Tycho Brahe war ein faszinierender Astronom. Er stand an der Schwelle zwischen dem wissenschaftlichen Mittelalter und der Neuzeit. Er war der letzte große Astronom, der den Himmel mit bloßem Auge beobachten musste, weil es noch keine Teleskope gab. Und trotzdem waren seine Beobachtungen so gut, dass sein Schüler Johannes Kepler damit unser Weltbild revolutionieren konnte. Er war einer der wichtigsten Astronomen seiner Zeit; eigentlich aller Zeiten. Und abgesehen davon hatte er ein höchst seltsames Leben. Er verlor seine Nase und ersetzte sie durch eine aus Metall. Er besaß einen zahmen Elch als Haustier. Er starb (angeblich) aus Höflichkeit. Und so weiter. Tycho Brahe ist auf jeden Fall jemand, mit dessen Leben man sich beschäftigen sollte!

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Transkription

Sternengeschichten Folge 167: Das aufregende Leben des Tycho Brahe

Nikolaus Kopernikus. Galileo Galilei. Johannes Kepler. Isaac Newton. Diese großen astronomischen Pioniere kennen die meisten oder haben zumindest schon einmal die Namen gehört. Sie sind zu Recht bekannt, denn alle haben im 16. und 17. Jahrhundert dazu beigetragen, die Sicht auf das Universum zu revolutionieren und die Astronomie als moderne Naturwissenschaft zu begründen. Einer fehlt aber in dieser Liste: Tycho Brahe.

Der Name dieses dänischen Astronoms ist weit weniger geläufig als der seiner prominenteren Kollegen. Und das ist schade, denn Brahe hat nicht nur in der Astronomie wichtige und grundlegende Arbeit geleistet, sondern auch noch ein höchst faszinierendes Leben geführt – Über das heute die wenigsten Bescheid wissen – ausführliche biografische Werke über Brahe, vor allem auf deutsch, sind leider kaum noch zu bekommen. Aber zumindest einen kurzen Überblick möchte ich in dieser Folge der Sternengeschichten geben.

Tycho Brahe (Bild: public domain)
Tycho Brahe (Bild: public domain)

Tycho Brahe wurde am 14. Dezember 1546 im dänischen Knutstorp geboren. Er war das Kind reicher und einflussreicher Eltern. Sein Vater Otto Brahe war ein Adeliger mit großem Einfluss am dänischen Königshof. Aufgezogen wurde Tycho aber von seinem Onkel Jørgen Brahe, ebenfalls reich und ebenfalls adelig. Die Umstände dieses Arrangements sind ein wenig unklar. Tycho schrieb später, das sein Onkel ihn mehr oder weniger entführt hat. Vermutlich hatten Tychos Eltern Jørgen und dessen Frau, die selbst keine Kinder hatten, versprochen, sie könnten eines ihrer Kinder aufziehen. Sich aber dann doch nicht an die Abmachung gehalten, so dass Jørgen selbst aktiv wurde und Tycho zu sich holte, als der zwei Jahre alt war. Was auch immer damals gelaufen ist: Tychos Eltern protestierten nicht und auch Tycho schien mit seiner Pflegefamilie zufrieden zu sein.

Jørgen schickte Tycho auf gute Schulen und später auf die Universität von Kopenhagen, wo er Jura studieren sollte. Viel faszinierender als die Gesetz fand Tycho allerdings die Astronomie. Ganz besonders begeistert war er von der Sonnenfinsternis, die am 21. August 1560 stattfand. Ihn beeindruckte damals nicht nur das Himmelsereignis an sich, sondern auch die Tatsache, dass die Astronomen in der Lage gewesen waren, es vorher zu sagen!

Tycho besorgte sich astronomische Literatur, lernte Mathematik und eignete sich das Wissen an, um selbst die Bewegung der Himmelskörper berechnen zu können. Vorerst allerdings noch im Geheimen, denn Jørgen wollte immer noch, das sein Ziehsohn eine Karriere als Staatsbeamter einschlug. Auf seine Zeit in Kopenhagen folgte eine ausgedehnte Studientour durch Deutschland. Ausgedehnt und ereignisreich. Während seines Studiums an der Universität Leipzig machte Brahe die Bekanntschaft eines Instrumentenbauers, der ihn mit den nötigen Gerätschaften zur Himmelsbeobachtung versorgte. Damit konnte Brahe auch von seinem Zimmer aus Messungen an den Sternen anstellen und seine Leidenschaft blieb weiter geheim.

Unter diesen Geräten fand sich übrigens kein Teleskop. Das sollte erst in ein paar Jahrzehnten durch die Arbeit von Galileo Galilei seinen Auftritt auf der astronomischen Bühne haben. Brahe beobachtete den Himmel mit bloßem Auge und er war der letzte große Astronom, der auf diese Weise arbeitete.

1566 studierte Brahe an der Universität in Rostock. Im Dezember war er Gast bei einer Hochzeitsfeier und geriet dort mit einem anderen Gast, dem dänischen Adeligen Manderup Parsberg, in Streit über eine mathematische Formel. Angeblich zumindest, einwandfrei lässt sich die Ursache des Streist nicht mehr historisch nachweisen. Aber gestritten haben sie und da sie sich nicht einigen konnten, stritten auch bei späteren Treffen noch weiter bis es am 29. Dezember schließlich zu einem Duell zwischen den beiden kam. Einem echten Duell, mit Schwertern und der Aussicht, dabei eventuell zu sterben…

Sowohl Brahe als auch Manderup überlebten den Zweikampf – aber Brahe verlore dabei die Spitze seiner Nase. Er behalf sich danach mit einer metallischen Prothese, von der später gerne behauptet wurde, sie sei aus purem Gold gewesen. Angesichts Brahes Reichtums nicht ganz unmöglich, aber Untersuchungen die an seinen im Jahr 2010 exhumierten Knochen durchgeführt worden sind, legen nahe das es wohl doch eher Kupfer gewesen war.

Brahe, jetzt mit einer Nase aus Metall, reiste weiter durch Europa. In Augsburg baute er einen riesigen Quadrant. So ein Messgerät besteht aus einem Viertelkreisbogen, an dem ein schwenkbares Visier angebracht ist. Damit kann ein Beobachter einen Stern anpeilen und dann auf einer Gradeinteilung am Kreisbogen ablesen, wie hoch der Himmelskörper über dem Horizont steht. Solche Geräte waren damals Standard in der Astronomie und je größer sie gebaut waren, desto feiner konnte die Gradeinteilung sein und damit die Messungen umso genauer. Tychos Quadrant war so groß, dass er nicht mehr bewegt werden konnte, sondern fest im Boden verankert werden musste.

Nach dem Tod seines Vaters (dem biologischen, nicht Jørgen) im Jahr 1571 kehrte Brahe zurück nach Dänemark und führte seine astronomischen Studien dort fort. Richtig glücklich war seine Familie damit aber nicht. Es gehörte sich nicht für einen Adeligen, seine Zeit mit so etwas profanem wie der Himmelsbeobachtung zu verbringen.

Aber 1572 fand ein Ereignis statt, das Tychos Karriere nachhaltig verändern sollte. Am 11. November beobachtete er den Himmel und fand dort einen Stern, der vorher nicht da gewesen war. Im Sternbild Kassiopeia war ein Stern zu sehen, der hell strahlte und in keiner von Tychos Himmelskarten verzeichnet war. Tycho war nicht der erste, der diese Erscheinung gesehen hatte, anderswo in Europa hatten andere das neue Licht am Himmel schon einige Tage früher entdeckt. Aber Tycho war derjenige, der den seltsamen Stern genau untersuchte, über Tage und Wochen hinweg Messungen anstellte und probierte herauszufinden, worum es sich dabei handeln könnten. Für die meisten seiner Zeitgenossen war klar: Es musste sich um eine Leuchterscheinung irgendwo in der Atmosphäre der Erde handeln. Denn immerhin hatte schon Aristoteles gesagt, dass der Himmel perfekt, ewig und unveränderlich ist. Nur die Erde und ihre unmittelbare Umgebung sind davon ausgenommen; nur da wo wir unperfekten und sündhaften Menschen leben kann es Veränderungen geben. Aristoteles‘ Meinung war auch diejenige der Kirche und der Gelehrten der damaligen Zeit und wenn am Himmel nun ein neuer Stern erschien, dann konnte es kein echter Stern sein oder eben nur irgendwas anderes; eine leuchtende Wolke oder etwas in der Art.

Aber Tycho stellte fest, dass der neue Stern sich nicht bewegte. Gar nicht. Nicht ein Stück. Wäre er Teil der Erdatmosphäre, dann müsste er sich mit ihr jeden Tag einmal rund herum drehen. Bzw. würde, wenn man dem damals noch verbreiteten geozentrischen Weltbild folgt, mit ihr gemeinsam still stehen, während sich der Sternenhimmel rund herum dreht. Auf jeden Fall aber müsste er sich während eines Tages deutlich in Bezug auf die anderen Sterne bewegen. Aber das war nicht der Fall und darum musste der neue Stern weiter weg sein. Tycho nahm es mit seinen Beobachtungen und Messungen wirklich genau; er hatte hervoragende Instrumente und beherrschte die Mathematik zur Berechnung von Positionen am Himmel perfekt. Aber egal wie genau er hin sah: Es gab keine Bewegung des Sterns. Das bedeutete, dass es auch kein weiter entfernter Planet sein konnte. Das Ding, was immer es war, war genau so weit von der Erde entfernt wie die ganzen anderen Sterne. Es war ein neuer Stern und das alte Dogma des Aristoteles widerlegt. Brahe veröffentlichte seine Beobachtungen in einem Buch mit dem Titel „De Nova Stella“, als „Über den neuen Stern“ und dieser Begriff bildet auch die Grundlage des modernen Namens dieses Phänomens: Supernova.

Heute wissen wir, dass es sich bei der Erscheinung nicht um einen neuen Stern handelt, sondern den Tod eines alten Sterns der in einer gigantischen Explosion vergeht und dabei einige Monate enorm hell leuchtet bevor er verblasst. Tycho konnte das natürlich noch nicht wissen, aber seine Beobachtungen führten endgültig dazu, dass er eine Karriere als Astronom einschlug. In den folgenden Jahren reiste er durch Europa, besuchte interessierte Adelige an ihren Höfen und erklärte ihnen die Astronomie. Besonders gefördert und befreundet war er mit Wilhelm IV, dem Landgraf von Hessen-Kassel. Wilhelm war selbst begeisterter Hobby-Astronom und beobachtete mit Brahe gemeinsam nächtelang den Himmel. In Kassel baute Wilhelm die erste moderne Sternwarte Mitteleuropas, die er mit den besten Geräten ausrüstete.

Dank eines Briefwechsels zwischen Brahe und Wilhelm kennen wir auch die Geschichte des betrunkenen Elchs. Seltsamerweise besaß Brahe offensichtlich einen zahmen Elch, den er gerne überall hin mit nahm. Bei einer Feier in Landskrona gelang es dem Tier irgendwie, ein Faß Bier zu öffnen. Der Elch betrank sich, versuchte eine Treppe hinunter zu gehen, stolperte und starb nach einigen Tagen, während derer Brahe ihn aufopferungsvoll aber vergeblich pflegte.

Brahes Ruhm und sein Ansehen als großer Gelehrter in Europa fiel nun auch König Friedrich II von Dänemark auf. Es war ihm unangenehm, dass der berühmte Däne überall an den europäischen Höfen empfangen und gehört wurde, aber kaum Zeit in seinem Heimatland verbrachte. Und als er sah, dass Brahe komplett nach Basel übersiedeln um dort zu leben und zu forschen, wurde er aktiv: Er machte ihm ein kaum abzulehnendes Angebot. Brahe sollte ein fixes und enorm großzügiges monatliches Gehalt bekommen. Dazu ein paar neue Titel, eigene Ländereien zum privaten Gebrauch und die gesamte Insel Hven, auf der er sich – ebenfalls großzügig vom königlichen Geld unterstützt, eine eigene und moderne Sternwarte bauen konnte.

Da ließ sich Brahe natürlich nicht lange bitte, blieb in Dänemark und errichtete ab 1576 auf Hven seine beiden berühmten Observatorien: Uraniborg und Stjerneborg, also die „Himmelsburg“ und die „Sternenburg“. Dort gab es die damals modernsten und größten Messgeräte, es gab chemische Laboratorien, luxuriöse Wohnräume für Brahe und seine Familie. Und die vielen Schüler und Mitarbeiter: Brahe machte aus Hven eine Art Forschungszentrum; nahm junge Studenten aus ganz Europa auf, die bei ihm wohnen, essen und lernen konnten. In seiner Zeit auf Hven sammelte er Unmengen an astronomischen Daten und erstellte Himmelskataloge, die genauer waren als alles was bisher existierte.

Uraniborg! Das ist mal ne Sternwarte... (Bild: public domain)
Uraniborg! Das ist mal ne Sternwarte… (Bild: public domain)

1599 war seine Zeit in Dänemark aber vorbei. König Friedrich II war 11 Jahre zuvor gestorben und sein junger Sohn und Nachfolger nicht an Astronomie interessiert. Der Einfluss und Ruhm von Brahe wurde am dänischen Hof nun eher missgünstig betrachtet und bevor man ihn rauswarf, ging Brahe lieber von selbst. Rudolf II, Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, König von Böhmen und Ungarn, Erzherzog von Österreich, also einer der mächtigsten Männer damaligen Zeit und noch dazu sehr an der Wissenschaft (und Pseudowissenschaft) interessiert wollte Brahe sowieso unbedingt als Hofastronom nach Prag holen. Also ging Brahe, ließ sich dort eine neue Sternwarte einrichten und holte sich den jungen Johannes Kepler aus Graz als Assistenten.

Lange konnte er seine neue Stelle allerdings nicht genießen. Im Jahr 1601 erkrankte er an einem Blasenleiden; es war ihm unmöglich zu urinieren. Die Geschichte, dass er während eines Banketts mit dem Kaiser aus Höflichkeit so lange den Drang zur Toilette zu gehen zurück hielt, bis Rudolf den Tisch verlassen hatte und deswegen seine Blase platzte, ist mit Sicherheit eine Legende. Genau so übrigens wie die Geschichte, dass Brahe von seinem Assistenten Kepler vergiftet wurde, weil der unbedingt Zugang zu dessen Beobachtungsdaten haben wollte. Diese Behauptung wurde ebenfalls durch medizinische Untersuchungen während der Exhumierung von Brahe im Jahr 2010 widerlegt. Brahe zog sich jedenfalls – wie und warum wissen wir nicht – ein Blasenleiden zu und starb nach 11 qualvollen Tagen am 24. Oktober 1601 im Alter von 54 Jahren.

Die großen wissenschaftlichen Revolutionen der nächsten Jahre konnte er leider nicht mehr erleben. Galileo Galileis Entdeckungen mit dem ersten astronomischen Teleskop; die Jupitermonde, die Sonnenflecke, die Phasen der Venus und all die vielen neuen Sterne am Himmel, die mit freiem Auge nicht sichtbar waren. Oder Keplers grandiose „Neue Astronomie“, die erstmals klare mathemathische Gesetze für die Bewegung der Planeten am Himmel angab. Gesetze übrigens, die direkt aus Brahes Daten folgten. Kepler hat den Himmel selbst nie beobachtet sondern für all seine Berechnungen die Aufzeichnungen seines Vorgängers benutzt. Brahe hatte sie ohne Teleskop nur mit dem bloßen Auge gesammelt. Und trotzdem waren sie gut genug, um damit ein ganzes altes Weltbild umzustürzen!

Tycho Brahe war einer der größten und bedeutensten Astronomen seiner Zeit und einer der größten und bedeutensten Astronomen aller Zeiten. Über sein Leben und seine Arbeit könnte man noch viel mehr erzählen. Über sein seltsames Tychonisches Weltbild, das die Kluft zwischen Geo- und Heliozentrismus überbrücken sollte. Über den Zwerg, der bei den Mahlzeiten in Uraniborg unter seinem Tisch sitzen und Prophezeiungen abgeben musste. Über Brahes alchemistische Versuche. Über die großartigen Messgeräte die er erfand und baute. Über all die Astronomen, mit denen er überall in Europa zusammenarbeitete. Über seine Erklärung der Bewegung des Mondes. Über die Attentäter, die ihm der dänische König angeblich auf den Hals gehetzt hat und die Gründe dafür. Und so weiter. Aber dafür reicht die Zeit hier leider nicht aus.

Tycho Brahe war ein Phänomen und ein phänomenaler Astronom. Es lohnt sich, sich mit seinem Leben zu beschäftigen!

34 Gedanken zu „Sternengeschichten Folge 167: Das aufregende Leben des Tycho Brahe“
  1. Wenig astronomisch muss ich hier mal zu Protokoll geben: der zahme Elch des Tycho Brahe erheitert mein schlichtes Gemüt gerade mehr als es sich geziemt. 🙂

    Die Vorstellung, wie der Elch edle Adelsempfänge sprengt und dort neugierig die Frisuren der Anwesenden verkostet, ist großartig. Alle Menschen futtern diskret Häppchen vom Buffet, dann drängelt sich der Elch vor und futtert unangemessen glücklich das Buffet. 😀

    Entschuldigt die Erheiterung, zurück zum Thema. 🙂

  2. All dieses Wissen hätte die Menschheit schon Hunderte Jahre vorher sammeln können, wenn sie denn Wissenschaaft durch Beobachtung betrieben hätten. Damals wurde aber eher philosophiert, als beobachtet.

  3. Sehr schöne Sternengeschichte! Für mich muss Tycho Brahe meist allerdings als Negativbeispiel herhalten: Für einen Wissenschaftler, der seine Daten zu wenig mit anderen teilt. Da er seine Daten zu seinen Lebzeiten nicht mit Kepler teilen wollte, hat Kepler seine Gesetze erst nach dem Tod von Tycho Brahe aufstellen können. Hätte Brahe schon zu seinen Lebzeiten enger mit Kepler zusammen gearbeitet und seine Daten geteilt, dann wären das jetzt vermutlich die drei Brahe-Keplerschen Gesetze…

    Was ich für mich daraus lerne ist, dass in der Wissenschaft durch Zusammenarbeit eigentlich immer alle profitieren. Das klappt meiner Erfahrung nach auch super, solange sich alle an die Spielregeln halten und jeder den Beitrag des anderen anerkennt. Leider ist das nicht in jeder wissenschaftlichen Disziplin selbstverständlich (meine Erfahrungen in der (Bio-) Physik sind da deutlich besser als in medizinischen Forschungsbereichen)…

  4. Schöne Zusammenfassung, auch in der Transkription gut zu lesen!

    Der Titel „Das aufregende Leben des Tycho Brahe“ klingt für mich ein wenig nach Das geheime Leben des Walter Mitty. Bei der Geschichte von James Thurber geht es um heroische Abenteuer, die als Tagträume nur im Kopf von Mitty stattfinden. Brahes Leben war sicherlich sehr real, wenn auch nicht immer positiv empfunden, zumindest die Sache mit der Nase eher nicht.

    Eigentlich wäre das mal ein schöner Titel für einen dokumentarischen Film über Brahe. Ich fürchte nur, dass der Filmtitel gemessen an den momentanen Gepflogenheiten Hollywoods und Co und gerichtet an die Masse des zahlenden Publikums eher lauten würde:
    „Dem Tycho sein Leben voll mit echter Aufregung“, oder auch
    „The Tycho-Boy: Aufregendes Leben in Astronomie“.
    Ich würde allerdings bevorzugen:
    „Tycho Brahe, sein Leben, die Astronomie und das Aufregende“.

  5. Eine gewisse Kritik an Brahe ist es ja schon, dass erst sein Schüler Kepler bei der Entdeckung der Gesetze erfolgreich war. Denn Brahe hatte ja alle Beobachtungsdaten, mit denen er hätte erfolgreich sein können. Stattdessen ging er davon aus, dass sich die Planeten auf Epizyklenbahnen bewegen, eine Kurve also, bei der der Planet an einem Punkt eine 180-Grad-Wendung machen muss. Na ja.

    Kepler ist damit auch der Urahn des Datamining. Seine drei Gesetze passen auf eine halbe Seite, die Bahndaten der Planeten passen auf den Rest und damit war der Inhalt von Brahes Bibliothek auf eine Seite komprimiert und konnte eigentlich entsorgt werden.

    Die ganz große Vereinfachung war gefunden und das war natürlich ein riesiger Erfolg. Da frage ich mich manchmal, ob heute noch in gleicher Weise nach Vereinfachungen gesucht wird. Man hat ja riesige Computer, die unglaubliche Komplexität verarbeiten können. Das aber macht die Wissenschaft zum Elfenbeinturm. Was das Publikum (zurecht) hören will, sind Vereinfachungen der gefundenen Daten, womit die Erklärbarkeit der Phänomene einher geht. Das könnte verloren gehen.

    1. @Artur57: “ Seine drei Gesetze passen auf eine halbe Seite,“

      Lies mal die Astronomia Nova. Deutlich mehr als 3 Seiten…

      „Da frage ich mich manchmal, ob heute noch in gleicher Weise nach Vereinfachungen gesucht wird.“

      Ne. Die Astronomen von heute sitzen nur noch faul rum und verschwenden Steuergeld.

  6. @Artur57

    Und wenn die einfachen Zusammenhänge heute schon alle gefunden und beschrieben sind? Weil sie einfach sind?

    Du darfst nicht vergessen, dass systematische, auf Messungen basierte Forschung mit Brahe, Kepler und Galileo gerade erst anfing. Da war fast alles noch neu.

  7. Eine schöne Übersicht.

    Noch die Hinweise, dass

    a) Tycho der latinisierte Name ist. Sein dänischer Geburtsname ist Tyge (den Namen gibt es auch in der Form Thyge).

    b) der Geburtsort Knutstorp zwar damals dänisch war, aber wie ganz Südschweden seit 1658 (nach diversem hin und her in den etwa 15 Jahren zuvor) zu Schweden gehört. Die gewisse Ambivalenz passt gut dazu, dass das Geschlecht Brahe in zwei Zweigen existierte, einer in Schweden, einer in Dänemark. Dabei ist wohl nicht genau geklärt, wie die beiden Zweige einst zusammenhingen. Tyge Brahe gehört allerdings zum dänischen Zweig.

    – – – – –

    Tycho und der Elch

    „Dank eines Briefwechsels zwischen Brahe und Wilhelm kennen wir auch die Geschichte des betrunkenen Elchs.“

    Wir kennen die Geschichte, jedoch nur aus Brahes Erzählung.

    „Seltsamerweise besaß Brahe offensichtlich einen zahmen Elch, den er gerne überall hin mit nahm.“

    Dass er einen zahmen Elch besass, ist sicher möglich. Ob er ihn überall hin mitnahm, erscheint mir ziemlich zweifelhaft. (Aber Florian, du hast vielleicht gute Belege für die Tatsache?)

    „Bei einer Feier in Landskrona gelang es dem Tier irgendwie, ein Faß Bier zu öffnen. Der Elch betrank sich, versuchte eine Treppe hinunter zu gehen, stolperte und starb nach einigen Tagen, während derer Brahe ihn aufopferungsvoll aber vergeblich pflegte.“

    Auch hier wäre es gut, mehr Belege zu haben als den einen Brief Brahes (s. unten). Gibt es solche Belege?

    So lustig und interessant das alles klingt, so gibt es doch Gründe, dieser Geschichte mit der Skepsis gegenüber zu stehen, die bei kuriosen Geschichten immer geboten ist. Und meine Skepsis ist eher größer geworden, gerade wenn Tatsachen behauptet werden.

    Was ich aus dem Internet bisher über die Geschichte ziehe, ist:

    Offenbar wird dies nur in einem Brief vom 8. September 1591 berichtet, den Brahe an den Landgrafen Wilhelm IV. von Hessen richtete (dieser war selbst offenbar Astronom, wie ich Wikipedia entnehme – er hat u. a. einen Sternenkatalog mit ca 1000 Sternen erstellt).

    In dem Briefwechsel, der sich über das Jahr 1591 hingezogen haben soll (mehrere Briefe hin und her), ging es um Rentiere und Elche: Der Landgraf besaß demnach bereits solche Tiere und wollte gerne noch einen weiteren Elch erwerben.
    Auf die Anfrage, ob Brahe ihm seinen Elch gegen ein edles Pferd schicken würde, teilte ihm Brahe in dem September-Brief mit, der Elch könne nicht geschickt werden, da er bei einem Fest im Schloss Landskrona zu viel Bier getrunken habe und auf einer Treppe gestolpert sei, sich die Beine gebrochen habe und gestorben sei.
    Details, wie sie Florian oben berichtet, kann ich nicht finden (anekdotische Ausschmückungen jedoch zuhauf).

    Soweit mein bisheriger Informationsstand.

    Das alles müsste man in den Quellen erst einmal überprüfen.
    Die Briefe Brahes und Wilhelms IV. sind vielleicht erhalten oder – falls nicht mehr, etwa durch Kriegsverlust – sind vielleicht irgendwann vor dem WK II veröffentlicht.

    Die Umstände der Geschichte erscheinen mir aber sehr zweifelhaft:
    Hat sich Brahes Elch selbst zum Bier verholfen? Ein Fass wird er nicht öffnen können. Stand da dann ein Bierfass ganz offen herum? Eher ist anzunehmen, dass in dem Schloss (in der Zitadelle Landskrona) Bediente den Ausschank versorgten. Da hätte der Elch kaum eine Chance sein Bier zu bekommen.

    Ob Elche überhaupt freiwillig an Alkohol gehen würden, müsste erstmal geklärt werden.

    Vielleicht hätte man dann am ehesten bei einem Gelage in derbem, schon angeheiterten „Scherz“ dem Tier halbwegs gewaltsam das Bier eingeflößt.
    Aber wie wahrscheinlich ist das? Bei einem zahmen Tier kann man sich vielleicht vorstellen, dass dies so eine Quälerei mitmacht, aber bis zu welchem Grad?
    Und Elche sind groß! Solche Mengen Alkohol hineinzuzwingen, bis dass das Tier die Kontrolle verliert – geht das überhaupt?

    Und warum sollte Brahe den Elch überhaupt mit zu einer Feier ins Schloss nehmen? Er lebte ja nicht in Landskrona. Schleppte er seine pets immer mit sich herum. wie es oben steht?

    Angesichts der Überlieferung und der Umstände scheint es mir b. a. w. eher, dass die Elch-Geschichte nicht mehr gewesen ist als ein Scherz innerhalb des Briefwechsels oder vielleicht auch eine Anspielung, deren Umstände man nicht näher kennt und sich vielleicht erschließen lassen werden.
    Vielleicht wollte auch Brahe nur seinen Elch behalten und erfand eine lustige Geschichte um die Forderung eines Fürsten abzulehnen, die er in der damaligen Gesellschaft wohl nicht einfach ablehnen konnte (zumal ihm ein gutes Gegenangebot gemacht worden war).

    Antworten habe ich auch nicht: Wenn jemand mehr darüber weiß, bitte sehr.

    1. @IO: „Angesichts der Überlieferung und der Umstände scheint es mir b. a. w. eher, dass die Elch-Geschichte nicht mehr gewesen ist als ein Scherz innerhalb des Briefwechsels oder vielleicht auch eine Anspielung, deren Umstände man nicht näher kennt und sich vielleicht erschließen lassen werden.“

      Die Sache mit dem Elch ist von vielen Historikern mehr als ausführlich untersucht worden; in jedem biografischen Werk gibts dazu Quellen. Ich hab zB das hier kürzlich gelesen: https://www.amazon.de/gp/product/B00W7XVCDW?psc=1&redirect=true&ref_=oh_aui_d_detailpage_o03_

  8. Auf der Museumsseite heißt es übrigens (englische Version):

    „Several excavations have been made of his grave but still no cause of death has been determined.“

  9. In Brewsters Buch (The Martyrs of Science, or the Lives of Galileo, Tycho Brahe, and Kepler (1841) steht aber doch nichts über den Elch?

    Vor allem im Abschnitt III des Buchteils „Tycho Brahe“ in dem es dann auch über Brahes Persönlichkeit und Lebensumstände geht, kann ich keine Angabe über die Elch-Geschichte finden. Gerade die Seiten 153-154 in die sich auf diesen Austausch 1519 mit Landgraf Wilhelm beziehen, enthalten keinerlei Hinweise auf den Elch (oder auch nur einen ähnlichen Vorfall).

    Auch im Kapitel IV, in dem Brewster die Persönlichkeit Brahes beschreibt und auf S. 168-169 seinen Hang zu „satire“ und „jocular habits“ beschreibt, gibt es keinerlei Hinweise auf eine solche Geschichte.

    Im Übrigen gibt Brewster keine Quellen oder Literatur an.

    Es ist ein populär-historisches Buch. Historisch-kritische Methode ist da nicht zu sehen und der Quellenwert ist kritisch zu sehen. Das heisst ja nicht, dass das Buch an und für sich schlecht sein muss oder dass es nicht auch in Details richtig ist, sondern nur, dass man es als Beleg für etwas vergessen kann.

    1. @IO: „Es ist ein populär-historisches Buch. Historisch-kritische Methode ist da nicht zu sehen und der Quellenwert ist kritisch zu sehen. „

      Ich hab ja auch nicht gesagt, dass das einzige Buch war, das ich gelesen habe. Ich will mich jetzt aber auch nicht darüber streiten. Du kannst die Sache mit dem Elch gerne als Erfindung betrachten.

  10. @ IO

    Einige interessante Details zu der tragikomischen Elchgeschichte findet man
    hier.

    Weitere Links, allerdings auch keine zu Originalquellen, findet man in der dort einige Monate später fortgesetzten Diskussion, ab 34. (Ah, ich sehe, Florian Freistetter hat einen der Links schon selbst wieder gepostet.)

    „Vielleicht wollte auch Brahe nur seinen Elch behalten“

    Auf jeden Fall sind Elche auf Reisen gegangen. Nach dem Tod des Landgrafen sind zwei in Hessen eingetroffen: „Erst im Dezember 1596 bekam Wilhelms Sohn, Landgraf Moritz, die beiden Elche.“
    ( https://www.jstor.org/stable/20776468 )

  11. @ IO & Florian Freistetter

    „Die Briefe Brahes und Wilhelms IV. sind vielleicht erhalten“

    Und online zugänglich: https://archive.org/stream/operaomniaedidit06brahuoft#page/234/mode/2up

    Dort klingt das alles eigentlich sehr plausibel und nicht nach Satire. Allerdings findet sich tatsächlich dort nichts was darauf hindeuten würde, dass Brahe den Elch überall mithingenommen hätte oder dass er anlässlich einer Feier gestorben sei.

    (Ein relevanter Brief vom Freiherr findet sich 2 Seiten vorher.)

  12. @Florian:

    Es geht ja nicht um einen nicht vorhandenen Streit oder wie Du und/oder ich die Sache persönlich betrachten, sondern nur um die einfache (und in einem Scienceblog doch nicht irrelevante) Frage, was in der Sache selbst bekannt ist, die oben als Tatsache dargestellt wurde.

    Ich interessiere mich für die Quellen, wenn ein so sehr merkwürdiger Umstand als Tatsache berichtet wird, und was genau darinnen steht.
    Es ist schließlich bekannt, dass sich Fehler in der Überlieferung fortpflanzen, weil es zu leicht geschieht dass einer vom anderen falsch abschreibt.

    Inzwischen schaue ich mir die Briefe Brahes an, die es offenbar hier in einer Ausgabe von 1610 gibt:
    https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/16183/1/

    Es ist also Brahes Brief vom 8. Februar 1591 und die Geschichte mit dem Elch (in den Briefen des Landgrafen Wilhelm auch „Elenn“ oder „Elendsthier“) ist auf S. 208 der Ausgabe zu lesen.

    Brahes Schreiben sind in dieser Zeit meistens lateinisch abgefaßt. Es braucht nun aber eine sehr genaue Übersetzung – und da komme ich im Moment mit dem Latein des späten 16. Jh. nicht überall weiter.

    Beginnt bei „Alces autem licet …“ bis zum Ende des Absatzes.

    1. @IO: „Ich interessiere mich für die Quellen, wenn ein so sehr merkwürdiger Umstand als Tatsache berichtet wird,“

      Ok, aber ein Podcast ist nicht unbedingt ein gutes Medium um Quellen zu transportieren (die Transkription hier ist ja wirklich nur ne Transkription des Gesprochenen; keine Bearbeitung o.ö.). Ich hab jede Menge Bücher über Brahe gelesen und darin eben auch die Geschichte mit entsprechenden Quellen gelesen (die Hauptquelle für die Sache mit dem Elch ist mWn die Brahe-Biografie von Gassendi). Ich kann das jetzt im Rahmen eines Podcasts nicht alles nachrecherchieren und verlasse mich da auf das, was ich bei den verschiedenen Biografen (übereinstimmend) gelesen habe.

  13. @ Joker
    Danke für die Hinweise.
    Mit dem deutschen Text wird die Sache doch klarer.

    Wenn Brahes Darstellung stimmt, dann berichtet er also lediglich, was sich außerhalb seines Einflussbereichs und auch nicht einmal in seinem Beisein mit einem Elch ereignete.

    Es ist eine ganz nette Geschichte, die aber für die Biographie und Persönlichkeit Brahes an und für sich unbedeutend ist.

  14. @ Florian

    Ich verstehe, dass man nicht alles nachprüfen kann, aber bei Anekdoten sollte man es schon mal tun. Es ist ja nicht das erste Mal, dass diese Elchgeschichte kolportiert wird.

    Jetzt kann der Text oben berichtigt werden:

    „Dank eines Briefwechsels zwischen Brahe und Wilhelm kennen wir auch die Geschichte des betrunkenen Elchs.“

    Ja, und sie hat mit Brahe nicht mehr zu tun, als dass er eine Kuriosität berichtet, die sich in seinem Umfeld zutrug. Er berichtet sie, weil er sich mit dem elch-begierigen Landgrafen über diese und andere Tiere austauscht. (Diese Faszination für Elche ist in Deutschland heute besonders verbreitet. In Småland nutzt man dies bei deutschen Touristen gern aus und verkauft denen Elchkot in Flaschen. Darüber gab es vor einigen Jahren mal einen lustigen Bericht im schwedischen Fernsehen).

    „Seltsamerweise besaß Brahe offensichtlich einen zahmen Elch, den er gerne überall hin mit nahm.“

    Das kann gestrichen werden, denn das geht aus dem Brief nicht hervor.

    „Bei einer Feier in Landskrona gelang es dem Tier irgendwie, ein Faß Bier zu öffnen.“

    Das weiß man nicht. Er wurde nur auf unbekannte Weise alkoholisiert.

    „Der Elch betrank sich, versuchte eine Treppe hinunter zu gehen, stolperte und starb nach einigen Tagen,“

    Ja.

    “ während derer Brahe ihn aufopferungsvoll aber vergeblich pflegte.“

    Das weiß man nicht.
    Der Brief lässt eher vermuten, dass Brahe die gesamte Angelegenheit selbst nicht erlebt hat.

    1. @IO: „Jetzt kann der Text oben berichtigt werden:“

      So schnell geht ne komplette historische Quellenanalyse? Brahe besaß einen Elch, dafür gibts durchaus mehr Quellen (siehe oben). Der Elch starb, betrunken, auch dafür gibts Quellen (siehe oben). Ich will ja mit meinem Podcast (Podcast! Kein Artikel. Kein Text. Eine Transkription meines gesprochenen Worts; Bonusmaterial zu meinem Podcast) kein Doktorat in Geschichte gewinnen. Ich habe die Geschichten erzählt, die man über Brahe erzählt. Und die ich nicht selbst erfunden habe, sondern die man in zahlreichen Werken aus allen Epochen nachlesen kann. Wenn du allerdings tatsächlich eine historisch einwandfrei belegte Arbeit veröffentlichen willst, mit der du die Elch-Geschichte als Erfindung nachweist, würde ich das begrüßen. Das wäre für die Geschichte der Astronomie sicher ne große Sache und ich werde mir dann auch die Mühe machen, ausführlich darüber zu berichten (als Text) und einen neuen Podcast aufnehmen.

  15. (Sternen-)Geschichten müssen meiner Ansicht nach in erster Linie gut erzählt werden. Klar, die Inhalte sollen auch stimmen. Aber ich würde alles stehen lassen und vor den fragwürdigen Stellen beim nächsten mal vielleicht noch einfügen, ‚Es wurde gelegentlich sogar kolportiert, dass …“.

    Wer´s ganz nüchtern (!) mag, der soll sich Peer-Review-Artikel anhören.

  16. @ Florian

    „So schnell geht ne komplette historische Quellenanalyse?“

    Nein, komplett nicht. Natürlich nicht, wie Du als Wissenschaftler sehr wohl weißt.

    Aber besser als sich auf die Sekundärliteratur zu verlassen, ist es doch, sich wenigstens mal die Quelle der Geschichte anzusehen, den Hintergrund.
    Es waren ja schon früher Zweifel aufgekommen an Details dieser Geschichte (etwa, dass in Landskorona immer noch der Kopf *dieses* Elchs zu sehen sei) und weitere Zweifel habe ich oben beschrieben, die sich zum Teil als berechtigt herausgestellt haben.
    Nun wissen wir doch schon genauer und können in Zukunft informiert(er) darüber sprechen bzw. anderen berichten. Ist das schlecht?

    „Ich will ja mit meinem Podcast (Podcast! Kein Artikel. Kein Text. Eine Transkription meines gesprochenen Worts; Bonusmaterial zu meinem Podcast) kein Doktorat in Geschichte gewinnen.“

    Was soll man auf so etwas nun antworten? Dass man Doktorate nicht gewinnt? Dass man mit einer Arbeit über den Brahe-Elch auch kein Doktorat erarbeiten könnte?
    Was soll’s …

    „Ich habe die Geschichten erzählt, die man über Brahe erzählt. Und die ich nicht selbst erfunden habe, sondern die man in zahlreichen Werken aus allen Epochen nachlesen kann.“

    Das finde ich auch OK, und ich greife Dich nicht persönlich an. Nur scheinst Du Kritik an einem Detail hier als Kritik an Deiner Person zu missverstehen.
    Aber, nur weil in vielen Werken viel erzählt wird, wird es ja nicht richtiger. Du glaubst sonst doch auch nicht alles kritiklos (und tust ganz recht darin!).

    „Wenn du allerdings tatsächlich eine historisch einwandfrei belegte Arbeit veröffentlichen willst, mit der du die Elch-Geschichte als Erfindung nachweist, würde ich das begrüßen.“

    Es ging nicht darum, etwas als Erfindung nachzuweisen, sondern festzustellen, welcher Hintergrund für die Geschichte existiert.
    Hier, und nicht in einer eigenen Veröffentlichung und auch nicht rückwirkend in Deinem Podcast.

    Schönen Abend noch!

    1. @IO: “ Nur scheinst Du Kritik an einem Detail hier als Kritik an Deiner Person zu missverstehen.“

      Ne, daran liegts nicht. Ich kann das nur in der Vehemenz nicht nachvollziehen. Ich habe eine Geschichte (nach)erzählt, die man in jedem Werk über Brahe lesen kann. Die Details mögen variieren und historisch umstritten sein. Aber die Geschichte an sich nicht. Im Rahmen des Mediums in dem ich sie präsentiert habe, erschien und erscheint sie mir immer noch absolut zulässig. Wäre das eine wissenschaftshistorische Arbeit, dann nicht. Aber das wars ja nicht.

  17. @IO:

    Meine Güte.
    Das ist alles über 500 Jahre her. Florian versucht hier im Blog, Menschen für Astronomie zu begeistern.
    Wenn er jetzt anfängt, jedes „bunte“ Detail einer historischen Geschichte selber zu recherchieren, bzw. zu relativieren, wird das wohl eher schwierig . . .
    Glaubst Du die Anekdote, die bei der Entdeckung der Hintergrundstrahlung erzählt wird?
    Dass die Beteiligten aufgrund der unerwarteten Meßergebnisse Vogeldreck auf der Antenne vermuteten und diese deswegen extra reinigten?
    Diese Geschichte ist erst ein paar Jahrzehnte alt, aber als Quellen kommen auch nur die Beteiligten in Frage, die das vielleicht damals so notiert haben.
    Oder haben sie es nur irgendwelchen Journalisten erzählt? Ich will das gar nicht recherchieren, denn:
    Warum denen das glauben? Nur weil sie Wissenschaftler sind? Und jeder Anekdote erhaben?
    So, wie immer und überall auch Anekdoten passieren, wird es auch im 16. Jahrhndert gewesen sein.
    Warum sollte es übrigens einem Elch unmöglich sein, an den Inhalt eines Bierfaßes zu kommen, quasi zu „öffnen“?
    Ich war selber schon einmal dabei, als ein Zapfhahn durch einen Unachtsamkeit aus einem Bierfaß rutschte.
    Warum sollte das nicht passieren können, wenn ein Elch gegen einen unachtsam eingeschlagenen Zapfhahn stösst, das Bierfaß vom Tisch wirft, oder was auch immer?
    Oder war es unwissenschaftlich, dass Florian so etwas als „öffnen“ bezeichnet hat?
    An der schönen Bierlache am Boden hat dann an unserem Faß auch prompt der Hund eines Freundes geschlabbert . . .
    Zum Glück gab es im Garten keine Treppe 😉
    Was ich mit diesen vielen Worten sagen wollte:

    Es werden zu viele Worte über diese Sache hier verloren.
    Bei einer 500 Jahre alten Geschichte, bei noch älteren und bei jüngeren und vielleicht auch jeder Anekdote, die man nicht selber erlebt hat, sollte man nur soweit darüber nachdenken, ob sie praktisch möglich ist.
    Denn wenn sie das ist, dann ist sie quasi wahr – und irgendwann mal passiert 😉
    Ich denke da an so ein Gesetz . . .

    derdeet

    P.S: Stimmt wohl meine Geschichte mit dem Hund?

  18. Ich war gerade aus versehen am Grab Brahes – hat mich mehr bewegt, als die überaus reich geschmückte Tyns-Kirche in der er liegt.
    Gruß aus Prag also!

  19. […] Pinkeln wird bei der Besiedelung anderer Planeten also zu einer lebenswichtigen Aufgabe. Beziehungsweise zu einer doppelt lebenswichtigen Aufgabe, denn was auch immer wir vom Urin halten: Halten sollten wir ihn auf keinen Fall zu lange wenn wir nicht schwere gesundheitliche Schäden erleiden wollen. Dass der Astronom Tycho Brahe im 15. Jahrhundert an den Folgen einer geplatzten Blase starb (weil er aus Höflichkeit nicht aufs Klo gehen wollte solange der Kaiser noch mit ihm am Tisch saß) ist allerdings nur ein Mythos… […]

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