1915 hat sich Albert Einstein riesig gefreut. Der Grund seiner Freude war angesichts seiner revolutionären Entdeckungen über Raum, Zeit und das Universum aber vergleichsweise klein: Einstein hatte ein altes Problem zur Bewegung des Planeten Merkur gelöst. Warum er aber zu Recht höchst erfreut war, könnt ihr in der neuen Folge der Sternengeschichten hören.

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Transkription

Sternengeschichten Folge 222: Die Periheldrehung des Merkur

Im Jahr 1915 war Albert Einstein „einige Tage lang außer sich vor Freude“. Das hat er zumindest an seine Freunde geschrieben – und dabei allerdings nicht von seinen großen und revolutionieren Entdeckungen über die Geschwindigkeit des Lichts, die Verbindung von Raum und Zeit oder die Äquivalenz von Masse und Energie gesprochen. Das – also das was heute die „spezielle Relativitätstheorie“ genannt wird, hatte er schon 10 Jahre zuvor veröffentlicht. Er meinte auch nicht seine gerade fertiggestellte „allgemeine Relativitätstheorie“ mit der die Gravitation auf eine völlig neue Art und Weise beschreiben konnte und mit der Wissenschaftler bis heute die Entwicklung des gesamten Universums berechnen. Er sprach von einer Entdeckung die sich auf Merkur bezog.

Merkur - unscheinbar, aber wichtig (Bild: NASA)
Merkur – unscheinbar, aber wichtig (Bild: NASA)

Der kleinste der Planeten in unserem Sonnensystem; ein Planet zwar, der den Menschen schon von Anfang an bekannt war, weil er zu den fünf Planeten gehört die man mit freiem Auge sehen kann. Aber auch ein Planet der nur schwer und schwach leuchtend zu sehen ist und im Gegensatz zu Mars oder Venus kaum die Fantasie der Menschen inspiriert hat. Aber das, was Einstein so sehr erfreut hat, war die Freude auch tatsächlich wert. Er hatte ein Rätsel gelöst, das den Astronomen schon seit Jahrhunderten zu schaffen machte.

Früher war es generell schwierig, die Bewegung der Himmelskörper zu beschreiben. Die Astronomen der Antike konnten die Himmelskörper zwar beobachten und ihre Position am Himmel aufzeichnen. Sie konnten auch bestimmte Perioden und Rhythmen identifizieren und in gewissen Ausmaß vorhersagen, wann und wo sie zu sehen sein werden. Aber es fehlte ein tieferes Verständnis für die Gründe der Bewegung. Man wusste nicht, warum sich die Planeten überhaupt bewegen. Man wusste anfangs ja nicht einmal, dass die Erde auch ein Planet ist und sich gemeinsam mit allen anderen Planeten um die Sonne herum bewegt.

Erst die Umwälzungen im 15. und 16. Jahrhundert brachten Fortschritte. Das heliozentrische Weltbild ersetzte das geozentrische und man stellte fest, dass man sich mit der Erde auf einer sich bewegenden Beobachtungsplattform befand. Planeten wie Merkur bewegten sich nicht um die Erde herum sondern alle gemeinsam um die Sonne. Johannes Kepler gelang es dann auch, ein weiteres Dogma zu durchbrechen und die Umlaufbahnen der Himmelskörper korrekt als Ellipsen und nicht als Kreise zu identifizieren. Das machte Vorhersagen möglich, die wesentlich besser waren als früher. Und dann kam der große Isaac Newton und fand auch eine mathematische Beschreibung für die gravitativen Anziehungskräfte zwischen den Himmelskörpern.

Jetzt war eigentlich alles zusammen was man gebraucht hätte, um wirklich genaue Vorhersagen zur Bewegung der Himmelskörper machen zu können. Man wusste wie sie sich bewegen und man hatte die passenden mathematischen Formeln um die Bewegung zu berechnen. Das Problem war die Komplexität der Gleichungen. Ich habe in Folge 175 der Sternengeschichten schon über das Dreikörperproblem gesprochen und erklärt, warum es unmöglich ist, die Bewegung der Planeten exakt vorherzusagen. Aber selbst wenn eine exakte Berechnung nicht möglich war, gab es doch ausreichend genaue Näherungslösungen. Die funktionierten hervorragend. Vorerst jedenfalls…

Im 18. Jahrhundert bekam die Familie der Planeten Zuwachs: Wilhelm Herschel entdeckte den Planeten Uranus und Newtons Mathematik wurde das erste Mal ernsthaft getestet. Denn die Bewegung des Uranus folgte den Gleichungen nicht. Die berechneten Positionen stimmten nicht mit den beobachteten Positionen überein. Entweder Newtons Theorie war nicht ganz korrekt oder man hatte etwas übersehen. In diesem Fall war das, was man übersehen hatte ein weiterer Planet: Neptun, der im 19. Jahrhundert entdeckt wurde – und ich habe in Folge 50 der Sternengeschichten mehr darüber erzählt. In den nächsten Jahrzehnten verstand man die Mathematik zur Bewegung der Planeten immer besser und konnte ihre Umlaufbahnen immer genauer berechnen. Nur Merkur machte noch Probleme.

Die Periheldrehung des Merkur (Bild: Rainer Zenz, Public Domain)
Die Periheldrehung des Merkur (Bild: Rainer Zenz, Public Domain)

Es ging um die sogenannte Periheldrehung. Das Perihel ist der sonnennächste Punkt einer Umlaufbahn. Merkurs Bahn weicht besonders stark von der Kreisform ab. An seinem sonnenfernsten Punkt ist er fast 70 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt; am sonnennächsten Punkt – also im Perihel – sind es 46 Millionen Kilometer. Die Umlaufbahn eines Planeten bleibt aber nie völlig unverändert. Das liegt vor allem an den gravitativen Störungen der anderen Planeten. Unter anderem führt das dazu, dass sich die Bahn und damit auch die Position des Perihels langsam um die Sonne dreht.

Beim Merkur beobachtete man eine Drehung des Perihels mit einer Geschwindigkeit von 574 Bogensekunden pro Jahrhundert. Ein kompletter Kreis von 360 Grad entspricht 1.296.000 Bogensekunden; eine komplette Drehung von Merkurs Bahn um die Sonne dauert also knapp 225.000 Jahre. Das war nicht unerwartet. Führt man die nötigen Berechnungen durch, dann folgt daraus dass die gravitativen Störungen der anderen Planeten eine Periheldrehung von Merkurs Bahn von knapp 531 Bogensekunden hervorrufen muss. Ein weiterer, aber sehr kleiner Anteil der Periheldrehung wird von der Tatsache verursacht, dass die Sonne selbst keine perfekte Kugel ist sondern durch ihre Rotation um ihre eigene Achse leicht abgeflacht. Dadurch gilt in ihrer unmittelbaren Umgebung die mathematische Formel von Newton nicht mehr exakt, nach der die Stärke der Gravitationskraft mit dem Quadrat des Abstandes schwächer wird. Aber auch das wusste man schon lange. Was man nicht wusste: Wo kommen die 43 Bogensekunden an Periheldrehung her, die man weder mit der Form der Sonne noch mit der Störung der anderen Planeten erklären kann?

Der Effekt war klein, aber nicht klein genug um einfach ignoriert zu werden. Er war nicht klein genug um einfach nur als Rechen- oder Beobachtungsfehler abgetan zu werden. Die Periheldrehung des Merkurs war schneller als sie es sein hätte dürfen. Wieder stand Newtons Theorie vor einer Krise. Und im Gegensatz zur Geschichte mit Neptun ein Jahrhundert zuvor hat sie diese Krise nicht überlebt.

Denn das, über das Einstein sich in seinem Brief so sehr gefreut hat, war eine Erklärung der Ursache der fehlenden 43 Bogensekunden von Merkurs Periheldrehung. Nach langer Arbeit war es ihm 1915 endlich gelungen, die Gravitation in seiner allgemeinen Relativitätstheorie auf eine völlig neue Weise zu beschreiben. Er stellte fest, dass der Raum und die Zeit nicht unveränderlich sind, sondern durch die Anwesenheit von Massen beeinflusst werden. Masse krümmt die Raumzeit und die Form der Raumzeit bestimmt, wie sich Massen bewegen. Die Erde bewegt sich nicht um die Sonne, weil die Sonne eine Kraft auf sie ausübt, sondern weil die Sonne den Raum krümmt und die Erde sich entlang dieser Krümmung bewegen muss und so in eine Umlaufbahn gezwungen wird.

Das war eine grandiose Leistung von Einstein. Mit seiner Theorie der Gravitation konnte man die Bewegung der Himmelskörper viel genauer beschreiben als mit der von Newton. Und er konnte Merkurs Periheldrehung erklären. Natürlich gilt die allgemeine Relativitätstheorie für alle Himmelskörper und nicht nur für Merkur. Merkur ist aber der Sonne am nächsten und die Krümmung des Raumes ist umso stärker, je näher man der Sonne kommt. Deswegen fällt der Effekt dort auch besonders stark auf, während er bei den weiter entfernten Planeten ohne sehr, sehr exakte Messungen nicht zu bemerken ist. Ganz vereinfacht kann man sagen, dass die Krümmung des Raumes in der Nähe der Sonne dazu führt, dass der Umfang eines Kreises kürzer ist als man es vor Einstein erwartet hätte. So wie ein auf ein Gummituch gezeichneter Kreis verzerrt wird, wenn man das Gummituch eindellt, passiert das auch mit der Umlaufbahn des Merkurs. Die Periheldrehung verläuft also schneller als erwartet und als Einstein berechnet hatte, wie groß der Effekt ist, kam er exakt auf die 43 Bogensekunden, die bisher niemand erklären konnte.

Einstein kann sich freuen! (Bild: Public Domain)
Einstein kann sich freuen! (Bild: Public Domain)

Er konnte sich also absolut zu recht freuen. Seine neue und völlig unerwartete Beschreibung der Gravitation hatte ihren ersten Erfolg gefeiert. Und die allgemeine Relativitätstheorie ist nicht nur die Theorie von großer Bedeutung. Auch in der Praxis kann man nicht auf sie verzichten. Für die allermeisten Fälle die sich mit der alltäglichen Wirkung der Gravitation beschäftigen kann man sie ignorieren und auf die gute alte Theorie von Newton zurückgreifen. Auch für die Berechnung der Bewegung von Planeten, Asteroiden und Raumsonden reicht Newton normalerweise völlig aus. Als aber die Raumsonde MESSENGER im Jahr 2008 im Rahmen eines Swing-By-Manövers sehr dicht an Merkur vorbei flog, mussten die Ingenieure auch die relativistischen Effekte berücksichtigen. Der Unterschied in der für einen korrekten Ablauf der Mission nötigen Flugbahn hätte ohne diesen zusätzlichen Aufwand zwar nur 65 Kilometer ausgemacht – aber wenn man das einfach ignoriert hätte, dann hätte das trotzdem große Probleme bereiten können. Aber dank Albert Einstein verlief alles genau nach Plan und MESSENGER konnte den Merkur vier Jahre lang im Detail erforschen. Aber das ist wieder ein Thema für eine andere Geschichte…

27 Gedanken zu „Sternengeschichten Folge 222: Die Periheldrehung des Merkur“
  1. Du sprichst hier von der Krümmung des „Raumes“, die für die Verkürzung der Kreisbahn verantwortlich ist. Handelt es sich nicht eher um eine Krümmung der „Raumzeit“? Oder ist das das Gleiche, oder ist das eine Folge des anderen?

  2. „Führt man die nötigen Berechnungen durch, dann folgt daraus dass die gravitativen Störungen der anderen Planeten eine Periheldrehung von Merkurs Bahn von knapp 531 Bogensekunden hervorrufen muss. Ein weiterer, aber sehr kleiner Anteil der Periheldrehung wird von der Tatsache verursacht, dass die Sonne selbst keine perfekte Kugel ist sondern durch ihre Rotation um ihre eigene Achse leicht abgeflacht. Dadurch gilt in ihrer unmittelbaren Umgebung die mathematische Formel von Newton nicht mehr exakt, nach der die Stärke der Gravitationskraft mit dem Quadrat des Abstandes schwächer wird. Aber auch das wusste man schon lange.“

    Da waren vermutlich sehr viele menschliche Rechenjahre von Nöten, um die ungeklärten relativistischen 43 Bogensekunden des Merkur zu extrahieren.

  3. @PeterPaul
    generell ist es richtiger, ind er ART immer von raumzeitkrümmung zu sprechen. Ich habe aber gerade mal in die herleitng der Periheldrehung geguckt – wenn ich mich nicht vertan habe, stammt der Extra-Term, der für die Periheldrehung verantwortlich ist, tatsächlich vom Raumkrümmungsterm.

    @Mathias
    Dazu gibt es ein tolles Buch „The hunt for Vulcan“, wo das ausführlich beschrieben wird.

  4. Die Erde bewegt sich nicht um die Sonne, weil die Sonne eine Kraft auf sie ausübt, sondern weil die Sonne den Raum krümmt und die Erde sich entlang dieser Krümmung bewegen muss und so in eine Umlaufbahn gezwungen wird.

    Zumindest an dieser Stelle ist „weil die Sonne den Raum krümmt“ nicht korrekt, und es muss „Raumzeit heißen. Die Krümmung des Raumes ist hier viel zu klein um die Erde oder einen anderen Planeten auch nur annähernd auf der Bahn um die Sonne zu halten.

    […] 43 Bogensekunden, die bisher niemand erklären konnte.

    Interresant und wenig rühmlich ist da auch die Geschichte von Vulkan, der die Periheldrehnug erklären sollte — nebst „Sichtungen“ desselben.

    1. Ja – natürlich krümmen Massen immer die Raumzeit. Aber im Kontext dessen was ich erklären wollte war „Raumkrümmung“ eigentlich ausreichend.

      Über „Vulkan“ hab ich auch schon viel geschrieben und gepodcastet (und soo unrühmlich fand ich die Episode nicht).

      1. Das verstehe ich schon: Oft wird vom Raum gesprochen und eigentlich die Raumzeit gemeint.
        Mein Anliegen war zu erfahren, wie es denn nun, exakt ausgedrückt, richtig wäre. Der drei dimensionale Raum kann sich ja auch als solcher krümmen. So habe ich jedenfalls bisher die gekrümmten Lichtwege verstanden, die z.B. bei Gravitationslupen eine Rolle spielen. War so etwas gemeint oder war es nur die etwas bequeme Sprechweise, in der aber eigentlich die Raumzeit gemeint war?

  5. Der Begriff Raumzeit ist ein künstlicher Begriff, mit dem die Physiker eine Beobachtung beschreiben wollen. Das Wort Geschwindigkeit ist leicht zu verstehen, weil wir diese Beobachtung im Alltag machen können. Ein Text erscheint schwieriger, sobald ich das Wort Geschwindigkeit durch „Längenzeit“ ersetze, weil es kein geläufiger Begriff ist. In der Lichtgeschwindigkeit sind sowohl die Länge, als auch die Zeit enthalten. Ebenso in dem Begriff Raumzeit. Ist es da verwunderlich, daß sich mathematisch aus der Formel E=mc² eine Raumzeit herleiten lässt?
    Zum Verständnis der Vorgänge im Universum empfinde ich die physikalische Größe „Zeit“ als eher hinderlich. Selbstverständlich verwende ich die Zeit im Alltag wie jeder andere Mensch auch, jedoch ist es die einzige physikalische Grundeinheit, die nicht greifbar ist. Alle anderen Grundeinheiten kommen in der Natur vor, doch die „physikalische“ Zeit empfinde ich mehr als abgeleitete Größe einer Bewegung. Auch jeder Versuch einer Zeitmessung in der Geschichte der Menschheit war immer die Ableitung einer Bewegung wie die von kosmologischen Abläufen, Zahnrädern, Quarzoszillatoren, atomare Schwingungsprozessen, etc.
    Doch dies ist lediglich eine persönliche Betrachtung; ich kann damit leben, daß es andere Menschen anders sehen. Mir stellt es bei dem Begriff „schwarzes Loch“ ja auch die Nackenhaare auf, weil er schwachsinnig ist und trotzdem ist der Begriff in aller Munde 😉

  6. Der dreidimensionaler Raum ist doch ein Unterraum der vierdimensionalen Raumzeit. Wenn die Raumzeit gekrümmt ist, denn doch auch der Raum. Ist doch genauso wie bei der gekrümmten zweidimensionalen Erdoberfläche. Wenn man da einen eindimensionalen Unterraum wählt, ist er auch gekrümmt.

    1. Das glaube ich nicht! Wenn ich einen Kreis auf der Kugel anschaue, dann ist er natürlich, von Außen gesehen (extrinsisch) gekrümmt, aber das ist, so glaube ich zumindest, nicht so, wenn man ihn von Innen betrachtet (intrinsisch). Da ist er „eben“.

  7. @PeterPaul
    „So habe ich jedenfalls bisher die gekrümmten Lichtwege verstanden, die z.B. bei Gravitationslupen eine Rolle spielen. “
    Jein. Die gekrümmten Lichwege haben beide Anteile – tatsächlich kommt rechnerisch genau die Hälfte durch die Raumkrümmung und die Hälfte durch den veränderten Zeitablauf zu Stande. (Deswegen hatte Einstein auch erst nur die halbe Lichtablenkung vorhergesagt – sein erstes Modell hatte nämlich keine Raumkrümmung.)
    Dass an sich das meist anders vorstellt, liegt an den „anschaulichen“ Bildchen mit verzerrten Gummitüchern und so weiter- die sind nett, suggerieren aber leider, dass die Effekte alle nur was mit Raumkrümmung zu tun haben.
    (Wesentlich schlimmer ist das bei Objekten wie Planeten – da spielt die Raumkrümmung, auch wenn das Gummituchmodell was anderes sagt – nämlich überhaupt keine Rolle (außer für die Periheldrehung), die Planetenbewegung kommt nur durch die gravitative Zeitdilatation.)

  8. @PeterPaul
    Mir ist jetzt nicht klar, was du meinst. Wenn du einen Kreis auf ner Kugeloberfläche malst, dann musst du nur den Umfang und den radius (auf der Kugeloberfläche) messen um zu sehen, dass da was nicht passt, der Radius ist für den Umfang „zu groß“.
    Siehe hier:
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2011/01/wie-man-die-raumzeit-krummt-teil-ii-dreiecke-und-kreise.php

    Zumindest näherungsweise kann man das als Erklärung für die periheldrehung heranziehen.

    1. Da hast du natürlich wieder recht, weil du den Kreis von Außen, von der Kugeloberfläche aus betrachtest. Das Argument zeigt bloß, dass die Kugeloberfläche (intrinsisch) gekrümmt ist, aber nicht, dass die Kreislinie intrinsisch gekrümmt ist.

    2. Die eindim. Linie ist vielleicht ein zu triviales Beispiel. Nehmen wir mal die Kugeloberfläche, aber jetzt mit einem kleinen Loch drin. Da stimmt das mit dem Umfang und dem Radius auch nicht, aber trotzdem ist diese Fläche flach, wenn man die richtige Metrik nimmt.

      Susskind : Einstein’s General Theory of Relativity
      https://www.youtube.com/watch?v=6vdXlwDRRR8
      ca. bei 6 Minuten.

      Das ist sogar fast genau das Gleiche, wie die Kugel ohne Loch, nur ein Punkt fehlt, und der Teil ist Flach, während das Ganze gekrümmt ist.

    1. Ich denke eigentlich nicht. Gerade deshalb habe ich sie als Beispiel dafür angeführt, dass ein Teilraum eines gekrümmten Raumes auch flach sein kann. Und das war ja meine Eingangsfrage. Ist die Periheldrehung auf eine intrinsische Raumkrümmung (3D) oder auf eine intrinsische Raumzeitkrümmung(4D) zurückzuführen?

  9. @PeterPaul
    „Und das war ja meine Eingangsfrage.“
    Achso war das gemeitn. Also: So wie ich es verstehe, kommt der wesentliche Teil der Periheldrehung durch die Raumkrümmung zustande; es ist aber immer etwas trickreich, in so einer doch recht länglichen Rechnung genau alle terme nachzuverfolgen, insofern übernehme ich keine Garantie.
    Zumindest bei Epstein ist das aber auch so erklärt:
    https://www.relativity.li/en/epstein2/read/i0_en/i1_en/

  10. Habe unteen einen Artikel verlinkt, der mich zu folgender, rein räumlichen Erklärung inspiriert hat. Die Ablenkung eines Lichtstrahls durch die Sonne ist fast immer vernachlässigbar, allerdings auf Höhe der Merkurbahn immerhin messbar. Gedanke im Artikel: ein Körper, der auf der Lichtbahn bewegt wird, entwickelt keinerlei Zentrifugalkraft, obwohl seine Bahn für den weit entfernten Beobachter gekrümmt ist. Das unabhängig von der Geschwindigkeit des Körpers.

    Das hieße, dass der Mrerkur erst dann Fliehkraft entwickelt, wenn siene Bahn eine größere Krümmung hat als die des Lichtstrahls. Auch ist seine Bahn aus diesem Grunde näher bei der Sonne als im ungekrümmten (newtonschen) Raum. Aus diesem Grund ist die Bahn auch eine wandernde Ellipse und keine stationäre. Ist diese Betrachtung richtig?

    Artikel hier

  11. @Artur57
    Danke für den Artikel, sehr interessant.

    Dein Argument funktioniert aber nicht: ein Körper kann nicht auf einer Lichtbahn bewegt werden – immer dran denken: Weltlinien sind Linien in der Raumzeit, kein massiver Körper kann der Geodäten eines Lichtstrahls folgen. Es macht nur selten Sinn, die Projektion einer Weltlinien in den dreidimensionalen raum zu betrachten.
    Und die Bahn des Merkur ist (bis auf die Periheldrehung) durch die zeitliche Komponente der Raumzeitkrümmung bestimmt, so wie alle Bahnen langsamer Objekte in schwachen Schwerefeldern.

  12. @PeterPaul:

    „Da stimmt das mit dem Umfang und dem Radius auch nicht, aber trotzdem ist diese Fläche flach, wenn man die richtige Metrik nimmt.“

    Stimmt der Radius wirklich nicht? Andere Metrik heißt schließlich auch andere Kreise (ein Kreis ist ja nur die Sammlung aller Punkte mit Abstand x von Punkt y, und den Abstand legt die Metrik fest). Und weil sich alles relevante (Radius und Umfang) in der normalen Ebene abspielt, wo Umfang / Durchmesser = Pi gilt, müsste das für diese Kugel genauso gelten.

    Oder verstehe ich gerade irgendwas komplett falsch?

    1. Das war eine Bemerkung zu Kommentar #11 von MartinB. Er sprach davon einen Kreis auf eine Kugel zu malen. Damit war offenbar das gemeint, was man anschaulich für einen solchen Kreis hält, d.h. ein Kreis in der gewöhnlichen Metrik des Raums.
      Malt man einen Kreis in der Metrik, in der die gelochte Kugel eben ist, dann gilt natürlich auch wieder Pi ganz normal, sonst wäre sie ja nicht eben.

  13. Nur eine Metrik reicht sowieso nicht, sonst nimm einfach die triviale Metrik, bei der jeder Punkt von jedem anderen genau den Abstand 1 hat, nur von sich selber den Abstand 0. Das ist auch eine Metrik und kann man auf jede nichtleere Menge definieren. Die zugehörige Topologie ist die diskrete, bei der jede Teilmenge offen, und damit auch geschlossen ist. Es ist wohl offensichtlich, dass man damit nicht allzuviel anfangen kann, aber es ist eine gültige Metrik. Somit musst Du mehr als nur eine Metrik definieren.

  14. @Martin

    Danke. Klar ist das Verfahren begrenzt und auch nur hypothetisch, weil einKörper auf einer (nicht geraden) Lichtbahn immer geführt werden müsste.

  15. @Artur57
    “ weil einKörper auf einer (nicht geraden) Lichtbahn immer geführt werden müsste.“
    Wie gesagt, das ist (in meinen Augen) die falsche Denkweise: Eine Bahn nur im Raum zu betrachten und nicht in der Raumzeit führt in der ART meist in die Irre, wenn man die Bewegung von Objekten verstehen will.

    1. Ich glaube, Martin, das hast du zu überspitzt gesagt. Alles, was wir als Bahn beobachten können, ist doch eine Bahn im 3D-Raum, auch die Bahn des Merkur oder die Folgen der Bahnbiegung von Licht (z.B.:Gravitationslinse). Das sind doch Dinge, die sich voll und ganz in unserem 3D-.Raum abspielen. Ist es nicht viel eher so, dass die ART in die Irre führt, wenn sie sich nicht um die beobachtbaren Dinge im „normalen“ Raum kümmert. Ich denke, nur dadurch hat sie ihre Berechtigung und Bedeutung.

  16. @pane
    Es geht nicht darum, alle Metriken zu betrachten, und dann die am wenigsten geeignete zu nehmen. Ich denke, für die ART ist diese Metrik ungeeignet, da sie nicht stetig bzw. diff´bar ist.
    Es genügt, um Flachheit zu zeigen, eine „gutartige“ Metrik zu finden, in der der Satz des Pythagoras lokal gilt.
    Was die Kugel angeht könnte man alle Punkte der Kugel von dem fehlenden Punkt aus auf die gegenüberliegende Tangentialebene projezieren. Dann definiert man den Abstand zweier Kugeloberfächenpunkte als den normalen Abstand ihrer Projektionen in der Ebene, und damit hat man´s, weil die Ebene halt flach ist.

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