Das ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.
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Sternengeschichten Folge 420: Dreiecke am Himmel
Um all die vielen Sterne am Himmel zu Figuren und Sternbildern zu ordnen, muss man ein wenig kreativ sein. Man braucht Fantasie, um in ein paar hellen Punkten etwa Orion, den Himmelsjäger zu erkennen oder Draco, den Drachen der sich um den Polarstern am nördlichen Himmel windet. Aber selbst wer mit geringer Vorstellungskraft ausgestattet ist wird keine Problem mit Triangulum haben. Der lateinische Name dieses Sternbilds bedeutet so viel wie „Dreieck“ und die drei hellsten Sterne bilden genau so eines.
Was keine große Kunst ist. Rein geometrisch kann man zwischen drei Punkten IMMER ein Dreieck zeichnen, sofern sie nicht alle auf einer Linie liegen. Wer wirklich fantasielos ist könnte den ganzen Himmel mit Dreiecken zupflastern. Was wir Menschen zum Glück nicht getan haben, wir haben bei zwei Dreiecken aufgehört.
Aber fangen wir zuerst mit dem ersten an, dem eben erwähnten Sternbild Triangulum. Es befindet sich am nördlichen Teil des Himmels und man kann es vom Herbst bis in den Frühling am Abend sehen. Es liegt ein Stück südlich des Sternbilds Andromeda und man muss sich ein wenig anstrengen wenn man es finden will. Die drei hellsten Sterne die das besagte Dreieck bilden sind zwar mit freiem Auge sichtbar, sind aber nicht sonderlich hell. Sie sind auch nicht sonderlich dunkel, sie sind ziemlicher Durchschnitt.
Unter all den mythologischen Gestalten die den nördlichen Himmel bevölkern scheint das schnöde Dreieck fehl am Platz zu sein. Es gehört aber zu den Klassikern; gehört also zu den 48 der heute 88 offiziellen Sternbilder, die schon in der Antike verwendet worden sind. Im dritten Jahrhundert vor Christus beschrieb der griechische Gelehrte Eratosthenes das Sternbild als Buchstaben. Er sah kein Dreieck, sondern den griechischen Großbuchstaben Delta – der aber exakt wie ein Dreieck aussieht. Und das große D erschien im deswegen bedeutsam, weil damit auf griechisch der Name des Obergottes Zeus beginnt. Zumindest in den meisten Fällen, aber es soll hier ja jetzt nicht um altgriechische Grammatik gehen. Andere sahen im Dreieck ebenfalls ein Delta, aber nicht den Buchstaben sondern das, was ein großer Fluss macht, wenn er ins Meer mündet. Dann fließt er langsam und breitet sich aus. Es entsteht eine Form die aussieht wie – richtig geraten – ein Dreieck und das Flussdelta das in der Antike von enormer Bedeutung war, war natürlich das Delta des Nils an der ägyptischen Küste des Mittelmeers. Die Römer haben in dem Ding die Form der Insel Sizilien gesehen die, ein weiteres Mal wenig überraschend, ein bisschen wie ein Dreieck aussieht. Ceres, die Schutzgöttin der Insel soll Jupiter gebeten haben, die Insel auch am Himmel zu verewigen.
Noch viel früher taucht das Triangulum vermutlich in den assyrischen MUL.APIN-Tafeln auf. Diese Tontafeln enthalten Keilschriftaufzeichnungen die bis ins dritte Jahrtausend vor Christus zurückreichen und beschreiben unter anderem auffällige Himmelsobjekte – „MUL“ genannt. Und das erste Sternbild in der entsprechende Liste dort heißt „APIN“, wird als „MUL.APIN“ gelistet (daher auch der Name der Sammlung) und beschreibt eine Anordnung von Sternen die wie ein Pflug aussieht. Ein Pflug, der natürlich ebenfalls eine dreieckige Form hat weswegen man davon ausgeht, dass auch hier wieder das heutige Sternbild des Dreiecks gemeint ist.
Nachdem wir uns jetzt versichtert haben, dass die Menschen auch schon vor Jahrtausenden jede Menge Dinge gekannt haben, die wie Dreiecke aussehen und diese geometrische Form daher auch am Himmel verewigt haben, sollten wir einen etwas astronomischeren Blick auf diese Region des Himmels werfen. Denn die modernen Sternbilder sind ja keine aus Linien und Sternen gebildeten Figuren. Sondern einfach nur klar abgegrenzte Bereiche am Himmel in denen diese Figuren zu finden sind. Was die Sterne angeht ist das Dreieck eher wenig ergiebig. Der hellste Stern dort sollte den Regeln entsprechend eigentlich Alpha Trianguli heißen weil die hellsten Sterne eines Sternbilds immer das „Alpha“ kriegen. In dem Fall ist „Alpha Trianguli“ aber der zweithellste Stern, aber trotzdem der einzige des Sternsbilds der schon in der Antike einen Eigennamen bekommen hat. „Mothallah“, was arabisch ist und so viel heißt wie „Spitze des Dreiecks“. Nun ja.
Der Stern ist 63 Lichtjahre von der Erde entfernt, und genaugenommen kein Stern sondern zwei Sterne. Es handelt sich um ein Doppelsternsystem bei dem sich die beiden Komponenten enorm nahe sind, so nahe dass sie nur 1,7 Tage brauchen um einander zu umkreisen und auch im Teleskop so gut wie gar nicht aufgelöst werden kann. Der hellste Stern – in dem Fall Beta Trianguli ist ebenfalls ein Doppelstern, jetzt aber 124 Lichtjahre weit weg. Gamma Trianguli, der endlich mal korrekt benannte dritthellste Stern des Bildes ist 118 Lichtjahre weit weg und ein blau-weißer sehr heißer und großer Stern.
Aber viel interessanter als die ganzen Sterne dort ist das, was man ganz am Rand des Sternbildes sehen kann. Nämlich den „Dreiecksnebel“ der ausnahmsweise nicht so heißt weil er aussieht wie ein Dreieck sondern weil es sich um ein auf den ersten Blick nebelartig aussehendes Objekt handelt das sich eben im Sternbild Dreieck befindet. Entdeckt hat das Ding vermutlich der italienische Astronom Giovanni Battista Hodierna der den Nebel in einem 1654 von ihm veröffentlichten Katalog beschrieben hat. Der französische Astronom Charles Messier hat den Nebel dann als Objekt Nr. 33 in seinen „Messier-Katalog“ aufgenommen, weswegen er auch oft „M33“ genannt wird. Im Laufe der Zeit stellte man fest, dass der Nebel spiralförmig aussah, so wie viele andere solcher nebelartigen Objekte am Himmel. Manche dachten, es handle sich dabei tatsächlich um nebelartige Wolken beziehungsweise Ansammlungen von Sternen innerhalb unserer eigenen Milchstraße. Andere behaupteten, dass es sich um extrem weit entfernte viel größere Sterngruppen handeln müsse, so wie die Milchstraßen-Galaxie nur eben weiter weg.
Wie ich in den Sternengeschichten schon oft erzählt habe wissen wir heute, dass die „Spiralnebel“ tatsächlich eigene Galaxien sind und unsere Milchstraße daher nur eine von vielen. Der Dreiecksnebel oder besser die Dreiecksgalaxie ist aber zumindest aus unserer Sicht trotzdem besonders. Einerseits weil man sie mit freiem Auge sehen kann. Zumindest dann, wenn die Bedingungen wirklich, wirklich, wirklich gut sind was aber leider zumindest in Europa kaum jemals der Fall ist. Aber zumindest theoretisch gehört sie zu den wenigen mit freiem Auge sichtbaren Objekten die sich außerhalb unserer Galaxie befinden. So wie die Andromedagalaxie, mit einer Distanz von 2,5 Millionen Lichtjahren unsere nächstgelegen Nachbargalaxie im Weltall. Und wenn Andromeda der nächster Nachbar ist, dann ist die Dreiecksgalaxie der übernächste Nachbar (die diversen Zwerggalaxien von denen manche noch näher liegen ignorieren wir jetzt einfach mal). Sie ist 3 Millionen Lichtjahre von uns entfernt aber deutlich kleiner als Milchstraße und Andromeda. Ihr Durchmesser ist mit circa 50.000 bis 60.000 Lichtjahre weniger als halb so groß wie der der Milchstraße. Dort finden sich nur allerhöchstens 40 Milliarden Sterne, viel weniger als die hunderten von Milliarden Sterne bei uns. 2007 machte die Dreiecksgalaxie kurz ein paar Schlagzeilen, als man dort M33 X-7 entdeckte, ein schwarzes Loch das 16 mal so viel Masse hatte wie unsere Sonne; das damals massereichste bekannte schwarze Loch das beim Kollaps eines Sterns entstanden ist.
Milchstraße, Andromeda und Dreiecksnebel sind die drei größten Mitglieder der „Lokalen Gruppe“; also der Ansammlung von ein paar hundert Galaxien von der ich schon in Folge 371 erzählt habe. Und wenn Milchstraße und Andromeda in ein paar Milliarden Jahren miteinander verschmelzen werden, wird M33 vermutlich früher oder später auch mitmachen. Entweder sie kollidiert schon zuvor mit der Andromeda oder verschmilzt später mit „Milkomeda“, der aus der Fusion von Andromeda und Milchstraße entstandenen Riesengalaxie.
Bevor es aber so weit ist, schauen wir noch schnell auf den südlichen Himmel. Denn auch dort gibt es ein Dreiecks-Sternbild das passenderweise „Triangulum Australe“ heißt, also „Südliches Dreieck“. So wie die meisten Sternbilder des Südhimmels wurde es erst in der Neuzeit offiziell beschrieben und hat nichts mit irgendwelchen mythologischen Deutungen zu tun. Als im 16. Jahrhundert immer mehr Seefahrer aus Europa die südlichen Meere befuhren, beschrieben sie dort auch die Sterne und immer wieder tauchten dreieckige Konstellationen auf. Das heutige südliche Dreiecks finden wir das erste Mal auf einem Himmelsglobus des niederländischen Astronomen Petrus Plancius, der die diversen Berichte der Seefahrer zusammentrug. Korrekt vermessen haben es dann die niederländischen Seefahrer Pieter Dirkszoon Keyser und Frederick de Houtman und der französische Astronom Nicolas Louis de Lacaille nahm das Dreieck bei seinen Darstellungen des Himmels in den Werkzeugkasten auf, den er dort eingerichtet hat. Ich hab ja schon in früheren Folgen erzählt, dass man bei den Sternbildern des südlichen Himmels die wissenschaftlichen Instrumente der Neuzeit feiern wollte. Deswegen gibt es dort nun eben auch das Sternbild „Zirkel“, das Sternbild „Winkelmaß“ und das Sternbild „Südliches Dreieck“, das eigentlich als eine Art frühe Wasserwaage gemeint war und ursprünglich den Namenszusatz „Libella“ trug. Der verschwand dann aber irgendwann und deswegen haben wir nun eben ein südliches Dreieck.
Über das gibt es ansonsten wenig zu erzählen. Die drie hellsten Sterne sind zwar heller als die des nördlichen Gegenstücks. Fallen aber in der sternenreichen Gegend des Südhimmels in der sie sich befinden trotzdem nicht dramatsich auf. Es gibt ein paar Sternhaufen dort, ein paar Galaxien, ein paar veränderliche Sterne, ein paar Sterne mit bekannten Planeten – die natürlich aus astronomischer Sicht allesamt interessante Forschungsobjekte sind. Aber im großen und ganzen findet man im südlichen Dreieck nichts was man nicht anderswo am Himmel auch finden kann. Und da ist es fast schon wieder passend, dass diese Region des Himmels den unkreativen Namen des Dreiecks bekommen hat…
Och schade, jetzt hatte ich einen Beitrag zur Belgischen UFO-Welle erwartet ;))
Nee, Scherz. Danke mal wieder für diesen tollen Podcast!