Die Internationale Raumstation ISS ist der bisher größte und bester Versuch der Menschheit im Weltall zu leben und zu erforschen. Die ISS ist vielleicht nicht das, was sich die Pioniere der Raumfahrt zu Beginn des letzten Jahrhunderts erträumt haben. Aber auf ihre ganz eigene Art ist sie mindestens so beeindruckend wie die großen Visionen der Vergangenheit.
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Transkription
Sternengeschichten Folge 203: Die Internationale Raumstation
In den letzten beiden Folgen der Sternengeschichten habe ich über die fiktiven und realen Raumstationen der Vergangenheit gesprochen. Heute möchte ich von der Raumstation erzählen, die unseren bisher besten und größten Versuch darstellt, im Weltall zu leben und zu forschen. Von der Internationalen Raumstation, der International Space Station oder einfach nur ISS.
Im Gegensatz zu den Raumstationen der Vergangenheit wie dem Skylab oder der Mir war die ISS von Anfang an als internationales Projekt gedacht. Begonnen hat die Geschichte aber auch hier noch während des kalten Krieges zwischen der USA und der Sowjetunion als nationales Projekt der Amerikaner. Nachdem die NASA zu Beginn der 1980er Jahre erfolgreich ihre Space Shuttles ins Weltall fliegen konnte, war der Bau einer Raumstation der nächste logische Schritt. 1984 verkündete der damalige Präsident der USA Ronald Reagan, innerhalb des nächsten Jahrzehnts eine ständig bewohnbare Station im All zu bauen.
1985 entschied man sich, die Station nicht alleine zu bauen und Kanada, Japan und die Europäische Raumfahrtagentur ESA haben sich dem Projekt angeschlossen. Die Raumstation sollte den Namen Freedom, also „Freiheit“ tragen.
Dann endete im Jahr 1989 der kalte Krieg und auch Russland beteiligte sich an der Kooperation. „Freedom“ wurde nun Space Station Alpha genannt und Russland und die ESA planten das „Shuttle-Mir-Programm“ zum Aufbau und der Vorbereitung auf das gemeinsame Projekt. 1993 war das Programm aber wieder ein wenig eingeschlafen und US-Präsident Bill Clinton versuchte es wieder ein wenig intensiver zu betreiben. Jetzt wollte man die Station einfach nur noch „Alpha“ nennen, was Russland aber nicht wollte – immerhin hatten sie in der Vergangenheit schon viele Stationen gebaut und die neue wäre nicht ihre erste. Bis 1998 schlossen sich neben Russland, den USA, Japan und Kanada insgesamt 11 europäische Länder dem Projekt an und auch Brasilien wollte sich beteiligen. 1998 begann dann schließlich der Bau der Station die nun den Namen trug, der tatsächlich bleiben sollte: International Space Station.
Am 20. November 1998 wurde das erste Bauteil der ISS ins All gebracht. Dem Fracht- und Antriebsmodul Sarja dass Russland in den Weltraum schickte folgte zwei Wochen später der von den USA gebaute Verbindungsknoten Unity, der den amerikanischen mit dem russischen Teil verbinden sollte. Im Jahr 2000 schickten die Russen das Wohnmodul Swesda zur Baustelle im All und ein Space Shuttle lieferte Ausrüstung und Lebensmittel. Im November 2001 flog dann schließlich die erste Langzeitbesatzung zur Station. Die Mannschaft der ISS-Expedition 1 bestand aus dem Amerikaner William McMichael Shepherd und den Russen Juri Pawlowitsch Gidsenko und Sergei Konstaninowitsch Krikaljow. Sie nahmen die ISS in Betrieb, testen alle Systeme und führten diverse medizinische und biologische Experimente durch. Außerdem betrieb die Crew erste Forschungsarbeiten zur Erdbeobachtung und untersuchte unter anderem das Wetterphänomen El Nino. Nach 140 Tagen flogen die Astronauten zurück zur Erde und der Kommandant fasste die Mission mit diesen Worten zusammen:
„Wir bezogen einen unbewohnten Außenposten und besitzen jetzt eine voll funktionsfähige Station, in der die nächste Besatzung Forschung betreiben kann.“
Die ISS war nun zwar funktionstüchtig, aber noch lange nicht fertig. In den folgenden Jahren wurden weitere Module ins All gebracht und die Station immer größer. Die USA brachten im Februar 2001 zum Beispiel Destiny zur ISS, ein 8,5 Meter langes und 4,3 Meter durchmessendes Labormodul. Dort können eine Vielzahl verschiedener wissenschaftlicher Experimente durchgeführt werden, ebenso wie in Columbus, Europas größtem Beitrag zur ISS. Columbus ist ein Raumlabor mit fast 7 Meter Länge und 4,5 Meter Durchmesser, das im Februar 2008 an die Station gekoppelt wurde. Auch Japan hat ein eigenes wissenschaftliches Labor zur ISS geschickt: „Kibo“, das im März 2008 angebaut wurde.
Eine besonders interessante Erweiterung gab es im Jahr 2010. Da brachte das Space Shuttle Endeavour Cupola zur Station. Cupola ist eigentlich nichts anderes als eine große Aussichtsplattform. Die fast 3 Meter durchmessende und 1,5 Meter hohe Kuppel besitzt sechs Fenster und dazu noch ein großes Fenster oben am Dach. Das Modul bietet Platz für zwei Personen die von dort einen Rundumblick ins Weltall genießen können. Cupola dient allerdings nicht nur zur Entspannung der Crew sondern vor allem der Beobachtung von Erde und Weltraum. Ein Großteil der beeindruckenden Bilder die wir von den Missionen der ISS-Astronauten zu sehen bekommen, wurden von Cupola aus gemacht.
Die ISS hat aber noch mehr sehr spezielle Bauteile. Den Roboterarm Canadarm2 zum Beispiel, der vom Destiny-Labor aus gesteuert und mehr als 100 Tonnen Masse bewegen kann. Oder AMS, das Alpha-Magnet-Spektrometer: Ein Teilchendetektor der direkt im All die kosmische Strahlung untersuchen kann. Im April 2016 wurde auch BEAM an die ISS gekoppelt. Das steht für „Bigelow Expandable Activity Module“ und ist im Wesentlichen eine aufblasbare Erweiterung der Station. Verpackt ist BEAM nur wenig mehr als 2 Meter lang und breit; mit Druckluft aufgeblasen ist es 4 Meter lang und 3 Meter im Durchmesser. BEAM wurde an der ISS im Mai 2016 erfolgreich installiert und aufgeblasen und soll dort nun zwei Jahre lang aktiv und benutzbar sein. Wenn sich diese Technik als erfolgreich erweist, stehen uns in Zukunft ganz neue Möglichkeiten für den Bau von Raumstationen zur Verfügung. Dann könnten vielleicht irgendwann einmal ganze Stationen im Weltall „aufgeblasen“ werden.
Aber noch ist die ISS die einzige große Station die wir haben. Und groß ist – auf jeden Fall im Vergleich mit den früheren Stationen – eine durchaus angemessene Beschreibung. Sie hat eine Spannweite von 109 Metern, ist 98 Meter lang und 30 Meter breit. Sie hat eine Masse von 455 Tonnen und bietet den Astronauten ein Volumen von 910 Kubikmetern. Seit sie ihre endgültige Größe erreicht hat, gehört die ISS zu den hellsten Objekten am Nachthimmel und ist auch mit freiem Auge mehr als deutlich sichtbar. Man muss allerdings im richtigen Moment hinsehen: Für eine Runde um die Erde braucht die durchschnittlich 400 Kilometer hoch fliegende Station nur wenig mehr als 90 Minuten. Sie saust also regelrecht über den Himmel und ist bei jedem Überflug immer nur kurz zu sehen.
Seit dem 2. November 2000 ist die ISS permanent von Menschen bewohnt. Über 200 Menschen aus 18 Nationen haben die Station schon besucht. Wie viele es am Ende sein werden, ist ungewiss. Ob und wie lange die Raumstation noch betrieben wird, hängt vor allem vom Willen der sie finanzierenden Nationen ab. Wenn man sie weiterhin ausbaut, renoviert und mit Ausrüstung versorgt spricht nichts dagegen sie noch lange als Außenstation der Menschheit im Weltraum zu nutzen. Und wenn man in Zukunft irgendwelche anderen großen Projekte im All durchführen will, ist das auch dringend nötig. Zumindest dann, wenn an diesen Projekten Menschen beteiligt sein sollen. Um zu wissen, ob Menschen die physischen und psychischen Strapazen beispielsweise einer Mission zum Mars überstehen, braucht es entsprechende medizinische und biologische Langzeitforschung die nicht auf der Erde durchgeführt werden kann. Wenn wir Habitate auf anderen Himmelskörpern bauen wollen oder neue Raumsonden die zu neuen Zielen fliegen sollen, müssen wir Material und Technik im Weltall testen können.
Wenn wir Menschen auch in Zukunft im Weltall aktiv sein wollen, brauchen wir einen Außenposten wie die ISS. Wir können uns nur Schritt für Schritt ins Sonnensystem vorarbeiten und für den ersten Schritt brauchen wir eine Raumstation in der Umlaufbahn unseres Planeten. Die ISS ist bei weitem nicht das, was sich die Pioniere der Raumfahrt zu Beginn des letzten Jahrhunderts vorgestellt haben. Sie ist keine der grandiosen Science-Fiction-Welten die hunderten oder tausenden Menschen eine dauerhafte Heimat bieten kann, keine künstliche Welt mit künstlicher Gravitation. Aber sie ist ein erster Schritt. Und auf ihre ganz eigene Art nicht weniger beeindruckend als das, was man sich früher erträumt hat.
zu Cupola: … dazu noch ein großes Fenster oben am Dach.
wir wir hier auf der Erde doch immer an oben und unten gewöhnt sind. ist das grosse fenster nicht ‚unten‘ damit man die Erde sehen kann???
grüssle mit 1G
Wenn du ganz exakt sein willst, musst du nautisch korrekt von „Bug“, „Heck“, „Backbord“ und „Steuerbord“ reden, hinzu kommen „Nadir“ und „Zenit“.
Cupola ist übrigens an Nadir angekoppelt, um eben die Erde sehen zu können. Ob die Profis auch vom „Dach“ reden, weiß ich gerade nicht, aber mit diesem Dach ist lediglich das von Cupola gemeint. Wer also die Kuppel betritt, hat vor sich ein zentrales Fenster und sechs weitere, schräg im Kreis darum angeordnet. Das Zentralfenster kann man als im „Dach“ befindlich betrachten.
leichtes OT @ FF:
„Observable Universe contains ten times more galaxies than previously thought“
https://www.spacetelescope.org/news/heic1620/
schreibst du noch was dazu? ich finde die meldung höchst verwirrend und unklar; konnte bis jetzt nicht rausfinden, ob die sich auf die vergangenheit und/oder gegenwart beziehen.
@DKT: Wie ich letztens erwähnte: ich mach gerade Urlaub. Vielleicht später.
seit ich sevenEves gelesen habe, vermisse ich auf jedem foto amalthea an izzy’s bug…
@FF: ups, sorry; hatt ich nich ganz mitgeschnitten, mea culpa. und danke.