Über die großartige GAIA-Mission habe ich früher schon berichtet. Das Weltraumteleskop der Europäischen Weltraumagentur ESA ist 2013 ins All gestartet um die Milchstraße in einer nie zuvor gekannten Genauigkeit zu katalogisieren. Ebenfalls früher habe ich erklärt wie enorm wichtig solche Kataloge sind, auch wenn sie auf den ersten Blick nicht ganz so sexy erscheinen. Weil es auf den ersten „Blick“ dort nichts zu sehen gibt. GAIAs Job besteht nicht darin, schöne Bilder zu machen. Sondern die Position, Helligkeit und die Geschwindigkeit von so vielen Sternen so genau wie möglich zu bestimmen. Der aus diesen Daten entstehende Katalog wird die Astronomie allerdings noch auf Jahrzehnte hinaus fundamental prägen und verändern.

Bis jetzt haben wir nämlich noch so gut wie keine Daten über die Milchstraße. Das mag ein wenig seltsam klingen angesichts all der Forschungsergebnisse die Astronominnen und Astronomen in den letzten Jahrzehnten produziert haben. Und natürlich hat die Astronomie nicht nichts produziert; ganz im Gegenteil. Aber wir kennen eben nur ein paar hundert bis tausend Sterne wirklich genau und haben von ein paar hunderttausend ausreichend genaue Positions- und Helligkeitsdaten. In unserer Milchstraße befinden sich aber ein paar hundert Milliarden Sterne: Das was wir noch nicht wissen überwiegt das was wir wissen also bei weitem!

GAIA wird mehr als eine Milliarde Sterne genau vermessen. Das ist immer noch nur ein kleiner Bruchteil all der Sterne die da draußen sind – aber dramatisch viel mehr als wir bisher haben. Nach drei Jahren aktiver Arbeit im All hat GAIA kürzlich den ersten Katalog mit Daten veröffentlicht und der zeigt schon, welche Entdeckungen da in Zukunft noch kommen können und werden. Am eindrucksvollsten ist aber dieses „Bild“:

Bild: ESA
Bild: ESA

Dieses Bild (das noch viel hochaufgelöster ist als in dieser kleinen Ansicht sichtbar ist) ist eigentlich gar kein Bild. Es sieht zwar so aus wie eine fotografische Aufnahme der Milchstraße. Man erkennt jede Menge Details: Die Staubwolken die die zentrale Region unserer Galaxis verdecken; die beiden Satellitengalaxien der magellanschen Wolken, usw. Aber es ist trotzdem kein Bild. Sondern eher eine Karte: Dort wo das Bild hell ist, sind viele Sterne zu finden; dort wo es dunkel ist sind weniger. Daten über ein paar Millionen Sterne wurden kombiniert, um diese Karte zu erstellen.

Wie gesagt: Höchst beeindruckend! Und ich bin gespannt, was GAIA in Zukunft noch alles für Informationen liefern wird.

27 Gedanken zu „GAIAs Bild der Milchstraße (das eigentlich kein Bild ist)“
  1. Wie läuft das eigentlich genau ab? GAIA misst Lichtpunkte am Himmel und gibt die Position sehr genau, sowie einige weitere Daten dazu an. Ein halbes Jahr später misst sie die gleiche Stelle noch einmal und ein weiteres halbes Jahr denn noch einmal. Wahrscheinlich auch öfters.

    Worauf ich hinaus will, aus diesen Daten kann man berechnen, wie weit der Stern von der Erde entfernt ist, und wie schnell er sich selber bewegt. Meine Frage ist nun, macht GAIA diese Berechnungen, oder werden die auf der Erde gemacht.

    Es fängt doch schon damit an, herauszufinden ob es sich bei einem Punkt wirklich um den gleichen Stern handelt, den man beim letzten Mal gemessen hat. Sterne verändern sich ja auch, und es könnte ja auch ein Asteroid sein, der sich dann sehr schnell bewegt.

  2. Was sind das für zwei helle Gebilde in der rechten Hälfte, unterhalb der Milchstraße? Schuss ins Blaue eines Laien: die Magellanschen Wolken oder irgendeine andere Zweggalaxie? (please don’t hit me!)

  3. Quizfrage:
    Die Positions- und Parallaxengenauigkeit wird für helle Sterne (bis 15 mag) besser sein als 25 µas (1 µas = 10−6 Bogensekunden) und bei den schwächsten Sternen (bei 20 mag) auf rund 300 µas abfallen.

    Bei einem Messfehler von 20% kann mit Gaia also welche Entfernung für helle und nicht so helle Sterne gemessen werden?

  4. Quizfrage ) Wie genau kann die Entfernung von Proxima Centauri (Alpha Centauri C) mit GIA vermessen werden?
    Eckdaten von Proxima Centauri:
    Scheinbare Helligkeit: 11,05 mag
    Parallaxe: (768,7 ± 0,3) mas
    Entfernung: (4,243 ± 0,002) Lj bzw. (1,301 ± 0,001) pc

    Meine Lösung:
    Die Parallaxengenauigkeit wird für helle Sterne (bis 15 mag) besser sein als 25 µas sein.
    Berechnung relativer Parallaxenwinkelfehler:
    rfw … relativer Fehler Winkel
    rfw=(+/-)25 µas/768,7 mas =(+/-) 3,25 * 10^ (-5)

    Berechnung relativer Entfernungsfehler:
    rfe … relativer Fehler Entfernung
    rfe = -rfw/(1+rfw)
    damit ergibt sich für
    frw= +3,25 * 10^ (-5) ein rfe = -3,2498 * 10^ (-5)
    damit ergibt sich für
    frw= -3,25 * 10^ (-5) ein rfe = 3,2501 * 10^ (-5)
    —————————————————————
    frw … relativer Parallaxenwinkelfehler
    fre … relativer Entfernungsfehler
    —————————————————————

  5. Lösung zur Quizfrage

    Der Kehrwert der Sternparallaxe in Bogensekunden ist die Entfernung in Parsec.
    Ein Parsec entspricht etwa 3,26 Lichtjahren.

    —————————————————————————————————————–
    Die Parallaxengenauigkeit ist für diesen Typ von Stern besser
    als 25 µas (1 µas = 10−6 Bogensekunden)

    Für 125 µas ist der Winkelmessfehler genau (+/-)20%, da (+/-) 25 µas/ 125 µas =0,2

    **** frw … relativer Parallaxenwinkelfehler wird mit 20% angenommen
    **** fre … relativer Entfernungsfehler

    rfe = -rfw/(1+rfw)

    damit ergibt sich für
    frw= +0,2 bzw. +20% ein
    –> fre = -0,167 bzw. -16,7% relativer Entfernungsfehler

    damit ergibt sich für
    frw= -0,2 bzw. -20% ein
    –> fre = 0,25 bzw. 25% relativer Entfernungsfehler
    —————————————————————————————————————-
    Jetzt noch die Frage nach der maximalen Entfernung, bei der ein relativer Parallaxenwinkelmessfehler von 20% noch toleriert wird.
    Diese maximale Entfernung ist relativ einfach zu berechnen. Sie ist gleich 1/125 µas = 8000 pac und entspricht einer Entfernung von 8.000*3,26 = 26,08 Lichtjahren.
    Das Zentrum der Milchstraße ist etwa 26.000 Lichtjahre von der Erde entfernt.

    Für schwächsten Sternen (bei 20 mag) beträgt die maximale Entfernung, bei der ein relativer Parallaxenwinkelmessfehler von 20% noch toleriert wird, gleich 2.173 Lichtjahre, also rund um den Faktor 12 kleiner als bei sehr hellen Sternen.

  6. @Karl-Heinz:

    Sie ist gleich 1/125 µas = 8000 pac und entspricht einer Entfernung von 8.000*3,26 = 26,08 Lichtjahren.

    Äh? Achttausend mal dreikommazweisechs ist sechsundzwanzigkommanullacht?

    1. @Bullet
      Habe Fehler absichtlich eingebaut, weil ich wissen wollte wer so was liest 😉
      Na im Ernst. Muss natürlich heißen 8000*3,26=26.080 Lichtjahre oder 26 Tausend Lichtjahre.
      DANKE FÜR HINWEIS.

  7. Was mich interessieren würde, ist die Systematik, wie die Daten gesammelt werden. Die Milchstraße wird wohl nicht einfach einmal von links nach rechts gescannt, oder? Wäre dann ja blöd, wenn es bei der Hälfte zu einem Defekt kommt. Aber die Sektoren nach dem Zufallsprinzip abzutasten stelle ich mir auch unökonomisch vor. Wie geht man da vor?

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