beobachtete und die potenziellen Bedeckungen des Sterns durch Ringe mit Zahlen nummeriert hat. Aber nur die Ereignisse mit den Nummern 4, 5 und 6 stellten sich tatsächlich als durch Ringe verursacht heraus. Im Jahr 1986 kam dann die Raumsonde Voyager 2 als erste Raumsonde am Uranus vorbei und machte nicht nur die ersten Bilder der Ringe, sondern entdeckte auch zwei neue, die mit Lambda und mit 1986U2R/ζ bezeichnet wurden. Diesen komischen Namen hat der Ring, weil der von Voyager entdeckte Ring 1986U2R genannt wurde. Später wurde bei Beobachtungen von der Erde aus ein weiterer Ring gefunden, den man Zeta-Ring nannte und vorerst für einen eigenständigen Ring gehalten hat. Erst später hat man dann gemerkt, dass es eigentlich zweimal derselbe Ringe war. Und dann war da noch das Hubble-Weltraumteleskop, dass 2003 und 2005 noch zwei Ringe gefunden hat, außerhalb all der anderen Ringe und die haben die Bezeichnungen Nu und Mu bekommen.

Na ja – man kann darüber streiten, ob man die Namen der Ringe nicht ein bisschen vernünftiger sortieren hätte können. Aber so heißen nun eben jetzt und wir schauen ein wenig, was da eigentlich passiert in diesen 13 Ringen. Man kann sie grob in drei Gruppen teilen: Die neun Ringe 6, 5, 4, α, β, η, γ, δ, ε werden als die „Hauptringe“ bezeichnet. Sie sind sehr schmal und nur ein paar Kilometer breit. Der hellste und breiteste ist der Epsilon-Ring. Von ihm kommen alleine schon zwei Drittel des Lichts, das das gesamte Ringsystem reflektiert. Die Helligkeit des Rings schwankt allerdings, was daran liegt, dass der Ring nicht überall gleich breit ist – die Ringweite schwankt zwischen 20 und fast 100 Kilometer. Seine Dicke ist aber höchstens 150 Meter. Die Teilchen aus denen der Epsilon-Ring – und die anderen Hauptringe bestehen – sind sehr dunkel und wir wissen tatsächlich noch nicht, woraus sie genau bestehen. Nicht aus reinem Eis, wie es beim Saturn im Allgemeinen der Fall ist. Vermutlich bestehen sie aus einer Mischung von Eis und anderem Zeug, aber was das genau ist, wissen wir nicht. Vermutlich Moleküle die aus der Atmosphäre des Uranus stammen.

Der Delta-, der Gamma-, der Eta-, der Alpha- und der Beta-Ring sind nur weniger als ca 10 Kilometer breit und die innersten Hauptringe 6, 5 und 4 sind noch schmaler. Zwischen den Ringteilchen der Hauptringe gibt es auch mal mehr und mal weniger Staubteilchen, aber nicht so viele wie im Lambda und im 1986U2R/ζ-Ring. Sie bilden die zweite Ringruppe, die „Staubringe“. Sie bestehen vor allem aus Staub mit einer Größe von ein paar Mikrometern. Gruppe Nummer 3 wird von Mu und Nu gebildet, die „Außenringe“. Im Vergleich zu den inneren Ringen sind sie enorm breit, zwischen 17.000 und 3.800 Kilometer. Sie bestehen vermutlich fast vollständig aus Staubteilchen, was auch ihre rote Färbung erklärt.

Jetzt wäre es natürlich noch interessant zu wissen, wie diese Ringe entstanden sind. Aber auch da wissen wir noch viel zu wenig. Wir wissen, dass sie vergleichsweise jung sind. Und eigentlich sollten sie gar nicht da sein. Denn normalerweise sollten sich Ringe dieser Art im Laufe der Zeit einfach verflüchtigen. Die kleinen Teilchen verteilen sich immer weiter, die Ringe werden breiter und dünner und sind irgendwann weg. Es muss einen Mechanismus geben, der dafür sorgt dass das nicht geschieht. Beim Saturn ist das zum Beispiel der Einfluss der vielen Saturnmonde, die mit ihrer Gravitationskraft dafür sorgen, dass die Ringe da bleiben wo sie sind. Solche „Schäfermonde“, die die Ringteilchen an der Ausbreitung hindern, sollte auch der Uranus haben. Und er hat ja auch Monde, aber keine, die an der richtigen Position sind. Oder besser gesagt: Fast keine. 1986 hat man die kleinen Monde Cordelia und Ophelia entdeckt, die den hellen Epsilon-Ring quasi bewachen. Die Details des Mechanismus überspringe ich jetzt, aber es geht um die Übertragung von Drehimpuls von den Monden auf die Ringteilchen, was dafür sorgt, dass der Ring stabil bleibt, die beiden Monde aber immer weiter auseinander wandern. Aus dem aktuellen Abstand der Monde kann man also abschätzen, wie alt die Ringe circa sind: 600 Millionen Jahre höchstens, was wenig ist angesichts des Alters des Sonnensystems von 4,5 Milliarden Jahren.

Ringe und Aurora auf Uranus (Bild: ESA/Hubble & NASA, L. Lam)

Bei den anderen Ringen hat man keine Schäfermonde gefunden; wir wissen auch noch nicht, wie sie genau entstanden sind. Es liegt nahe, dass die Teilchen von zerbrochenen Monden stammen, die dem Uranus zu nahe gekommen sind und Kollisionen zwischen Bruchstücken immer kleinere Teilchen erzeugt haben. Die Staubringe stammen von Zusammenstößen zwischen größeren Ringteilchen und von den Trümmern die bei Einschlägen von Meteoriten auf den Uranusmonden entstehen. Aber was die Hauptringe in Position hält und wo sie ihren Ursprung haben, wird wohl ungeklärt bleiben, bis irgendwann wieder einmal eine Raumsonde dem fernen Uranus einen Besuch abstattet. Irgendwo müssen sich dort noch ein paar Monde verstecken; vielleicht gibt es auch noch mehr Ringe die wir bis jetzt übersehen haben. Oder irgendetwas ganz anderes, das es nur bei Uranus gibt und wir deswegen noch nicht verstanden haben. Das Universum ist so groß und wir wissen immer noch viel zu wenig.

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