Im Jahr 2022 werden wir die 500 Kilogramm schwere DART-Raumsonde mit einer Geschwindigkeit von 6 Kilometer pro Sekunde auf einen Asteroid schießen. Nicht weil wir etwas gegen den kosmischen Felsbrocken haben und ihn unbedingt kaputt machen. Und auch nicht, weil das Ding auf Kollisionskurs mit der Erde ist und wir es dringend abwehren müssen. Sondern weil irgendwann ein anderer Asteroid für die Erde gefährlich werden könnte und es dann recht praktisch wäre wenn wir wüssten, was zu tun ist.
Das Thema der Asteroidenabwehr habe ich ja schon oft behandelt. Ein großer Asteroid der auf die Erde prallt könnte enorm dramatische und fatale Folgen haben. Zum Glück kommt so etwas nur sehr, sehr selten vor. Aber wenn es vorkommt, würden wir uns sehr schnell wünschen es wäre nicht vorgekommen. Und zum Glück kann man etwas dagegen unternehmen. Es gibt viele Methoden der Asteroidenabwehr, die vermutlich simpelste besteht aber darin einfach etwas auf den Asteroid zu schmeißen. Dadurch kann man seine Geschwindigkeit erhöhen oder verringern was die Bahn verändert und ihn von einem Kollisionskurs abbringt.
Dinge auf andere Dinge zu werfen klingt nach keiner großen Aufgabe. Dinge auf andere Dinge im Weltraum zu werfen ist schon deutlich schwieriger. Und wenn man das ganze dann auch noch so machen möchte, dass der Asteroid am Ende genau die Bahn hat, die er haben soll, dann ist das eine Aufgabe, die man vorher ein wenig testen sollte. Genau das war das Ziel der Mission „AIDA“ (Asteroid Impact & Deflection Assessment) die seit Jahren gemeinsam von NASA und ESA geplant worden ist. Die NASA ist für die Raumsonde DART zuständig, was für „Double Asteroid Redirection Test“ steht. Die ESA hätte AIM bauen sollen, die „Asteroid Impact Mission“. DART wird auf einen Asteroid geschleudert und AIM sollte das ganze beobachten und genau vermessen, wie sich die Bahn des Asteroid verändert.
Ein guter Plan und eine spannende Mission. Das Problem: Im Jahr 2016 musste die ESA ihren Teil der Mission streichen weil die Mitgliedsstaaten das nötige Geld nicht aufbringen wollten. Die NASA hat DART trotzdem fortgesetzt. Am 22. Juli 2021 wird die Sonde starten und im Oktober 2022 wird sie auf den Asteroid treffen. Kurz bevor der Einschlag stattfindet, werden werden sechs Mini-Satelliten – LICIACube (Light Italian CubeSat for Imaging of Asteroids) – abgetrennt die den Einschlag beobachten denn AIM ist ja nun nicht vor Ort um diesen Job zu erledigen.
Ganz hat sich Europa aber nicht aus der Mission zurück gezogen. 2019 hat man beschlossen, sich mit der Raumsonde HERA zu beteiligen. „HERA“ steht meines Wissens nach für nix; aber die griechische Göttin Hera ist für ihre Beobachtungsgabe bekannt und genau das soll die Raumsonde auch tun. Sie wird allerdings erst 2024 starten und 2027 dort ankommen, wo DART 2022 eingeschlagen ist. Aber der dabei entstandenen Krater lässt sich noch analysieren; Hera hat auch einen ganz Schwung Minisatelliten an Bord die die Zusammensetzung des Asteroiden und sein Inneres untersuchen sollen. Und die – hoffentlich – veränderte Bahn kann auch noch mal genau vermessen werden.
Ich hätte es ja trotzdem besser gefunden, wenn beide Sonden gleichzeitig vor Ort gewesen wären. Aber der aktuelle Plan ist besser als gar keine Mission. Und nun hat das Ziel dieser Mission auch endlich einen offiziellen Namen bekommen: Dimorphos! Bisher gab es dafür nur den Spitznamen „Didymoon“. Was ein wenig albern klingt, aber immerhin darauf hinweist, dass es sich um einen „Mond“ handelt. Oder genauer gesagt: Er ist Teil eines Doppelasteroidensystems. Der Hauptkörper ist 800 Meter groß, wurde 1996 entdeckt und heißt „Didymos“. 2003 fand man heraus, das er von einem 160 Meter großen Brocken umkreist wird (ich habe das System hier ausführlich vorgestellt).
Das ist an sich schon ziemlich interessant; für eine Mission wie AIDA aber optimal. Der kleine Asteroid umkreist den großen einmal alle 12 Stunden. Wenn man nun etwas auf den Asteroidenmond wirft kann man Änderungen in dessen Bahn also recht schnell identifizieren und leicht vermessen. Und weil „Didymoon“ kein ordentlicher Name ist, hat man sich nun für „Dimorphos“ entschieden. Was so viel wir „zwei Formen“ bedeutet. Und genau darum geht es: Wenn die Mission erfolgreich ist, wird Dimorphos der erste Himmelskörper im All sein, dessen Aussehen und Verhalten von uns Menschen gezielt verändert worden ist. Was nicht nur wichtig für die Asteroidenabwehr ist sondern auch ziemlich cool…
Wirklich schade, dass aus der ursprünglichen Doppel-Mission nichts geworden ist. Vor allem da es, wie du 2016 geschrieben hast, es nur um ein paar Millionen Euro ging. Hier kann man mit Recht behaupten, es hat an Mut und Vision gefehlt. Ich bin gespannt auf die Daten der Mini-Satelliten.
Tatsächlich der erste Himmelskörper? Hat nicht Deep Impact 2005 den Kometen Tempel 1 beschossen?
@Captain E. Ich meine schon 🙂
Und eigentlich gehört das in alle Klassen, die meisten haben keine Ahnung was Impuls ist ^^
@Captain E.
„dessen Aussehen und Verhalten von uns Menschen gezielt verändert worden ist“
Die Bahnänderung wurde ja nicht gezielt verändert – ich bezweifle das die Bahnänderung bei Tempel1 grösser als die Messungenauigkeiten war.
Aber ja, das Aussehen wurde geändert
@Draalo
Stimmt.
Die Geschwindigkeit des Kometen wurde durch den Einschlag lediglich um 0,0001 mm/s verringert, was fast unmessbar ist.
@Karl-Heinz:
Das ist aber immer mehr als beim Mond. All die einschlagenden Sonden (z.B. Ranger), Orbiter und Raketenstufen haben überhaupt nichts an der Bahn verändert, nur am Aussehen – vorausgesetzt, man schaut genau genug hin.
@Captain E.
Ja, unser Mond ist um den Faktor 1.020.277.778 schwerer als Tempel 1, olso kein Leichtgewicht gegenüber einschlagenden Sonden (z.B. Ranger), Orbiter und Raketenstufen. 😉
[…] Feuer frei auf Dimorphos: Wir beschießen einen Asteroiden! […]