So! Jetzt hab ich dann auch langsam keine Lust mehr. Seit März 2020 sind alle Vorträge, Lesungen und vor allem alle Auftritte die ich gemeinsam mit den Science Busters absolviert hätte, ausgefallen. Ich hab probiert das beste daraus zu machen und die ausgefallenen Termine der neuen Show „Global Warming Party“ zumindest hier im Blog weiterleben zu lassen. Und für jeden nicht stattgefundenen Auftritt einen kurzen Artikel über die Wissenschaft geschrieben, die man am Auftrittsort erleben kann (Wildon, Wien, Passau, München, nIngolstadt, Grafenwörth, Salzburg, Leipzig, Dresden, Berlin, Wien, nochmal Wien, Saalfelden und Linz). Heute Abend wären wir wieder mal im Stadtsaal in Wien gewesen. Sind wir jetzt aber nicht. Deswegen schreibe ich noch einen letzten Artikel – und dann wird auch die nicht stattfindende Science-Busters-Tour hier im Blog nicht mehr stattfinden.

Gestern habe ich anlässlich der nicht stattgefundenen Show in Linz ja schon ein wenig über die Arbeit des großen Physikers Ludwig Boltzmann erzählt und von seiner Abneigung gegenüber Rechtschreibreformen. Um Boltzmann geht es auch heute wieder. Und zwar um Stefan Boltzmann. Nur hat es den nie gegeben. Beziehungsweise will ich nicht ausschließen, dass irgendwo irgendwann mal ein Mensch namens Stefan Boltzmann gelebt hat. Aber der war dann kein bedeutender Physiker. Und hat auch nicht das überaus wichtige „Stefan-Boltzmann-Gesetz“ aufgestellt. Das lernt man schon sehr bald im Grundstudium der Physik und man kann es den Studierenden verzeihen, wenn sie denken, es würde von einem Herrn Stefan Boltzmann stammen. Tatsächlich hat es aber Ludwig Boltzmann gemeinsam mit seinem ehemaligen Lehrer auf der Uni Wien entwickelt, dem Physiker Josef Stefan.

Nicht Stefan Boltzmann. Sondern Josef Stefan (Bild: gemeinfrei)

Man kann recht einfach erklären um was es dabei geht: Angenommen man hat ein Objekt, das keine Strahlung reflektiert sonder alle auftrefende Strahlung komplett absorbiert. Alle Strahlung die von diesem Objekt kommt ist also Strahlung, die es selbst erzeugt. So ein – in der Realität nicht existierendes – Ding wird „schwarzer Körper“ genannt und das Stefan-Boltzmann-Gesetz beschreibt, wie viel Leistung der Körper in Abhängigkeit der Temperatur abgibt. Es lautet: P=σAT4. Oder anders gesagt: Die Strahlungsleistung hängt von der Fläche A des Körpers ab der strahlt. Und von der vierten Potenz der Temperatur. Außerdem noch von einer Konstanten σ (der Stefan-Boltzmann-Konstante die 5,67 x 10-8 W/m²/K4 beträgt).

Was fängt man mit so einer Formel an? Enorm viel! Denn auch wenn es echte schwarze Körper in der Realität nicht gibt, gibt es doch jede Menge Objekte die sich annähernd und sehr gut durch so einen schwarzen Körper beschreiben lassen. Nämlich die Sterne! Die reflektieren kein/kaum Licht, sie geben selbst Strahlung ab und zwar in Abhängigkeit ihrer Temperatur. Man kann also aus der Beobachtung der Strahlung von Sternen mit dem Stefan-Boltzmann-Gesetz ihre Temperatur bestimmen! Was enorm praktisch ist, weil die Sterne so weit weg sind und man die Temperatur dort natürlich nicht direkt messen kann.

Nehmen wir die Sonne: Wir können messen, dass wir hier auf der Erde pro Quadratmeter 1361 W an Strahlungsleistung von der Sonne empfangen. Wir wissen wie weit die Sonne entfernt ist und wie groß sie ist und können das in die wahre Leuchtkraft der Sonne umrechnen. Und dann brauchen wir das nur noch ins Stefan-Boltzmann-Gesetz einseten und erhalten die Temperatur: 5771 Kelvin.

Stefan und Boltzmann haben mit ihrem Gesetz nicht nur einen ziemlich fundamentalen Zusammenhang in der Physik entdeckt sondern auch der Astronomie ein sehr wundervolles Werkzeug in die Hand gegeben um Details über Himmelskörper zu bestimmen, die viel zu weit entfernt sind um sie direkt zu messen. Womit wir jetzt am Ende dieser Serie auch wieder am Anfang angelangt wären. Nämlich dem Thema der Show, die schon so oft nicht stattgefunden hat: Die Klimakrise. Die geht ja weiter, auch wenn der Coronavirus in den letzten Wochen die ganze Aufmerksamkeit für sich beansprucht hat. Und sie geht nicht nur weiter, sie wird auch nicht weniger schlimm. Im Gegenteil. Und zwar durch uns Menschen und nicht weil auf der Sonne irgendwas passiert, wie die Klimawandelleugner immer gerne erzählen. Nein, die Sonne ist nicht schuld am Klimawandel. Aber sie ist Teil der Lösung. Natürlich braucht es jede Menge unterschiedliche Ansätze und Maßnahmen. Aber unsere Energieproduktion spielt eine zentrale Rolle. Und wenn wir schon so eine gewaltige Energiequelle wie unsere Sonne in unmittelbarer Nähe haben, wären wir schön blöd wenn wir nicht wirklich intensiv darüber nachdenken, sie so gut zu nutzen wie möglich. Das ist mit Sicherheit zielführender, als zu versuchen noch die letzten Reste von Kohle und Erdöl aus dem Boden zu kratzen…

Super Energiequelle! Bild: NASA/ESA)

In den kommenden Wochen stehen in meinem Kalender nur noch Termine, die eigentlich als Ersatztermine für die im März und April ausgefallenen Shows gedacht waren. Die aber mittlerweile auch nicht mehr aktuell sind; auch die Ersatztermine sind gestrichen und verschoben. Wenn es weitergeht, wird es erst irgendwann im August oder September wieder weitergehen. Ich hoffe, dass man dann schon wieder irgendwie auf vernünftige Weise und ohne Menschen in Gefahr zu bringen, öffentliche Veranstaltungen durchführen kann. Falls ja, dann sehen wir uns hoffentlich bei der einen oder anderen Science-Busters-Show. Und falls nein… tja. Dann muss ich wohl langsam über eine berufliche Veränderung nachdenken.

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Die abgesagteste Tour des Wissenschaftskabaretts

3 Gedanken zu „Stefan Boltzmann und die Strahlung der Sonne: Die Science Busters kommen nicht nach… Wien!“
  1. Bei der Stefan-Boltzmann-Konstante ist wohl etwas schief gelaufen. Im Quelltext sieht es so aus als wäre ein sup-Tag nicht richtig geschlossen worden. Und dadurch wurde aus dem richtigen Wert 5,67*10^(-8) W/(m^2 K^4) die seltsame Zahl 5,67*10^(-84).

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