Wissenschaft ist faszinierend. Und Wissenschaftler zu sein, ist für viele ein Traumberuf. Aber bei aller Hingabe und Motivation ist es – zumindest in Deutschland – oft sehr schwer, diesen Beruf tatsächlich auch auszuüben. Nicht, weil man dafür lange studieren und viel lernen muss. Damit haben die meisten angehenden Wissenschaftler kein Problem; sie wollen ja wissen. Das Problem kommt später. Wenn man mal seine Dissertation abgegeben und die letzte Prüfung bestanden hat. Dann muss man sich um eine Stelle umsehen. Ein frisch gebackener Doktor bekommt normalerweise irgendwo eine auf ein oder zwei Jahre befristete Stelle (oft auch nur eine Teilzeitstelle) die nicht direkt von der Universität finanziert wird, sondern aus Drittmitteln. Wenn die Stelle ausläuft, muss man sich eine neue suchen. Meistens dann an einer anderen Uni, in einem anderen Land. Aber wieder befristet und wieder aus Drittmitteln. Irgendwann, so hofft man, wird man eine unbefristete Stelle bekommen und dauerhaft an einer Uni arbeiten und forschen können. So verläuft zumindest die klassische Universitätskarriere: nach den „Wanderjahren“ bei denen man auf mehreren befristeten Stellen verschiedene Universitäten und Forschungsthemen kennengelernt hat, erhält man eine permanente Stelle an einer Forschungseinrichtung. Leider sieht die Realität ganz anders aus…
Es ist mittlerweile nicht ungewöhnlich, wenn die befristeten Stellen zum Dauerzustand werden und Wissenschaftler sich auch noch Jahrzehnte nach ihrem Abschluss ohne feste Anstellung von Vertrag zu Vertrag hangeln. Immer mehr Stellen werden über Drittmittel finanziert, immer mehr Forscher erhalten nur Teilzeitstellen.
Das schlägt natürlich massiv auf die Motivation. Eine Studie über den wissenschaftlichen Mittelbau an deutschen Unis hat das klar belegt. Das, was die Wissenschaftler am meisten demotiviert, sind die befristeten Verträge:
Das ist durchaus verständlich. Natürlich ist es wünschenswert und nötig, dass junge Wissenschaftler erstmal die Uni verlassen, an der sie die letzten Jahre gelernt und studiert haben und etwas Neues kennenlernen. (Natur)Wissenschaft ist schon lange eine Angelegenheit für Teams und außerdem noch äußerst international. Man sollte also so viele Leute wie möglich kennenlernen; viele neue Arbeitsgruppen und Methoden. Aber die Realität der befristeten Verträge hat damit schon lange nichts mehr zu tun. Ich kenne Leute, deren Verträge nur jeweils für ein halbes Jahr liefen und immer wieder erneuert werden mussten. Ich kenne Leute, bei denen Zeiten der Arbeitslosigkeit fest in die Finanzierung eingeplant waren, nach dem Motto: „Du kriegst einen Vertrag für 2 Jahre, danach ein Jahr lang Arbeitslosengeld und dann den nächsten Vertrag“. Man darf auch die Folgen für die wissenschaftliche Arbeit nicht unterschätzen. Kommt man in eine neue Arbeitsgruppe und arbeitet vielleicht auch noch auf neuen Gebieten, dann muss man sich erstmal einarbeiten, neue Methoden lernen, gemeinsam neue Ideen entwickeln, und so weiter. Bis man soweit ist, um tatsächlich gute Forschungsergebnisse zu gewinnen, können durchaus ein paar Monate vergehen. Wenn dann aber schon wieder das Ende der Anstellung droht, wird man sich vielleicht die Mühe sparen, etwas neues zu lernen und lieber so weiter machen, wie man es bisher schon getan hat. Die Finanzierung über Drittmittel verschärft das Problem noch weiter. Denn Drittmittel müssen beantragt werden, diese Anträge müssen geschrieben werden und beurteilt. Dieser ganze Prozess nimmt ebenfalls einige Monate in Anspruch (und kann oft bis zu einem Jahr dauern). Läuft der eigene Vertrag nur kurz, ist das Ende der Einarbeitungsphase auch der Zeitpunkt, an dem man sich schon wieder um den nächsten Antrag kümmern muss um rechtzeitig Geld für eine neue Stelle zu haben. Die eigentliche Forschungsarbeit kommt da oft zu kurz. Anke Burkhardt vom Institut für Hochschulforschung an der Uni Halle hat in einem Vortrag ein paar Zahlen genannt: Die Hälfte aller befristeten Stellen an deutschen Unis sind Teilzeitstellen und/oder über Drittmittel finanziert (Schaut euch den ganzen Vortrag an, auch die restlichen Statistiken sind sehr interessant).
Der Traum von einer wissenschaftlichen Karriere wird in der Realität schnell von der Suche nach der nächsten – kurzfristigen – Anstellung ersetzt. Das ist natürlich auch Gift für die private Lebensplanung. Man kann nie längerfristig planen, weil man nie weiß, ob man nach dem Ende der einen wieder eine neue Stelle finden wird. Man kann nur unter großen Schwierigkeiten eine Familie gründen, weil man nie weiß, ob man im nächsten Jahr noch am gleichen Ort arbeiten wird oder vielleicht doch eine Stelle in einem anderen Land annehmen muss. Kann man es sich dann leisten, mit dem Partner gemeinsam umzuziehen? Will man etwaige Kinder ständig an neue Schulen schicken und ihnen alle paar Jahre ihren Freundeskreis wegnehmen? Kein Wunder, dass die befristeten Verträge die Wissenschaftler am meisten demotivieren.
Es fehlt in Deutschland an vernünftigen Karrieremöglichkeiten für junge Wissenschaftler. Das beschreibt Professor Reinhard Kreckel von der Uni Halle in seinem Artikel „Habilitation versus Tenure: Karrieremodelle an Universitäten im internationalen Vergleich“ der in Ausgabe 1/2012 der Zeitschrift „Forschung und Lehre“ erschienen ist. In den USA gibt es zum Beispiel „tenure-track“-Stellen. Das sind befristete Positionen, die – bei erreichen bestimmter und vor allem vorher festgelegter Kritierien – in eine Festanstellung umgewandelt werden. Auch andere Länder haben brauchbare Angebote für junge Forscher. Bis auf Deutschland… Das zeigt diese Grafik aus Kreckels Artikel sehr gut:
Selbst wenn man Deutschland mit anderen Ländern vergleicht, die an dem veralteten Habilitations-Konzept festhalten, ist es Schlusslicht:
Kein Wunder also, wenn junge Wissenschaftler irgendwann ihrem Traumberuf den Rücken kehren und sich eine andere Beschäftigung suchen. Auch bei mir war es so. Forscher zu sein, an einer Universität zu arbeiten, Wissen zu schaffen und zu vermitteln war immer das, was ich unbedingt machen wollte. Aber irgendwann ging es einfach nicht mehr. Das ständige Wechseln des Wohnortes, die ständige Suche nach neuen Verträgen und die ständige Unsicherheit waren mir irgendwann zu viel. Solange man noch jung ist, ist das ja noch ok. Da macht es Spaß, dauernd hin und her zu reisen und neue Menschen und Städte kennen zu lernen. Aber irgendwann möchte man vielleicht auch mal eine „normales“ Leben führen oder sogar eine Familie gründen. Und dann trifft man auf all die oben beschriebenen Probleme. Bei mir hat der Traum vom Wissenschaftler letztes Jahr geendet. Ich bin bei meiner neuen Arbeit als Wissenschaftsautor nicht unzufrieden, ganz im Gegenteil. Ich finde Wissenschaft immer noch so faszinierend wie früher. Aber es wäre doch schön, wenn die Bedingungen für junge Wissenschaftler etwas positiver und motivierende wären. Das sollte eigentlich das „Wissenschaftszeitvertragsgesetz“ bewirken. Warum das gescheitert ist, beschreibt Markus Dahlem drüben bei den SciLogs.
Ich habe die Hoffnung fast schon aufgegeben, dass sich an dieser Situation bald etwas ändert. Dafür müsste die komplette wissenschaftliche Struktur in Deutschland umgekrempelt werden und ich sehe nicht, wo die Politiker sind, die so etwas umsetzen könnten bzw. wollten. Aber ok, bleiben wir optimistisch 😉 Aktuelle Informationen zu diesem Thema gibt es übrigens in der Facebook-Gruppe „25% akademische Juniorpositionen“.
I second that.
Auch ich werde mich – wenn kein Wunder geschieht – in den nächsten Jahren aus der scientific community verabschieden müssen. Die Frage ist dabei ganz einfach: Privatleben oder Karriere?
Ich für meinen Teil will es meiner Familie nicht zumuten, mit mir durch ganz Deutschland zu reisen, von München nach Hamburg nach Jena nach Stuttgart jedes Jahr den Wohnort zu wechseln, weil ich wieder wo eine 50% Drittmittelstelle für 9 Monate erhalten habe.
Es scheint, meine Uni-Job über 5 Jahre (aufgeteilt auf 2+2+1 Jahr(e), aber von Beginn an auf 5 vereinbart) scheint schon richtig Luxus zu sein 🙁
Ausland ist leider auf Grund meiner Fachrichtung und meines Forschungsschwerpunkts wohl keine Option – klar, dass ich – obwohl ich noch fast drei Jahre vor mir habe – jetzt schon die Ohren in der recht überschaubaren Community offen halte…
Und nicht jeder hat den Luxus, zu wissen, dass man sofort wieder in der vor-Forschungs-Richtung arbeiten könnte – nur, will ich das?
Leider zeigt das nur die Zeit. Aber ein Umzug wird so oder so in jedem Fall notwendig werden…
Nachdem es bei mir jahrelang von Halbjahresvertrag zu Halbjahresvertrag ging, reicht es jetzt. Zum nächsten Semester heißt es daher: Tschüß, Uni!
Jetzt müssen wir Deinen Beitrag nur noch an höhere Stelle tragen! Am besten an DFG und Co senden. Ich finde es wirklich sehr schade, dass Du heute nicht mehr forscht, wenngleich ich mich über Deine geschriebenen Werke freue. Wäre dieser Beitrag nicht einer, den man unter #IamScience Germany verlinkt twittern sollte?
Die Sache ist wirklich frustrierend. Mich wundert es ja, dass die Bezahlung nicht auch gleich noch thematisiert wird. Es ist schon wirklich unverschämt: eine befristete halbe Stelle bezahlen, Laufzeiten kürzer als die des bearbeiteten Projekts, aber sechs Tage pro Woche à 10 Stunden einfordern … und das ganze FUNKTIONIERT, weil die Doktoranden so wunderbar erpressbar sind: Wer sich exponiert und protestiert, wird nicht verlängert, kriegt seinen Titel nicht, kriegt seine Publikation nicht und ist schlimmstenfalls in der Community verbrannt.
Die begleitende Rechtfertigungsrhetorik der Unis ist an Frechheit dabei fast nicht zu überbieten:
– „Wir (die Universität) geben Ihnen (der Forscherin/dem Forscher) die Gelegenheit, an Ihrer Promotion zu arbeiten und dabei unsere Infrastruktur zu benutzen; das ist eine große Ehre, dafür sollten Sie dankbar sein!“
– „Leute mit befristeten Verträgen arbeiten einfach besser.“
Die supertolle Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat außer einem Pamphlet, das sie überflüssigerweise „Manifest“ getauft haben, gleich gar nichts hervorgebracht. Ver.Di kann eh nix, ich seh da keine Unterstützung. WIRKLICH frustrierend.
Es gibt, für die unverbesserlichen Optimisten, ein paar kleine Lichtblicke. Wenns klappt, könnte das Konzept der TUM in der jetzigen Exzellenzinitiative einen Paradigmenwechsel bedeuten: die Nachwuchsgruppenleiter werden dem Konzept zufolge deutlich aufgewertet, eine Laufbahn aus der drittmittelfinanzierten Gruppenleiterstelle auf eine universitätsfinanzierte Professorenstelle soll deutlich erleichtert werden. Keine Ahnung, ob das funktioniert oder nur den altbekannten Filz verstärkt. Ich bleib mal optimistisch, sonst bleibt einem ja fast nichts anderes übrig.
@MoritzT. „Mich wundert es ja, dass die Bezahlung nicht auch gleich noch thematisiert wird.“
Ja, das wäre nochmal ein ganz eigenes Thema. Wenn man sich mal ansieht, was man als junger PostDoc so verdient und das mit anderen Berufen vergleicht, ist das wirklich traurig…
Bei meiner ersten PostDoc-Stelle hatte ich 1600 netto. Ok, das ist nicht wenig und einer allein kann bequem davon leben. Aber für eine Familie wird es schon schwierig bis unmöglich – und wenn man sich so die Durchschnittslöhne anderer Sparten ansieht, ist es dan nnicht mehr ganz so viel (vor allem, wenn man die lange Ausbildungszeit berücksichtigt)
Eine Frage hätte ich: Wieso ist das Habilitationsmodell angeblich veraltet?
Ich kann das nur unterstützen. Was an deutschen Unis mittlerweile mehr oder weniger komplett fehlt, ist ein akademischer Mittelbau, an dem Wissenschaftler arbeiten (und auch lehren) können, ohne Professor zu werden. Das ist etwas, was nicht jeder kann und will und sowieso nicht jeder werden kann.
Ich bin als Postdoc noch im Ausland und werde im Laufe des Jahres nach Deutschland zurückkehren. Und zu dieser Gelegenheit werde ich wohl auch meinen Abschied aus der Forschung nehmen, weil es für mich keine Zukunft hat. Und so gehen jedes Jahr grosse Mengen an gut ausgebildeten und erfahrenen Forschern „verloren“, weil die Bedingungen nicht stimmen. Anscheinend kapiert das aber niemand, der an verantwortlicher Stelle sitzt.
Als (Vollzeit-) WissMA (Doktorand) ist man E13 – nix zum Reichwerden, aber mit 3200 bis 3700 Euro brutto (west) kann man in der Regel ganz gut leben… OK, als Alleinverdiener oder in Teilzeit wird es knapp.
@Uli: „Eine Frage hätte ich: Wieso ist das Habilitationsmodell angeblich veraltet? „
Weil es absurd ist, dass ein Wissenschaftler, der schon jahrelang als Wissenschaftler gearbeitet hat, der meistens auch schon jahrelang Lehre gemacht hat, noch einmal eine extra Prüfung ablegen muss, nur um die „Lehrbefugnis“ zu erhalten und damit offiziell qualifiziert für eine Professorenstelle ist. Diese Prüfung ist sowieso nur eine Farce, da werden dann halt die diversen Papers die man im Laufe der Zeit geschrieben hat zu einer „Habilitationsschrift“ zusammengeheftet… Der Rest der Welt kommt wunderbar ohne so eine seltsame Bürokratie aus.
@simo: 3700 Euro brutto als Doktorand??? Ernsthaft? Wo kriegt man das? Das ist mehr, als ich in Jena als (Vollzeit)Postdoc gekriegt habe.
@Simo: Zum einen: Wo bekommen Doktoranden volle Stellen? Und wo bekommen sie dafür 3700 Euro brutto?
Mir gibt man noch 1065 Tage, um immerhin meine laufenden drei eigenen Drittmittelprojekte zu betreuen und 8SWS Lehre zu leisten. Ein viertes Projekt durfte ich schon nur noch gekürzt beantragen, es wird also schon der externe Geldhahn zugedrückt, damit ich nicht noch weiter als über diese insgesamt 4 1/2 Jahre meiner Gastdozentur komme, die ich aus heiterem Himmel als „Ersatz“ für eine geplatzte Einstellung angeboten bekam.
Nach 20 Jahren Wissenschaft muss ich eben notfalls umsatteln, nicht schön aber machbar, wenn ich bis dahin keine Dauerstelle finden sollte (wovon ich ausgehe aber wohl eher nicht in Deutschland).
Die 12 Jahres-Regel ist scheinbar zu umgehen möglich, ohne von selbst von Drittmittel-Projekten bezahlt zu werden und stattdessen eigene Projekte zu machen, was zur Behauptung in der Wissenschaft übrigens absolut wichtig ist. Ein Missbrauch der Landesgesetze macht es, wie gesagt, scheinbar möglich (Die Umgehung der Zwölf-Jahres-Regelung). Ich war selbst baff. Aber das warte ich erstmal noch ab, denn die Sache ist eben nicht sauber.
Das ist der Punkt: Ich frage mich ernsthaft, warum sich so wenige wehren, wenn komische Dinge geregelt werden?
Ich habe gleich, schon vor 18 Monaten nüchtern gesagt, ich lasse diese Angelegenheit von Rechtsanwälten selbstverständlich prüfen und nun liegt eine Beschwerde bei der Berliner Senatsverwaltung dessen Ausgang ich gelassen entgegensehe. Eins wird die Sache sein: transparent.
Ich habe mir viele Feinde damit gemacht. An meiner Uni habe ich bei einigen den Ruf eines Querulanten, weil ich darauf bestehe, dass feste schriftliche Zusagen auch gehalten werden. In dem vergangenen 18-monatigen Eiertanz habe ich zwar auch mal klein beigegeben aber immer auch die gemachten Zusagen sehr ernst genommen und eingefordert.
Wenn einem Karriere wichtiger wird als der redliche Umgang, hat man schon verloren.
Ich hoffe also, dass mehr noch aus der Anonymität heraustreten und solches Fehlverhalten, wie hier im Beitrag beschrieben, öffentlich transparent machen. Wofür haben wir soziale Netzwerke?
Dieses penetrante Festhalten am Modell, dass wer lehrt auch forschen muss, habe ich sowieso nie verstanden. Viele Profs haben sowieso keinen Bock, auch noch Lehrveranstaltungen zu halten, die werden dann an die Assis delegiert. Und wenn der Prof dann doch selber lehrt, ist das nicht unbedingt ein Garant für die Qualität der Lehre. Weil er eben niemals Didaktik und Co. erlernen musste.
Was für jeden Schullehrer selbstverständlich ist, kann jedem Uniprof am Allerwertesten vorbeigehen. Dass da nicht selten die Qualität der Lehre leidet, sollte jedem einleuchten.
(Ich selber hätte übrigens liebend gerne eine Karriere als Hochschullehrer gemacht – Erklären macht mir ’ne Menge Spass. Aber Forschung ist nun so gar nicht mein Ding.)
Wo findet man denn den Vortrag von Anke Burkhardt? (Im Text ist nur ein Link auf einen anderen Blogbeitrag.)
Florian, ich habe es dir mal als Mail geschrieben… 😉
Tjor… ich wäre auch gerne an der Uni geblieben um meinen Doktor zu machen. Aber das war finanziell nicht wirklich möglich. Jetzt bin ich halt in der Industrie, hab mir einen wissenschaftsnahen Job gesucht und bin halt „Kümmerer“ für wissenschaftliche Experimente. Vielleicht fällt ja auch noch ein Thema für meine Doktorarbeit ab und ich mache das dann neben dem Beruf. Aber nachdem ich von den wenigen meiner Kommilitonen, die an der Uni geblieben sind, gehört habe, wie schlimm das mit ihren Stellen ist (selbst als Doktoranden), bin ich eigentlich ganz froh, direkt hier gelandet zu sein.
Hat übrigens irgendwer hier seine Doktorarbeit im natur-/ingenieurswissenschaftlichen Bereich neben dem Beruf geschrieben und hätte Lust und Zeit, mir einen kleinen Erfahrungsbericht zu geben?
Ich habe vor ein paar Jahren in meiner Uni-Zeit ähnliches erlebt. Die allermeisten, die ich dort kannte, sind gleich nach der Promotion (alles Physiker/Chemiker/Ingenieure) entweder in die Wirtschaft gewechselt (wenn sie schon Familie/Freund/Freundin hatten und deswegen in Deutschland bleiben wollten) oder sind ins Ausland an eine dortige Uni gegangen, wenn sie weiter forschend tätig sein wollten.
Ich für meinen Teil (Ingenieur) bin auch in die Wirtschaft gegangen, wo ich sofort eine unbefristete Festanstellung bekommen habe. Schon mein Einstiegsgehalt war da 30% höher als das, was meine damalige habilitierte Chemie-Dozentin verdient hat, nachdem sie den sage und schreibe 8. Einjahres-Vertrag an der Uni bekommen hatte.
Für die deutsche Wirtschaft ist das natürlich erstmal gut, da die besten der Uni sofort den Rücken kehren und in die Wirtschaft gehen, aber für die Grundlagenforschung, den Wissenschaftsstandort Deutschland und die Unis ist es katastrophal, da es mittlerweile durch diese Praxis praktisch keinen akademischen Mittelbau in der Forschung an den Unis mehr gibt. Es gibt nur noch Diplomanden und Doktoranden, dann kommt lange nichts und dann kommen ein paar Professoren, die aber mehr mit Verwaltung, Antragschreiben und Kostenrückerstattungen beschäftigt sind als mit der eigentlichen Forschung. Im Grunde wird der größte Teil der Forschungsarbeit in den Unis von den Doktoranden und deren Diplomanden gemacht. Richtige festangestellte Wissenschaftler werden immer seltener.
Und da wundert sich die Politik dann immer, warum die besten deutschen Wissenschaftler, die hier teuer ausgebildet worden sind, spätestens nach der Promotion schnurstracks das Land verlassen und für Deutschland verloren sind.
Unser Habilitationsverfahren ist auch deswegen unsinnig, weil es suggeriert, es gäbe eine/n über alle Maßen hyperqualifizierten Menschen, der seine überreich vorhandene Weisheit dann mit den Schäflein teilen und zum Wohle der Menschheit einsetzen würde. Dafür wird er dann mit einer quasi-absolutistischen Macht ausgestattet, die seine Untergebenen zu Leibeigenen macht. Öffentlicher Dienst hin oder her. Und das genau ist das Problem.
Die Ausbeutung von Doktoranden und PostDocs liegt in dieser absolutistischen Machtfülle begründet. Die fast vollständige Ignoranz gegenüber der Lehre kommt auch daher, und die Universität wäre auch ein in hochschulpolitischen Dingen viel weniger zwanghaft konfliktscheuer Haufen, wenns nicht ständig drum ginge, wer welchem Boss wie weit in den Arsch kriechen darf.
O, jez hab ich’s kapiert, warum das keiner ändern will … 😛
@noch’n Flo:
Dank Studiengebühren gibt es bei uns tatsächlich (natürlich befristete) Lehrestellen, die nur lehren sollen, Forschung ist erlaubt, aber sozusagen „Privatvergnügen“.
Und zu Michael und Florian selbst: TVL + Berufserfahrung davor, sowie einen vernünftigen Chef, der sie Fürsorgepflicht ernst nimmt – wie übrigens das ganze Department. Befristet bin ich natürlich auch.
@Jan: „Wo findet man denn den Vortrag von Anke Burkhardt? (Im Text ist nur ein Link auf einen anderen Blogbeitrag.) „
Sorry, war ein Fehler. Hab den Link korrigiert.
@Graf Schokola:
Ganz genau. In der Wirtschaft sitzt das Geld (für Gehälter) halt etwas lockerer, man ist eben (meistens) nicht (direkt) auf öffentliche Gelder angewiesen und zieht meistens direkt einen finanziellen Nutzen daraus.
Kennt eigentlich irgendwer Statistiken, welcher Anteil an der Forschung letztendlich (direkt oder indirekt) aus öffentlichen Mitteln bezahlt wird?
Meine zwei Cent: mitunter klingt hier so ein Antagonismus an: wir gegen die Profs. Professoren können nicht lehren, beuten ihre Doktoranden aus und Interessieren sich nicht weiter für die Probleme der Wissenschaftler ohne festen Vertrag. Diese Leute gibt es natürlich und ich finde es auch zum speien. Aber ich glaube, wir kommen in der Sache nicht weiter, wenn wir den Mittelbau gegen die Festangestellten ausspielen. Beide Seiten sitzen oft (natürlich nicht immer) in einem Boot. Mir wäre es auch viel lieber, ich könnte meinem Postdoc eine Festanstellung anbieten. Ich würde davon profitieren, er würde davon profitieren und die Studenten ebenso. Geht aber nicht. Mies finde ich in dem Zusammenhang z.B. das Vorhaben der TU Berlin, mehr W1/W2 Professoren Stellen einzuführen (klingt ja gut), aber im Gegenzug die Mittel für W3 Stellen zu kürzen. Letztlich ist das eine Sparmaßnahme als Nachwuchsförderung verkauft. Ich fürchte, solche Maßnahmen werden genau dazu führen, dass Wissenschaftler (Doktoranden, Postdocs, Profs) eben nicht alle an einem Strang ziehen und sich gemeinsam gegen Unileitung, Landes- und Bundesministerien wehren, sondern sich gegenseitig sinnlos Konkurrenz machen. Wir sollten uns nicht gegeneinander ausspielen lassen.
Klar gibt es super Professoren, die hauptsächlich der Lehre wegen an der Uni geblieben sind. Davon durfte ich in meinem Studium genau zwei treffen. Dafür war es bei denen um so spannender.
Die Mehrheit (die ich kennenlernen durfte) hat in Punkte Lehre entweder gleich alles die WiMis machen lassen, kamen zu spät, gar nicht oder wenn, dann nur mit so ner Fresse (hier bitte entsprechende Grimasse vorstellen).
@enbeh:
Ich habe die meisten hier schon so verstanden, dass sie die Schuld nicht bei den Professoren suchen, denn diese müssen sich ja auch an die Regeln halten, die ihnen vorgegeben sind und müssen auch mit dem Geld auskommen, das ihnen die Uni für Personal zur Verfügung stellt. Und die Unis können logischerweise auch nur das Geld für Personal verteilen, das ihnen die Politik zur Verfügung stellt.
Ich sehe das Ganze in erster Linie als Finanzierungsproblem. Die Politik hat zwar vor einiger Zeit das Ziel ausgegeben, dass sich die Studentenzahlen innerhalb einer gewissen Frist verdoppeln oder gar verdreifachen sollen, aber die Politik ist nicht dazu bereit analog dazu auch das Budget entsprechend zu verdoppeln bzw. zu verdreifachen, damit die Qualität der Lehre, das Studenten/Mitarbeiter-Verhältnis usw. nicht sinkt.
Im Grunde kann man alles, d.h. die ganzen befristeten Serien-Verträge, die halben Stellen und das schlechte zahlenmäßige Betreuungsverhältnis auf die schlechte und zu niedrige Finanzierung der Hochschulen zurückführen.
Ich habe aber damals die Erfahrung gemacht, dass für neue Gerätschaften und Anlagen durchaus ausreichend Geld da war und da heimlich auch mal von einem Projekt ins andere umgeschichtet und umdisponiert wurde (auch mit öffentlichem Geld teilweise über die Grenzen der Arbeitsgruppen hinweg), aber wenn es um Geld für zusätzliches Personal ging, dann konnte man auch gleich mit einer Wand reden. Da ging nix.
@rnlf:
Mein (zweites) Studium ist noch nicht lange her, und ich muss sagen, inzwischen hat sich da einiges getan. Viele der jungen Profs sind sehr engagiert auch in der Lehre, stellen sich Evaluationen (sprich – sie versuchen die Kritikpunkte auch anzunehmen und sich zu verbessern) und nehmen die Studenten durchaus ernst. Natürlich gibt es auch andere – ich habe jedoch den zugegebenermaßen subjektiven Eindruck, dass zumindest an dieser Stelle sich schon einiges bewegt hat.
@rnlf
Das mag ja so sein. Nehmen wir an, Du hast recht – alle Profs sind so wie von Dir beschrieben. Mein Punkt war aber, dass es wichtig ist, auch die „Problem-Profs“ auf die Seite des Mittelbaus zu bekommen.
Es ist der Produktivität einer Arbeitsgruppe einfach sehr abträglich, wenn Leute häufig wechseln, Neuamkömmlinge eingearbeitet werden müssen, und Kompetenz durch auslaufende Arbeitsverträge verloren geht. Es ist deshalb auch im ganz egoistischen Interesse des an der Lehre desinteressierten, soziopathischen Alpha-Tier Profs, dass ihre/seine Leute eine zuverlässige Finanzierung haben. Ich denke, es würde der Sache des Mittelbaus nutzen, wenn dieser Egoismus für den Mittelbau genutzt wird.
@enbeh: Das eigentliche Problem sind nicht die Profs, sondern die Doktoranden und Postdocs. Wie schon jemand weiter oben gesagt hat: Die haben oft kein Interesse daran, gegen irgendwas zu protestieren, weil sie direkt vom Wohlwollen der Uni abhängig sind. Wer da aufmuckt, kriegt eben keinen Vertrag mehr. Viele Leute kommen auch aus dem Ausland und haben sowieso keine Ahnung von Gewerkschaften oder anderen Möglichkeiten, irgendwas zu unternehmen. Es gibt genug junge Wissenschaftler, die kein Problem haben, ihr Privatleben aufzugeben und auf einer halben Stelle trotzdem bis spät abends und am Wochenende im Büro zu sitzen (ich kenne genug davon). Wer da protestiert, wird eben durch solche Leute ersetzt…
@enbeh: Das ist eben auch einer der Punkte, die ich nicht verstehe. Wenn Doktoranden neu in einem Labor sind, müssen sie alles lernen: Was wo steht, wen man wofür ansprechen kann, wo es was gibt etc. Wenn sie das dann nach einer Zeit wissen, im Gebiet eingearbeitet sind und abschliessen, geht dieses Wissen wieder verloren. Ich bin bei meiner Arbeitsgruppe mittlerweile der Ansprechpartner für die meisten technischen Dinge nud mein Chef ist aktuell sehr bemüht, dieses Wissen auch dann zu erhalten, wenn ich gegangen bin.
@FF:
Stimmt schon, das ist ein Problem. Das heißt, der geringe Widerstand, der von Doktoranden und Postdocs (und Profs) ausgeht. Ehrlich gesagt habe ich als Doktorand mich auch nicht darum gekümmert. Mal aus Neugier: wer ist eigentlich die relevante Gewerkschaft für uns? GEW weil [W]issenschaft oder Verdi wegen Öffentlichem Dienst?
ich glaube verdi ist für „uns“ (PostDocs) zuständig. kann es dir aber leider nicht genau sagen. eigentlich schon traurig das mans nicht weis, wenn man mal drüber nachdenkt…
Also, zumindest als Angestellter mit Arbeitsvertrag mit dem Land ist Ver.di zuständig. Egal, ob Postdoc, Doktorand, Nur-Lehre-Stelle oder Sekretariat.
Wie es bei den sog. Privatdozenten etc. aussieht, weiß ich nicht.
Letztlich könnten beide, GEW und Ver.di, „zuständig“ sein – wenn sie wollten. Sie wollen aber nicht. Und warum? Weil Wissenschaftler eben nur kurze Zeit an einem Ort verweilen (denke ich) – womit sich die Katze in den Schwanz beisst. Außerdem könnte es sein, dass die gewerkschaftlich organisierten Leute an den Unis (Techniker, einige Verwaltungsangestellte, Servicepersonal in kleinen Teilen) überhaupt keine „solidarische“ Verbindung mit dem Wissenschaftsbetrieb hat – er ist diesem Teil der Festangestellten meist egal.
In Mainz gab es auf dem Campus vor ca. 6 Jahren mal eine Ver.di-Demo (bzw. den Aufbruch dazu) wobei Uni-Mitarbeiter streiken und demonstrierten – und ein Transparent hochhielten, das um „Verständnis“ bat für den Streik. Wir Doktoranden / Postdocs haben das als Hohn empfunden …
Ich könnte mich ja zu dem Thema auch seitenlang auslassen, aber vieles wurde schon gesagt.
Weil jemand die Ausländer angesprochen hat… Ich bin nun selber in der Situation dass ich im Ausland Wissenschaft mache (schon seit der Doktorarbeit) und weiss wie total sch… es ist dass man über keine arbeitsrechtlichen Dinge Bescheid weiss. Andererseits kenn ich auch ausländische Kollegen, die in D arbeiten.
In Dänemark war die arbeitsrechtliche Situation noch ziemlich transparent, man konnte die notwendigen Dokumente finden und irgendwie war das auch dort noch was, was man unter den Wissenschaftlern besprach. Abgesehen davon gab es trotz exzellenter Gehälter (auch und besonders für Doktoranden!) immer noch Stimmen dass die Gehälter für Wissenschaftler „eigentlich“ zu niedrig seien. Das ist halt die skandinavische Mentalität, gleicher (hoher) Standard für alle. Das Problem in DK sind natürlich wie immer die festen Stellen, bei einem Land mit 2 Instituten für Astronomie ist die Zahl der Stellen begrenzt. Postdocs mussten gar nicht unterrichten und Doktoranden nur eine Mindestzahl von Kursen als Qualifikation (ich habs trotzdem gern gemacht). Feste Stellen sind aber, soweit ich weiss, auch immer mit Lehre verbunden aber weniger als in D.
In Italien hab ich erst gar nicht erst damit angefangen mich um arbeitsrechtliche Dinge zu kümmern und da bleiben hätte ich eh nicht wollen, eine feste Stelle als Ausländer in einem der landesweiten concorsos zu ergattern ist nicht einfach (dann aber nicht unbedingt mit Lehre verbunden). Allerdings war ich als postdoc ausser kranken- (und das nur sporadisch weil soviel Mist mit meinem Vertrag gemacht wurde) null sozialversichert. Toll, wenn man dann 6 Monate ohne Vertrag ist…
Spanien ist sowieso die Katastrophe. Abgesehen davon dass ich signifikant WENIGER verdiene als als Doktorand (und Spanien ist gar nicht so billig!) – meine Motivation kann man sich dann vorstellen – aber immerhin sozialversichert bin, sind wir hier als postdocs jetzt sozusagen als „Praktikanten“ eingestellt und noch so manche andere Dinge sind nicht oder nur halb gesetzeskonform. Wir versuchen hier so gegen manches Unrecht zu kämpfen, aber das mit DonQuijote und den Windmühlen wurde wohl nicht umsonst in Spanien erfunden. Leider interessieren sich die meisten anderen Spanier auch nicht dafür, könnte ja schlecht für die Karriere sein oder sie sind einfach nur zu faul mal ihren A… zu bewegen, solang man sich Bier und Tapas noch leisten kann ist das Leben doch in Ordnung oder?! (grr…!)
Abgesehen davon, wie schon viele oben ansprachen, macht mich das ständige Herumziehen und die Jobunsicherheit kaputt und eine langjährige Beziehung ist an dem Leben auch schon gescheitert. Und es ist extrem frustrierend zu sehen wie Freunde daheim (ausserhalb der Wissenschaft) gerade Haus bauen und Familie gründen und ich muss jeden Cent 5x umdrehen, trotz besserer Ausbildung. Dem Treiben in der Wissenschaft zusehen kann und will ich aber nicht, ich weiss, ich wär wohl weiter in meiner Karriere wenn ich immer lieb und nett wäre und brav ja-sagen würde. Da bin ich aber nicht der Typ dazu.
Die Situation der Ausländer in D ist aber auch nicht besser, vor allem weiss ich ja was in D erlaubt ist und was nicht und das macht mich noch viel wütender. Ein Beispiel ist die Umwandlung von Doktoranden- und Postdocstellen in „fellowships“. Besonders beliebt bei den renommierten Max-Planck Instituten. Bis vor einigen Jahren wurden die nur an Ausländer vergeben, inzwischen aber auch an Deutsche. Ein Fellowship ist nichts anderes als eine Stelle ohne jegliche Sozialversicherung, weder auf Arbeitgeber- noch auf Arbeitnehmerseite. Wohl klar warum die das so gemacht haben… Andererseits hat so ein Fellow dann natürlich null Rechte. Eine miese Krankenversicherung müssen sie selber zahlen (normale Kassen nehmen so arme Schlucker ja gar nicht!) und ansonsten haben sie NICHTs! Keine Absicherung, kein offizieller Urlaub und nicht mal grundlegende Rechte wie Elternzeit! Ein Freund hat mir erzählt, an einem MP Institut würden sie den Frauen sowas sagen wie, ja, also wenn sie schwanger sind und zu Hause bleiben gibts eigentlich kein Geld, aber wenn das eintreten sollte, dann sollten sie in der Verwaltung vorbeischauen und „wir schaun mal was wir machen können“. Leute, ganz toll! Keine Hartz IV Empfängerin muss arbeiten wenn sie ausm Krankenhaus daheim ist, ein Postdoc schon!
Solche und viele andere Dinge machen mich extrem skeptisch ob ich je zurückkehren soll. Andererseits ist ein Land wo man nie mehr als 2000€ netto im Leben bekommen kann auch keine wirklich tolle Aussicht. Wissenschaft verlassen kann ich mir leider auch nicht vorstellen, was soll man da machen? Im Programmieren bin ich eine Niete und Versicherungen und andere kapitalistisch orientierte Organisationen kann ich nicht ausstehen. Wenn ich wirklich mal die Wissenschaft verlassen sollte werde ich wohl die Physik komplett verlassen, Industriephysiker is nix für mich. Dabei wusste ich seit ich 10 bin dass ich Wissenschaftler werden wollte…
@CM:
Dasselbe sieht man hier in Spanien auch. Die Gewerkschaften und sämtliche Veranstaltungen zur Verbesserung der Arbeitssituation bezieht sich immer nur auf die Festangestellten in der Verwaltung. Bei der Institutsversammlung ist es dasselbe, die Verwaltung hat deutlich mehr Repräsentanten als Wissenschaftler und Doktoranden (dabei arbeiten in der Verwaltung vielleicht 10 gegenüber > 100 Wissenschaftlern).
hu? wurden gerade alle Einträge incl. Kommentare von dem Herrn mit G. gelöscht, oder spinnt mein Browser jetzt wo ich „bei neuen Kommentaren benachrichtigen“ angeklickt hab??
Hey,
jetz isser wieder wech, naja besser so, sonst wären noch mehr zynische/böse OT Kommentare gekommen…
Au au au, nicht gegeneinander arbeiten…
Man muss sich vereinigen und gemeinsam Lärm schlagen sonst gehen Einzelgruppen im Betrieb immer unter.
Wenn ich das hier lese, nicht bekannt wer dafür zuständig ist.
Das hat man uns sogar in der Berufsschule schon nahegebracht… ARGH!
Wer von den Wissenschaftlern hier hat eigentlich mal überlegt in eine Gewerkschaft zu gehen und wer ist Mitglied? Mit dem Betriebsrat gesprochen?
@Chris:
„jetz isser wieder wech, naja besser so, sonst wären noch mehr zynische/böse OT Kommentare gekommen… “
ah, also doch nicht mein Browser 🙂
„Wer von den Wissenschaftlern hier hat eigentlich mal überlegt in eine Gewerkschaft zu gehen und wer ist Mitglied? Mit dem Betriebsrat gesprochen?“
Die „sindicatos“ hier in Spanien sind ziemlicher Müll und nur Selbstzweck, da beizutreten bringt nix. Ich glaube, in Dänemark ist das üblicher, zumindest wird man da nicht schief angeschaut wenn man beitritt. Betriebsräte kenn ich ausserhalb Ds nicht. Wir versuchen hier auf „Privatinitiative“ Sachen zu ändern, aber man läuft ständig gegen Wände. 🙁 Unsere rechtlich unsauberen Verträge warn das erste was wir ändern wollten, aber nachdem die Verträge vom landesübergreifenden Zentralinstitut bzw. vom Minsterium selbst kommen muss man da schon zu den höchsten Stellen. Mein Freund hat auch mal einen Anwalt gefragt, der meinte dann, ja, wir hätten schon Recht, aber das liese sich nur sehr schwer durchsetzen. Und wenn Wissenschaftler streiken, wen kümmerts? Alles sehr frustrierend.
Noch frustrierender wenn man als Ausländerin die Leute anschieben will was zu tun und dafür dann wüstest beschimpft wird weil man ja „nur“ Ausländerin ist…
@Alice: „Guido“ ist nur eines der dutzenden Pseudonyme des Herrn Wilfert, der hier immer dann kommentiert, wenn über Wissenschaftspolitik geredet wird. Er ist der Meinung, alle Wissenschaftler seien Verbrecher. Außerdem ist er einer meiner größten Fans uns betrollt mein Blog schon seit Jahren 😉 Da ich aber keine Leute dulde, die andere grundlos als Nazis bezeichnen (wie Wilfert es getan hat), ist er schon vor langer Zeit hier rausgeflogen. Seine Kommentare werden gelöscht – und damit natürlich auch alle Antworten darauf (ansonsten wirds verwirrend).
@FF:
Schon klar ;). War nur verwundert dass ich die Kommentarbenachrichtigung endlich mal ausprobieren wollte und dann verschwinden plötzlich Kommentare… 😉
@ Alice:
Ich finde es immer wieder interessant, dass es hier in der Schweiz nahezu keine Gewerkschaften gibt (und wenn, dann ist ihr Einfluss eher gering), aber dennoch die Arbeitsbedingungen vielfach wesentlich besser sind, als in den Nachbarländern.
Und die regelmässigen Lohnrunden (zum Ausgleich der Teuerung) wie in Deutschland braucht es hierzulande auch nicht – hier steigen die Löhne jedes Jahr automatisch um den Teuerungssatz des Vorjahres.
Man sieht: wenn alle gerne zusammenarbeiten und ein Grundmass an Gemeinsinn an den Tag legen, klappt es auch ohne Gewerkschaftsapparat.
Ich bin wohl oben etwas zu OT geraten (sorry, die Beschäftigungssituation ist leider was sehr persönliches für einen Wissenschaftler und sozusagen der Lebensinhalt abgesehen von der Wissenschaft).
Die Situation in Spanien diesbezüglich war bisher eher vorbildhaft. Trotz relativ geringer Gehälter gibt es hier sehr viel mehr „Mittelbau“ (hab keine Zahlen, aber ich würde mal so eine Verteilung wie in England oder Frankreich schätzen). Nach 2, höchstens 3 postdocs (mind. 1 im Ausland) kann man eine längerfristige Stelle (5 Jahre) erhalten mit normalerweise Aussicht auf eine Festanstellung hinterher (auf die man sich aber noch extra bewerben muss). Hat man die einmal fängt man in Stufe 1 an und erreicht dann normalerweise, wenn man will, nach einigen Jahren und weiteren Evaluationen Stufe 4 = Professor. Deren Lehrbeauftragung hängt sehr davon ab, ob man an der Uni ist (viel) oder an einem Forschungsinstitut (eher wenig). Das Gute hier war auch dass man für eine höhere Stufe und Stelle nicht umziehen muss. Sehr komfortabel für die Lebensplanung.
Jedoch.. WAR. Seit der Krise ist nichts mehr so wie vorher. Besagte 5-Jahres „tenure“ Stellen lassen die Leute jetzt einfach hinterher hängen, es gibt derzeit praktisch keine neuen festen Stellen mehr und viele laufen deswegen einfach weg. Die Politiker haben noch überhaupt nicht realisiert was für ein brain-drain hier gerade vonstatten geht (ich glaube, die kennen das Wort gar nicht!). Was die nächsten Jahre so kommt oder nicht kommt weiss auch niemand, Wissenschaft hat keine Priorität hier (s. mein Gastartikel vom 24. Dezember letzten Jahres).
Und bzgl. Stelle verlieren wenn man sich aufregt, da können ein paar dieser tenure-track-Stellen Leute ein Lied davon singen. Normalerweise hatte man nämlich das Recht auf 1 Jahr Verlängerung als Überbrückung sozusagen. Ein paar Leute haben das eingeklagt, ihnen wurde Recht gegeben, aber diese dann aus CSIC rausgewofen, sozusagen als „Rache“. Karriere in Spanien können die jetzt vergessen….
@noch’n Flo:
Gehälter, die jedes Jahr steigen, ARGGGH!! wann hatte ich das letztes Mal..??! Ach ja, in DK … 🙁
Hier in Spanien sind übrigens die Wissenschafts-Gehälter vor 2 Jahren um 10% GESUNKEN. Nicht dass wir vorher so exzellente Gehälter gehabt hätten… Was wär ich derzeit ohne meine 4 Kreditkarten.. 😐
Ich habe mich ebenfalls nach sechs Jahren Postdoc Zeit (ein Zweijahresvertrag, vier Einjahresverträge), welche ich an zwei verschiedenen Forschungsinstituten machte, vor einem halben Jahr aus der Forschung verabschiedet. Dieser Entscheid viel mir sehr schwer. Einerseit weil die Forschungsarbeit enorm interessant ist, andererseits weil halt mit diesem Entscheid noch so ein Versagergefühl mitschwingt.
Nun – ich hatte von heute auf morgen keine Lust mehr, mehr als 60 Stunden die Woche zu arbeiten, fast nie Urlaub nehmen zu können und dazu eine Beziehung nach der anderen in den Sand zu setzten – weil ich mir dafür nicht genügend Zeit nahm oder weil mich die unsichere Zukunft zu sehr beklemmte um irgendwelche Versprechen zu machen. Ich habe mir dann überlegt, was denn so thematisch/methodisch dem nahe kommen könnte, was ich sonst so machte. Ich habe fünf Bewerbungen rausgeschickt und wurde zu drei Interviews und zwei mal zu Folgeinterviews eingeladen. Weniger als drei Monate später hatte ich einen Vertrag im Haus – nach Probezeit unbefristet. Ich arbeite nun auf dieser Stelle und bin soweit glücklich damit. Ich verdiene fast 60% mehr als vorher und arbeite dafür knapp 30% weniger. Die Thematik des Jobs ist nicht gleich interessant wie in der Forschung – aber wenn ich alle Aspekte gegeneinander abwäge, so bin ich mit meiner neuen Situation viel zufriedener.
@Thomas:
Das kommt halt immer darauf an, welche Wissenschaft man macht. Ich kann mir z.B. vorstellen dass ein experimenteller Chemiker in der Wirtschaft ähnliche Dinge macht wie in der Wissenschaft (nur mit materiellerem Ziel). Aber ein beobachtender Astronom?? Als ich selber in Italien arbeitslos (eher mittellos, gearbeitet hab ich ja trotzdem) war, hab ich mich auch nach allem möglichem umgesehen und irgendwann mal Stellen in der Wirtschaft gesichtet. Nach ca. 300 hab ich aufgegeben, von denen ich eine einzige fand auf die man sich evtl. bewerben konnte (und die dann noch ein Aussendienst ohne Büro und Kollegen gewesen wäre, ne danke).
Wenn ich mal aufgeben muss, dann mach ich was komplett anderes. Oder studiere erst nochmal, es gibt ja so viele andere interessante Dinge!
„Anbei die neue Datenlage. Erfolg sieht anders aus!“ schrieb ich am Sonntag als Post zu der hier nun auch gezeigten, zweiten Graphik in der Facebook-Gruppe „25% akademische Juniorpositionen“.
Jetzt bin ich wirklich überrascht und erstmal ein Danke für die Diskussionen hier und das Aufgreifen des Themas an Florian. Sehr schön.
Wenn wir 3 Tagen in dieser Gruppe 1000+ likes bekommen (Stand heute, Dienstag 19:00Uhr: 413), wird die Politik vielleicht beginnen, anders auf das angeblich so erfolgreiche WissZeitVG zu gucken, denn dann werden es die Woche drauf vielleicht schon 5000, zumindest aber haben wir dann eine gute Basis für weitere koordinierte Aktionen.
Also Bitte nochmal kräftig mit helfen, die Sache bekannt zu machen! Das sollte eigentlich zu schaffen sein, via g+, fb, twitter und Co. Denn so sieht Erfolg aus.
@Markus: „Wenn wir 3 Tagen in dieser Gruppe 1000+ likes bekommen (Stand heute, Dienstag 19:00Uhr: 413), wird die Politik vielleicht beginnen, anders auf das angeblich so erfolgreiche WissZeitVG zu gucken“
Nicht das ich jetzt der Spielverderber sein will, aber: Ich glaub nicht, dass sich Politiker von irgendwas beeindrucken lassen, was bei Facebook passiert…
So wie dass klingt, ist es ehrlich gesagt verwunderlich, dass nicht jeder halbwegs brauchbare Wissenschaftler, dessen studien und fachrichtung es zulässt zusieht, dass er in die Industrie kommt….
@Florian Na, wenn es wirklich einmal eine Interessenvertretung gäbe — und diese über soziale Medien zu organisieren, halte ich für möglich (wir hatten oben ja auch die Diskussion ob ver.di oder GEW, die übrigens schon recht aktiv sind, zuständig sind, aber ich denke selbst-organisiert kann effektiver sein) — , wenn es also wirklich einmal eine Interessenvertretung gäbe, dann kommt die Nachricht bei der Politik schon an, auch wenn die selber nicht bei facebook reinschauen.
Ich bleibe sehr optimistisch, dass sich viel schon bald ändern wird. Wirklich. Aber es hängt an der Eigeninitiative der Wissenschaftler und das ist ja auch ok so.
@Markus:
„Ich bleibe sehr optimistisch, dass sich viel schon bald ändern wird. Wirklich. Aber es hängt an der Eigeninitiative der Wissenschaftler und das ist ja auch ok so.“
Wie schon angesprochen ist ja genau dies das Problem! In der Wissenschaft herrscht immer noch die Ansicht, wir hätten uns ja über nichts zu beschweren, weil wir ja den ganzen Tag „machen was uns Spass macht“, im Gegensatz zu Berufen in der freien Wirtschaft (ich habe durchaus einige Freunde ausserhalb der Wissenschaft, denen ihre Arbeit viel mehr Spass macht als mir und deren Job vor allem sicherer ist). Und dass wir ja nur „für unsere eigene Karriere arbeiten“ (im Gegensatz zur Wirtschaft, stimmt auch überhaupt nicht wenn man sich die Kommentare ansieht). Und so lange Wissenschaftler befürchten müssen auch nur beim kleinsten Aufmüpfen rausgeschmissen zu werden ist es nicht verwunderlich dass niemand was tut.
Ob das System es fördert dass die geeignetesten Leute tatsächlich in der Wissenschaft bleiben ist mehr als fraglich. Jeder der nicht viele Jahre ein Vagabundleben aus 2 Koffern will hats schon mal schwer (wie viele tausende von Euros ich schon für Umzüge rausgeworfen hab…). Jeder der als Partner kein Hausweiblein hat oder jemand mit extrem auslands- und umzugskompatiblem Beruf auch. Jeder, der nicht erst mit 40 Eigeninitiative zeigen will und vorher immer brav ja zu seinem Chef sagt auch. Jeder, der noch andere Interessen ausserhalb der Wissenschaft hat auch. Sind das genau die Leute, die man fördern will?? Kommt so die beste Wissenschaft heraus? Ich bezweifle das schon lange…
Vor allem, ist das auch eine Problematik, die außerhalb der wissenschaftlichen gemeinschaft absolut unbekannt, und auch den meisten abiturienten, die sich für eine „karierr“ in der Wissenschaft entscheiden nicht bewusst sein dürfte. Ich beispielsweise, gerate auch im Moment ziemlich schnell zu der erkenntnis, dass es vermutlich doch eine gute idee ist, sich bei der Lebensplanng deutlich eher in richtung einer Arbeitsstelle in der Industrie zu orientieren, obwohl ich erste eine Universitätslaufbahn im sinn hatte.
Das ist auch das Problem, warum die besten Köpfe in die Industrie gehen. Da sind die Ausstattung, die Bezahlung und die Jobsicherheit mittlerweile besser, als an den meisten Universitäten.
Traurige Realität …. =(
@Alice: mit Eigeninitiative der Wissenschaftler meine ich zunächst, dass man lernt, Nein zu sagen, bis hier hin und nicht weiter — mit allen Konsequenzen.
Dann ist die Position meist gar nicht mal so schlecht.
@Markus:
Und das passiert eben nicht. Das erfährt man vor allem als „passionierter“ Nein-Sager selbst von Kollegen. Wenn man sich über irgendwas beschwert kommt sehr häufig nicht ein „ja, hast ja Recht“, sondern meist ein „ach was, von dem Geld kann man doch toll leben!“ oder andere Sachen wie oben angesprochen wie „wir dürfen ja den ganzen Tag tun was uns Spass macht“ etc. ppp.
Ich hab oft das Gefühl viele Wissenschaftler interessiert es überhaupt nicht ob was geändert wird. Man jammert ein bisschen, tut aber nichts, vor allem nicht an höherer Stelle (gejammert wird nur bei den Kollegen, aber ja nichts zum Chef oder höher durchdringen lassen!). Erst dann kommt der grosse Aufschrei wenn plötzlich mal jemand selbst betroffen ist, z.B. weil die Stelle ausläuft und doch keine permanente Stelle da ist, man aber leider schon Mann und 2 Kinder hat, die man nicht einfach mal so in ein anderes Land versetzen kann.
Da fällt mir ein dass ein Punkt hier noch gar nicht angesprochen wurde. Nämlich was macht eine Frau in der Wissenschaft mit solchen Verhältnissen, wir können nämlich nicht warten bis man 40 oder 45 ist und eine feste Stelle hat, dann ists vorbei mit der Familienplanung. Und mit einem 1-2 Jahresvertrag, manchmal auch noch ohne soziale Absicherung (und damit Recht auf Auszeit), wie soll man da eine Familie gründen?? Ist schon vorgekommen dass eine Frau deswegen keinen neuen Vertrag bekommen hat mit der Begründung „wir finanzieren doch keine Auszeiten“.
Hm, bin ich hier in dem thread grade die einzige Frau??! Hallo, mitlesende Wissenschaftlerinnen, wo seid ihr?! 🙁
Siehe auch:
@Chris: Selbstverständlich denkt so mancher Wissenschaftler über Zusammenschluß oder gewerkschaftliche / gewerkschaftsähnliche Aktivitäten nach – die Kommentare sprechen hier auch eine deutliche Sprache. Doch wie schon ausgeführt, ist der Druck immens. Das Wissenschaftssystem ist wie eine Pyramide: Unten, wo die meisten Leute arbeiten (Doktoranden / PostDocs) ist die Abhängigkeit von den Peers am größten. Mein Doktorvater hat uns z. T. nur Dreimonatsverträge gegeben. Was meinst Du wie schnell man vom Fenster weg sein kann, ohne Vertrag oder mit schlechter Beurteilung?
Es wäre schön, wenn die Welt anders wäre, aber die deuschte Forschungsgeschichte zeigt IMHO, das Lösungen für die Probleme von Wissenschaftlern selten sind und eher von der Politik als aus der Wissenschaft kommen.
Was ist mit der Möglichkeit einer Online-Petition? Solcherlei Dinge haben in der jüngeren Vergangenheit machmal Erfolg gehabt. Das Problem hierbei liegt in der föderalen Struktur der Hochschulzuständigkeit. Mich prickt das Thema so sehr, das ich schon aktiv werden möchte – wie schlägt man aber den Bogen vom Bund zu den Ländern?
Meiner Einschätzung nach ist der Weg über die Politik (sozusagen als Top-Down-Ansatz) nicht erfolgsversprechend, weil man zu vielen verbohrten Menschen auf den Schlips tritt. Dummerweise allen zuvorderst der wunderbar inkompetenten Gewerkschaft Verdi, die ja für sich das Monopol für den öffentlichen Dienst in Anspruch nimmt. Erinnert Euch mal dran, was der Marburger Bund an juristischen Schlachten zu schlagen hatte, bis er als legitime Vertretung der Ärzte anerkannt wurde. Leider grassiert in Reihen von Verdi der Sozialneid.
Was aber funktionieren könnte, wäre eine Lobbyarbeit bei den großen Wissenschaftsfinanzierern: wenn man es schaffen könnte, die DFG (oder die Deutsche Krebshilfe oder wen auch sonst noch) davon zu überzeugen, grundsätzlich Vollzeitarbeit mit Vollzeitgehalt zu vergüten und die Vertragslaufzeiten den Projektlaufzeiten anzupassen, dann wäre viel gewonnen. Immerhin sagt die DFG mittlerweile öfters 75%-Stellen zu.
Außerdem muss auch aus den Promotionen das Erpressungspotential raus.
Die Unis müssen ihrerseits den Mut aufbringen, Leute unbefristet anzustellen. Es ist eh ein Privileg, dass die sich auf die Projektlaufzeiten rausreden dürfen: in der freien Wirtschaft würde ein Unternehmen vor jedem Arbeitsgericht krachend verlieren, wenn es die Leute hintereinander auf befristete Stellen setzte. Bei denen ist die Finanzierung Teil des unternehmerischen Risikos. Und mal im Erst: eine betriebsbedingte Kündigung ist auch dann noch drin – also werden sich die Forscher schon auch auf festen Stellen um Drittmittel bemühen.
@Alice Ich fürchte ja auch, dass die Masochisten als Wissenschaftler einen Selektionsvorteil haben und einige die Situation gut so finden. Vereinzelt tragen sie vielleicht auch ein Cilicium unter dem nicht mehr existierenden Talar.
Forschung wird dadurch wohl nicht wirklich besser, zumal der Rest verbittert ist. Es soll dann noch die verbitterten Masochisten geben, von denen hörte ich.
Letztlich steht dies jedem frei. Nur wenn man eben mit Arbeitslosengeld weiter an der Hochschule forscht oder sonst wie den Rechtsrahmen überschreitet oder zulässt, dass andere ihn überschreiten (Nötigungen aussprechen, die man schluckt etc), dann hört es eben auf. Dort ist nichts geringeres als Zivilcourage gefragt. Und das von den Menschen, die den höchsten Bildungsstand haben. Das scheint nicht zu korrelieren!
Sollte ein Wissenschaftler nur eine halbe Stelle bekommen und auch nur halb dafür arbeiten, damit zufrieden sein, weil er privat noch eine Dissertation oder ein Lehrbuch schreibt oder sonst was macht, ist das letztlich in Ordnung.
Die Frage ist natürlich, ob es nicht zu oft zu einer fragwürdigen Verquickung der bezahlten Arbeit (z.B. Drittmittelforschung) mit der Dissertation kommt. Die Grenze ist fließend. Ich kann nur abraten eine Auftragsarbeit statt eines eigenen Gesellenstück als Dissertation anzufertigen. Danach hat man nämlich immer noch kein eigenes Profil sondern nur zwei Buchstaben.
Willkommen bei der Bundeswehr. Es ist leider nicht nur in eurer Profession das Problem. Bei uns schaut es nicht anders aus und wo das hinführen –>kann<-- zeigen wir ja recht deutlich.
Ich hatte keine Ahnung, dass es so schlimm um unsere Unis und die Wissenschaft bestellt ist. Ich kannte nur immer die selbstherrlichen BWL-Profs bei uns an der FH. Da scheint es wohl anders zu laufen.
Hmm. Ich weiß jetzt gar nicht, was ich dazu sagen soll. Sehr traurig und beschämend für Deutschland.
Jedenfalls vielen Dank für den erhellenden Artikel!
Und viel Erfolg mit der Schreiberling-Karriere.
Da kam mir die Auto-Vervollständigung beim Namen in die Quere. m(
Hab zur Unterstützung mal das neue 2012er Buch geshoppt, auch wenn ich nicht an den Weltuntergang glaube 😉
Beste Grüße,
Matthias
Supi, frag mich gerade, warum ich eigentlich zuende promovieren sollte.
@all: Skeptis gegenüber der Politik in diesem Feld ist wahrlich angebracht, denn Hochschulpolitik erlebt kaum konstantes Interesse. Andererseits müsste für die Umsetzung mancher hier genannter Forderung das Hochschulrahmengesetz (HRG) geändert werden. Wie soll das ohne Druck auf den Bundestag geschehen? Wie kann man diesen am effektivsten ausüben?
@Alice: Eine gute Freundin von mir meinte einmal ganz zynisch, ohne gut verdienenden Mann (außerhalb der Wissenschaft) sei Wissenschaft+Familie für Frauen nicht zu machen. Sie gehört mittlerweile zu den vielen verdammt guten Leuten (nicht nur, aber häufig Frauen), die leider aus der Wissenschaft ausgestiegen sind, während Leute zweifelhafterer Qualifikation drin bleiben.
Deine Frage, wie Familie und Wissenschaft unter einen Hut zu bringen sind, kann im Grunde niemand ehrlich und guten Gewissens beantworten. Meine Frau und ich haben auch lange gewartet und erst jetzt – mit glücklich gefundenen Stellen ausserhalb des akadem. Betriebs – den Schritt gewagt. Männern, die sich nicht nur alibihaft um ihre Kinder kümmern wollen, haben in unserer Gesellschaft auch viele Probleme – aber Laborwissenschaft und selber um Kinder kümmern schließen sich IMHO aus.
Und wenn Du und andere jetzt über ein patriachales System schimpfen würdet – ihr hättet recht. Und damit wären wir u.a. wieder beim von Markus Dahlem beschriebenen Masochismus …
@Mafi: Um einen schönen Job in der Wirtschaft zu bekommen?
@CM: Laborwissenschaften und Kinder (gerne auch mehr als eins) schliessen sich nicht aus. Die Gesellschaft (und damit auch die Chefs in den Laboren) müssen halt nur bereit sein, das auch zuzulassen und entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Warum geht das in Skandinavien (wo ich im Moment bin) realtiv problemlos, während es in Deutschland so sehr ein Problem ist?
@all:
Christian von Frischer Wind nebenan hat ja die Diskussion schon aufgegriffen und einen Vorschlag an die neue Bürgerdialogplatform geschickt (ist übrigens gerade Top 2 unter „wie wollen wir lernen“!!).
@CM:
1. Für manche Dinge muss das HRG gar nicht geändert werden, manche Dinge sind einfach komplett gegen deutsches Gesetz und ich wundere mich schon lange wie die Institute da herumkamen. Eine Sache, die mir besonders misfällt, sind die oben schon einmal angesprochenen Stipendien“verträge“, die Doktoranden und Postdocs weniger Rechte gibt als jedem Hartz IV Empfänger. Ich kenne mich mit den genauen Gesetzen nicht aus, aber z.B. fehlender Mutterschutz oder kein Recht auf Urlaub und Fehlen jeglicher Sozialversicherung verstösst gegen bestimmt einige deutsche Gesetze. Wenn Hartz IV Empfänger schon als Bürger 2. Klasse gesehen werden, dann sind solche „Stipendiaten“ Bürger 3. Klasse!
Abgesehen davon sollte man der Regierung mal stecken, dass durch diese Praxis von offentlich geförderten Institutionen (!) dem Land Millionen von Steuereinnahmen fehlen. Nun gut, man könnte argumentieren, das Geld kommt ja eh aus öffentlichen Mitteln und geht dahin wieder zurück, obwohl bei manchen MP Instituten bestimmt auch ein Teil des Geldes aus privaten Firmen kommt.
2. Wie schon Michael angesprochen hat, Familie und Wissenschaft sind nur scheinbar unvereinbar in D. Und das ist nicht mal ein Problem in der Wissenschaft (ich würde mal sagen dass es in der Wissenschaft noch besser ist als mit 2 Vollzeitjobs in der Industrie!), sondern ein Problem in Deutschland. In keinem anderen europäischen Land geht es dermassen frauen- und kinderfeinlich zu wie in Deutschland. Die Dinge ändern sich langsam, aber D fängt jetzt erst da an, wo andere Länder vor 20 Jahren schon waren, das seh ich an meinen Freundinnen, die grade alle Kinder bekommen aber eben nicht mehr komplett ihren Beruf aufgeben, sondern das Kind mit 1 Jahr in die Krippe schicken.
Ich selbst bin da wohl familiär „vorbelastet“ im positiven Sinne. Meine Mutter war vor 30 Jahren wohl einer der ersten „Telearbeiterinnen“ mit homeoffice (zwar nur Teilzeit, aber trotzdem), obwohl sie es gern anders gehabt hätte (behauptet sie inzwischen). Ein Heimchen am Herd als Mama ist mir also komplett fremd.
In Skandinavien z.B. diskutiert schon lange niemand mehr solchen Schwachsinn wie dass Kinder bis 3 Jahre unbedingt die Mutter ganztägig brauchen, sonst bekommen sie psychische Schäden. Als die Diskussion in D anfing, war ich gerade in DK wo solche Dinge vor 20-30 Jahren diskutiert wurden und dachte mir, aha, die Studenten in meinem Kurs müssen also gemäss dieser Theorie alle einen Dachschaden haben (hatten sie natürlich nicht).
Mein eigener Doktorvater in DK ist das Beispiel par excellence dass 2 Karrieren in Skandinavien überhaupt kein Problem sind. Seine Frau arbeitet Vollzeit als promovierte Biologin in einer grossen Pharmafirma, die feste Stelle hat sie dort bekommen als sie gerade mit dem 1. Kind schwanger war (!). Er selbst ist inzwischen Professor, arbeitet auch Vollzeit und beide kümmern sich gleich um die inzwischen 2 Kinder.
Dazu passt auch der Artikel hier: https://www.theatlantic.com/business/archive/2012/01/the-23-best-countries-for-work-br-life-balance-we-are-number-23/250830/#slide23
wobei ich mich frage wo in Norwegen und DK die 20-25% Frauen sind, die nicht arbeiten. Das müssen die Frauen von Ausländern sein, die keine Arbeit bekommen, ansonsten ist das nämlich total out bzw. komplett out of discussion!
Hey,
@Alice schrieb
Das ist ziemlich unschön. Der Bürokratenapparat kann so richtig hässlich sein, alleine wird das nicht einfacher und Arbeitsrechtliche Streitereien sind meistens unglaublich zermürbend.
Leider tut sich da auch der deutsche Staat nicht gerade gut hervor, da läuft man oft gegen Beton.
@noch’n Flo schrieb:
Bist du des Wahnsinns?! Das ist der UNTERGANG der deutschen Wirtschaft und des Abendlandes mit dazu!
@CM schrieb:
Das sind diese üblen Strukturen die man im ÖD (und genug freien Firmen) leider zuhauf findet, wir sind uns wahrscheinlich einig das die zuerst aufgebrochen werden müssen um wirklich was ändern zu können. Allerdings geht das wahrscheinlich mit einem „Machtverlust“ der Professoren einher, das wird sicher lustig…
Ich frage mich aber sowieso wie es sein kann, dass hier befristete Verträge dauernd verlängert werden und soziale Absicherung die Pflicht ist einfach so umgangen werden kann. Wie MoritzT richtig sagt, das könnte sich ein Unternehmen nicht leisten ohne vor jedem Arbeitsgericht zu verlieren und dann zahlen zu müssen.
Das sind Zustände die ich in der Zeitarbeit nicht so übel mitbekommen habe, zumal ich damals noch als Facharbeiter mehr Geld bekommen habe als so mancher Postdoc.
Ich denke das diese Zustände an die Öffentlichkeit müssen, ich denke nämlich nicht das viele Menschen davon was wissen.
@Chris:
Allerdings geht das wahrscheinlich mit einem „Machtverlust“ der Professoren einher, das wird sicher lustig…
Ich frage mich auch, warum Leute, die einst dieselben Probleme hatten es nicht besser machen sondern eher noch schlimmer wenn sie selber mal oben sind. Seh ich leider auch bei Freunden die jetzt schon „oben“ sind (in der Wirtschaft natürlich), die behandeln ihre Mitarbeiter auch nicht besser als sie damals behandelt wurden. Späte Rache..?!
Noch so ein Grund warum ich unter derzeitigen Verhältnissen nicht nach D zurück möchte. Falls ich dort mal meine eigene Gruppe hätte, ich könnte und würde nie einem Doktoranden nur 1/2 Stelle zahlen, das geht gegen mein Gewissen. Leider verdammt einem z.B. die DFG dazu.
Ich denke das diese Zustände an die Öffentlichkeit müssen, ich denke nämlich nicht das viele Menschen davon was wissen.
Das stimmt, hat aber natürlich auch damit zu tun, dass Wissenschaftler nur einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung ausmachen. Viel schlimmer finde ich da aber die Einstellung vieler Wissenschaftler selber, dass ihre Situation ja gar nicht so schlimm sei (diverse Kommentatoren hier mal ausgenommen). Aus irgendwelche fadenscheinigen Motivationen lassen sich Wissenschaftler ausbeuten zu Tarifen und Konditionen mit der man nicht mal eine Putzfrau hinterm Ofen hervorlocken könnte!
Da muss ich auch mal Florian selbst kritisieren in dem anderen Text von gestern (sorry Florian!!) wenn Sachen gesagt werden wie dass man von 1600€ ja ganz gut leben könne. Vielleicht KANN man davon in Jena LEBEN, aber niemand mit Doktor würde ansonsten in einem Beruf, für den man noch dazu 100% qualifiziert ist, auch nur einen Finger rühren! Wenn natürlich jeder akzeptiert für sowas 60h und mehr zu schuften, muss man sich nicht wundern dass sich nichts ändert. Das erinnert mich immer an meinen Orgellehrer, der mich ermahnt hat, ja nie irgendwelche Schrottarife mancher Pfarreien für die sonntägliche Orgelbegleitung zu akzeptieren, weil man damit ja nur den Markt kaputtmachen würden. Recht hatte er!
Ich weiß gar nicht, wem ich hier zu erst antworten soll, daher schreib ich allgemein meine Sichtweise dazu mal auf.
Eigentlich müsste ich gerad noch weiter für eine Klausur lernen, aber irgendwie ist euer Thema sehr spannend.
Denn es sagt ja doch viel über unsere momentane Lage der Bildung in Deutschland aus.
Zum einen wird die Bildung auf niedrigster Ebene, wie dem Abitur immer elitärer und muss teuer bezahlt werden und zum anderen setzt man sich mehr als 5 Jahre auf den Hosenboden um möglichst zwei akademische Abschlüsse zu erreichen und es scheint nichts wert zu sein?!
Für mich ist das Problem ein großes gesellschaftliches Problem!
Irgendwie habe ich das Gefühl, ich Dtl. gehen immer mehr Werte verloren, vor allem da wo nicht viel Bildung vorhanden ist und aber auch dort, wo Bildung da ist, aber die allgemeine Ignoranz/Faulheit/Desinteresse herrscht.
Es müsste mal wieder einen Bildungsstreik geben, wie es ihn schon einmal gab!
Es müsste auch mal wieder ein Demo für mehr Miteinander/Respekt/Toleranz geben!
Und natürlich Transparenz darüber, an wen ich mich wenden kann, der Entscheidungsmacht hat, wenn es diese wirklich noch geben sollte in unserer Demokratie!
Es wird zu viel Wert auf Wirtschaftlichkeit gelegt, dass im Bereich Forschung&Entwicklung viel Geld in Entwicklung gesteckt wird ohne vorher mal geforscht zu haben!
Förderer, wie schon erwähnt wurde, müssten mehr ins Boot genommen werden, denn von diesen sind die Institute letzlich abhängig!
@ALice: „Da muss ich auch mal Florian selbst kritisieren in dem anderen Text von gestern (sorry Florian!!) wenn Sachen gesagt werden wie dass man von 1600€ ja ganz gut leben könne. Vielleicht KANN man davon in Jena LEBEN, aber niemand mit Doktor würde ansonsten in einem Beruf, für den man noch dazu 100% qualifiziert ist, auch nur einen Finger rühren! „
Stimmt schon, verglichen mit anderen Berufen ist das lächerlich. Aber in meiner damaligen Situation (davor hatte ich 800 € verdient) war das viel. Als Single, der in ner WG wohnt, sind 1600 € eine ganze Menge (auch wenn das Gehalt die jahrelange Ausbildung nicht wirklich rechtfertigt).
@Alice
Immerhin hat die DFG seit 2011 die Doktorandenstelle auf 65% E13 erhöht, es waren sogar 75% im Gespräch das wurde aber zu teuer ;-(.
Mal ehrlich gesagt, mit einer halben Stelle kam ich gut zurecht, sogar in Hamburg, das Postdoc Gehalt war ebenfalls mehr als ausreichend, allerdings immer nur auf eine Person bezogen, meine Freundin hat das Gleiche verdient. Als dann ein Kind dazukam wurde es tatsächlich knapp, ein Gehalt erstmal weg usw. Ich denke das größte Problem ist und bleibt, dass es einfach zu wenig Perspektive für junge Naturwissenschaftler gibt, da nahezu keinerlei Mittelbau an den Unis mehr existiert. Und nochmal ehrlich, ich studiere doch keine Naturwissenschaft, um damit hinterher reich zu werden, das fände ich ein wenig blauäugig. Für mich war die Entscheidung nie vom Geld abhängig, natürlich ist es trotzdem ungerecht, dass in anderen Sparten Doktoranden bereits ganze Stellen bekommen oder generell mehr verdient wird, ich gebe hier nur meine persönliche Meinung dazu wieder.
@FF, Adent:
Genau so Leute wie euch mein ich! Sag mal, welcher Gehirnwäscher hat euch über Jahre eingepflanzt dass 1100€ für einen Universitätsabsolventen oder 1600€ für einen mit Doktortitel auch nur im entferntesten irgendwas mit angemessener Entlohnung zu tun hat?!? Ich muss da erst keine grossen Nachforschungen anstellen um zu wissen dass ich von meiner Abiturklasse abgesehen von den gerade nicht arbeitenden Müttern eindeutig die mit dem niedrigsten Lohnniveau bin (aber nur eine von 2 mit Doktortitel, ausser den Ärzten, die zählen nicht 😉 )!
Wegen solcher Leute weiss ich auch wieder warum ich es leid bin für Wissenschaftler überhaupt zu kämpfen, wenn einem dann sowieso wieder jemand in den Rücken fällt. Ich bin auch nicht Wissenschaftler geworden um REICH zu werden aber es ist verdammt noch mal ein riesiger Unterschied zwischen „reich“ und „gerade mal über Hartz IV Niveau“ (das sind halbe Doktorandenstellen nämlich!) bzw. „im unteren Lohnniveau“! (Postdocs) Und nein, ich finde auch nicht, dass man mit 30 so wenig verdienen sollte dass man noch in einer WG leben muss (wer’s will, kann das gerne tun, aber zwingt nicht alle anderen zu eurem Lebensstil!).
Warum hat in Skandinavien niemand so eine falsch-demütige Einstellung?? Und aus meiner ehemaligen Gruppe in DK kommen übrigens jedes Jahr eine Reihe verdammt gute Doktoranden raus, die alle ohne Probleme eine Stelle bekommen, und wir hatten alle VOLLE Stellen mit kompletter Sozialversicherung (welch Luxus! von dem Luxus leb ich übrigens heute noch, sonst hätt ich gar kein Auto)!
Wenn wir irgendwas in der Wissenschaft bewegen wollen, dann müssen wir zusammenhalten. „Nicht so schlimm“ oder „Es geht eh irgendwie“ ist da absolut kontraproduktiv! Wir müssen schon bei den Doktoranden ansetzen und nicht erst bei dem 45-jährigen, die nach jahrzehntelanger Befristung keine Ahnung haben wie sie ihre 4-köpfige Familie noch durchfüttern sollen (wie man von einem Postdoc-Drittmittelstellengehalt in München eine ganze Familie durchfüttern soll ist mir eh schleierhaft). Und das ganz grosse Geschrei kommt dann wenn wir alle mal in die Rente gehen, wer vorher nicht einige Jahre ein ordentliches Professorengehalt hatte, der ist dann wirklich auf Hartz IV Niveau, und selbst mit Professorengehalt kann das noch passieren, weil niemand von uns 35 Jahre rentenversichert vorweisen kann mit all den ausländischen Postdocs u.ä.
Leute, hört mal mit eurer „es ist eh ganz ok“ Haltung auf die euch irgendjemand oder die Wissenschaft über Jahre eingepflanzt hat. Geht mal aus eurem Kokon raus und schaut nach draussen, da siehts nämlich anders aus!
@Alice:
ad 1) Das HRG zu ändern reicht alleine nicht. D’accord. Aber es ist ein wesentlicher Baustein. Hier denke ich insb. an die Befristungsregelungen, die vielleicht nicht völlig verkehrt sind, aber im hier diskutierten Sinne, angepasst werden müssten.
Die Sache mit den Stipendien sehe ich eigentlich genau wie Du – ich hatte bloß erst nicht daran gedacht. Im Grunde weiß ich nicht, wie man da vorgehen könnte: Wie soll ein Empfänger (und der müßte es nach deutschem Recht sein) dagegen wegen Sittenwidrigkeit klagen? Erst wenn manche Stipendien nicht mehr attraktiv sind, müssen Stiftungen reagieren – und damit wären wir wieder bei den Arbeitsbedingungen. Und was DFG und BmbF zu zahlen bereit sind, ist durchaus Sache des Bundestages – der sich leider nicht damit befassen möchte … womit man bei einer evtl. Petition wäre.
ad 2) Ich möchte eigentlich jedes Wort unterstreichen. Nur: Eine zweistellige prozentualen Abbruchquote bei deutschen Dissertationen ist durchaus ein „akademisches Verhütungsmittel“ für die Betroffenen (was Ausnahmen nicht ausschließt). Mal abgesehen von der Arbeitszeit: Also ich habe mir vor Jahren erlaubt meine Messungen von 5 Uhr morgens bis 11 Uhr Abends zu planen (ein paar Wochen am Stück, mit anschließender Zeit-Kompensation). Heute ginge das nicht mehr.
Auch hier ist es durchaus ein Problem von Wissenschaftlern, auch wenn das nicht alles erklärt, s.o., wie Du gut ausführst.
@CM:
zu 1) Mit dem HRG hast du bestimmt recht (auch wenn ich selbiges nicht genau kenne, wie gesagt, ich hab fast meine gesamte Karriere im Ausland verbracht, unterm HRG war ich nur zu Studienzeiten als Hiwi). Die Befristungsregelungen müssen geändert werden, das wurde nun aber schon versucht und rausgekommen sind diese 12-Jahresregeln u.ä. Unsinn, das die Universitäten dann einfach als gutes Mittel ansehen, die Leute rauszuwerfen statt ihnen eine feste Stelle zu geben (in jedem anderen Betrieb ausser vielleicht bei den Beratern würd es sich eine Firma nie leisten, jemanden, den sie mehr als ein Jahrzehnt ausgebildet hat, einfach rauszuwerfen, was das für ein Verlust an Know-How ist!). Das Problem ist da ein relativ deutsches, nämlich dass es eben unterm Professorlevel keine Stellen gibt und auch kein wirkliches tenure wie anderswo, da muss zuerst angesetzt werden.
Abgesehen davon sehe ich auch bei den Befristungsregeln schwarz, da gabs doch vor kurzem ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (?) wo jemand in der Wirtschaft auf Festanstellung nach vielen Jahren befristeten Verträgen in ein und derselben Firma geklagt hat und die hat nicht Recht bekommen 🙁
Auf die Sache mit den Stipendien bin ich auch erst aufmerksam geworden durch einen guten Freund an einem MP Institut (selbst Ausländer) und wir haben uns da schon mehrfach drüber unterhalten. Auch darüber dass leider die meisten seiner Kollegen mit ihrem Job und ihren Bedingungen super zufrieden sind (*HändeüberdemKopfzusammenschlag*). Andererseits hat sich dieses Jahr in seinem Institut auch eine ausländische Doktorandin umgebracht (hatte familiäre Gründe, die wohl aber auch bedingt waren dadurch dass sie ihre Familie nicht mal einfach so besuchen fliegen konnte, wer kann sich schon ein Überseeticket von einer halben Stelle leisten, gell!).
Die DFG unterstützt oder unterstützte zumindest auch diese Art von Verträgen. Ein Freund hat in seiner Gruppe und bei der DFG auch erst vor kurzem durchgesetzt dass Doktoranden nur noch richtige Verträge bekommen, ausgelöst dadurch, dass eine Doktorandin bei ihnen schwanger wurde und plötzlich alle realisierten, dass sie jetzt ohne grundlegende Mutterschutzrechte dasteht. 😮
zu 2) Wie gesagt, ich denke nicht, dass man damit genau die rauswirft, die für eine akademische Karriere nicht geeignet sind. Man wirft eher die raus, die nicht bereit sind, sich versklaven zu lassen.
Natürlich ist ein Job in der Wissenschaft kein 9-5 Job und man muss sich extrem reinhängen, müssen andere am Anfang ihrer Karriere ja auch. Nur bei uns wirds halt lange oder nie besser (incl. Gehalt). Ich hab auch überhaupt kein Problem damit lange oder nachts zu arbeiten für die Freiheit eben zu arbeiten wann ich will. Wir GRB-Astronomen arbeiten auch oft nachts, dann wenn eben die Teleskope GRB Afterglows beobachten können, und bei uns heisst es schnell sein, nicht nur für die Konkurrenz, sondern auch um Nachfolgebeobachtungen zu planen. Nach einer durchgearbeiteten Nacht geht natürlich niemand morgens ins Büro, bringt ja auch nix.
Für Freiheit in der Arbeit und spannende Dinge bin ich gern bereit, viel zu tun. Man muss aber auch irgendwo eine Fortschritt sehen oder eine Zukunft haben, was in meinem eigenen Leben schon lange nicht mehr der Fall ist (finanziell habe ich sogar seit meiner Doktorarbeit einen Rückschritt gemacht). Mag ja Leute geben, die selbst unter miserabelsten Bedingungen noch produktiv sind, bei mir gehts halt gar nicht. Ich denke aber nicht, dass ich wegen dieser Einstellung eine schlechte Wissenschaftlerin bin.
@Alice: Exakt so. Halbe Stellen für Doktoranden anzubieten, würde sich hier niemand trauen, schlicht und einfach, weil davon niemand leben kann. Und sich darauf dann auch niemand bewirbt.
@Alice: „Genau so Leute wie euch mein ich! Sag mal, welcher Gehirnwäscher hat euch über Jahre eingepflanzt dass 1100€ für einen Universitätsabsolventen oder 1600€ für einen mit Doktortitel auch nur im entferntesten irgendwas mit angemessener Entlohnung zu tun hat?!“
Das ist und war mir durchaus immer klar. Aber was tun? Das sind ja alles staatlich festgelegte Tarife. Ich kann den Job und das Geld nehmen. Oder nicht und die Astronomie aufgeben. Das hab ich ja jetzt getan. Damals wollte ich das aber noch nicht.
„Wegen solcher Leute weiss ich auch wieder warum ich es leid bin für Wissenschaftler überhaupt zu kämpfen, wenn einem dann sowieso wieder jemand in den Rücken fällt.“
Tut mir leid das du das so siehst.
„arum hat in Skandinavien niemand so eine falsch-demütige Einstellung?? „
„Leute, hört mal mit eurer „es ist eh ganz ok“ Haltung auf die euch irgendjemand oder die Wissenschaft über Jahre eingepflanzt hat.“
Äh.. dir ist schon aufgefallen, dass ich in meinen Blogartikel regelmäßig die (schlechten) Arbeitsbedingungen der Wissenschaftler thematisiere?
Ich versteh ehrlich gesagt nicht wirklich, warum du mich jetzt so anmotzt? Ich habe damals einen Job angenommen, der mit 1600 netto bezahlt war. Das war der staatlich festgelegte Tarif. Ich hab den Job angenommen, weil es der Beruf war, den ich unbedingt machen wollte. Ich hatte nicht vor, jemanden „in den Rücken zu fallen“ oder irgendein fieses System zu zementieren. Ich war Astronom und wollte als Astronom arbeiten. Nicht mehr und nicht weniger.
@FF:
Wenn du meinen Kommentar mal durchliest dann geht es nicht darum, dass du für dich entschieden hast, für den Betrag arbeiten zu wollen. Ob die staatlichen Tarife gerecht sind oder nicht ist auch noch eine andere Frage (meine Antwort dazu ist nein und die Antwort dazu Doktoranden auf eine halbe Stelle zu setzen, die ja so eigentlich völlig der Beamtentarifregelung widerspricht, ist sowieso nein). Meine Kritik bezieht sich darauf, dass Wissenschaftler überall und meistens als allererstes BETONEN dass sie von ihrem Gehalt ja „ganz gut“ oder „ok“ oder irgendwas leben können. Praktisch als allererste Rechtfertigung. Und ja, damit fällt man jeglichen Bemühungen, daran etwas ändern zu wollen, in den Rücken. Wenn niemand aufsteht und sagt, so, mir reichts, von dem Geld kann und will ich nicht leben und diese Arbeitsbedingungen mach ich nicht mehr mit, dann passiert auch nie etwas.
Seinen Job einfach so anzunehmen ist auch eine Art ihn zu akzeptieren. Bist du mal zu deinem Chef gegangen und hast gesagt, du findst, du verdienst zu wenig oder arbeitest zu viel? Ich arbeite derzeit für noch weniger, aber ich rechtfertige es nicht, ich hasse mich täglich dafür und gibt praktisch keinen Tag, wo ich mich nicht irgendwo bei irgendjemandem darüber beschwere. Und ich versuche mitzuhelfen, an der Situation von Leuten sowohl hier in Spanien als auch anderswo etwas zu ändern. Natürlich mach ich mich dadurch extrem unbeliebt und zerstöre vielleicht auch meine eigene Karriere damit. Dafür kann ich mich morgens noch im Spiegel ansehen.
Wie schon oft angesprochen, Zivilcourage ist gefragt! Nicht rumsitzen und akzeptieren, und da kann jeder was tun! Leute die akzeptieren was mit ihnen geschieht sind da extrem kontraproduktiv.
Ich wollte dich auch nicht anfeinden und bestimmt nicht persönlich! Du hast dich ja auch entschieden aus dem Rad auszusteigen und ich hoffe, deine Karriere als Wissenschaftsvermittler wird besser verlaufen und dir mehr einbringen (auch mehr Zufriedenheit) als eine Wissenschaftskarriere. Ich denke auch, du bist da auf einem guten Weg und hast gute Vorarbeit betrieben mit deinem Blog. Alles was mir aufgestossen hat war die Implikation dass ein postdoc Gehalt irgendwie „ganz gutes Geld“ war (ehrlich, „ganz gutes Geld“ ist das was ein promovierter Physikerfreund jetzt bei einer Versicherungsgesellschaft bekommt!).
@ALice: „Meine Kritik bezieht sich darauf, dass Wissenschaftler überall und meistens als allererstes BETONEN dass sie von ihrem Gehalt ja „ganz gut“ oder „ok“ oder irgendwas leben können“
Ich hab damals 1600 Euro bekommen und konnte davon gut leben. War nun mal so. Das ich mit mehr Geld besser leben hätte können und meine Arbeit mehr Geld Wert gewesen wäre ist ne andere Geschichte.
„Bist du mal zu deinem Chef gegangen und hast gesagt, du findst, du verdienst zu wenig oder arbeitest zu viel?“
Ja.
„Und ich versuche mitzuhelfen, an der Situation von Leuten sowohl hier in Spanien als auch anderswo etwas zu ändern“
„Alles was mir aufgestossen hat war die Implikation dass ein postdoc Gehalt irgendwie „ganz gutes Geld“ war (ehrlich, „ganz gutes Geld“ ist das was ein promovierter Physikerfreund jetzt bei einer Versicherungsgesellschaft bekommt!). „
Das hab ich so nirgends gesagt.
Der klassische „Arbeitskampf“ funktioniert hier mMn auch nicht wirklich. Klar ist es wichtig, auf die schlechten Bedingungen hinzuweisen und klar zu sagen, dass sie nicht ok sind. Aber im Endeffekt werden die Wissenschaftler (i.A.) vom Staat bezahlt und die Politiker zahlen deswegen so wenig, weil sie es können. Weil Wissenschaftler keine Lobby haben. Jetzt sich nur aufs „meckern“ zu verlegen, bringt da nicht wirklich was. Da springt höchstens die Öffentlichkeit ab: „Wie? Ihr Wissenschaftler hockt eh nur den ganzen Tag im Büro und macht keine echte Arbeit. Und wenn, dann quält ihr Tiere oder baut Bomben. Und jetzt wollt ihr auch noch mehr Geld?“. Man muss den Menschen beibringen, das Wissenschaft WICHTIG ist, die Ausbildung lang und nicht trivial und das es sich um eine Arbeit handelt, die angemessen bezahlt werden muss und das sich das auch lohnt. Wissenschaftler brauchen eine Lobby und Rückhalt in der Bevölkerung, dann können sie auch bei den Politkern was erreichen. Aber so wie es momentan aussieht, würden streikende Wissenschaftler die Öffentlichkeit genauso beeindrucken wie streikende Studenten: gar nicht.
Ich habe die gleichen Erfahrungen gemacht. Das größte Problem in dieser völlig zu Unrecht als „Land der Dichter und Denker“ bezeichneten Nation ist m.E., dass wissenschaftliche und überhaupt geistige Beschäftigung gering geachtet wird. Darüber täuscht auch keine Exzellenzinitiative hinweg.
Aber ein noch größeres Problem ist, dass sich die Wissenschaftler nach dem Prinzip der Hühnerstallpolitik gegenseitig mit Intrigen fertigmachen. Jeder junge Nachwuchsforscher wird als potentielle Gefahr gesehen. Die Älteren wollen ungestört in ihrer eigenen Brühe vor sich hin schmoren und dabei nicht von neuen Ideen gestört werden. Daher ziehen sie auch nur junge Wissenschaftler nach, die ihnen garantiert nicht „gefährlich“ werden können – und die tun ihrerseits alles, um sich der gleichaltigen Konkurrenten zu erwehren. In diesem Sinne kann ein sehr guter Abschluß nicht nur keine Empfehlung, sondern sogar ein echtes Problem darstellen.
Speziell für Frauen gilt zudem noch eine ganz spezielle Zusatzanforderung: den ausschlaggebenden Profs zu gewissen Diensten zur Verfügung zu stehen; sie werden dann als „kooperativ“ bezeichnet. Wer das nicht tut, ist ganz schnell weg vom Fenster.
Etwas, was für die gesamte deutsche Gesellschaft gilt, ist die geistige Unbeweglichkeit. Hier gilt die Devise: Bloß keine neuen Denkansätze! Du hast Glück, dass Deine Arbeiten von Verlagen angenommen werden. Ich habe das Pech, gesellschaftskritische Bücher zu schreiben – und da hört man schnell: „Zu heiß!“ Bei mir ist es soweit, daß ich auf wissenschaftliche Betätigung überhaupt keine Lust mehr habe, wird man doch regelrecht dafür abgestraft.
@Angelika Seibel: „. Daher ziehen sie auch nur junge Wissenschaftler nach, die ihnen garantiert nicht „gefährlich“ werden können“
Ja, dieses Phänomen hab ich hier schon mal beschrieben: https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2011/10/freier-forscher-oder-ewiger-assistent.php Anstatt selbständig arbeitenden und denkende Wissenschaftler zu fördern, erzieht man sich immer öfter ewig Assistenten, die dann nur das ausführen, was der Chef sich ausdenkt…
Deutschland, das Land der Neider und Stänker…
Das kommt raus, wenn Politik nur darauf basiert, dass ständig befürchtet wird jemand anderes könnte einen Vorteil haben und alle würden eh nur bescheißen und Böses im Schilde führen. Wenn alles bis ins letzte Detail geregelt und verwaltet wird, dann wird doch alles gut, oder?
Sorry Florian, man hat dich auf der Hauptseite zitiert:
“Es fehlt in Deutschland an vernünftigen Karrieremöglichkeiten für junge Wissenschaftler.”
Und ich wollt‘ nur sagen, du mußt dich wehren, bevor man dich mißdeutet und schubladisiert! Denn wie mir scheint, ließe sich dieser Satz unter einem allgemeinem, bislang nicht bezeichneten Klage-Muster subsumieren… Neulich zum Beispiel haben Frauen darauf hingewiesen, dass es für sie zu wenig gutbezahlte Führungspositionen in Teilzeit gibt!
Ich persönliche finde ja, es gibt zu wenig vakante Stellen im Showbiz oder Millionärswesen.
ich hätte den kommentarstrang lieber nicht lesen dürfen :/
das bild was sich mir darstellt ist so hoffnungs- und trostlos, dass ich mich schon frage, ob das abschließen meines studiums überhaupt einen sinn hat (außer während der masterarbeit an konzepten zu arbeiten die mich interessieren)
@perk: Es spricht niemand gegen eine Karriere in der Wissenschaft. Aber man sollte vielleicht auch wissen, wie die Zustände so sind.
Zuerst: bei uns in der Informatik scheint die Situation nicht so schwierig zu sein. Bei uns in Braunschweig gibt es, wenn auch durch Drittmittel finanziert, quasi nur volle Stellen. Werde vermutlich projektgebunden für 2 Jahre befristet mit einer vollen Stellen die Promotion beginnen. Bisher konnten auch alle Leute ihre komplette Promotionszeit hier durchziehen. Eine halbe Stelle wäre auch kaum zu vermitteln, da die Leute dann vermutlich lieber in die R&D Abteilungen der Firmen gehen würden.
@Florian: es scheint sehr vielen jungen Forschern ein Anliegen zu sein, dass sich die Situation verbessert. Nun ist es vermutlich schwierig ein vollständiges Konzept vorzulegen, aber ich glaube, dass eine Förderung des akademischen Mittelbaus bei den Piraten auf sehr große Resonanz stoßen würde. Wenn du die Muße hast: wäre super, wenn sich was ändert!
Ich denke, zu ändern versuchen sollten die Leute etwas, die gerade aktiv in der Forschung sind und die, die jetzt studieren und eine Karriere sich zumindest in der Wissenschaft vorstellen können. Wenn die nicht die Eier haben, wer dann?
Was den Mittelbau betrifft, gibt es z.B. das Templiner Manifest der GEW.
Ich glaube aber fest, der Schlüssel liegt nicht im Mittelbau auch wen ich mit den Zielen des Templiner Manifest sympathisiere.
Wir brauchen eine akademische Juniorposition die eine vollwertige Mitgliedschaft in der Fakultät bedeutet, also zur Gruppe der Hochschullehrer gehört. Das müssen noch lange keine Professoren sein, sie müssen auch nicht verbeamtet sein, könnten z.B. über E15 im öffentlichen Dienst laufen, aber von ihrer Stellung dürfen sie nicht als Mittelbau angesehen werden. So etwas muss vor allem auf Landesebene und vor Ort an den Hochschulen umgesetzt werden, denn viele Landeshochschulgesetzte bieten bereits Möglichkeiten dazu.
Engagieren kann man sich z.B. in der von Florian erwähnten der Facebook-Gruppe „25% akademische Juniorpositionen„.
Wenn die Piraten hier etwas für sich finden, das wäre gut. Aber Florian vorzuschicken, naja. Er profitiert vielleicht ja wirklich davon, wenn sich doch schnell was ändert und er und andere die Möglichkeit haben, über z.B. eine Lehrdozentur wieder einzusteigen in einen Zug der abgefahren scheint.
Aber noch mehr profitieren die Studenten von heute irgendwann mal davon. Dort muss das Problem ankommen!
@Markus: „Wenn die Piraten hier etwas für sich finden, das wäre gut. Aber Florian vorzuschicken, naja.“
Naja, als Ausländer hab ich in der deutschen Politik sowieso wenig zu sagen…
Na, ich will den Florian auch hier nicht anwerben oder vorschicken, wie auch immer. Es geht ja nur darum, dass man letztlich Leute aus der Praxis braucht, die entsprechende Vorschläge auch einbringen. Also keine Kandidatur, Bekenntnisse zu irgendwelchen Gruppierungen notwendig, sondern ein paar Seiten Papier mit konkreten Vorstellungen davon, wie Forschung an deutschen (und auch österreichischen) Universitäten aussehen kann. Ob du nun deutscher Staatsbürger bist oder nicht, ist egal.
Natürlich kann man das Gefühl bekommen, dass man von einer Gruppe eingespannt wird, deren Ziele man nicht zu 100% teilt. Auf der anderen Seite dürften die Piraten bald in vielen weiteren Landtagen sitzen, so dass das Thema dort behandelt würde. Die Hürden für Anträge sind sehr gering, ne Chance wäre es somit sicherlich wert. Bis auf etwas Zeit hat man nichts zu verlieren, aber wenn der eigene, mitverfasste Antrag ein Stück weit die Welt verändert ist das doch großartig.
Wenn es nur so wäre, wie vom Blogchef dargestellt wurde, dann gäbe es ja noch Hoffnung. Tatsächlich wird doch die wissenschaftliche Exzellenz immer mehr durch Netzwerke ersetzt. Diese Netzwerke finden sich in Österreich in den politischen Parteien.
Wer sich in diese Netzwerke nicht integriert, der wird an den Universitäten ausgeschlachtet bis nichts mehr übrig bleibt. Ideen werden gestohlen, verkauft und in diese Netzwerke eingebracht.
Der junge Wissenschaftler arbeitet immer härter und härter um sich zuletzt zumindest noch die wissenschaftiche Anerkennung für seine Arbeit zu sichern. Wenn er vollkommen erschöpft ist, wird er vertrieben, z.B. nachdem er mehr als 10 Theman für seine Dissertation aufbereitet hat und dann jenen Netzwerken finanziell untelegen ist, die ihn teilweise finanziert haben, und die in Gemeinschaft diese Ergebnisse dann schneller publizieren und auch an entfernteren Orten pubizieren und damit scheinbar und auch real an wissenschaftlicher Exzellenz gewinnen ohne ihre Opfer jemals als Co-Authoren genannt zu haben.
Genau diese Absolventen sind es dann, die eine echte Stütze der Universitäten ausmachen, wenn Korruption als neues Gesellschaftsmodell anerkannt wird.
Die österreichischen Universitäten haben teilweise so viel Geld, dass sie an einer Drittmittelfinanzierung von Forschungsprojekten gar kein Interesse mehr haben. Es geht um Pfründe, die verteidigt werden müssen. Verteitigt gegen den wissenschaftlich exzellenten Nachwuchs, der nicht aus dem eigenen Netzwerk kommt. Im eigenen Netzwerk finden sich dann immer auch Kammeraden, die inteligent genug für die Aufgaben an einer Universität sind um den Schein, genauer das Netzwerk, zu wahren.
Wenn man von der Wissenschaft in die Wirtschaft wechselt, dann heißt das nicht, dass man für immer in Saus und Braus lebt. Ob es der Firma gut geht, kann man nicht beeinflussen und wenns den Bach runter geht, dann ist man ganz schnell wieder draußen. Ein gutes Netzwerk in der Firma ist für Wissenschaftler schwierig, man spricht nicht die gleiche Sprache.
Vorsicht beim Wechseln. Manchmal ist man schneller draußen als man es gedacht hat und man kann leicht zwischen allen Stühlen sitzen.
Halbe Stellen in der Wissenschaft und andere halbe Sachen
„Weg mit dem Lehrstuhlprinzip dafür Diversifikation der wissenschaftlichen Karrierewege“, so lässt sich der Grundtenor aus vielen Diskussionen der fb-Gruppe 25% akademische Juniorpositionen zusammen, den ich nun im Blogbeitrag aus aktuellen Anlass geschrieben habe.
Gäbe es eine solche Diversifikation, würde wahrscheinlich an vielen Universitäten der Bedarf an exzellenten Dozenten — und Florian halte ich für einen, wenn ich mal von seinem Blog in die Lehre extrapoliere — entstehen. Heute ist ein Bedarf an Rückgrat-losen Assistenten mit masochistischer Ader da, die das de jure längst abgeschaffte Lehrstuhlprinzip am Leben halten.