Am 13. April 2023 um (laut Plan) 14.15 MESZ wird die Raumsonde JUICE an Bord einer Ariana 5 von Französisch-Guyana aus ins Weltall fliegen. JUICE ist eine Mission der Europäischen Weltraumagentur ESA und die Abkürzung steht für „Jupiter Icy Moons Explorer“. Damit ist auch schon gesagt, was das Ziel der Raumsonde ist: Die Erforschung der Eismonde des Jupiter.
Jupiter ist nicht nur der größte Planet des Sonnensystems sondern auch Zentrum eines Systems aus (nach aktuellem Stand) 92 Monden. Die meisten davon sind winzige Felsbrocken, aber vier davon haben einen Durchmesser von mehr als 2000 Kilometer. Diese vier Monde wurden schon 1610 entdeckt, von Galileo Galilei, weswegen sie auch „Galileische Monde“ heißen. Der größte der vier ist Ganymed, der mit einem Durchmesser von 5262 Kilometer nicht nur größer als der Erdmond ist, sondern auch noch größer als der Planet Merkur. Ebenfalls größer als der Mond der Erde sind Kallisto (4820 km) und Io (3643 km). Nur der Mond Europa ist mit einem Durchmesser von 3121 Kilometer ein kleines bisschen kleiner als der Erdmond.
Abgesehen davon, dass alle vier sehr große Monde sind, sind sie ansonsten komplett unterschiedlich. Io ist dem Jupiter am nächsten und wird durch die Gezeitenkräfte des Riesenplanetens quasi durchgeknetet und aufgeheizt, weswegen er der vulkanisch aktivste Himmelskörper des Sonnensystems ist. Und damit ist er auch kein „icy moon“ und nicht Ziel der JUICE-Mission. Die konzentriert sich auf die anderen drei der Galileischen Monde: Ganymed, Kallisto und Europa.
Das Hauptaugenmerk der Mission gilt Ganymed, einem enorm komplexen Himmelskörper, den wir problemlos als Planet bezeichnen würde, wenn er nicht gerade um Jupiter kreisen würde. Der Mond hat einen Kern aus Metall, ein eigenes Magnetfeld und sogar so etwas ähnliches wie eine Atmosphäre (wenn auch keine, die mit einer echten, dicken Atmosphäre vergleichbar wäre und atmen könnten wir sie auch nicht). Die Oberflächen der Monde sind natürlich extrem kalt und komplett mit Eis bedeckt. Eis findet sich auch unter der Oberfläche, vermutlich Dutzende Kilometer dick. Aber darunter befindet sich bei Ganymed und Europa mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (und bei Kallisto höchst wahrscheinlich) ein Ozean aus flüssigem Wasser. Die komplexen Details des Aufbaus und der Oberfläche der drei Monde sollen von JUICE erforscht werden und ebenso die Bedingungen unter der Oberfläche. Wir wollen nicht nur mit Sicherheit wissen, dass da Wasser ist, sondern auch wie es da im Detail aussieht. Könnten die unterirdischen Ozeane von Jupiters Eismonden in der Lage sein, Leben zu beherbergen?
Das ist die spektakulärste Frage, auf die JUICE eine Antwort sucht; aber darüber hinaus geht es natürlich vor allem einmal darum, die drei Monde viel besser zu verstehen als bisher. Dafür, dass es so faszinierende Welten sind, wissen wir noch viel zu wenig über sie. In den 1970er Jahren sind die Raumsonden Pioneer 10, Pioneer 11, Voyager 1 und Voyager 2 an Jupiter vorbeigeflogen und haben dabei auch die Monde ein wenig genauer angesehen. Aber es waren eben Vorbeiflüge, die keine ausführliche Erforschung möglich gemacht haben. Das meiste von dem, was wir über die Monde wissen, stammt von der „Galileo“-Raumsonde, die zwischen 1995 und 2003 das Jupitersystem erforscht hat. 2016 kam dann auch noch die Sonde Juno bei Jupiter an, deren eigentliches Ziel aber die Erforschung des Jupiters selbst ist.
Mit JUICE gibt es jetzt erstmals eine Mission, deren Ziel explizit die großen Monde des Jupiters sind. Und es war mehr als Zeit für so ein Projekt! Wir neigen dazu, die vielen Monde im Sonnensystem zu vernachlässigen. Es sind eben nicht einfach nur irgendwelche Felsbrocken; Himmelskörper wie Ganymed, Kallisto und Europa (und natürlich auch die großen Monde der anderen Planeten) sind eigene Welten; genau so faszinierend und komplex wie die Erde, der Mars und die anderen „prominenten“ Planeten. Eine Mission wie JUICE wird unser Wissen über die Geschichte des Sonnensystems massiv erweitern – und vor allem werden wir Welten zu sehen bekommen, die wir so noch nie gesehen haben. Es handelt sich planetengroßen Himmelskörper, die im dauerhaften Einfluss des größten Planeten im Sonnensystem stehen. Es sind Welten, die von ewigem Eis bedeckt sind, unter dessen Oberfläche es aber Ökosysteme geben könnte, die sich von allem unterscheiden, was wir von der Erde kennen.
JUICE wird unser Wissen erweitern – und darüber hinaus Bilder von Welten zur Erde schicken, die nicht nur so spektakulär sind wie in jedem Science-Fiction-Roman, sondern auch noch den Vorteil haben, real zu sein! Es wird leider noch ein wenig dauern, bis es so weit ist. Nach dem Start wird sich JUICE auf einer komplexen Umlaufbahn ausreichend Schwung holen, um dann im Juli 2031 bei Jupiter anzukommen. Aber ich bin mir sicher, dass sich die Wartezeit lohnen wird!
Wo kann man dem Start zusehen?
Nicht ganz so lange müssen wir auf den Start warten. Wenn alles nach Plan läuft, findet er am 13. April 2023 um 14.15 MESZ statt. Man kann sich alles live bei der ESA ansehen; einen Zeitplan der Ereignisse findet man hier. Ihr könnt natürlich auch den Kanälen der ESA und von JUICE auf den sozialen Medien folgen.
Oder ihr wartet ein bisschen. In Folge 76 des Podcasts „Das Universum“ (erscheint am 25.4.2023) werden wir ausführlich vom Start berichten. Evi ist direkt am Europäischen Raumflugkontrollzentrum ESOC in Darmstadt vor Ort und wird zwei Tage lang alles miterleben. Mit wem sie dort gesprochen haben wird; was sonst noch alles passiert sein wird: Das könnt ihr dann in der Podcastfolge von „Das Universum“ anhören – und auch in Evis eigenem Podcast Cosmic Latte (schon früher wird es Liveinfos und Updates auf Twitter und Instagram – hier und hier – geben).
Zur Einstimmung könnt ihr euch auch gerne anhören was meine Podcastkollegin Ruth hier über die Mission erzählt oder hier ein paar mehr Infos über Ganymed.
Bei Wikipedia steht, dass Ganymed möglicherweise aus mehreren Schichten Eis und Wasser besteht. Das heißt, es gäbe dort mehrere Ozeane übereinander! Das find ich ja mal ne crazy Vorstellung. Ich frage mich vor allem (das frage ich mich schon bei einem Ozean mit Eis drüber), warum die Schalen bzw. Schale und Kern nie gegeneinander dengeln, sondern immer einen gleichmäßigen Abstand halten (gerade bei den Gezeitenkräften des Jupiter, da könnte sich einiges aufschaukeln …). Schale und Kern sind ja 2 massive Körper, die sich unabhängig voneinander bewegen können. Es wundert mich, dass diese Systeme so stabil sind.
Tja, die Frage ist ja auch noch, was für ein Eis unter der Oberfläche zu finden. Neben einigen Variationen von Eis I geht von Eis II bis Eis XVI, und neben diesen kristallinen Formen gibt es mindestens fünf amorphe. So ein ungewöhnliches Eis steht (fast sicher) unter hohem Druck und kann heißer sein als Wasserdampf (verglichen mit den üblichen Bedingungen auf der Erde).
(sorry, Florian, dem ersten Versuch fehlte der Ankertext zu Vonneguts Roman)
Aber Vorsicht: wie wir vor 60 Jahren aus Vonneguts Cat´s Cradle lernen konnten, gibts dort entweder gar kein Ice9 oder ausschließlich Ice9.