Eine alte Galaxie besteht aus alten Sternen. Aber auch diese Sterne waren irgendwann einmal jung und irgendwann einmal mussten sie geboren werden. In jeder Galaxie gibt es große Mengen an Gas aus denen Sterne entstehen können. Gas allein reicht aber nicht; es müssen auch die richtigen Bedingungen herrschen, damit daraus neue, leuchtende Himmelskörper werden können. Ist das Gas verbraucht oder sind die Bedingungen nicht mehr gegeben, dann endet die Sternentstehung. Die vorhandenen Sterne werden immer älter, immer leuchtschwächer und mit ihnen auch die ganze Galaxie. Und ein Grund für die Überalterung einer Galaxie ist: Gesellschaft! Manche Galaxien sollten lieber alleine bleiben, wenn sie weiter junge Stern hervorbringen wollen…

Paul Sell von der Texas Tech University in Lubbock und seine Kollegen haben sich 12 wechselwirkende Galaxien angesehen („Massive Compact Galaxies with High-Velocity Outflows: Morphological Analysis and Constraints on AGN Activity“), also Galaxien, die gerade dabei sind miteinander zu verschmelzen beziehungsweise diesen Prozess schon weitestgehend hinter sich haben. Solche galaktischen Kollisionen kommen immer wieder vor: Auch unsere Milchstraße wird in ein bis zwei Milliarden Jahren mit ihrer Nachbarin, der Andromedagalaxie, verschmelzen. Das bleibt natürlich nicht ohne Auswirkungen: Den existierenden Sternen passiert dabei nichts; Zusammenstöße zwischen ihnen kommen nicht vor, denn dafür ist einfach zu viel leerer Raum zwischen den Sternen. Aber die Kollision zweier Galaxien hat Auswirkungen auf das in ihnen befindliche Gas und die Sternentstehung.

Die in der Studie untersuchten wechselwirkenden Galaxien (Bild: NASA, ESA, Z. Levay (STScI), and P. Sell (Texas Tech University))
Die in der Studie untersuchten wechselwirkenden Galaxien (Bild: NASA, ESA, Z. Levay (STScI), and P. Sell (Texas Tech University))

Besonders in aktiven Galaxien, und die wurden in der Studie untersucht, kann das Gas schnell verloren gehen. Aktiv ist eine Galaxie dann, wenn das schwarze Loch in ihrem Zentrum noch von viel Material umgeben ist. Die Gravitationskraft des Lochs beschleunigt es auf hohe Geschwindigkeiten und während das ganze Zeug um das Zentrum wirbelt, gibt es jede Menge Strahlung ab. Man dachte bisher, dass es vor allem dieser Einfluss des schwarzen Lochs ist, der dazu führt, dass Gas auch mit hoher Geschwindigkeit aus der Galaxie hinaus geschleudert wird und die Sternentstehungsrate sinken lässt. Sell und seine Kollegen haben nun aber einen neuen Mechanismus identifiziert, der in den wechselwirkenden Galaxien auftreten kann.

Die Galaxien, die in der Studie untersucht worden sind, sind sehr kompakt. Sie sind das Resultat der Kollision zweier gasreicher normaler Galaxien, bei denen durch die Verschmelzung viel Gas in das Zentrum der neu entstehenden Galaxie gelangt. Dort entstehen dann auf engsten Raum in kurzer Zeit sehr viele neue Sterne. Bis zu hunderte neue Sterne pro Jahr werden dort gebildet und das ist enorm viel, wenn man es mit der durchschnittlichen Sternentstehungsrate unserer eigenen Galaxie vergleicht. Die liegt nur bei einem Stern pro Jahr. Der große Sternenrummel in den wechselwirkenden Galaxien bleibt nicht ohne Folgen. Die Sterne heizen das restliche Gas enorm stark auf; so sehr, dass es zu heiß ist, dass daraus neue Sterne entstehen können. Das geht nur wenn das Gas kühl genug ist, denn nur dann bewegt es sich auch langsam genug um sich zu den dichten Wolken zusammenzufinden, die die Grundlage späterer Sterne bilden. Die Sterne erzeugen aber auch starke Sternwinde und pusten damit einen großen Teil des Gases aus der Galaxie hinaus. Es braucht also nicht unbedingt ein supermassereiches schwarzes Loch – ein wilder Haufen junger Sterne reicht ebenfalls aus, damit eine Galaxie ihr Gas verlieren kann.

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Die neu entstandene Galaxie hat nun kein Material mehr übrig, aus denen neue Sterne entstehen können. Die vorhandenen Sterne werden einfach nur noch immer älter, leuchten immer schwächer und röter bis sie am Ende „red and dead galaxies“ werden. Aber so ist das eben, wenn man eine wilde Jugend hinter sich hat und sich mit den falschen Galaxien einlässt. Manchmal bleibt man eben besser allein – zumindest dann, wenn man eine Galaxie ist…

14 Gedanken zu „Wer lange leben will, muss alleine bleiben! (zumindest als Galaxie…)“
  1. Trotzdem kann es passieren, dass die Sterne doch miteinnander kollidieren, auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist oder? Was passiert denn genau wenn Sterne kollidieren? Vorallem unterschiedliche Sterne?

    1. @Cakir: „Trotzdem kann es passieren, dass die Sterne doch miteinnander kollidieren, auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist oder?“

      Das ist SO ENORM unwahrscheinlich, dass du länger als die bisherige Lebensdauer des Universums abwarten musst, damit sowas statistisch gesehen zumindes einmal passiert. Sterne kollidieren nicht… Es gibt Ausnahmen; in den engen Zentren von Kugelsternhaufen zum Beispiel. Und dann entstehen neue Sterne: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2011/05/30/blaue-nachzugler-im-zentrum-der-milchstrasse/

  2. Was immer wieder meine Vorstellungskraft sprengt:

    „Große Mengen an Gas“ bedeutet immer noch ein besseres Vakuum, als man es auf der Erde mit technischen Möglichkeiten erzeugen kann….

  3. Das Sterne nicht einmal mit kleinsten Wahrscheinlichkeiten kollidieren, kann man ja vermutlich anhand des Verhältnis von Sternengrößen zu mittleren Sternenabständen abschätzen.

    Wie sieht es aber mit dem Einfuss auf die Umlaufbahnen von Planeten aus, wenn ein Stern bei einem Durchdringen zweier Galaxien einem anderen Stern mit Planeten nahe kommt. Gibt es hierbei Abschätzungen, wie wahrscheinlich es ist, dass dann ohne Kollision ein Planet aus seiner habitablen Zonen geworfen wird? Ist dies dann deutlich wahrscheinlicher, wie bei einer ‚üblichen‘ Planetendynamik, wo Planeten immer ‚mal wieder‘ ihre Umlaufbahnen ändern?

    1. @Matthias Kneller: „Wie sieht es aber mit dem Einfuss auf die Umlaufbahnen von Planeten aus, wenn ein Stern bei einem Durchdringen zweier Galaxien einem anderen Stern mit Planeten nahe kommt. „

      Angesichts der Abstände zwischen den Sternen spielt es kaum eine Rolle, ob man den Stern selbst oder das Planetensystem betrachtet. Eine galaktische Kollision hat da keine großartig anderen Auswirkungen, als es die üblichen „nahen“ Vorbeigänge zwischen Sternen haben. Damit ein Stern die Bahnen von Planeten relevant ändern kann, muss er schon wirklich nahe kommen und das ist unwahrscheinlich. Wenn, dann kann er vielleicht ein paar Kometen aus der jeweiligen Oortschen Wolke stören, die dann auf anderen Bahnen unterwegs sind.

  4. Hinzu kommt ja auch noch die Relation der Zeitskalen:
    Zum einen reden wir bei Planetensystemen von 1-3stelligen Jahreszyklen, während Galaxienkollisionen millionen- bis milliardenfach länger brauchen. Da wird der eh schon geringe gravitative Einfluss noch weiter verringert durch zeitliche Dehnung der Änderung dieses geringen Einflusses.

  5. Wie ist das denn mit dem „großen Attractor“ (mir fällt grad der richtige Name nicht mehr ein, sorry)? Da werden dann doch auch irgendwann mal sehr sehr viele Galaxien zusammenstoßen, oder verwechsel ich da grad was?

  6. @Alderamin:
    btw, danke für den Link, die Bilder sind ja der Hammer 😮 Auch die vom Quartet und Sextet… gleichzeitig cool und unheimlich, dass da draussen soviel los ist, von dem wir hier einfach gar nix mitkriegen….

  7. @Desolace

    Wie ist das denn mit dem “großen Attractor” (mir fällt grad der richtige Name nicht mehr ein, sorry)? Da werden dann doch auch irgendwann mal sehr sehr viele Galaxien zusammenstoßen, oder verwechsel ich da grad was?

    Der Great Attractor (oder Großer Attraktor) hat sich als das Zentrum des kürzlich neu entdeckten Laniakea-Superhaufens entpuppt, von dem der Virgo-Superhaufen nur ein Teil ist. Generell gibt es eine Bewegung der Galaxien in diese Richtung, aber die Milchstraße zieht es laut dem Wikipedia-Artikel zum Great Attractor zu einen ferneren Punkt hin. Ob sich da irgendwann alle Galaxien treffen, ob sie diesen Punkt umkreisen oder die kosmologische Expansion Laniakea vorher auseinander zieht, weiß ich aber auch nicht.

  8. @Alderamin, #3 bzw #4:

    Wobei das Stephan’s Quintet in Wirklichkeit ja eigentlich nur ein Quartett ist. Die Galaxie NGC 7320 befindet sich nur dem Anschein nach in der Nähe der vier anderen, die mindestens fünfmal weiter von uns entfernt sind.

  9. Alleine bleiben ist sehr gut, sagte ein Professor der Genetik,
    der den Alterungsprozess erforscht, er sagte,
    durch Sex wird der Alterungsprozess beschleunigt.

    Der hatte Recht, man kann das beobachten.

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