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Sternengeschichten Folge 394: Der kosmische Hintergrund

Heute geht es in den Sternengeschichten um etwas, das man sehr leicht übersehen kann. Nämlich den Hintergrund! Das klingt potenziell langweilig. Ist es aber natürlich nicht. Der Hintergrund ist sogar enorm wichtig, wenn man den Vordergrund verstehen will. Der Vordergrund: Das sind all die Objekte, an die man normalerweise denkt wenn man sich die Arbeit der Astronomie vorstellt. Planeten, Sterne, Galaxien – all das was da eben so im Universum rumfliegt und Licht zu uns schickt. Wenn man diese Objekte verstehen will, muss man sich aber auch mit dem Hintergrund beschäftigen. Der ist, vereinfacht gesagt, der ganze Rest. Oder, wenn wir es ein wenig wissenschaftlicher und genauer bezeichnen wollen: das kosmische Hintergrundlicht.

Das Licht eines Sterns ist in diesem Zusammenhang relativ klar zu verstehen. Es ist Licht – oder allgemein gesagt elektromagnetische Strahlung – das vom Stern ausgesandt wird und das wird daher auch klar lokalisieren können. Es kommt exakt von diesem einem Punkt am Himmel an dem sich der Stern befindet. Das gilt auch wenn wir ausgedehntere Objekte beobachten, eine Galaxie zum Beispiel. Die sehen wir normalerweise nicht als Punkt sondern – je nach ihrer Größe und Entfernung – als größeres Objekt das Licht aussendet. Dieses Licht können wir aber immer noch dieser speziellen Quelle zuordnen. Das kosmische Hintergrundlicht dagegen ist diffus und isotrop. Soll heißen: Es kommt von überall her; aus allen Richtungen des Himmels und es gibt kein einzelnes Objekt dem man dieses Licht eindeutig zuordnen kann.

Diese Beschreibung wird manche an das erinnern, was ich in Folge 316 erzählt habe, als es um die kosmische Hintergrundstrahlung ging. Und die gehört tatsächlich auch zum kosmischen Hintergrundlicht dazu. Ich fasse nochmal sehr kurz zusammen um was es sich bei der kosmischen Hintergrundstrahlung handelt. Um keine unnötige Verwirrung zu stiften verwende ich jetzt dafür die ausführliche und eigentlich korrekte Bezeichnung, nämlich „kosmischer Mikrowellenhintergrund“. Nach dem Urknall war das Universum voll mit jeder Menge Energie in Form von Strahlung. Die konnte sich aber nicht ausbreiten, weil das Universum auch noch voll mit jeder Menge Materie in Form von Atomkernen und Elektronen war, die die Strahlung ständig abgelenkt haben. Erst als der Kosmos kühl genug war, damit sich die Elektronen und Atomkerne zu vollständigen Atomen verbinden konnten, war der Weg frei. Das war circa 400.000 Jahre nach dem Urknall und von dem Moment an hat sich die Strahlung ausgebreitet. Das Universum ist expandiert, die Strahlung ist weiter durch die Gegend geflogen; sie hat sich von jedem Punkt des Universums in alle Richtungen ausgebreitet. Was so viel heißt wie: Wenn wir heute zum Himmel schauen, sehen wir genau diese Strahlung von jedem Punkt auch zu uns kommen. Beziehungsweise den Teil dieser Strahlung, der sich halt weit genug entfernt von uns auf den Weg gemacht hat um gerade jetzt die Erde zu erreichen. Die Strahlung die wir da empfangen ist Mikrowellenstrahlung, also sehr kurzwellige Radiostrahlung. Könnten unsere Augen Radiostrahlung sehen, würde der ganzen Himmel schwach in diesem Licht leuchten. Können unsere Augen aber nicht und deswegen müssen wir Radioteleskope benutzen um den Mikrowellenhintergrund zu beobachten.

Nicht auf die Sterne schauen!! (Bild: NASA, ESA, K. Sahu – STScI and the SWEEPS science team).

Der ist zwar enorm wichtig als Informationsquelle über den Urknall und das ganz frühe Universum. Aber eben nur ein Teil des gesamten Hintergrundlichts. Es gibt zum Beispiel auch einen „optischen Hintergrund“. Mit „optischem“ oder „sichtbaren“ Licht bezeichnet man in der Astronomie den Teil des elektromagnetischen Spektrums der von unseren Augen wahrgenommen werden kann. Und mit dem optischen Hintergrundlicht meine ich jetzt nicht die Lichtverschmutzung die auf der Erde produziert wird. Die führt zwar auch dazu, dass der gesamte Himmel aufgehellt wird, was extrem nervig ist. Hat aber nichts mit dem zu tun um das es hier geht, nämlich Licht aus dem All. Den kosmischen optischen Hintergrund kann man von der Erde aus gar nicht oder nur schwer beobachten. Um ihn mit Teleskopen von der Erdoberfläche aus zu sehen stört der Einfluss unserer Atmosphäre zu sehr. Und für Raumsonden im Weltall ist das Licht der Sonne ein zu großer Einfluss um einen schwach leuchtenden Hintergrund beobachten zu können. Dazu kommen andere Quellen, wie das Zodiakallicht, das ich in Folge 97 genauer erklärt habe und das im Wesentlichen das Licht ist, das vom Staub zwischen den Planeten gestreut und zur Erde gelenkt wird. Wenn man eine Chance haben will, den kosmischen optischen Hintergrund zu vermessen, muss man sich weit von der Sonne entfernen. Zum Glück haben das ein paar Raumsonden tatsächlich getan, zum Beispiel „New Horizons“, die im Jahr 2014 bei Pluto vorbeigeflogen ist und sich seitdem noch weiter entfernt hat. Diese Gelegenheit hat man genutzt um eine Abschätzung für die maximale Helligkeit des optischen Hintergrunds zu machen. Es lohnt sich kaum irgendwelche konkreten Größenangaben zu liefern; der optische Hintergrund ist ENORM schwach. Aber zumindest hat man festgestellt, dass die Messungen von New Horizons mit denen der alten Pioneer-Sonden übereinstimmt die sich ebenfalls weit von der Sonne entfernt haben und klar von dem abweicht, was das Hubble-Weltraumteleskop gemessen hat. Fazit: Wenn man den optischen Hintergrund bestimmen will, muss man sich weit hinaus ans Ende des Sonnensystems begeben. Aber wo kommt dieses Licht her? Natürlich leuchtet der Weltraum nicht von selbst. Das Licht stammt schon auch von den Sternen in Galaxien. Aber eben so weit entfernten Galaxien, dass wir das Licht nicht mehr zuordnen können. Es ist ein wenig so wie wenn man in einer dunklen Gegend steht und in großer Ferne zwar keine Stadt sehen kann, aber einen diffusen „Lichtnebel“ der von ihr erzeugt wird und über der Nacht hängt. Die Quelle dieses Lichts sind lauter einzelne Straßenlampen, Laternen, und so weiter. Aber sie verschwimmen für uns zu einem ausgedehnten, diffusen Licht das von überall zu kommen scheint.

Mit Mikrowellen und sichtbaren Licht sind wir aber noch lange nicht durch. Es gibt auch noch den kosmischen Infrarothintergrund – wenig überraschend ist das Infrarotstrahlung die von überall am Himmel zu uns kommt ohne das man ihr konkrete Quellen zuordnen kann. Entdeckt hat man diese Art des Hintergrunds im Jahr 1996, in den Daten des COBE-Satelliten. Was nicht verwunderlich ist, denn Infrarotstrahlung gelangt nur sehr bedingt durch die Atmosphäre der Erde und wenn man da eine Chance auf die Beobachtung einer schwachen Hintergrundstrahlung haben will, muss man das vom All aus beobachten. Zuerst hat man sich gedacht, dass relativ klar ist wo diese Strahlung her kommt. Wir wissen ja, dass das Universum expandiert. Der Raum zwischen den Galaxien dehnt sich aus; Galaxien entfernen sich von uns (und voneinander) und zwar um so schneller je weiter sie entfernt sind. Das führt auch dazu, dass die Lichtwellen quasi gestreckt werden. Licht aus einer fernen Galaxie die sich von uns fort bewegt erscheint uns langwelliger. Und bei ausreichend fernen Galaxien kann das Licht eben so weit zu langen Wellenlängen hin verschoben sein, dass wir es nur noch im Infrarotbereich bereichen – denn Infrarotstrahlung ist ja langwelliger als das normale sichtbare Licht. Die Quelle des kosmischen Infrarothintergrunds sind also weit entfernte Galaxien, deren Licht uns nicht mehr im sichtbaren, sondern im Infrarotbereich erreicht und die wir nicht mehr in einzelne Objekte auflösen können. Klingt plausibel – aber wie man dann schnell gemerkt hat, reicht diese Erklärung nicht aus um all das zu erklären was man tatsächlich beobachtet.

Das Zodiakallicht – auch Hintergrund, aber eher ein vordergründiger Hintergrund (Bild: ESO/Y. Beletsky)

Eine große Menge des Sternenlichts können wir nämlich sowieso nicht direkt beobachten. Zwischen den Sternen befinden sich Wolken aus Gas und Staub und die verstellen uns den Blick. Aber das Licht der Sterne kann diesen Staub aufheizen und der gibt diese Energie dann in Form von Infrarotstrahlung wieder ab. Ganz ohne Expansion des Alls und Verschiebung der Wellenlänge können staubreiche Galaxien also ebenfalls Infrarotstrahlung produzieren. Dazu kommen noch diversen hochenergetische Prozesse: In den Zentren der Galaxien sitzen riesige schwarze Löcher in deren Umgebung ebenfalls sehr viel Strahlung produziert wird. Die aber auch von jeder Menge Gas und Staub umgeben sein können. Der wird ebenfalls aufgeheizt und leuchtet Infrarot.

Natürlich gibt es auch noch einen kosmischen Röntgenstrahlungshintergrund – der wird ebenfalls von fernen schwarzen Löcher in den Zentren von Galaxien produziert – und einen kosmischen Gammastrahlenhintergrund. Wo letzterer genau herkommt ist noch nicht völlig klar. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass auch hier die aktiven Zentren ferner Galaxien eine Rolle spielen. Immerhin kommt die Hintergrundstrahlung ja im Allgemeinen immer von sehr, sehr weit her. Sie war also auch entsprechend lange unterwegs und das Licht ist entsprechend alt. Andersherum gesagt: Es wurde von Objekten ausgesandt, die im jungen Universum existiert haben. Damals war in den Galaxien noch viel mehr Staub als heute vorhanden. Es gab also viel mehr Material dass in die schwarzen Löcher fallen konnte und genau dieser Prozess sorgt dafür, dass in ihrer Umgebung Strahlung produziert wird (weil das Material sich beim Hineinfallen enorm aufheizt und Strahlung freisetzt bevor es endgültig verschwindet). Aktive schwarze Löcher leuchten im Röntgenlicht, im Gammalicht, im Radiolicht – sie leuchten fast überall und sie leuchten stärker als es die meisten anderen Himmelskörper können. Genau deswegen können wir sie ja auch noch in so großer Ferne sehen. Und die, die wir nicht sehen können, tauchen zumindest noch indirekt auf, nämlich indem sie mit ihrem Licht einen Beitrag zur diffusen Hintergrundstrahlung leisten.

Und genau darum ist es auch wichtig, den Hintergrund zu beobachten. Erstmal natürlich um den Vordergrund besser verstehen zu können. Wenn wir wissen wollen wie hell ein Stern wirklich leuchtet, müssen wir von der gemessenen Helligkeit natürlich zuerst die Hintergrundshelligkeit abziehen. Viel wichtiger sind aber die kosmologischen Informationen der Hintergrundstrahlung. Wir können die Quellen dieser Strahlung vielleicht nicht direkt sehen. Aber weil wir wissen, dass die Strahlung da ist, wissen wir auch das irgendwas sie produzieren muss. Und können entsprechende Modelle entwickeln die wir dann mit den Beobachtungen vergleichen. Wer das Universum verstehen will, darf nicht nur auf das schauen, was schön und deutlich im Vordergrund funkelt. Sondern muss ab und zu auch den Blick auf das Nichts dazwischen werfen.

8 Gedanken zu „Sternengeschichten Folge 394: Der kosmische Hintergrund“
  1. Was ich mich bei solchen Themen immer frage, wie kann man den Hintergrund vom Vordergrund unterscheiden? Insbesondere beim Mikrowellenhintergrund stelle ich mir das schwierig vor, denn da ist die Auflösung ja nicht besonders groß und man will sehr kleine Unterschiede messen.

  2. @Christian Berger

    Vordergrundstrahlung durch
    • Synchrotronstrahlung durch galaktische Magnetfelder
    • Bremsstrahlung
    • thermische Strahlung von Staub

    Bereinigung
    • galaktischer Vordergrund unterscheidbar vom Kosmischen Hintergrund auf grund der unterschiedlichen spektralen Verteilung
    • Messung in verschiedenen Frequenzbändern zeigt: Galaktische Emissionen variieren stark mit der Frequenz, während die CMB Anisotropien weitgehend gleich bleiben → WMAP Design mit fünf Frequenzbändern kann Vordergrund eliminieren

  3. FF, KH,
    Wenn die Schwarzen Löcher soviel Strahlung verursachen, dann ist die Bezeichnung Schwarzes Loch irreführend. Wie wäre es mit „cosmic torch“ ?

  4. Kurze Verständnisfrage:

    Dann ist also das nicht beobachtbare Universum der Teil des Universums, der bis zum Jahr ~400k expandierte, als das Medium diffus genug wurde, damit Licht seine Reise starten konnte?

    Also einmal die raumzeitliche Ausbreitung der Hintergrundstrahlung selbst und dann noch der viel größere (leere?) Bereich der RaumZeit, die in der Inflationsphase mit FTL expandierte?

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