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sb-wettbewerb

Das sagt der Autor des Artikels, Marcus über sich:
Keine Angabe

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Das 3-Zonen-Modell – Ein Mobilitätskonzept für die Stadt der Zukunft mit der Technologie von heute

Städte sind heute für viele Menschen so attraktiv wie nie. Dies belegen die stetig wachsenden Bevölkerungszahlen in unseren Großstädten. Die Gründe sind hierbei vielfältig: Ein gute Infrastruktur, ein reichhaltiges Angebot an Unterhaltungs- und Bildungsmöglichkeiten, kurze Wege und vielfältige Shopping- und Einkaufsmöglichkeiten können hier beispielhaft genannt werden.

Aber unsere Städte werden auch durch diverse Umweltprobleme geplagt. Mehrmals jährlich ist z.B. in Stuttgart Feinstaubalarm. In den Sommermonaten kühlen die Innenstädte kaum noch ab, weshalb immer mehr vor allem ältere Leute Kreislaufprobleme bekommen. Das Verkehrsaufkommen wächst, und damit verbunden die Belastung mit Abgasen. Der immanente Verkehrslärm führt zu weiterem Stress. Zusätzlich werden riesige Fläche für Straßen, Parkplätze und andere Infrastruktur benötigt. Das Radfahren ist aufgrund der vielen PKW und LKWs gefährlich und Fußgänger müssen teils große Umwege nehmen, um eine vierspurige Hauptstraße sicher überqueren zu können.

Um diese Probleme zu lösen, sind radikalere Änderungen als nur Umweltzonen oder Tempolimits notwendig. Genau aus diesem Grund möchte ich hier das 3-Zonen-Modell für Großstädte vorstellen. Hierbei handelt es sich um ein (Verkehrs-)Konzept, wie die Stadt der Zukunft aussehen kann, um den genannten Problemen effektiv entgegenzuwirken. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf die Möglichkeiten, welche die Elektromobilität bietet.

Das 3-Zonen-Modell mit Darstellungen von typischen Stadtvierteln am Beispiel von Berlin. Lizenz: Eigene Darstellung. Fotos: siehe Lizenz/Autor unter den jeweiligen Fotos.
Das 3-Zonen-Modell mit Darstellungen von typischen Stadtvierteln am Beispiel von Berlin. Lizenz: Eigene Darstellung. Fotos: siehe Lizenz/Autor unter den jeweiligen Fotos.

Das Besondere am 3-Zonen-Modell ist, dass sämtliche, dafür benötigten Technologien heute bereits verfügbar sind. Es handelt sich also keinesfalls um Science-Fiction, sondern um die konsequente Ausnutzung heute real existierender Lösungen. Um dies zu belegen, werde ich immer auch vorhandene Fahrzeuge benennen, die bereits heute oder in naher Zukunft erworben werden können. Jede Zone weist dabei eine typische Infrastruktur auf, welche wiederum bestimmte Transportmittel erfordert.

Der graue Bereich, also die Umgebung einer Stadt bzw. „Surrounding Area“, ist nicht Teil des 3-Zonen-Modells, weshalb für dieses Gebiet keine Einschränkungen gelten. Hier handelt es sich z.B. um umliegende Dörfer, Kleinstädte oder Industriegebiete. Diese sind über Bahnlinien, Landstraßen und Autobahnen mit der Stadt verbunden. Typisch für diese eher ländlichen Gegenden werden auch weiterhin PKW mit Verbrennungsmotoren sein, wobei es sich idealerweise um Hybridfahrzeuge oder andere umweltfreundliche Fahrzeuge handelt. Gleiches gilt für Busse und LKW. Dennoch könnten gerade Brennstoffzellenfahrzeuge aufgrund ihrer hohen Reichweite und relativ geringen Betankungszeit ebenfalls in diesen Gebieten eine wichtige Rolle spielen.

Das brandenburgische Dorf Bralitz als Beispiel für den grauen Bereich „Surrounding Area“. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bralitz_von_Westen.jpg Lizenz: GNU FDL. Autorin: Eva Kröcher
Das brandenburgische Dorf Bralitz als Beispiel für den grauen Bereich „Surrounding Area“. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bralitz_von_Westen.jpg Lizenz: GNU FDL. Autorin: Eva Kröcher

Die grüne Zone oder „Suburban Area“ umfasst vor allem Wohn- und Gewerbegebiete am Stadtrand. Hierfür typisch sind beispielsweise Reihenhaussiedlungen, ausgedehnte Gewerbefläche oder Neubausiedlungen mit Hochhäusern. Da diese Gebiete relativ jung sind, sind sie häufig bereits auf den Platzbedarf von Autos ausgelegt. Die Abstände zwischen Wohnungen, Einkaufsmöglichkeiten oder dem Arbeitsplatz sind vergleichsweise hoch, sodass die Individualmobilität hier eine hohe Relevanz hat. Für diese Zone gelten bereits erste Einfahrbeschränkungen. PKW dürfen in dieser Zone nicht mehr nur über einen Verbrennungsmotor verfügen. So muss es sich bei den PKW zwingend um einen Hybrid, Plug-In-Hybrid (PHEV), oder noch besser, um ein reines Elektroauto handeln. Zusätzlich sind Erdgasfahrzeuge (aufgrund des sehr geringen Schadstoffausstoßes und der im Vergleich zum Dieselmotor geringen Geräuschentwicklung) erlaubt. Dies gilt ebenso für Busse, Transporter und LKW. Exemplarisch seien hier folgende Modelle genannt:

    PKW: Toyota Prius, VW Passat GTE, Mercedes-Benz B 200 c
    Transporter: Fiat Ducato Natural Power, VW Caddy TGI
    Busse: Volvo 7900 Hybrid, Mercedes-Benz Citaro NGT
    LKW: Mercedes-Benz Econic NGT, Fuso Canter Eco Hybrid

Hochhäuser in Hohenschönhausen in Berlin als Beispiel für die rote Zone „Suburban Area“. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Neu-Hohensch%C3%B6nhausen_Zingster_Stra%C3%9Fe_01.jpg Lizenz: GNU FDL. Autor: Christian Liebscher
Hochhäuser in Hohenschönhausen in Berlin als Beispiel für die rote Zone „Suburban Area“. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Neu-Hohensch%C3%B6nhausen_Zingster_Stra%C3%9Fe_01.jpg Lizenz: GNU FDL. Autor: Christian Liebscher

Wer vom Umland in die rote Zone einfahren möchte, der muss entweder über ein oben genanntes Fahrzeug verfügen oder am Stadtrand in ein Carsharing-Fahrzeug umsteigen. Alternativ gibt es S-Bahn-Stationen mit Park+Ride-Möglichkeiten sowie Fahrradautobahnen in die Innenstadt. Da verständlicherweise nicht jeder sein Fahrrad bei einem Stadtbesuch in sein Auto laden kann, gibt es natürlich auch E-Bike-Sharing-Stationen am Stadtrand. Roller, Motorräder oder Quads mit Zweitaktmotor sind dagegen komplett verboten – ähnlich so, wie es in China bereits seit einigen Jahren in vielen Städten der Fall ist.

In der gelben Zone spielt Car-Sharing mit Elektroautos eine wichtige Rolle. Eigene Darstellung.
In der gelben Zone spielt Car-Sharing mit Elektroautos eine wichtige Rolle. Eigene Darstellung.

Kommen wir zur gelben Zone – der „Inner City“. Diese zeichnet sich durch eine relativ enge Bebauung aus, wobei auch hier noch vergleichsweise breite Straßen dominieren. Da meist die Parkplatzfläche knapp ist, wird für diese Zone eine City-Maut verlangt, um das Verkehrsaufkommen zu reduzieren. Um die Einfahrt zusätzlich zu beschränken, sind hier ausschließlich Fahrzeuge mit Elektro- oder Brennstoffzellenantrieb erlaubt. Dazu zählen auch PHEVs, die dann aber im Elektromodus gefahren werden müssen.

Prenzlauer Berg in Berlin als Beispiel für die gelbe Zone „Inner City“. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kastanienallee,_U-Bhf_Eberswalder_Str,_Konnopke.jpg Lizenz: GNU FDL. Autor: Abaris
Prenzlauer Berg in Berlin als Beispiel für die gelbe Zone „Inner City“. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kastanienallee,_U-Bhf_Eberswalder_Str,_Konnopke.jpg Lizenz: GNU FDL. Autor: Abaris

Die Inner City verfügt dafür über ein umfassendes ÖPNV-Angebot, bestehend aus S-, U- und Straßenbahn. Elektro- und Brennstoffzellenbusse ergänzen die Transportmöglichkeiten. Waren werden über Elektrotransporter und –LKWs transportiert. Das Aufkommen an Pedelecs, E-Bikes und Elektrorollern ist in dieser Zone bereits deutlich höher als in der roten Zone, da es für diese Fahrzeuge auch viele Ladestationen und Sharing-Angebote gibt. Gleiches gilt für das Car-Sharing mit Elektroautos. Bestimmte Bereiche werden zusätzlich bereits für Autos gesperrt und sind nur für Fußgänger und Fahrradfahrer zugänglich. Typische Fahrzeuge für diese Zone sind z.B.:

    Roller, Quads: BMW C evolution, Renault Twizy
    PKW: BMW i3, Toyota Mirai, smart fortwo electric drive
    Transporter: Renault Kangoo Z.E., Nissan e-NV200 Evalia, StreetScooter Work
    Busse: BYD ebus, Mercedes-Benz Citaro FuelCELL-Hybrid
    LKW: Orten E 75 AT, Mercedes-Benz Urban eTruck

Die grüne Zone – oder das „City Center“, weist im 3-Zonen-Modell die radikalsten Veränderungen auf. Die Devise ist hier: Keine Autos in der Stadtmitte! Die Straßen werden zurückgebaut und in breite Fußgängerzonen und Radwege verwandelt. Parkplätze können zu Grünanlagen und Spielplätzen transformiert werden. Ehemalige Hauptstraßen werden zu grünen Promenaden. Die Innenstadt wird so zu einer riesigen, ruhigen und sauberen Fußgängerzone. Die Lebensqualität in diesem Gebiet kann somit enorm gesteigert werden.

Segways und vergleichbare Fahrzeuge sind in der grünen Zone ein verbreitetes Fortbewegungsmittel. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Segway_PT_%282006%29.jpg Lizenz: Creative Commons Attribution 2.0 Generic. Autor: Richard
Segways und vergleichbare Fahrzeuge sind in der grünen Zone ein verbreitetes Fortbewegungsmittel. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Segway_PT_%282006%29.jpg Lizenz: Creative Commons Attribution 2.0 Generic. Autor: Richard

Da natürlich auch hier der Bedarf nach Mobilität und Warentransport besteht, gibt es gut ausgebaute Radwege. Für Transportaufgaben werden vermehrt Lastenfahrräder eingesetzt. Segways, Elektroscooter und andere Kleinstfahrzeuge mit oder ohne Elektromotor ergänzen das Potpourri an Mobilitätslösungen. Für größere Lasten dürfen emissionsfreie LKW und Transporter zu bestimmten Zeiten das City Center ansteuern und die Läden beliefern – so, wie es heute bereits in Fußgängerzonen der Fall ist.

Die Hackeschen Höfe in Berlin-Mitte als Beispiel für die grüne Zone „City Center“. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hackesche_H%C3%B6fe_Berlin1.JPG Lizenz: Public domain. Autor: Schlaier
Die Hackeschen Höfe in Berlin-Mitte als Beispiel für die grüne Zone „City Center“. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hackesche_H%C3%B6fe_Berlin1.JPG Lizenz: Public domain. Autor: Schlaier

Neben dem ÖPNV-Schienennetz fahren elektrische Kleinstbusse durch das City Center – in naher Zukunft vielleicht auch schon autonom. Typische Fahrzeuge für diese Zone sind daher:

    Kleinstfahrzeuge: Segway i2, Pedalpower E-Harry, Revoluzzer 2.0
    Kleinstbusse: Navya Arma
    Kleintransporter: mia K

Für alle Zonen gelten natürlich auch bestimmte Ausnahmen: Krankenwagen, Feuerwehr und Polizei sind von den Beschränkungen ausgenommen, wobei auch hier sukzessive auf umweltfreundliche Fahrzeuge umgestellt werden sollte. Ausnahmen soll es ebenso für Menschen mit eingeschränkter Mobilität geben. Oldtimerbesitzer dürfen mit ihren Fahrzeugen zumindest noch in die gelbe Zone vordringen.

Das 3-Zonen-Modell scheint auf den ersten Blick einen enormen Bauaufwand nach sich zu ziehen. Doch das Konzept versteht sich nicht als Revolution, sondern als Evolution der Stadt. Ein Beispiel: Anstatt die Straßen im City Center zu erneuern, könnte hier sukzessive mit dem Rückbau begonnen werden. Eine zunächst noch kleine Fußgängerzone könnte nach und nach wachsen und eine immer größer werdende Fläche einnehmen. Um die Autos aus der Innenstadt zu entfernen, können höhere Parkgebühren, Sonntagsfahrverbote oder eine City Maut eingeführt werden. In Städten wie Berlin, in denen viele Innenstadtbewohner bereits heute auf ein eigenes Auto verzichten, wären die Auswirkungen vermutlich geringer als man zunächst befürchten würde. Zeitgleich muss der ÖPNV entsprechend an Attraktivität gewinnen, um eine akzeptable Alternative zu schaffen. Eine bessere Pünktlichkeit, geringe Taktzeit und andere Maßnahmen müssen dafür umgesetzt werden. Auch preislich muss der ÖPNV an Attraktivität zulegen. Weiterhin ist ein massiver Ausbau an Lademöglichkeiten erforderlich, vor allem in der gelben Zone, um die Vielzahl an Elektrofahrzeugen laden zu können. Auch hierfür gibt es bereits viele Technologien, die dies ermöglichen, wie bspw. Steckdosen an Laternen oder Stationärspeicher als Puffer für Gebiete mit einem zu schwachen Stromnetz.

Die Technik ist also vorhanden – jetzt kommt es auf die Umsetzung an! Mit dieser kann sofort begonnen werden, damit in 10, 20 oder 30 Jahren unsere Innenstädte noch lebenswerter als bereits heute sind.

49 Gedanken zu „Das 3-Zonen-Modell – Ein Mobilitätskonzept für die Stadt der Zukunft mit der Technologie von heute“
  1. Ein verständliches Konzept mit einem erstrebenswerten Ziel. Ich sehe die Schwierigkeiten in der Umsetzung dann weniger in der Technik und Machbarkeit als in der Politik und den sogenannten Sachzwängen.
    z.B. müsste sich das Fahrverhalten der Leute gehörig ändern. Viele möchten heute immer noch am liebsten mit ihrem Auto bis ins Geschäft fahren und sehen jeden Schritt zu Fuß bzw. ein Umsteigen auf ÖPNV oder andere Fahrangeboten als Herabwürdigung ihrer persönlichen Freiheit an. Da wird noch ein hartes Stück Aufklärungsarbeit von Nöten sein.

  2. interessant. Ich habe vor einiger Zeit etliche Posts eines amerikanischen Bloggers gelesen, der noch strikter argumentiert, dass im Prinzip nur deine City-Center Zone lebenswert für Menschen ist (und schon immer waren, diese Zersiedlung setzte ja erst mit den Automobilen ein).
    Wen das auch interessiert: Ein guter Überblick gibt dieser Artikel: https://www.newworldeconomics.com/archives/2009/101109.html

    Sein Archiv zu dem Thema gibt es hier:
    https://www.newworldeconomics.com/archives/tradcityarchive.html

  3. Hallo RPGNo1 und Herr M.,
    vielen Dank für die Kommentare.
    Ich denke auch, dass die größten Herausforderungen sein werden, die Politik zum Handeln zu bewegen und das in der Gesellschaft verankerte Verständnis von Mobilität zu verändern.
    Möglicherweise werden solche Veränderungen erst in kleineren Städten stattfinden, bevor sich diese auf Metropolen auswirken.

    Da leider die Info über mich, den Autor, verloren gegangen ist, möchte ich diese hier noch nachholen:
    Ich bin Marcus Zacher, Ingenieur im Bereich der Elektromobilität, und betreibe seit diesem Jahr einen kleinen Blog über eben dieses Thema: https://www.generationstrom.wordpress.com

    Grüße
    Marcus

  4. Eine verlockende Vision, in der Tat. Ich denke, die Tendenz geht da hin, aber es wird natürlich wieder ein mühsam zusammengestoppeltes Stückwerk werden, garniert mit einigen veritablen Schildbürgerstreichen.

    Meine Vision sind kleine Individual-Kabinen, die sich automatisch zu größeren Verbänden zusammenschließen können. So könnte man Tür zu Tür fahren und trotzdem alle verkehrstechnischen Synergien mitnehmen.

  5. @Dampier

    Meine Vision sind kleine Individual-Kabinen, die sich automatisch zu größeren Verbänden zusammenschließen können.

    So etwas in der Art schwebt mir auch seit längerem vor. Im Moment scheitert so etwas ganz grundlegend noch an versicherungstechnischen bzw haftungsrechtlichen Problemen, da das vorderste Fahrzeug ja die Verantwortung für den gesamten Verbund übernehmen müsste. Sobald dieses Fahrzeug aber von einer KI gesteuert wird, bei der der Hersteller die Haftung übernimmt (z.B. verspricht Volvo für Fehler seines Fahrassistenzsystems zu haften), ist diese Hürde dann schonmal genommen.

  6. da das vorderste Fahrzeug ja die Verantwortung für den gesamten Verbund übernehmen müsste.

    Muss das so sein? Wahrscheinlich werden die Kabinencluster eh aus der Cloud gesteuert …

    Und auf der heutigen Autobahn bist du verantwortungslosen Vollpfosten mindestens genauso ausgeliefert. Die haben sogar sehr viel mehr Freiheitsgrade als algorithmengesteuerte Fahrkabinen.

  7. @dampier

    Muss das so sein? Wahrscheinlich werden die Kabinencluster eh aus der Cloud gesteuert …

    Ich hatte dabei erst einmal an konventionelle Fahrzeuge (v.a. LKW) gedacht, die per elektronischer Deichsel gekoppelt werden und so den Windwiderstand verringern und den Verkehrsdurchsatz auf der Strasse erhöhen. Wenn da aber noch ein menschlicher Fahrer vorne am Steuer sitzt, dann steuert der ja die ganze Kolonne und trägt die Verantwortung.

    Aus der Cloud werden Fahrzeuge vermutlich eher nicht gesteuert werden. Ein autonomes Fahrzeug muss ja unmengen Daten verarbeiten und binnen Millisekunden Entscheidungen treffen. Bei einer Steuerung aus der Cloud wäre die Latenz und das Ausfallrisiko zu hoch.

    Autonome Fahrzeuge werden aber vermutlich miteinander kommunizieren z.B. um sich gegenseitig vor Gefahren zu warnen.

  8. Was bei all diesen und ähnlichen Visionen immer wieder bewusst oder unbewusst unterschlagen wird, es wird mittel-, möglicherweise sogar langfristig eine hübsche Utopie bleiben, mehr nicht. Das Problem hat nämlich rein gar nichts mit technischen Möglichkeiten zu tun. Diese sind seit geraumer Zeit gegeben. Es wird aus dem selben Grund nicht klappen, aus dem bis 2020 keine 1.000.000 Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen sein werden. Und aus dem es auch völlig utopisch ist, bis 2030 sämtliche Neuzulassungen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren zu untersagen.

    Schön ist so eine neue Welt nämlich nur für diejenigen, die es sich leisten können. Und das sind in unserer heutigen Gesellschaft immer weniger Menschen. Und da ist auch keine Umkehr der Tendenz abzusehen, im Gegenteil.
    Wer soll sich denn all diese neuen, teuren Farzeuge leisten können? Immer mehr Menschen sind schon heute Geringverdiener. Die können sich schon heute kaum ein neuwertiges Fahrzeug leisten. Sondern fahren ihre Fahrzeuge solange es nur irgendwie geht. Durchgehende Wartung? Kaum bezahlbar. Also ignoriert man kleine Mängel wie z.B. abgefahrene Reifen, verschlissene Stoßdämpfer etc.
    Und wenn dann doch mal ein neues Fahrzeug gebraucht wird, dann ist es ein 10 Jahre alter Gebrauchter, oder noch älter.

    Wie sollen sich diese Menschen denn mal eben ein Elektrofahrzeug leisten? Und zusätzlich noch Tickets für den Nahverkehr, weil sie ja mit ihrem Fahrzeug trotzdem nicht überall hindürfen? Und nicht zu vergessen das Ticket für den Fernzug, falls es mal zur Familienfeier am anderen Ende der Republik geht?
    Und genau da ist das Problem: es gibt eben noch keine alternative Fahrzeugtechnik, die dem guten alten Verbrennungsmotor auch nur ansatzweise das Wasser reichen kann. Denn dazu gehört auch, dass vor allem günstige Fahrzeuge für alles taugen müssen. Für die tägliche Fahrt zur Arbeit ebenso wie für die Fahrt zum Einkaufen, den Wochenendausflug mit Familie und Gepäck oder den Transport des nächsten Baumarkteinkaufs.

    Viel wichtiger, als den Drang zu mehr Urbanisierung mit technischen Lösungen zu unterstützen, fände ich, Anreize zu bieten, die das Gegenteil bewirken. Megastädte sind keine erstrebenswerte Utopie.

  9. Erstens, es gibt gute Alternativen. Mit dem E Bike durch die Stadt ist meist auch schneller als mit dem Auto.

    Zweitens, öpnv sind um Längen billiger als auch das billigste zehn Jahre alte Auto. Wer kein Geld hat und in der Stadt lebt, kann das Auto abschaffen. Dass ein altes Auto billig ist, ist eine illusion: je älter das Auto, um so mehr Reparaturen braucht es. Aber das wird gerne vergessen.

  10. Nun ja, aber wieviel Platz gewinnt man dadurch, dass diese automatisch verkehrende Autos Stoßstange an Stoßstange fahren können. Verdoppelt man damit die Zahl der Autos, die auf die Straße passen? Mehr als Verdreichachung wäre es aber meines Erachtens eher nicht. Mit anderen Worten: Mit einem guten ÖPNV könnte diese Lösung immer noch nicht mithalten.

    Im übrigen bin ich nach wie vor nicht vollends von der Lösung „Elektromobilität“ überzeugt. Der Strom muss schließlich auch erst einmal hergestellt, transportiert und gespeichert werden. Das braucht sehr viel Erzeugungskapazitäten, Ladeinfrastruktur plus schweren Akkus, deren Herstellung zusätzlich noch mit schweren Umweltschäden verbunden sein wird.

    Leider bleibt die Erklärung für die Elektromobilität meist bei „sauberer“, „besser“ und „Zukunftstechnologie“ stecken.

  11. @André:

    Wenn es politisch gewollt sein sollte, wird das so laufen wie gerade vom Bundesrat vorgeschlagen: Dessen Idee zufolge würden ab 2030 keinerlei Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr eine Zulassung bekommen. Altfahrzeuge dürften allerdings unbegrenzt weiter genutzt werden dürfen.

    Was das für Oldtimer-Besitzer bedeuten würde, wenn wegen steigender Zahlen an Elektrofahrzeugen reihenweise Tankstellen schließen würden, überlasse ich dabei den Betroffenen. Letztlich müsste man das natürlich als „Einzelschicksale“ einstufen.

  12. @Captain E.:

    Im übrigen bin ich nach wie vor nicht vollends von der Lösung “Elektromobilität” überzeugt.

    Mal von den ganzen Gründen abgesehen, die du nennst: Wenn sich nicht grundsätzlich was an unseren Mobilitätskonzepten ändert, stehen wir dann halt alle mit Elektroautos im Stau …

  13. Stellt euch doch vor, diese Autos zu einer verzweigten Bahnlinie zusammen zu kuppeln.

    Es gibt Plätze, ich nenne sie mal Bushaltestellen, da stehen sie rum und man kann einsteigen. Unterwegs kuppeln die sich an andere Minibusse und halten in zentralen Lagen an einer Art Bahnsteig, oder großen Bushaltestellen. Auf dem Weg nach draußen trennen die sich wieder.
    Weil der Fahrplan von einem selbstlernenden Algorithmus verwaltet wird, steigen oder sinken die Kapazitäten dynamisch von Woche zu Woche durch schlaue Anpassungen im Fahrplan.

    Da der Algorithmus schnell lernt und unsere Smartphones verfolgt, mit denen wir auch zahlen, entstehen auch dynamisch neue Routen oder verschwinden wieder.

    An den Endhaltestellen stehen kleine Viererkabinen für die letzte Meile.

    Natürlich hat das System absolute Vorfahrt in der ganzen Stadt und auch die Ampeln springen auf Grün wenn der Buszug kommt.

    Platz ist überall da wo heute Parkplätze sind: die braucht man dann nicht mehr und werden zu Haltestellen. Dadurch werden auch automatisch die altmodischen Autos aus der Stadt vertrieben.

  14. @Anderas

    Erstens, es gibt gute Alternativen. Mit dem E Bike durch die Stadt ist meist auch schneller als mit dem Auto.

    Das Problem ist, dass man seine Einkäufe (z.B. Getränkekästen) mit einem Fahhrad, aber auch im ÖPNV, nicht gut transportieren kann, und wenn dann das Wetter mies ist, mag man doch lieber Auto fahren. Und im ÖPNV sind nicht alle Ziele in erträglicher Zeit erreichbar, in kleinen Städten gibt es nur sternförmige Routen, man kommt schlecht von der Peripherie in die Peripherie.

    Außerdem spielt der Sicherheitsaspekt eine Rolle. Wir sind in einer Großstadt dann auch schon mal spätabends nicht mehr mit der U-Bahn rausgefahren, aus Angst vor Gewalttätern. Ich bin auch erst einmal bestohlen worden, in einer U-Bahn.

    Eine Verkehrslösung muss all diese Aspekte mit berücksichtigen. Am Ende wäre dann doch wieder so etwas wie ein Auto oder Taxi nötig, das individuell und schnell verfügbar, sicher und sauber ist. Wenn auch nicht unbedingt in der eigenen Garage stehen muss. Ein automatisches Ruftaxi, von denen genug unterwegs sind, wäre vielleicht eine Lösung in 20-30 Jahren.

  15. @PDP10:

    Und eigenartigerweise wird ein altbewährtes Verkehrsmittel der Elektromobilität bei all den Politikerreden nie erwähnt, und das sind Straßenbahnen und die nach derselben Bau- und Betriebsordnung behandelten Stadt- und U-Bahnen. Die fahren schon seit mehr 100 Jahren durch unsere Städte, und jetzt wird die ganze Zeit davon geredet, wie man PKWs und Busse elektrisch angetrieben bekommt. LKWs kommen schon deutlich seltener vor, und was ist mit Baumaschinen und Schiffen?

    Neben der Oberleitung, für den Individualverkehr naturgemäß eher weniger geeignet, und dem Akku träumen einige Tüftler übrigens auch von der Renaissance des Schwungrades. Das wird aber auch eher selten erwähnt.

  16. Ich glaube Mobilität (speziell das Auto), und alles was damit zusammenhängt, einfach nur rational anzugehen, ist nicht einfach. Warum machen KFZ Hersteller emotionale Werbung ? Bestimmt nicht weil sie doof sind. Und sollange in den Köpfen der Gedanke besteht, je dicker dein SUV desto besser(werbungtechnisch genährt), wird da mit rational garnichts zu machen sein.
    Ist wie mit dem Marlboroman. Die goße Freiheit. Und wer jetzt sagt das Werbung keine Einfluss auf uns hatt naja……

  17. Der Transport ist ein ernstes Problem. Als ich noch ohne Auto unterwegs war, war Ikea ein Ganztags-Abenteuer, auch Baumarkt und Getränke waren schwer. Wasser gab’s halt aus der Leitung. Mache ich immer noch so.
    Ich denke aber dass die Transportdienste sogar deutlich schneller umgekrempelt werden als die Personenbeförderung. Das wird also in vier Jahren kein Problem mehr sein.

    Ringverbindungen von der Peripherie in die Peripherie sind heute ein echtes Problem mit den Öffis. Wenn du aber im Smartphone von vornherein eingibst wohin du willst, dann kann die AI einschätzen ob sie dir ein Angebot auf den großen Linien machen kann oder nicht. Wenn es keine angemessenen Fahrtzeiten im Standardbetrieb gibt, bietet sie dir vielleicht automatisch an, die Kabine für die letzte Meile passend umzurouten und dich an einen für dein Ziel passenderen Subhub zu bringen. Oder gegen Aufpreis nutzt du die Kabine direkt als Taxi, was auch spät in der Nacht gut sein dürfte.

    Btw, in Bordeaux gibt es eine Straßenbahn mit Stromschiene im Boden auf der man rumlaufen kann. Die relativ kleinen Segmente werden erst eingeschaltet wenn die Bahn schon darüber ist. Oberleitung braucht keiner mehr.

  18. @Anderas:

    Das induktive System in Bordeaux ist aber im Bau teurer und dafür weniger effizient im Vebrauch. So gesehen brauchen doch noch sehr viele den Fahrdraht, unter dem die Bahn herfahren kann.

  19. Ich freue mich, dass hier so aktiv über dieses Thema diskutiert wird. Ich möchte dazu noch zwei Kommentare meinerseits kommentieren, die mir besonders am Herzen liegen :-):
    @André: Zum Thema Betriebs-/Wartungs- und Anschaffungskosten: Elektroautos haben einen viel geringeren Verschleiß als Autos mit Verbrennungsmotoren. So entfällt bspw. Zündkerzenwechsel, Zahnriemen- und Keilriemenwechsel, Motoröl, Getriebeöl, etc. da Elektroautos eben all diese Verschleißteile nicht benötigen. Der Bremsenverschleiß ist ebenfalls geringer, da ja viel mit der E-Maschine gebremst werden kann. Bei Tesla ist bspw. die jährliche Inspektion nur eine Empfehlung und keine Pflicht. Man behält so oder so seine Garantie. Im Übrigen steht das in einem Widerspruch für die „klassischen“ OEMs, da diese beim Fahrzeugverkauf durchaus auch mit den Einnahmen aus Inspektionen, Motoröl und Co. rechnen.
    Ich gebe dir aber Recht, dass Elektroautos heute noch teurer sind als die Verbrennerderivate. Es ist aber nur noch eine Frage der Zeit, bis Elektroautos vergleichbar viel kosten bzw. sogar günstiger werden. Bei der Batterieproduktion bestehen noch erhebliche Kostenpotentiale, die aktuell noch nicht beim Endkunden angelangt sind, da die Fahrzeugentwicklung mit dem Preisverfall bei den Li-Ionen-Zellen gar nicht Schritt halten konnte.

    Zum Thema PKW in der Innenstadt: Wie in meinem Modell beschrieben, kann ich mir hier durchaus Kleinstfahrzeuge vorstellen, mit denen die letzten Meter des Einkaufs transportiert werden können (vor allem in der grünen Zone). Als Verbindung zwischen der gelben und der roten Zone können Car-Sharing-Fahrzeuge den Bedarf an individueller Mobilität decken. Dies ist sinnvoll, damit weniger Fahrzeuge in den Innenstädten ungenutzt herumstehen und die Nutzer sparen sich den ganzen Aufwand mit Parkplatzsuche (Car-Sharing-Fahrzeuge haben entweder eigene Parkplätze oder dürfen kostenlos auf öffentlichen Parkplätzen abgestellt werden, so wie es aktuell schon der Fall ist) und eben den Unterhalt der Fahrzeuge. Für den Wochenendausflug nimmt man sich dann eben den Mietwagen oder ein Car-Sharing-Fahrzeug mit entsprechender Reichweite und Transportkapazität.

    Es wird auch bald normal sein (ab ca. 2017/2018), dass Elektroautos Reichweiten von über 300km aufweisen. Mit dieser Distanz lassen sich sicherlich auch schon viele Wochenendausflüge gut überbrücken, zudem jetzt hoffentlich die (Schnell-)Ladeinfrastruktur ausgebaut wird.

    @Captain E.: Ich kann mir gut vorstellen, dass sich Verkehrsfluss und Auslastung der Straßen durch den flächendeckenden Einsatz von Car-to-X-/Car-to-Car-Kommunikation sowie autonom fahrenden Fahrzeugen deutlich verbessern lassen. Der größte Schwachpunkt im Verkehr ist schließlich der Mensch, der mit seinem unregelmäßigen Fahrstil schnell für Staus und Unfälle sorgt. Klar, aktuell ist die Technik noch nicht so weit, aber es ist eine Frage der Zeit, bis es erste Fahrzeuge gibt, die bspw. komplett autonom auf Autobahnen unterwegs sein werden. Ich rechne mal so mit ca. 10 Jahren. Ich gebe dir aber recht, dass es Anreize geben muss, die Anzahl der Autos auf unseren Straßen zu reduzieren. Auch hier sind Car-Sharing und ähnliches mögliche Ansätze.

    Zum Thema Strom transportieren, herstellen & speichern: Selbstverständlich muss hier eine (teure) Infrastruktur aufgebaut werden. Das schöne aber ist, dass es hier das Potential gibt, den Strom nahezu komplett CO2-neutral im Inland bzw. innerhalb der EU zu erzeugen und sich somit unabhängiger von Öl und andere fossilen Energieträgern zu machen, was politisch sicherlich auch interessant ist. Den Strom zu verteilen ist hier eine andere Herausforderung, da dafür entsprechende Stromtrassen verlegt werden müssen, was entsprechend aufwendig und teuer ist und auf großen gesellschaftlichen und politischen Widerstand stößt (was ich persönlich nicht nachvollziehen kann). Letztendlich hat man sich aber in der Vergangenheit auch nicht gescheut, ein riesiges Autobahn-, Schienen und Stromnetz über Deutschland zu spannen, was ja von der Bevölkerung geschätzt und genutzt wird. Die Speicherung stellt da schon ein größeres Problem dar, wo ich aktuell auch noch keine Technologie sehe, die dieses Problem zufriedenstellend lösen kann. Hier können Ideen zur Stromeinsparung, intelligenter Verteilung, dezentraler Versorgung, etc. jedoch Lösungsansätze darstellen.

    Zum Thema Energieaufwand/Umweltschäden bei der Produktion: Uns muss bewusst sein, dass jedes Produkt (auch ein Pkw mit Verbrenner, ein Smartphone, Laptop, usw.) Metalle und Rohstoffe benötigt, die nicht unbedingt in den demokratischsten Ländern unter deutschen Umwelt- und Arbeitsrechtsgesichtspunkten abgebaut werden. Hier muss es das Ziel der Industrieländer sein, gesamtheitlich für einen nachhaltigen Abbau solcher Ressourcen zu sorgen und mit den vorhandenen Ressourcen entsprechend schonend umzugehen, wozu auch ein konsequentes Recycling gehört. Mit diesem Thema verlässt man aber so langsam den Rahmen meines Beitrags 😉

  20. @Anderas:

    Das ist doch nicht induktiv! Das sind normale Stromschienen aber sie werden halt life an und ausgeschaltet. Ist übrigens sehr schick.

    Es scheint, als hätte die das System der Straßenbahn Bordeaux mit einem anderen verwechselt. Trotzdem schreibt Wikipedia:

    Mittlerweile hat das System eine zufriedenstellende Betriebssicherheit erreicht, wenngleich auch immer noch gelegentliche Störungen auftreten. Hauptursache ist meist stehendes Wasser nach starken Regenfällen, was zu elektrischen Defekten führen kann. Daher wurde es anfangs wegen seiner technischen Probleme von den Einwohnern Bordeaux’ und der örtlichen Presse stark kritisiert. Das Unterflursystem APS ist in der Errichtung etwa dreimal so teuer wie eine konventionelle Oberleitung und verursacht signifikant höhere Wartungs- und Betriebskosten. Außerdem verteuert das System jede Straßenbahngarnitur um ca. 100.000 Euro.

    Flächendeckend wurde es daher auch in Bordeaux nicht verlegt, sondern nur abschnittsweise. Im übrigen Netz verkehren die Fahrzeuge mit Stromabnehmern unter Fahrdraht.

  21. @Marcus Zacher:

    Car-Sharing ist für manches gut, aber nicht für eine Reduzierung des Verkehrs. Statistisch steht ein Auto heute 23 Stunden pro Tag geparkt irgendwo herum. Dazu braucht es natürlich Raum, nur lässt sich der nicht so ohne weiteres vom ruhenden zum fließenden Verkehr umwidmen. Für die Verkehrsdichte ist es also unerheblich, ob die Menschen in den Autos deren Besitzer sind oder nur deren Mieter.

    Durch computergesteuerte Kolonnenfahrten kann man die Verkehrsdichte sicherlich erhöhen, aber mehr als die dreifache wird man vermutlich auch nicht schaffen – dazu müsste man auf ein bereits bestehendes Werkzeug zurück greifen – Öffentlicher Personennahverkehr zum Transport größerer Menschenmengen. Beispiel: New York City mit seiner hohen Bevölkerungsdichte, an die in Deutschland nicht einmal München heranreicht, würde ohne seine U- und Hochbahnlinien verkehrstechnisch einfach nicht funktionieren. Und nur mal zur Erinnerung: Der kommunale Schienenverkehr hat die Elektromobilität schon im 19. Jahrhundert in unsere Städte gebracht.

    Was den Ausbau jedweder Infrastruktur angeht, so können wir heilfroh sein, die heutige zu besitzen. Was immer auch neu gebaut werden soll, steht unter massiver Kritik, egal ob es sich dabei um Stromtrassen oder Straßen handelt. Was nun die Stromproduktion angeht, so hat jeder so seine Vorlieben und Abneigungen. Kernkraftwerke verbrauchen nur wenig Material, verseuchen im Falle eines schweren Unfalls aber Flächen für Jahrhunderte und produzieren schwer handhabbaren Atommüll. Außerdem setzen sie mehr als 60% der Energie als Abwärme frei. Das tun Kohle- und Gaskraftwerke ebenfalls, zudem produzieren diese noch Kohlendioxid und andere schädliche Abgase. Wasserkraftwerke zerstören natürlich gewachsene Flusslandschaften und behindern, schlecht gebaut, die Wanderungen der Wassserbewohner. Windkraftwerke töten Vögel, Solaranlagen auf den Dächern gefährden Feuerwehrleute (und sind zu ineffizient und zu wenig ertragreich in unseren Breiten). Nun müssen wir natürlich in den einen oder anderen sauren Apfel beißen, nur hat dazu jeder so seine eigenen Vorstellungen, wie der aussehen soll.

    Tja, und Elektroautos? Zurzeit setzt man auf Lithium-Ionen-Batterien, und wenn wir alle Autos mit Batterien fahren lassen wollten, müssten die Weltjahresproduktion um einige hundert Prozent gesteigert werden, keine guten Aussichten für Salzseen wie den Salar de Uyuni in Bolivien oder den Salar der Atacama in Chile. (Klar, diese Zahlen ließen sich mit massivem Car-Saring reduzieren.) Was weiß man übrigens bislang um Betriebssicherheit von Elektroautos, gerade bei Unfällen? Beschädigte Batterien können doch sicherlich auslaufen oder sogar in Brand geraten, oder? Der US-Bundesstaat Kalifornien oder auch Norwegen sollten dazu bereits Erkenntnisse haben.

    Letzten Sonntag gab es dazu übrigens im ZDF in der Reihe „planet e“ einen Beitrag. Was auffiel: Designer, Hersteller und Sammler von Elektroautos jubeln über Elektroautos, Batterieforscher über ihre Batterien und Brennstoffzellenforscher über wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen. Das hinterlässt ein mulmiges Gefühl: Ist die Begeisterung dieser Menschen durch irgendetwas gerechtfertigt oder begeistern sie sich rein aus Faszination des technisch machbaren? In derselben Sendereihe gab es vor einigen Jahren genau dieselbe Begeisterung von Menschen, die Autos mit Schwungrädern entwickeln. Viel gehört hat man von denen seither auch nicht.

    Und dann noch eines zu den Anreizen: In einigen Ländern dürfen E-Auto-Besitzer Sonderrechte beanspruchen, vielfach genannt die Mitbenutzung von Busspuren. Diese Sonderrechte mögen sinnvoll sein zur Steigerung der Verkaufszahlen von Elektroautos, aber zum einen steckt dahinter eine Dealer-Mentalität (Dealer schenken dir auch Drogen zum Einstieg in die Sucht), und zum anderen halte ich es für grundfalsch, im Fall der Busspuren den ÖPNV zu schwächen. Diese Busspuren wurden mit Bedacht gebaut, um den ÖPNV schneller und zuverlässiger zu machen, und Autos haben auf ihnen dann auch nichts zu suchen, egal welchen Antrieb sie haben.

    Wie man sehen kann, bin ich bislang alles andere als davon überzeugt, dass die derzeitige langfristige Verkehrs“planung“ wirklich in eine gute Richtung geht.

    Und zuguterletzt noch eine persönliche Anmerkung zu Kleinstfahrzeugen: Auch wenn manche Umweltschützer sich an diesen begeistern und ich selber alles andere als einen SUV fahre (und die Begeisterung für diese Riesendinger auch nicht nachvollziehen kann), so gibt es Grenzen. Ein VW Up ist selbst für Menschen um die 1,70 m Körpergröße nicht langstreckentauglich, und so ab 1,90 m auch nicht mehr für den Stadtverkehr. Also bitte keine Zwangsbeglückung mit Kleinstautomobilen!

  22. Nun ja, die Grundidee der Zonen ist prinzipiell sinnvoll, aber leider beißt sie sich in doch erheblich vielen Fällen etwas mit der Wirklichkeit. Als Single klappt das alles ja noch recht gut, da habe ich das auch so oder ähnlich (Fahrrad als Hauptverkehrsmittel, Öffis wo unvermeidlich, Leih-PKW wenn nötig wegen Transportvolumen) betrieben. Die aktuelle Praxis des Familienvaters mit 2 kleinen Kindern sieht leider etwas komplizierter aus:

    Das große Kind per Bus in die Kita bringen: Geht, wenn die nächste Haltestelle an beiden Enden nicht weit weg ist. Das kleine Kind muß dabei mitkommen (im Wagen), da der Partner schon arbeitet. Problematisch wird’s, wenn die Wege zu den Haltestellen weiter werden. Zur Stoßzeit mit Kinderwagen im Bus geht schwer oder nicht. Dies ist auch gleich das KO-Argument für Mini-Kabinen, Taxi usw. – der Wagen paßt nicht mit rein, man muß das Kind tragen, was nicht jeder lange genug kann (bzw. im Fahrzeug nicht darf. Kindersitz?), und am Ziel (Kita!) will das große Kind verabschiedet usw. werden, ohne das das kleine auf den Boden gelegt werden soll. Im Wagen kann’s liegenbleiben. Was ein Taxi macht, wenn man mit Kleinkind zusteigen will (fehlender Kindersitz!), habe ich noch nicht getestet.

    Die Kinder per Fahrrad in die Kita zu schaffen ist derzeit bei uns Standard, aber bei dem aktuellen naßkalten Matschwetter ist’s für alle nur begrenzt lustig, v.a. für den Vater, der danach noch weiter zur Arbeit muß und recht naß ankommt. Klar, Regensachen helfen. Braucht man aber eigentlich 2 Sätze, denn in den nassen Sachen bleibend das Kind in der Kita zu verabschieden ist für selbiges auch unschön (Papa, Du machst mich naß!) bzw. man müßte die Sachen in der Kita aus- (geht) und wieder anziehen (Brrr!). Öffis nutzen? Siehe oben. Und man müßte danach auch sinnvoll weiterkommen, und nicht nur einmal pro Stunde. Darum wird’s bei Regenwetter derzeit doch immer wieder das eigene Auto.

    Car-Sharing: Keine echte Alternative: Das Auto ist eben nicht vor der Tür, wenn man’s früh bei Regen braucht. Man muß es holen, ohne die Kinder schon dabeizuhaben. Bzw. am Abend vorher (Zusatzkosten! Parkplatz finden. Wetterbericht zuverlässig genug?) reservieren und holen (Zeit!). Und man weiß vorher nie, ob die Kindersitze in das zugewiesene Modell auch reinpassen.

    Wochenendausflug (evtl. sogar mit Auswärts-Übernachtung) ist mit Öffis, zB. Eisenbahn, nur begrenzt machbar. Man braucht für 2 kleine Kinder recht viel Gepäck, wenn man nicht am Zielort (Sa. nachmittag?) erstmal noch Windeln usw. einkaufen will. Eltern mit je einem Koffer, dazu 2 Kinder+Wagen, und dann in die überfüllte Regionalbahn incl. sehr unhilfsbereitem Zugbegleiter? Mit 2 müden Kindern auf den nächsten Zug warten (1h), weil der hier zu voll ist? Danke, ich fahre doch lieber gleich mit dem Auto, so leid mir’s tut.

    Privates Elektroauto bzw. Hybrid: Ja, gerne. Wenn man sich’s leisten kann. Reichweiten von 20km elektrisch sind dabei mMn. auch nur als Alibi zu betrachten. Außerdem: Wenn ich mir schon solch ein teures Fahrzeug leiste, dann bitte eines, mit dem ich alles abdecken kann. Ein eUp ist da einfach zu klein. Familienkutschen a la Touran gibts leider nicht elektrisch. Also doch wieder reiner Verbrenner, Schade. 2 Autos anschaffen? Eigentlich wollten wir doch gar keins mehr haben. Praktisch ist’s bei uns derzeit genau das: Ein kleines und ein großes, privat ge-car-shared mit einer 2. Familie. Da darf das kleine gerne auch elektrisch werden, wenn die mal bezahlbar sind und man sie am Straßenrand über Nacht wieder geladen kriegt.

  23. @Captain E.:
    Zum Thema Betriebssicherheit:
    Fahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb sind mindestens genauso sicher wie Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Batterien müssen eine Vielzahl sehr strenger und anspruchsvoller internationaler Normen und Tests bestehen, bevor sie eine Zulassung (respektive das Fahrzeug) erhalten. Hinzu kommen herstellerabhängige Crashtests, die über das geforderte Maß hinausgehen.
    Die Brände, die es in der Vergangenheit bei Tesla gab, lassen sich daher auf die fehlende Erfahrung von Tesla beim Thema Crash zurückführen. Man muss Tesla aber zu Gute halten, dass sie hier immer schnell und effektiv reagiert haben. Übrigens brennen so gut wie jeden Tag Autos mit Verbrennungsmotor auf unseren Straßen, nur wird darüber nicht berichtet, weil da quasi „normal“ ist.

    Zum Thema Sonderrechte:
    Meiner Meinung nach sind Sonderrechte solange akzeptabel, wie die damit ausgestatteten Fahrzeuge eine Minderheit darstellen. Sobald Elektroautos zum normalen Straßenbild gehören, werden diese auf kurz oder lang entfallen (müssen). Ich gebe dir hier Recht, dass der ÖPNV in jedem Fall absolute Priorität haben muss, wenn man das Verkehrsaufkommen in Städten effektiv reduzieren will. Eine Innenstadtmaut könnte man bspw. dazu nutzen, um eben den ÖPNV zusätzlich zu subventionieren.

    Zum Thema Kleinstfahrzeuge:
    Ich möchte mit meinem Städtekonzept keineswegs den Bürger entmündigen und dazu zwingen, nur noch mit Renault Twizys durch die Gegend zu fahren. Vielmehr soll es das Ziel sein, den zentralen Innenstadtbereich, also die grüne Zone, in Fußgänger- und Fahrradzonen umzuwandeln – was übrigens in vielen deutschen Städten schon heute der Fall ist.

    @Georg:
    Wie ich schon Captain E. geantwortet habe, muss der ÖPNV ganz klar im Vordergrund stehen. Das ist vielleicht in meinem Beitrag nicht so richtig deutlich geworden. Es gibt kaum effizientere und effektivere Transportmittel in großen Städten. Dies führt dann automatisch dazu, wie bspw. in Berlin, dass in der Innenstadt nur vergleichsweise wenige Leute überhaupt ein Auto besitzen.
    Ferner soll ja auch das eigene Auto nicht komplett verboten werden, sondern eben lediglich aus zentralen Orten verbannt werden – in Berlin könnte ich mir da z.B. die Straße „Unter den Linden“ vorstellen. Aber das muss jede Stadt individuell entscheiden. Typische Innenstadtbereiche der gelben Zone bleiben ja weiterhin für PKWs offen.

    Ich gebe dir auch Recht, dass aktuelle Elektroautos preislich und reichweitentechnisch für Familien noch uninteressant sind. Aber das wird sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren ebenfalls ändern. Die Städte sollen sich ja schließlich auch nicht radikal sondern sukzessive wandeln, weshalb ich denke, dass jetzt ein guter Zeitpunkt ist, um so langsam den Wandel einzuleiten. Es gibt übrigens auch schon sehr familientaugliche und nicht einmal wahnsinnig teure Elektroautos, z.B. die von mir im Beitrag erwähnten Renault Kangoo Z.E. und Nissan e-NV200 Evalia, die es auch als PKW-Version gibt (für den Nissan gibt es auch die E-Auto-Prämie). Der angekündigte Opel Ampera-e und der Facelift e-Golf sind ebenfalls schon recht familientauglich, relativ günstig und sollen Reichweiten von über 300km aufweisen.

    Ich bin weiterhin überzeugt, dass wir die technischen Mittel schon heute in der Hand haben bzw. diese kurz vor der Fertigstellung stehen – allein es fehlt der politische und gesellschaftliche Wille etwas zu verändern.

  24. @Captain E.:

    [quote]Car-Sharing ist für manches gut, aber nicht für eine Reduzierung des Verkehrs. Statistisch steht ein Auto heute 23 Stunden pro Tag geparkt irgendwo herum. Dazu braucht es natürlich Raum, nur lässt sich der nicht so ohne weiteres vom ruhenden zum fließenden Verkehr umwidmen. Für die Verkehrsdichte ist es also unerheblich, ob die Menschen in den Autos deren Besitzer sind oder nur deren Mieter.[/quote]

    Das verstehe ich nicht ganz. Meiner Meinung nach wäre es schon logisch dass sich der Verkehr reduziert, würden die Menschen in der Stadt keine Autos mehr besitzen, sondern sie nur noch mieten.
    Und das aus dem eben von dir genannten Grund, dass mein persönliches Auto eben 23 Stunden nur rumsteht, ein gemietetes hingegen eine Stunde von mir genutzt wird, die restlichen 23 aber für andere zur Verfügung steht.
    Demnach müsste das auch in etwa 23 Fahrzeuge weniger bedeuten, natürlich nur wenn es auch so effizient aufgeteilt werden könnte, was durch normale Arbeits- und Wegzeit wohl nicht der Fall sein wird.
    Aber zu einem erheblichen Ausmaß müsste es schon reduzierende Effekte geben, vor allem kombiniert mit smarten Algorithmen, die autonome Fahrzeuge dort verteilen wo sie gerade gebraucht werden.

  25. @Christian:

    Das verstehe ich nicht ganz. Meiner Meinung nach wäre es schon logisch dass sich der Verkehr reduziert, würden die Menschen in der Stadt keine Autos mehr besitzen, sondern sie nur noch mieten.
    Und das aus dem eben von dir genannten Grund, dass mein persönliches Auto eben 23 Stunden nur rumsteht, ein gemietetes hingegen eine Stunde von mir genutzt wird, die restlichen 23 aber für andere zur Verfügung steht.
    Demnach müsste das auch in etwa 23 Fahrzeuge weniger bedeuten, natürlich nur wenn es auch so effizient aufgeteilt werden könnte, was durch normale Arbeits- und Wegzeit wohl nicht der Fall sein wird.
    Aber zu einem erheblichen Ausmaß müsste es schon reduzierende Effekte geben, vor allem kombiniert mit smarten Algorithmen, die autonome Fahrzeuge dort verteilen wo sie gerade gebraucht werden.

    Und das verstehe ich nun wiederum nicht, wo du das die große Erleichterung siehst.

    Noch einmal von vorne: Wir müssen natürlich unterscheiden zwischen „fließendem Verkehr“ und „ruhendem Verkehr“. Mit letzerem ist kein Stau gemeint, sondern Parken. Nehmen wir mal den Extremfall an, dass sich niemand mehr ein eigenes Auto zulegt, sondern sich immer ein Auto kommen lassen kann, wenn er es benötigt, quasi also immer mit dem Taxi fährt. Die Autos fahren dann vielleicht so 18 bis 24 Stunden am Tage herum und benötigen in dieser Zeit keinerlei Parkplätze. Da es dann viel weniger Autos gäbe und die nur einigen wenigen Besitzern, nämlich den Betreibern, gehörten, könnte man sie in Zeiten geringer Nachfrage auf deren Betriebshöfen abstellen. Viele Parkplätze könnten umgewidmet werden in Baugrund oder breitere Straßen, Bürgersteige oder Fahrradwege. Das Problem ist aber, dass natürlich die heutigen Straßen nicht durchgehende von Parkstreifen begleitet werden. Würde man also die heutigen Flächen des ruhenden Verkehrs dem fließenden zuschlagen, ergäben sich Engstellen, die dann den Flaschenhals für den Verkehr bildeten.

    Andererseits gehen wir der Einfachheit halber davon aus, dass die Zahl der Autofahrten gegenüber heute unverändert blieben. Wenn man sich also den heutigen Berufsverkehr anschaut, dann wäre der von der reinen Anzahl an Fahrzeugen her gesehen völlig unverändert. Die Unterschiede bestünden darin, dass die Menschen in diesen Fahrzeugen nicht mehr die Halter wären und sie vermutlich auch mehr unbedingt selber steuern müssten. Außerdem könnte man einige Lücken verkleinern durch computergestützte Steuerung. Die Anzahl der Autos verringerte das alles aber überhaupt nicht, und das wäre immer noch eine ganze Menge Platz, den sie benötigten.

    Von daher ist das ein Herumdoktorn an den Symptomen. Nehmen wir jetzt außerdem noch einmal an, dass durch die ständige garantierte Verfügbarkeit dieser Automatikautos der heutige ÖPNV komplett abgeschafft würde. Die Menschen würden ja sagen: „Warum soll ich 10 Minuten auf die Bahn warten, mich mit anderen Menschen umgeben müssen und dreimal umsteigen, wenn nach gerade einmal fünf Minuten ein Auto nur für mich am Straßenrand anhält und mich dorthin bringt, wo ich hin will?“ Die Anzahl der Autos, die auf den Straßen fahren (nicht die Gesamtzahl insgesamt!) würde dadurch noch einmal dramatisch steigen, und der Verkehr würde summa summarum in etwa so dicht und schrecklich bleiben wie heute – vielleicht etwas besser, vielleicht aber auch etwas schlimmer.

  26. Ja stimmt, jetzt habe ich meinen eigenen Denkfehler gesehen. Ich dachte weniger Autos bedeutet auch gleichzeitig weniger Verkehr, allerdings würden nur weniger Autos effizienter genutzt, der (fließende) Verkehr wäre aber derselbe.
    Das Verkehrsaufkommen würde tatsächlich wohl noch weiter steigen, weil keiner mehr Öffis nutzen würde. Danke dafür!

  27. @Christian:

    Da freue ich mich jetzt wirklich!

    Ja, wenn man mal wieder hinter einem ÖPNV-Verkehrsmittel herzuckeln muss, sollte man sich in Erinnerung rufen, wie es wäre, wenn alle Menschen gerade jetzt jeder in einem Auto unterwegs wären. Man muss den ÖPNV nicht lieben und man kann für sich persönlich entscheiden, dass er nicht das richtige für einen selber ist, aber notwendig ist er. Die vielleicht (einst) autogerechteste Stadt der Welt, Los Angeles, baut seit den 90er Jahren den öffentlichen Verkehr wieder aus. Es ging einfach nicht mehr anders.

  28. Man muss den ÖPNV nicht lieben

    Man kann aber, Captain E, selbst wenn man ihn nicht gerade nutzt. Egal ob zu Fuß, per Rad oder Auto, Auf meinem Arbeitstags-Nachhauseweg gibt es zB eine Stelle, an der der entgegenkommende Omnibus links abbiegen will und wg Ampelphase/Verkehr nur selten darf. Bummelig ein, zwei mal je Woche erfreut mich alleine dort die Gelegenheit, den Öffis die ihnen imho zustehende allgemeine Vorfahrt zukommen zu lassen.
    Nicht selten steigt dann bei den hinter mir Fahrenden der Geräuschpegel drastisch an ;‑)

  29. @rolak.

    Das habe ich selbstverständlich nicht ausgeschlossen, und dazu muss man noch nicht einmal als Tram- oder Busspotter unterwegs sein. Ja, beide Gruppen gibt es wirklich! 🙂

    Kennt noch jemand das alte Schild am Heck von Bussen mit dem grünen Bus- und Pfeil-Symbol und dem roten Auto? Gemeint war das als freundliche Erinnerung an die Straßenverkehrsordnung, die von der Haltestelle losfahrenden Bussen die Vorfahrt einräumt. Verstanden wurde es als zwar freundlicher, aber völlig unverbindlicher Hinweis. Konsequenterweise bauen einige Städte ihre Busbuchten zurück. Ergebnis: Wenn sie den fließenden Verkehr nicht verlassen, sondern einfach hinter sich aufstauen, haben Busse auch kein Problem, sich wieder einzufädeln. Erklär das aber mal den Autoliebhabern, die sich ausgebremst fühlen, dass beschleunigte Busse einen pünktlicheren und attraktiveren Nahverkehr fahren können und die Straßen damit alles in allem sogar entlasten.

    Da Dieselbusse gerade auch ganz massiv in die Kritik geraten, ein Wort zu den Alternativen. Brennstoffzellbusse benötigen neben der Technik Wasserstoff (oder etwas, aus dem sich Wasserstoff leicht abspalten lässt wie etwa aus Säuren), aber auch Akkus, da die Brennstoffzellen wohl nicht so gut regelbar sind. Dauerbetrieb mit Akkus geht nur, wenn die robust sind, eine lange Lebensdauer haben und unzählige Schnellladezyklen überstehen. Im Gegensatz zu Autos fahren Busse ja nicht nur eine Stunde pro Tag. Erfolgversprechend scheint mir da das Konzept der Chinesen zu sein: Oberleitungen ohne Schnick und Schnack, und potenziell teure Stellen werden im Akkubetrieb überbrückt.

  30. @Marcus Zacher

    Das schöne aber ist, dass es hier das Potential gibt, den Strom nahezu komplett CO2-neutral im Inland bzw. innerhalb der EU zu erzeugen und sich somit unabhängiger von Öl und andere fossilen Energieträgern zu machen, was politisch sicherlich auch interessant ist.

    Momentan sind wir davon aber sehr weit entfernt. Der zusätzliche Strom kommt nahezu ausschließlich aus Kohle- und Erdgaskraftwerken. Weil diese dem Verbrauch nachgefahren werden (siehe Merit-Order usw.). Selbst wenn ich das Elektroauto ausschließlich an der eigenen Photovoltaikanlage auflade, kann ich diesen Strom nicht mehr ins Netz einspeisen und Kohle- oder Gasstrom ersetzen. Nur wenn ansonsten nichtfossile Kraftwerke herunter gefahren werden müssten, ist der Strom annähernd CO2 neutral.

    Daher meine Frage: Wie sieht denn die CO2-Bilanz von Elektroautos im Vergleich zu Benzin- und Dieselantrieben aus, wenn der Strom aus Kohle- und/oder Gaskraftwerken kommt? Insbesondere, wenn man die Herstellung der Akkus mitberücksichtigt?

  31. @UMa:

    Theoretisch geht das sehr wohl, denn ein an eine Ladestation angeschlossenes Auto könnte als Batterie dienen. Alternativ können Ladestationen als „Lastabwurfkunden“ dienen, die bei hoher Nachfrage einfach abgeschaltet werden. Aluminium- und Zementwerke beschaffen sich damit ein kleines Zubrot, weil sie nun einmal sehr viel Strom benötigen, aber ohne Probleme für eine gewisse Zeit vom Netz gehen können. Wie gesagt: Die Netzbetreiber müssen dafür Extrageld rausrücken.

    Im Falle eines Elektroautos könnte es natürlich dazu kommen, dass man zurück kommt und der Ladestand bei weitem nicht so hoch ist wie erwartet oder sogar niedriger als zuvor.

  32. Ich denke schon dass Autonome Autos zur Reduzierung des Verkehrs beitragen: wenn sie nämlich gleichzeitig als Katalysator für Carsharing funktionieren und Kolonnenfahrt beherrschen.

  33. @Anderas:

    Das hatten wir oben ja schon diskutiert gehabt: Aus der Möglichkeit, statt mit dem eigenen Auto mit einem minuten- oder stundenweise geliehen zu fahren, entstehen ja keine kleineren Automengen auf den Straßen. Mal mit Zahlen betrachtet: 5000 Autofahrer in einer Stunde an einer Kreuzung bleiben 5000 Autofahrer, egal ob sie die Halter oder die Mieter der Autos sind. Durch die computergesteuerten Kolonnenfahrten kann man eine Verdichtung erzielen, aber meiner Schätzung nach ist bei doppelt oder spätestens dreifach Schluss. Dafür würde das Konzept vermutlich den Nahverkehr ruinieren, weil die automatisch fahrenden und jederzeit verfügbaren Leihautos einfach bequemer und praktischer wären als jeder Bus und jede Straßenbahn. Die Menschen aus dem ÖPNV würden dann also ebenfalls mit Autos die Straßen füllen. Ich sehe da keine spürbare Entlastung, eher noch eine wachsende Menge an Autos, die gleichzeitig unterwegs sind.

  34. @Captain E.

    Ist letztlich eine Frage des Preises und der Preisgestaltung. Für das Geld eines Autos kann man eine Menge Taxi fahren, aber wer sich schon ein Auto zugelegt hat, der fährt dann auch oft damit und wenig Taxi.

    Wenn die Leute keine eigenen Autos mehr haben, dann werden sie oft die günstigste Transportmöglichkeit nutzen, und da wird der ÖPNV voraussichtlich günstiger sein als ein geliehener, individueller Kabinenroller (den werden sie nutzen, wenn sie viel zu transportieren haben oder zu Nachtzeiten, wo sie sich im ÖPNV nicht sicher genug fühlen). Ich denke schon, dass der Verkehr auf den Straßen auf diese Weise zurückgehen würde. Ich denke aber auch, dass viele Menschen nicht auf ihr privates Fahrzeug verzichten werden wollen, weil das Anmieten immer mit einem gewissen Aufwand, Kosten und Wartezeiten verbunden sein wird. Es sei denn, man nimmt ihnen die Alternative Privatfahrzeug (Fahrverbot in der Stadt).

  35. @Alderamin:

    Das ist die utopische Vorstellung vom Verkehr, meine die dystopische. Hoffentlich liegst du näher an der Wahrheit.

    Ich befürchte, es wird eher so laufen, dass Roboterautos Standard werden, und das so billig, dass jeder sie sich leisten kann und natürlich wird man nicht einmal einen Führerschein benötigen. Private Autos kauft dann kaum noch jemand, und wenn man irgendwo hin will, ruft man über die App auf dem Smartphone ein Auto, dass innerhalb weniger Minuten am Straßenrand hält. Wenn man am Ziel angekommen ist, gibt man das Auto wieder frei und es sucht sich den nächsten Kunden. Die Kosten, so fürchte ich, werden so sein, dass heutiger Nahverkehr nicht mithalten kann und in Folge verschwindet. Sarkastisch gesprochen, kann man jetzt nur noch auf eine gute Multimedianlage in diesen Autos hoffen, um im Stau Videos schauen, Musik hören oder sogar arbeiten zu können.

  36. Nein E da hast du mich noch nicht verstanden. Ich meine mit Carsharing auch dass automatisch spontane Fahrgemeinschaften erstellt werden, nicht nur dass man sequentiell dasselbe Auto verwendet, immer jeder einzeln.

    Die Städte können das forcieren indem sie autonome Kleinbusse ins System einspeisen.

    Ansonsten hätten autonome Autos kaum einen Vorteil, abgesehen davon dass Kolonnenfahrt automatisch an Kreuzungen für ein paar Sekunden aktiviert wird.

  37. @UMa:

    Wie sieht denn die CO2-Bilanz von Elektroautos im Vergleich zu Benzin- und Dieselantrieben aus, wenn der Strom aus Kohle- und/oder Gaskraftwerken kommt?

    Pro Kilowattstunde werden im deutschen Strommix ca. 550g CO2 ausgestoßen (siehe https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/energieversorgung/strom-waermeversorgung-in-zahlen/ ). Ein Elektroauto von der größe eines VW e-Golf benötigt in der Praxis ca. 20kWh/100km inkl. Ladeverluste. Das sind dann also 110g CO2 pro Kilometer Realemissionen. Ein Liter Super Benzin verbrennt zu ca. 2,33 Kilogramm CO2 und ein Liter Diesel zu 2,64 Kilogramm CO2. Ein ungefähr gleich starker VW Golf TSI mit 110PS verbraucht in der Praxis ca. 6 Liter Benzin, was einem CO2-Ausstoß von ca. 140g pro Kilometer entspricht. Ein vergleichbarer Golf TDI benötigt ca. 5 Liter Diesel, was entsprechend 130g CO2 je Kilometer ergibt. Ein Elektroauto ist also selbst bei dem stark kohlelastigen Energiemix in Deutschland aktuell bereits sparsamer als entsprechende Verbrenner.

    In Ländern wie Norwegen oder Frankreich fällt die Bilanz daher noch besser aus, da hier der CO2-Austoß eines E-Autos gegen Null geht.

    Natürlich entsteht bei der Produktion von Akkus auch CO2. Ob dieser Austoß über die Lebensdauer des Fahrzeug über den geringeren Ausstoß des Fahrzeugs wieder amortisiert wird, kann ich hier nicht sagen. Letztendlich entsteht aber bei der Produktion eines jeden Fahrzeugs eine enorme Menge CO2, sodass die Umweltbilanz hier einmal im Gesamtkontext ermittelt werden müsste. Fakt ist aber auch, dass gebrauchte Akkus als Stationärspeicher weiter eingesetzt werden können, wie z.B. https://www.smarterworld.de/smart-power/batterien/artikel/125179/

  38. @Anderas:

    Du denkst an Zwangsfahrgemeinschaften? Das geht aber nur mit einem radikalen Umbau unserer freiheitlichen Gesellschaft. Wenn das nicht einmal dystopisch ist, weiß ich auch nicht, was sonst. Nein, die Lösung der Verkehrsprobleme kann nicht im Auto alleine liegen, egal wem es am Ende gehört, wie es gesteuert wird oder wie viele Leute man hineinsetzt. Das Verkehrssystem MIV (Motorisierter Individualverkehr) ist eines, das garantiert zusammenbricht, wenn es zu viele nutzen. Im Moment sind wir schon ziemlich dicht dran, dass dies geschieht.

  39. @Captain E.

    Das Verkehrssystem MIV (Motorisierter Individualverkehr) ist eines, das garantiert zusammenbricht, wenn es zu viele nutzen. Im Moment sind wir schon ziemlich dicht dran, dass dies geschieht.

    Ich habe neulich im Radio oder wo gehört, die Zahl der angemeldeten Fahrzeuge in Deutschland sei rückläufig. Peak Auto liege schon hinter uns. Immer mehr junge Leute machten gar keinen Führerschein mehr.

    Denke eher, der Güterverkehr auf den Autobahnen ist derzeit das größte Problem des Individualverkehrs, wenn man sieht, wie die abends um Parkplätze kämpfen müssen, damit sie ihre Ruhezeiten einhalten können.

  40. @Alderamin:

    Das mag so sein, und der Verkehr ist nur deswegen zuweilen so schlimm, weil es einen gegenläufigen Effekt gibt, nämlich eine zunehmende Anzahl an Schad- und Baustellen. Baustellen sind aber zum Glück dann irgendwann auch vorbei, und die Straße danach in einem besseren Zustand (es sei, es wurde gepfuscht). Dicht dran an der Selbstlähmung ist der MIV aber jedenfalls immer noch.

  41. Was denn für Zwangsfahrgemeinschaften! Ist es für dich eine Zwangsfahrgemeinschaft wenn du in den Bus, die Bahn, ins Flugzeug einsteigst?
    Wie buchst du denn die Fahrt in einem autonomen Auto? Ich gehe davon aus dass du dein Fahrtziel in eine App eingibst, nennen wir sie mal uber. Dein Aufenthaltsort wird ja von deinem Telefon gemeldet. Dann kannst du vielleicht drei Klassen buchen. Der Preis vom heutigen Taxi oder darüber und du hast ein Auto für dich allein. Der Preis müsste wirklich höher sein als heute.
    Zweite Klasse, du teilst das Auto mit anderen Leuten und/oder wirst vom städtischen Kleinbus abgeholt.
    Dritte Klasse, du teilst nicht nur dein Auto sondern musst unterwegs auch umsteigen. Preis ist wie heute beim ÖPNV, aber die Leistung ist besser weil du von Haustür zu Haustür gebracht wirst.

    Und? Stößt das deine freiheitliche Grundordnung um?

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