Staub wird unterschätzt. Hier auf der Erde haben wir eine ganze Industrie die nur damit beschäftigt ist, dem Staub keine Möglichkeit zu geben sich anzusammeln. Was ja durchaus ok ist, wenn es um den Staub unterm Sofa geht. Im Weltall ist es aber enorm wichtig dass Staub sich zu immer größeren „Staubflusen“ verbinden kann. Denn der Staub dort ist auch nicht unbedingt das Zeug das bei uns auf dem Boden liegt wenn niemand Lust zum Aufräumen hat. Da geht es um winzigste Partikel, zum Beispiel aus Grafit (d.h. Kohlenstoff), um Moleküle und Eiskristalle. Die findet man in gigantischen Wolken zwischen den Sternen und aus genau solchen Wolken können neue Sterne entstehen. Aus dem was dabei übrig bliebt bilden sich Planeten. Und wenn in der Wolke aus Molekülen und Staub Bedingungen herrschen so dass sich die Moleküle zu komplexen Molekülen verbinden können, dann gibt es dort auch die chemischen Bausteine aus denen vielleicht Leben auf den Planeten entstehen kann. Es ist also enorm wichtig, diesen Staub zu verstehen. Denn nur dann können wir auch verstehen wie sich Leben entwickeln kann. Und wie eine neue Arbeit von Forscherinnen und Forscher aus Jena und Heidelberg nun zeigt: Wir haben den Staub bis jetzt anscheinend falsch verstanden.
Alexey Potapov, Cornelia Jäger und Thomas Henning haben sich den kosmischen Staub angesehen. Und zwar nicht im All, sondern auf der Erde. An der Universitätssternwarte Jena gibt es eines der wenigen Zentren für „Laborastronomie“, also Astronomie die keine reine Beobachtung des Weltalls ist, sondern mit Experimenten im Labor arbeitet. Da werden zum Beispiel unterschiedliche Arten von Staub, Gestein, Molekülen, und so weiter künstlich hergestellt und exakt untersucht. Und wenn man dann genau weiß, wie und auf welche Art die unterschiedlichen Staubsorten Licht reflektieren, kann man das mit den Beobachtungsdaten vergleichen und herausfinden, was da konkret zwischen den Sternen rumfliegt. In diesem Fall haben die Forscherinnen und Forscher Grafitproben genommen und mit einem Laser beschossen um so genau die Art von Partikeln zu bekommen die auch in den kosmischen Wolken existieren. Und dann geschaut, wie sich auf diesen Teilchen Eis bilden kann („Ice coverage of dust grains in cold astrophysical environments“).
Das ist wichtig, denn es geht ja um die Frage, wie sich simple Atome und Moleküle zu den komplexen organischen Bausteinen formen können aus denen einmal Leben entstehen kann. Würde man warten, bis sich im All zufällig ein paar passende Atomen zusammenfinden, würde gar nix interessantes passieren. Denn auch wenn man immer von „Wolken“ spricht, kann man das nicht mit dem vergleichen was bei uns am Himmel rumfliegt. Die Bedingungen in so einer kosmischen Wolke sind kaum von einem Vakuum zu unterscheiden. Jedes Vakuum das wir hier auf der Erde mit unserer Technik zusammenbringen enthält mehr Teilchen als eine kosmische Wolke auf gleichem Raum. Die kosmische Wolke ist halt nur einfach enorm groß und enthält insgesamt enorm viele Teilchen. Aber die Chance auf zufälliges Zusammentreffen ist ebenso enorm gering. Hier kommen nun Staub und Eis ins Spiel: Atome und Moleküle können an den Staubkörnern kleben bleiben. Wenn dann noch Eis dazu kommt und ausreichend Moleküle am Staubkorn versammelt sind, können genau die chemischen Reaktionen ablaufen, die komplexe organische Bausteine formen.
Bis jetzt hat man sich diesen Vorgang so vorgestellt: Die Staubkörner sind eher rund, bzw. kompakt. Und um das Staubkorn herum bilden sich im Laufe der Zeit mehrere Schichten aus Eis, so wie bei den Schalen einer Zwiebel. Die Experimente im Labor haben nun aber ein ganz anderes Bild gezeigt. Die Staubkörner hatten eine viel komplexere Form, sie waren lang und verästelt anstatt simple geometrische und kompakte Figuren zu bilden.
Und das hat Konsequenzen! Die Menge an Wassermolekülen die Eis bilden können ist begrenzt. In so einer Wolke gibt es zwar viel davon, aber eben nicht unendlich viel. Und ein langes, verästeltes Staubkorn hat eine viel größere Oberfläche als ein zum Beispiel kugelrundes Staubkorn gleicher Masse. Oder anders gesagt: Es braucht mehr Eis um die Staubkörner zu bedecken als man bisher dachte. Was wiederum heißt: Die typische Eisschicht die ein Staubkorn in einer kosmischen Wolke bedeckt ist dünner als bisher gedacht. Was sich wenig überraschend auch auf die Chemie auswirkt die stattfinden kann. Wo die Eisschicht dünn oder vielleicht stellenweise gar nicht vorhanden ist, können die Moleküle direkt auf den Staub treffen und dort chemische Reaktionen schneller ablaufen lassen. Wohin und wie stark sich die Moleküle bewegen können hängt ebenfalls von der Dicke der Eisschicht ab.
„Jetzt […] haben wir eine bessere Chance, die grundlegenden chemischen Reaktionen zu verstehen, die sich letztlich bis zur Entstehung von Leben im Universum verfolgen lassen sollten“. sagt Alexey Potapov. Wer wissen will, was da im All abgeht und wie am Ende die Bausteine des Lebens auf die Oberfläche eines Planeten kommen, muss die komplexe Form des kosmischen Staubs berücksichtigen. Staub ist wichtig und mit dieser neuen Forschungsarbeit noch ein Stück wichtiger geworden. Putzen könnt ihr zuhause aber trotzdem gerne wieder mal…
Irgendwie ist beim lesen meine phantasie angesprungen. Ich dachte an star trek und wie die dort entdeckten im all lebenden organismen wohl entstanden sind. Einen Moment lang dachte ich ja echt du willst gerade etwas von „komplexen organischen molekülen“ erzählen die da im all entstehen und irgendwann zu lebensformen werden. 🙂
Mich würde mal interessieren was das für eine Industrie ist, die sich darum kümmert dass sich Staub _nicht_ ansammelt. Bislang habe ich nur Haushaltsgeräte gefunden die Staub bewusst ansammeln, zum Beispiel in einem Filter oder Beutel, was praktisch ist, denn damit kann man den einfach aus dem Haus befördern.