Seit mehr als sechs Jahren schreibe ich nun schon in meinem Blog über Wissenschaft. Auch davor habe ich viele öffentliche Vorträge im Rahmen meiner Arbeit als Wissenschaftler an diversen Universitäten gehalten. Ich habe Artikel über Wissenschaft für viele Zeitschriften geschrieben, Podcasts über Wissenschaft gemacht und vier populärwissenschaftliche Bücher veröffentlicht. Bin ich deswegen ein „Wissenschaftskommunikator“? Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Ich habe zwar immer wieder mal an Konferenzen über Wissenschaftskommunikation teilgenommen und wurde auch des öfteren als „Wissenschaftskommunikator“ bezeichnet. Aber irgendwie ist mir die Sache mit der „Wissenschaftskommunikation“ bis heute ein Rätsel geblieben und ich habe immer noch das Gefühl, dass Wissenschaftskommunikation nicht unbedingt gleichbedeutend mit der Kommunikation von Wissenschaft ist…

In den letzten Wochen ist das Thema – zumindest in der entsprechenden Filterblase – wieder sehr präsent gewesen. Es gab den Siggener Aufruf zur Gestaltung der Wissenschaftskommunikation; es gab den Bericht der Nationalen Akademie der Wissenschaft zur „Gestaltung der Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und den Medien“ und jede Menge Kommentare und Stellungnahmen dazu von allen möglichen Leuten (Markus hat nebenan eine lange Linkliste). Und jetzt gerade findet ein Wissenschaftskommunikations-Workshop der Volkswagenstiftung mit dem Titel „Image statt Inhalt?“ statt.

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Ich hatte eigentlich schon länger mal vor, meine Meinung zu dem ganzen Komplex der Wissenschaftskommunikation aufzuschreiben (obwohl ich das ja eigentlich schon vor 2 Jahren mal gemacht habe). Aber ich bin immer wieder daran gescheitert, dass ich die Wissenschaftskommunikation um die es bei all diesen Berichten und Konferenzen geht, nicht wirklich zu verstehen scheine. Das ist kein Wunder, denn ich bin kein professioneller Wissenschaftskommunikator. Ich war früher ein ganz normaler Wissenschaftler und habe irgendwann angefangen, über Wissenschaft zu schreiben und in Blogs, Podcasts, Zeitungsartikeln und Büchern allen davon zu erzählen, die davon hören wollen. Ich lebe zwar mittlerweile davon, Wissenschaft zu vermitteln, aber ich bezweifle, ob mich das zu einem „Wissenschaftskommunikator“ macht.

Oder vielleicht doch – das ist es ja gerade. Ich habe immer noch nicht herausgefunden, ob es eine „offizielle“ Definition dessen gibt, was Wissenschaftskommunikation bzw. eine Definition der die Mehrheit derjenigen, die sich selbst als Wissenschaftskommunikatoren bezeichnen, zustimmt. Also dachte ich mir, ich bin einfach mal ganz naiv und stelle die Frage in meinem Blog und schreibe meine Sicht der Dinge dazu auf. Und das ist tatsächlich nicht als Koketterie gemeint. Ich weiß, dass sich sehr viele Expertinnen und Experten mit dem Thema beschäftigen; Menschen die entsprechende Studien zur Wissenschaftskommunikation durchgeführt haben; Leute die an den relevanten politischen Entscheidungen beteiligt waren und sind bzw. eben ganz allgemein das Thema Wissenschaftskommunikation quasi wissenschaftlich erforschen. Und ich weiß auch, dass ich nicht zu diesen Experten gehöre und es deswegen nicht angebracht ist, so zu tun, als wüsste ich alles besser. Aber ich hoffe, vielleicht ein wenig dazu lernen zu können; ich hoffe auf ein paar interessante Kommentare und Diskussionen und ich hoffe, am Ende besser zu verstehen, worum es bei der Wissenschaftskommunikation wirklich geht.

Der oben schon erwähnte Workshop der Volkswagenstiftung ist zwar keine öffentliche Veranstaltung und nur auf Einladung zugänglich. Aber die Teilnehmerinnen und Teilnehmer twittern unter dem Hashtag #wowk14 über das was dort passiert (hier gibt es eine Zusammenfassung des ersten Tages) und gestern hat Henning Krause eine dort verwendete Definition von „Wissenschaftskommunikation“ verbreitet:

„Als ‚Wissenschaftskommunikation‘ wird im Kontext dieser Tagung die Kommunikation von Forscher(inne)n und Mitarbeiter(inne)n der Pressestellen von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Richtung Medien(öffentlichkeit) verstanden.“

Das ist eine ziemlich klare Definition und eine, die wahrscheinlich nicht unbedingt bei allen auf Zustimmung stoßen wird. Laut dieser Definition besteht Wissenschaftskommunikation im wesentlichen aus der Arbeit der PR- und Pressemitarbeiter an Forschungseinrichtungen. Also die Leute, die Pressemitteilungen schreiben oder Ansprechpartner für Journalisten vermitteln. Das ist eine wichtige Arbeit, aber zumindest meiner Meinung nach mit Sicherheit nicht alles, was Wissenschaftskommunikation ausmacht (und diese Definition soll ja auch nur im „Kontext der Tagung“ gelten). Denn Wissenschaftskommunikation ist definitiv mehr als nur „Werbung für Universitäten“ (wenn man die Arbeit der Pressestellen mal so plakativ zusammenfasst).

Ich habe mir gestern ziemlich lange Gedanken darüber gemacht, wie genau man Wissenschaftskommunikation von anderen, ähnlichen Tätigkeiten abgrenzen könnte. In die eine Richtung ist es ziemlich leicht – scheinbar. Da Wissenschaftskommunikation ja Wissenschaft kommuniziert, kann die zugrunde liegende wissenschaftliche Arbeit selbst nicht dazu gehören. Wissenschaftler sind also keine Wissenschaftskommunikatoren (zumindest solange sie sich wirklich nur auf die Forschung beschränken). Aber wo hört die wissenschaftliche Arbeit wirklich auf? Wenn ein Forscher an einer Uni eine Vorlesung vor den Studierenden hält; wenn eine Forscherin auf einer Fachkonferenz über ihre Arbeit spricht: Ist das noch Wissenschaft oder schon Wissenschaftskommunikation?

Es wird hier zwar Wissenschaft kommuniziert, aber meiner Meinung nach ist das alles immer noch selbst Teil der Wissenschaft. Ein Fachvortrag ist vergleichbar mit einer Veröffentlichung in einem Fachjournal und die Publikation von Ergebnissen ist auf jeden Fall ein integraler Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit, egal ob schriftlich oder mündlich. Bei der Lehre ist es nicht mehr ganz so klar, aber auch hier würde ich eher dazu tendieren, sie als Teil der Wissenschaft zu definieren; als etwas, das wie die Forschung selbst zu den Aufgaben eines jeden Wissenschaftlers gehört.

Richtig kompliziert wird es, wenn es in die andere Richtung geht. In der Definition des Workshops der Volkswagenstiftung ist das ja ziemlich eindeutig definiert: Wissenschaftskommunikation findet zwischen den Forschern und den Medien statt (und zwar in genau dieser Richtung) und die Wissenschaftskommunikatoren sind diejenigen, die den Fluss der Informationen von den Wissenschaftlern zu den Medien organisieren bzw. steuern. Nach dieser Definition wäre also ein Wissenschaftsjournalist, der in einer Zeitung einen Artikel über neue wissenschaftliche Ergebnisse schreibt, kein Wissenschaftskommunikator, sondern nur der Empfänger von Wissenschaftskommunikation. Auch eine Forscherin, die „einfach so“ über ihre Arbeit in einem Blog schreibt, wäre keine Wissenschaftskommunikatorin, weil die laut der Definition nur von offiziellen Stellen durchgeführt wird. Und ich wäre ebenfalls kein Wissenschaftskommunikator, weil ich auch nicht im Auftrag irgendwelcher Forschungseinrichtungen arbeite.

Wie gesagt: Die Definition wurde nur für den Kontext der Tagung so gewählt. Ich vermute, dass viele der Beteiligten durchaus eine breitere Auffassung von Wissenschaftskommunikation haben. Aber wie weit geht sie? Wenn ich nochmal naiv sein wollte, würde ich sagen, dass Wissenschaftskommunikation immer dann statt findet, wenn Menschen über Wissenschaft kommunizieren. Selbst dann, wenn keine PR-Leute von Pressestellen, Journalisten oder Wissenschaftler beteiligt sind. Wenn zwei Leute abends beim Bier zusammen sitzen und über ein wissenschaftliches Thema plaudern, dann ist das in gewissen Sinne auch Wissenschaftskommunikation.

Es wird hier zwar nicht Wissenschaft VON der Universität AN DIE Öffentlichkeit kommuniziert, aber dafür kommuniziert die Öffentlichkeit ÜBER Wissenschaft und das ist ja durchaus nicht schlecht. Denn ich habe manchmal das Gefühl, dass bei all der Beschäftigung mit der Theorie der Wissenschaftskommunikation oft vergessen wird, dass am Ende immer doch ein Ziel stehen sollte: Nämlich so vielen Leuten wie möglich von Wissenschaft zu erzählen! Man kann bei der Suche nach Strategien zur Verbesserung der Wissenschaftskommunikation darüber diskutieren, ob das besser in Zeitungen geschehen soll, ob Blogs unseriös sind oder ob Wissenschaftler sich selbst an die Öffentlichkeit wenden oder das der Pressestelle der Universität überlassen sollen. Man kann darüber diskutieren ob Wissenschaftskommunikation lustig sein darf oder soll oder ob Dinge wie ein Science Slam oder Wissenschaftskabarett Wissenschaftskommunikation sind oder „nur“ Unterhaltung. Sind Blogger überhaupt geeignet, Wissenschaft zu kommunizieren oder steht im Internet sowieso nur Unsinn (Nein, definitiv nicht!)? Aber am Ende will man doch eigentlich wirklich erreichen, dass die Leute abends beim Bier über Wissenschaft reden!

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Das ist zumindest das Ziel, dass ich mir für „Wissenschaftskommunikation“ wünsche (und wäre, falls vorhanden, an anderen Meinungen interessiert). Ich mache meine Arbeit, weil ich Wissenschaft enorm faszinierend finde und weil ich möglichst viele Menschen an dieser Faszination teil haben lassen will. Ich mache meine Arbeit, weil ich es wichtig finde, dass möglichst viele Menschen über Wissenschaft Bescheid wissen, denn eine gut informierte Gesellschaft trifft (hoffentlich!) bessere Entscheidungen – und wenn es um Entscheidungen zu Themen wie Gentechnik, Klimawandel, erneuerbare Energie, Stammzellenforschung, usw geht, dann sollte man schon ein wenig über Wissenschaft Bescheid wissen. Ich mache meine Arbeit, weil Wissenschaft ein Teil unserer Gesellschaft ist, genau so wie Kunst, Politik oder Sport und angesichts der Bedeutung der wissenschaftlichen Erkenntnisse für unseren Alltag vielleicht sogar der wichtigste Teil. (Und natürlich mache ich meine Arbeit auch, weil ich damit Geld verdiene…)

Man muss nicht Mitarbeiter irgendeiner offiziellen Stelle sein, um Wissenschaftskommunikation in diesem Sinne betreiben zu können und wenn man die Wissenschaftskommunikation in dieser weiten Definition betrachtet, dann ist es auch eigentlich nicht schwer, sie zu verstärken. Man müsste „nur“ dafür sorgen, dass es sich lohnt Wissenschaft zu kommunizieren, wie ich hier ausführlich erklärt habe. Es braucht ja unter anderem deswegen die ganzen Pressestellen und PR-Abteilungen, weil sich die Forscher selbst es nicht erlauben können, Zeit mit der Öffentlichkeitsarbeit zu „verschwenden“. Wer ein Blog führt; zu oft mit Medien redet oder sich anderweitig engagiert, der bekommt irgendwann sicherlich ein vorwurfsvolles „Sag mal, hast du denn da überhaupt noch Zeit für die Forschung?“ zu hören. Warum heißt es dagegen nie „Sag mal, hast du denn da überhaupt noch Zeit für die Öffentlichkeitsarbeit?“ wenn jemand nur im Labor steckt und ein wissenschaftliches Paper nach dem anderen veröffentlicht?

Natürlich sollten Forscherinnen und Forscher nicht dazu gezwungen werden, Öffentlichkeitsarbeit zu machen (Obwohl…?). Genau so wie die wissenschaftliche Arbeit selbst ist das etwas, was nicht jeder unbedingt beherrscht. Aber es sollte zumindest nicht bestraft werden, so wie das heute oft der Fall ist, weil bei der Beurteilung wissenschaftlicher Karrieren oft nur die Publikationsliste zählt und die Wissenschaftler sich Aktivitäten die nicht in Fachpublikationen resultieren, nicht erlauben können. Aber wenn ein erfolgreicher populärwissenschaftlicher Vortrag, ein gutes Interview in einer wichtigen Fernsehsendung oder die Veröffentlichung eines populärwissenschaftliches Buchs den gleichen positiven Effekt hätten, wie eine Fachpublikation in Nature oder Science, dann würden diejenigen unter den Wissenschaftlern, die einerseits Spaß an der Wissenschaftskommunikation haben und andererseits dazu auch in der Lage sind, ganz von selbst mit der Öffentlichkeit reden und es würde mit Sicherheit wesentlich mehr und bessere Wissenschaftskommunikation stattfinden als heute.

Die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit ist aus meiner Sicht ein integraler Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit. Wissenschaftskommunikation ist genau so Wissenschaft wie die Forschung selbst und wenn man die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen könnte, würden sich sicherlich jede Menge Wissenschaftler engagiert und begeistert an die Öffentlichkeit und die Medien wenden.

Aber mir ist durchaus klar, dass das eine sehr spezielle Auffassung von „Wissenschaftskommunikation“ ist die kaum etwas mit dem zu tun hat, was auf den diversen Wissenschaftskommunikationskonferenzen und -workshops diskutiert wird. Insofern bitte ich die mitlesenden Expertinnen und Experten mir nicht böse zu sein, wenn ich hier vielleicht etwas themenfremd über das Thema schreibe. Aber ich wollte die Gelegenheit nutzen, um hier einmal das aufzuschreiben, was ich momentan unter „Wissenschaftskommunikation“ verstehe und hoffe, dass ich in einer sich eventuell entwickelnden Diskussion ein bisschen mehr über das lerne, was andere damit verbinden.

Das denken sich jetzt wahrscheinlich viele Leute, die meinen Artikel gelesen haben...
Das denken jetzt wahrscheinlich viele Leute, die meinen Artikel gelesen haben über mich…

Ob sich meine Arbeit unter „Wissenschaftkommunikation“ einordnen lässt oder nicht, weil ich weder aktiver Wissenschaftler noch PR-Mitarbeiter einer Forschungseinrichtung kann ich immer noch nicht beurteilen. Aber welches Etikett ich auf meine Arbeit klebe, ist ja auch nicht wirklich wichtig. Ich mache am besten einfach weiterhin das, was ich bisher gemacht habe – bis jetzt hat es ja nicht allzu schlecht funktioniert…

34 Gedanken zu „Was ist Wissenschaftskommunikation?“
  1. Ja, den Artikel will ich auch schon seit ewigen Zeiten schreiben: Titel: Die Angst der Kommunikatoren vor der PR. Ein Teil des Problems ist, aus meiner Sicht, dass es die Kollegen der Öffentlichkeitsarbeit innerhalb der Wissenschaft geschafft haben den Begriff „Kommunikation“, der ein sehr allgemeiner ist, für sich zu vereinnahmen. Grund (meiner Meinung nach): das Kürzel PR ist ihnen zu belastet, klingt zu sehr nach Werbung, Marketing (warum auch immer das ein Problem ist) Henning Krause hat das ja sehr einmütig gestern auf Twitter beschrieben. Das scheint mir für einen Großteil der Zunft ähnlich zu sein. Interessanterweise findet er den Begriff „public relations“ (weniger problematisch (sympathischer?). Wenn man die Begriffe mal wieder gerade rückt, dann ist Wiss-Kommunikation in meinen Augen ein Oberbegriff für alles, was über Wiss. Kommuniziert wird. Dazu gehören auch Wiss-PR (oder auch Öffentlichkeitsarbeit) und Journalismus. Wiss-PR machen diejenigen, die von innen aus dem System heraus kommunizieren, in der Regel mit einem Grad von Befangenheit und Interessen geleitet. Dem gegenüber gibts Wiss-Journalismus, der von außen über das System berichtet, dadurch weniger befangen und weniger Interessen geleitet. Und die Blogger? Wissenschaftler, die über ihr Thema bloggen machen PR, ob sie wollen oder nicht. Sie betreiben Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache. Und was bis Du, Florian? Auf jeden Fall betreibst Du Wissenschaftskommunikation, weil Du über Wiss. kommunizierst. Öffentlichkeitsarbeit? Mhm? Da Du nicht mehr wirklich im System bist, eigentlich nicht. Du wärst vielleicht ein Öffentlichkeitsarbeiter für die Wissenschaft, aber das sind wir alle, die wir Wissenschaft gegen Pseudowissenschaft „verteidigen“. Aber da geht es dann ja weniger um Institutionen, sondern um Weltanschauungen.

    1. @Marcus Anhäuser: „Die Angst der Kommunikatoren vor der PR.“

      Ich kann ehrlich gesagt auch nicht verstehen, warum es oft so schwer fällt zu sagen, dass man PR macht. Ist ja jetzt an sich nicht verwerflich…

  2. Die Definition, dass Wissenschaftskommunikation von Pressestellen durchgeführt werden, halte ich für verkürzt. Nicht nur, weil dort wahrscheinlich oft die notwendige Expertise fehlt (was ja dennoch funktionieren kann!), sondern auch weil ich davon ausgehen würde, dass in der Pressestelle einer Universität nun mal andere Absichten stehen: Nämlich so etwas wie „Image-Pflege“. Ich würde auch davon ausgehen, dass das Tagesgeschäft einer Pressestelle eben nicht die Vermittlung von Wissenschaft ist, sondern die Vermittlung der Arbeit der Uni als ganzer. Das Verfassen einer Pressemitteilung, das auf einem Interview mit einem Wissenschaftler basiert, ist zwar interessant, aber häufig eher Material für andere Medien.

    Und hier vertraue ich manchmal den „normalen Journalisten“ nicht so recht 😉 Ein Anspruch, den ich daher an Wissenschaftskommunikation stelle würde wäre, dass eigenständig etwas produziert wird.

    Ich habe lediglich mal eine Geschichtsradio-Sendung an einem Campusradio produziert und meine Idee war dabei, dass es darum gehen soll den Wert der wissenschaftlichen Arbeit an sich zu erklären und versucht Fragen zu vermitteln (ohne sie unbedingt explizit anzusprechen!), a la Was bedeutet dieses Ergebnis? Was kann man mit diesem Wissen konkret anfangen? Oder eben der „Klassiker“: „Häufig hört man ja x, ist aber falsch“, das kann dann ja sowohl aus der Kuriositäten-Abteilung stammen, als auch Teil einer klaren kritischen Stimme zu politischen Entwicklungen o.ä. sein. Fast noch wichtiger fande ich aber zu versuchen ein Gefühl dazu zu vermitteln, wie geforscht wurde, also wie die wissenschaftliche Arbeit konkret aussieht. Das ist m.E. schon etwas anderes als klassische Öffentlichkeitsarbeit oder Journalismus.

    Die Frage, ob man da nun Wissenschaftler sein muss/darf erübrigt sich dann m.E. Ich wäre nicht der Meinung, dass man das aus externer Perspektive machen muss, sondern gerne auch von innen heraus. Jedenfalls habe ich dort ein paar Beispiele – okay eines – gesehen wo es gut funktionierte.

    Schön wäre es, wenn mehr wissenschaftliche Einrichtungen/Institutionen genau für diese Zweck Leute anstellen würden, die eben mehr machen als nur „Öffentlichkeitsarbeit“, sondern auch selbstständig etwas produzieren können. Damit meine ich nicht nur aus einer Ringvorlesung einen Podcast zu machen, sondern eben sich eigenständig mit der Arbeit der Einrichtung befassen zu können: Sei es als Blog, Reportage, Video – was auch immer. Kurz: Ein Wissenschaftler mit journalistischen Ambitionen.

    1. @Matthias Friedmann: „Schön wäre es, wenn mehr wissenschaftliche Einrichtungen/Institutionen genau für diese Zweck Leute anstellen würden, die eben mehr machen als nur “Öffentlichkeitsarbeit”, sondern auch selbstständig etwas produzieren können. Damit meine ich nicht nur aus einer Ringvorlesung einen Podcast zu machen, sondern eben sich eigenständig mit der Arbeit der Einrichtung befassen zu können: Sei es als Blog, Reportage, Video – was auch immer. Kurz: Ein Wissenschaftler mit journalistischen Ambitionen.“

      Kann ich nur zustimmen. Aber normalerweise werden an Unis derzeit eher Leute entlassen. Da wird kaum jemand jemanden einstellen, der sich mit so „neuartigem“ Kram wie dem Internet oder Blogs beschäftigt. Ernsthaft: Ich war kürzlich auf einer universitären Diskussionsveranstaltung über neue Wege der Wissenschaftspublikationen und habe dort mit einem Prof. für Wissenschaftskommunikation diskutiert, dem ich erst mal erklären musste, was ein „Podcast“ ist und das man tatsächlich „einfach so“ ins Internet reden kann und es tatsächlich Leute gibt, die sich so etwas dann anhören (und dass man das dann auch jederzeit runterladen kann und nicht wie beim Radion dann zuhören muss, wenn der Podcaster gerade in sein Mikro spricht)…

  3. @Matthias:
    Was man nicht vergessen darf: Pressemitteilungen sind nur ein teil der gesamten Arbeit einer Pressestelle, dazu zählen ja auch noch andere Dinge wie Veranstaltungen usw.
    Und: Pressemitteilungen werden heutzutage nicht mehr nur an Medien verschickt, das war früher so, vor dem Internet. Heute erreichst Du mit demselben Text auch die Laien/Leser direkt, weil er frei verfügbar im Netz zu finden ist. Und finden ihn dann Leser in der Google-Trefferliste direkt neben journalistischen Inhalten.

  4. @Florian: „Ich kann ehrlich gesagt auch nicht verstehen, warum es oft so schwer fällt zu sagen, dass man PR macht. Ist ja jetzt an sich nicht verwerflich…“

    Mein Verdacht ist, dass dahinter ein wenig die Vorstellung steckt, dass PR und vor allem Marketing und Werbung manipulativ arbeiten, vielleicht sogar mit Kommunikationstricks, mehr mit Übertreibung usw. vielleicht sogar Dinge erzählen, die eigentlich nicht stimmen. Aber das ist natürlich auch ein klischeehafte Vorstellung davon.

    1. @Marcus: „Mein Verdacht ist, dass dahinter ein wenig die Vorstellung steckt, dass PR und vor allem Marketing und Werbung manipulativ arbeiten, vielleicht sogar mit Kommunikationstricks, „

      Du meinst, so als würde man PR-Arbeit als „Wissenschaftskommunikation“ bezeichnen? 😛

      Aber im ernst: So wie jede andere Firma auch will natürlich auch ne Idee ein gutes Image haben und es ist nicht verwerflich, wenn sie sich dafür entsprechende Abteilungen leistet die die Leistungen der Uni nach außen hin kommunizieren. Das ist nicht verwerflich (und ich hätte vermutlich kein Problem, selbst so einen Job zu machen). Aber das ist eben eine sehr einseitige Kommunikation, denn Uni X wird eben nur über Forschung an Uni X reden und zwar nur über ausreichend beeindruckende Forschung die an Uni X gemacht wurde. Wenn jetzt irgendwo an Uni Y eine wahnsinnig tolle Wissenschaftsstory stattfindet, dann werden darüber nur die „Wissenschaftskommunikatoren“ der Uni Y berichten und die von Uni X werden die Geschichte ignorieren. Die Blogger, Wissenschaftsjournlisten, Podcaster, Autoren, usw werden dagegen kein Problem haben, über X, Y oder halt auch Z zu berichten, egal von welcher Uni das kommt und insofern ist das die eigentliche Wissenschaftskommunikation wohingegen das was in der #wowk14-Definition steht nur „Wissenschaft von Uni X“-Kommunikation ist…

  5. @Florian

    Die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit ist aus meiner Sicht ein integraler Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit. Wissenschaftskommunikation ist genau so Wissenschaft wie die Forschung selbst und wenn man die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen könnte, würden sich sicherlich jede Menge Wissenschaftler engagiert und begeistert an die Öffentlichkeit und die Medien wenden.

    Wenn es 200% Zustimmung gäbe, dann würde ich sie hiermit versuchen auszudrücken 😉
    Ich denke ein grundlegendes Problem unser heutigen Gesellschaft ist, die fehlende verständliche Kommunikation zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit. Anders kann ich mir nicht erklären warum in zivilisierten Gesellschaften soviele Kreatonisten (als Beispiel) herumlaufen und diese Zahl auch noch zunimmt.
    Deshalb ist dein Blog (auch wenn ich kein Astronom sondern Biologe bin) für mich ein sehr wertvoller Beitrag zu dieser Kommunikation.

    1. @Adent: „Deshalb ist dein Blog (auch wenn ich kein Astronom sondern Biologe bin) für mich ein sehr wertvoller Beitrag zu dieser Kommunikation.“
      @Marcus: „ja eben interessengeleitete Kommunikation in die Öffentlichkeit also public relations also PR. So einfach eigentlich.“

      Vielen Dank! Das Problem bei dieser Art der Wissenschaftskommunikation ist halt, dass sie komplett abhängig von den Konsumenten der Kommunikation ist. Meine Arbeit wird nicht von den wissenschaftlichen Einrichtungen finanziert, sondern (indirekt) von den Leuten, die mein Blog lesen; (direkt) von den Leuten die auf den Flattr-Button klicken oder meine Bücher kaufen. Das ist in gewissen Sinne ja auch eine „interessengeleitete Kommunikation“.

      Dieser Aspekt wird meiner Meinung nach bei den ganzen Diskussionen über Wissenschaftskommunikation viel zu wenig thematisiert. Da die meisten Akteure dort eben Mitarbeiter irgendwelcher Forschungseinrichtungen sind, also im wesentlichen normale Angestellte sind, die ihr normales Gehalt beziehen stellt sich die Frage nach der Finanzierung von Wissenschaftskommunikation da nur indirekt, wenn es zB um die Förderung von Projekten geht. Aber all die „freien“ Blogger, Podcaster, usw betreiben das ja zwangsläufig nur als Hobby, weil es kaum Möglichkeiten gibt, damit Geld zu verdienen. Es wäre interessant zu wissen, wie man da etwas verändern könnte oder ob man das einfach „dem Markt“ überlassen soll bzw. wie das konkret funktionieren kann…

  6. @Marcus Anhäuser: Ja, okay. Das war etwas zu eng formuliert 😉 Ich würde aber dennoch sageb, dass unabhängig vom Verbreitungskanal der Text einer Pressestelle eben das ist was es ist: Der Text einer Pressestelle. Womit nun nicht gesagt sein soll, dass das schlechter wäre oder eben bloß „manipulative Imagepoliererei“.

  7. @Florian
    Aus meiner Sicht wäre es die Aufgabe der Wissenschaftspolitik für diese Art der Kommunikation die Finanzierung (in Form von Förderung z.B.) zur Verfügung zu stellen. Denn was nützt es mir wenn gute Forschung betrieben wird, diese aber schlecht kommuniziert wird. Da aber der direkte Nutzen nicht ersichtlich ist wird das wohl ein Wunschtraum bleiben.

  8. Die Suche nach geeigneten Formen der Wissenschaftskommunikation, die von einer breiteren, auch wissenschaftsfernen Öffentlichkeit wahrgenommen werden, ist nicht auf unsere Länder, auf unseren Kontinent beschränkt. Im März d.J. hat Ralph Cicerone, Präsident der amerikanischen National Academy of Sciences (NAS), in einem Brief an deren Mitglieder Aktivitäten der NAS aufgezählt , die zu einem verbesserten Verständnis der Wissenschaft und zur Erhöhung ihres Stellenwerts in der Bevölkerung beitragen sollen. Diese Formen der Wissenschaftskommunikation könnten sich auch in unseren Ländern durchaus positiv auswirken.

    In deutscher Übersetzung „Aktivitäten für ein verbessertes Verständnis und einen erhöhten Stellenwert der Wissenschaft“ ist dieser Brief nachzulesen in:
    https://scienceblog.at/brief-von-ralph-cicerone#.

  9. Der Begriff PR ist in meinen Augen tatsächlich negativ besetzt. Eine PR-Abteilung haben Leute, die versuchen, mir „Scheiße als Bonbons“ zu verkaufen.

    Sowas wird ja auch professionell mit hohem Aufwand betrieben, z.B. von den Koch-Brüdern in den USA. Die geben buchstäblich Milliarden dafür aus, ihre eigene politische Agenda zu verbreiten. „Think Tank“ ist der etwas neuere Ausdruck dafür.

    Je bekloppter das Ziel ist (Kreationismus, Klimawandel-Leugnung, Wissenschaft allgemein diskreditieren, usw usf) um so mehr Geld scheint dahinterzustecken.

    Diese Leute wissen ganz genau, was man machen muss, um die Meinung der Gesellschaft zu einem Thema kippen zu lassen. Leider setzen sie dieses Wissen und das Geld und die Energie nur für Negatives ein…

  10. Mir ist die oben genannte Wissenschaftskommunikations-Definition der Volkswagenstiftung auch viel zu eng. Abgesehen davon, dass das Wort „Pressestellen“ so nach Ärmelschonern, Umlaufmappen und Telexgeräten klingt. Ich hatte meine Antwort, auf Deine Frage, Florian, ob Du ein Wissenschaftskommunikator bist, ja schon mal vor 1,5 Jahren hier im Blog positiv beantwortet: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2012/10/30/wissenschaftskommunikation-muss-sich-lohnen/#comment-173645

    @Marcus (#1): Ich sehe einen fundamentalen Unterschied zwischen Wissenschaftskommunikation/Öffentlichkeitsarbeit, die nach meinem Verständnis informieren, unterhalten und überzeugen soll, und Werbung/Marketing, die Anzeigen schaltet und überredet, statt zu überzeugen. Der Begriff „public relations“ ist zwar im eigentlichen Wortsinn sehr nah dran an „Öffentlichkeitsarbeit“, ist aber nach meinem Sprachempfinden bei der Mehrheit der Sprachnutzer mit Werbe- und Marketingaspekten konnotiert – insbesondere im Deutschen in der abgekürzten Form „PR“. Insofern ist aus meiner Sicht „Öffentlichkeitsarbeit“ oder alternativ „Wissenschaftskommunikation“ die beste Bezeichnung für mein Tätigkeitsfeld – in meinen Selbstverständnis. Ich bin auch sehr froh darüber, dass die Forderung nach Trennung von Wissenschaftskommunikation und Marketing von Wissenschaftseinrichtungen es in die WÖM-Stellungnahme geschafft hat.

    Offenlegung: Ich arbeite als Social Media-Manager in der Abteilung Kommunikation und Medien der Geschäftsstelle der Helmholtz-Gemeinschaft in Berlin und vertrete hier meine private Meinung. Ich verstehe mich im o.g. Sinne als Wissenschaftskommunikator.

    1. @Henning: „Abgesehen davon, dass das Wort “Pressestellen” so nach Ärmelschonern, Umlaufmappen und Telexgeräten klingt. „

      Ach, wenn man mit der Wissenschaftskommunikation auch die Hipster erreichen will, liegt man mit Telex sicher richtig 😉

  11. @Henning Ich verstehe das ja, das Problem ist nur, dass Du aus einer persönlichen Abneigung einen Begriff für deine Arbeit verwendest, der eigentlich ein Oberbegriff ist und andere Dinge mit einschließt. Dadurch wird er ungenau und wertlos. Wenn Du jetzt der einzige wärest, der das so mache würde, wäre es wiederum kein Problem. Nur: Das macht ja die ganze Zunft durchgängig. Und zwar nicht nur innerhalb der Wissenschafts-PR. Hier mal ein Interviewausschnitt aus den ich gerade eben zufällig fand:

    NZZ: „Was kann man sich überhaupt unter dem Begriff «Kommunikation» vorstellen, mit dem unzählige Weiterbildungslehrgänge hantieren?“

    Otfried Jarren: „Um Kommunikation im eigentlichen Sinne geht es bei diesen Angeboten sicher nicht. Hier werden normative Grundlagen verwischt, denn genau betrachtet kommunizieren Unternehmen nicht. Ihre Botschaften sind nicht neutral, sondern immer interessengeleitet. Das Ganze wird zwar Kommunikation genannt, tatsächlich aber handelt es sich um PR: Man ist stets darauf bedacht, gut dazustehen. Kritische Punkte hingegen werden weggelassen Grundlagen verwischt, denn genau betrachtet kommunizieren Unternehmen nicht. Ihre Botschaften sind nicht neutral, sondern immer interessengeleitet.“

    Tatsächlich vermeiden diejenigen, die Du problemlos als PR bezeichnen würdest, ebenfalls den Begriff Kommunikation.

    Nicht, dass wir uns falsch verstehen: ich bin überzeugt, dass Du und viele andere eine möglichst unaufgeregte, nicht übertriebene, wahrheitsgemäße Arbeit macht und machen wollt. Nur es bleibt Kommunikation aus dem System heraus in die Öffentlichkeit. Fraunhofer-Forscher kommen in der Helmholtz-„Kommunikation“ nicht vor (außer bei Kooperationen). Selbst wenn die ein bedeutendes Forschungsergebnis haben, das zu einem Ergebnis einer (vielleicht konkurrierenden) Helmholtz-Forschergruppe passen würde. Oder sehe ich das falsch?

  12. Ich hatte die Definition so verstanden, dass sie die Kommunikation von sowohl Wissenschaftlern als auch Pressestellenmitarbeiter beinhaltet (und zwar nicht zwingend mit der Pressestelle als Filter). Was mir allerdings nicht klar wird, ist was mit Medien(Öffentlichkeit) gemeint ist. Ist da auch die direkte Kommunikation (z.B. Blog, Science Slam, Podcast) ohne die Presse beinhaltet?

    Die Art von direkter Wisskomm, von der du redest, ist für mich ein essentieller Teil. Ich habe es versucht, diesen Aspekt in meinem Vortrag zu beleuchten (https://de.slideshare.net/NuriaCE/meine-5-kriterien-fr-gute-wissenschaftskommunikation-wowk14). Der kam meiner Meinung nach trotzdem zu kurz in dem Workshop, obwohl es sicherlich viele der Teilnehmer (auch Presseleiter) für wichtig halten. Die Ausnahme war der Arbeitskreis 1 „Wie Forscher(innen) mit Wissenschaftskommunikation Mehrwert erzielen können“. Da entstand auch ein Bild der Wisskomm-Landschaft von Reinhold Leinfelder: https://twitter.com/rleinf/status/484112203948519424/photo/1
    Da sind Blogger zwar getrennt von Kommunikatoren, und wiederum getrennt von Wissenschaftlern aufgeführt. Die Grenzen sind aber schwammig (daher alles als Wolken, etwas diffus dargestellt). Vielleicht werden wir als „kommunizierende Wissenschaftler“ und nicht als „Wissenschaftskommunikatoren“ definiert. Aber meiner Meinung nach ist diese Definition nicht so wichtig – essentiell ist aber, dass man die Rolle (direkt, sprich ohne Zwischenschaltung von Pressestelle oder Journalisten) kommunizierender Wissenschaftler in dem ganzen System nicht ignoriert.

    1. @Nuria Cerdá-Esteban: „essentiell ist aber, dass man die Rolle (direkt, sprich ohne Zwischenschaltung von Pressestelle oder Journalisten) kommunizierender Wissenschaftler in dem ganzen System nicht ignoriert.“

      Allerdings! Das hängt auch mit der – immer noch viel zu oft stattfindenden – Ignoranz gegenüber Internet, Blogs und sozialen Medien zusammen. Denn die machen es ja gerade erst möglich, dass sich Wissenschaftler direkt an die Öffentlichkeit wenden können, ohne dafür die Mitarbeiter von Journalisten/Medien zu brauchen. Man kann zwar darüber diskutieren, ob das jetzt gut ist oder nicht. Aber es findet statt und das immer öfter und den Faktor Internet bei der ganzen Diskussion über Wissenschaftskommunikation einfach auszublenden ist bestenfalls naiv; im schlimmsten Fall verhindert es, dass man überhaupt irgendwelche brauchbaren Aussagen treffen kann.

  13. Bei vielen Forschungsunternehmen, wie der Helmholtz-Gemeinschaft und z.B. beim DLR, existiert eine Pressestelle oder -abteilung, die die Öffentlichkeitsarbeit übernimmt und in gewisser Weise das „Monopol“ im Unternehmen darauf hat. Viele Wissenschaftler begrüßen das auch, da sie sich neben ihrem Publikationszwang nicht auch noch um eine Vermarktung in der Populärpresse kümmern wollen. Neben dem oft engen Zeitplan in der Forschungsarbeit und für Publikationen bleibt meist kein Raum für die Öffentlichkeit. Wer allerdings unter den Wissenschaftern z.B. an Science-Slams teilnehmen will, dem wird das nicht verwehrt; es sind allerdings relativ wenige, die sich dafür interessieren (und auch eignen).

  14. Witzigerweise wurden beim Workshop Blogs nicht komplett ausgeblendet, sondern eher als minderwertig betrachtet.

    Ein Kritikpunkt an Blogs, der beim Workshop geäußert wurde ist, dass Wissenschaftler in dieser Art von Kommunikation selber als Sender, Verlag usw. fungiert, und dass man nicht differenziert berichten würde. Der Leser würde also dann die Wissenschaftler als Experte ansehen und alles glauben, was im Blog steht. Das ist mE allerdings nicht groß anders als bei Pressestellen der Fall.
    So lange ich nicht übertreibe, kann ich doch meine eigene Sicht der Dinge über mein wissenschaftliches Feld vertreten? Anstatt also Blogs als minderwertig zu betrachten, sollten wir darüber diskutieren, wie wir es Leser ermöglichen, selber zu differenzieren, indem sie nachgucken, wer was schreibt und welche Interessenkonflikte diese Personen haben. (Wobei Printmedien / Verlagshäuser ja auch eigene Interessen haben, darf man nicht vergessen)

    Ich vertrete aber sowieso die Meinung, dass Wissenschaftler keine Journalisten sein sollen, und auch PR-ler keine Journalisten sein brauchen. Vielmehr ergänzen sich alle Akteure gegenseitig.

    1. @Nuria Cerdá-Esteban: „Ein Kritikpunkt an Blogs, der beim Workshop geäußert wurde ist, dass Wissenschaftler in dieser Art von Kommunikation selber als Sender, Verlag usw. fungiert, und dass man nicht differenziert berichten würde. „

      Hmm. Aber wenn man die Wissenschaftkommunikatoren im Sinne der Workshop-Definition versteht, dann IST das ja PR was dort gemacht wird und das ist natürlich ebenso wenig differenziert wie es die direkte Berichterstattung vom Forscher selbst ist. Die Pressestellen der Unis holen ja nicht zuerst die Meinung unabhängiger Experten oder gar Mitarbeitern anderer Einrichtungen ein, bevor sie ne PM schreiben. WENN, dann wären Journalisten diejenigen, die diese Differenzierung in die Berichterstattung bringen, aber die gehören ja in der Definition nicht zu den „Wissenschaftskommunikatoren“.

      Ich finde auch, dass es nicht darum geht, eine Gruppe gegen die andere auszuspielen. Wenn Wissenschaftler von sich aus über ihre Arbeit berichten: Umso besser für die Öffentlichkeit, die nun mehr Quellen hat, um sich ein Bild zu machen. Und auch umso besser für die Journalisten, denen nun mehr Informationen für ihre Arbeit zur Verfügung stehen. Die einzigen, die das stören könnte, sind wohl tatsächlich die PR-Leute an den Unis, denen dadurch ein bisschen die Kontrolle über die Außenwirkung ihrer Institution genommen wird. Vielleicht liegt die Abneigung darin begründet?

  15. Das war ja die Meinung von Holger Wormer (ich gebe sie aber so wieder, wie ich sie verstanden habe) und er würde auch gerne mehr Qualitäten des Journalismus in PR-Abteilungen haben… siehe PR-Watch (https://www.medien-doktor.de/pr-watch/uber-uns/wer-sind-wir/).
    Ob PR nun negativ belastet ist oder nicht, wurde auch diskutiert… da waren sich natürlich nicht alle einig 🙂
    Siehe: https://twitter.com/henningkrause/status/483950714956570624

    Ich hatte eher weniger den Eindruck, dass Presseleiter gegen Blogs seien, sondern eher Journalisten (und eben Herr Weingart). Ist aber schwer zu vergleichen, da manche Stimmen einfach stärker waren als andere 😉 Ich denke, es ist eher so zu begründen, dass manche Angst davor haben, dass es keine sicheren Instanzen gibt – sprich der alte Professor, der zu dem einen Thema immer gefragt wird, oder die eine Zeitung, bei der man sich immer ein objektives, differenziertes Bild holen kann.

    Solche konservativ eingestellten Menschen (das ist jetzt wertfrei gemeint) bringen gerne Beispiele von Misinformation im Internet (z.B. Impfgegner, Pseudowissenschaft). Leider wurde dann nicht darüber diskutiert, wie man mit solchen Herausforderungen umgehen soll. Klar darf eine Pressestelle keinen Quatsch als Pressemitteilung rausschicken. Aber dabei hört’s nicht auf!

  16. Ich mag Monopole nicht. Wissenschaftskommunikation auf eine bestimmte Personengruppe zu begrenzen halte ich für grundsätzlich falsch. Bei Kommunikation sollte es ja um Inhalte gehen, nicht um Persönlichkeiten.

    Das hat mich auch schon immer an religiösen Schriften gestört: es scheint mehr um die Quelle zu gehen als den Inhalt. Ist das eigentlich noch Kommunikation?

    Außerdem: soziale Medien sind ebenfalls Medien. Nur weil es sich nicht um die klassischen Medien handelt…

    Am besten würde würde man Wissenschaft kommunizieren in dem man die Paywalls für wissenschaftliche Arbeiten international fallen lässt. Das Modell ist in letzter Zeit sowieso wegen zunehmendem Missbrauch immer wieder in die Kritik gekommen, möglicherweise sollte man sich da über den Ansatz der Vergütungen Gedanken machen. In Zeiten des weltweiten Netzwerks würde das eine nicht zu unterschätzenden Umfang an Wissen frei zugänglich machen und somit auch das Netz dem Sinn zuführen für den es eigentlich konzipiert wurde: um Informationen zu kommunizieren. Habe ich schon erwähnt das ich Monopole nicht mag?

    Das würde das Leben erheblich erleichtern. Durschnittsbürger zählen sowieso nicht zum ausschlaggebenden Kundenstamm der großen Journale.

    Etikette sind zum Verkaufen da, und wer Wissenschaft verkaufen will hat natürlich eine völlig andere Auffassung von „Kommunikation“ und „Medien“. Ich denke DA liegt das Problem.

  17. Früher dachte ich, dass alle Leute Wissenschaftskommunikatoren sind, die irgendwie über Wissenschaft reden. Also auch Journalisten und bloggende Wissenschaftler. Inzwischen stelle ich fest, dass viele mit dieser Beschreibung (und auch mit anderen) ihre Probleme haben. Daher bin ich dafür, dass sich jeder so nennen darf, wie er oder sie will. Denn letztlich hängt nichts an der Definition von Wissenschaftskommunikation. (Dass die VW-Stiftung für ihre Tagung eine eingeschränkte Definition gewählt hat, finde ich nachvollziehbar, denn man möchte die Debatte auf einer Tagung ja fokussieren.)

  18. “Als ‘Wissenschaftskommunikation’ wird im Kontext dieser Tagung die Kommunikation von Forscher(inne)n und Mitarbeiter(inne)n der Pressestellen von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Richtung Medien(öffentlichkeit) verstanden.”

    Man hat zwar irgendwie ein Gefühl, was gemeint ist. Aber genauer darf man darüber nicht nachdenken. Formal erfüllt z.B. auch eine Terminabsprache zwischen einer Pressestelle und einer Zeitung die Definition. Klar, das ist nicht gemeint, es soll um „Wissenschaft“ gehen. Aber was ist damit eigentlich gemeint? Und was mit „Kommunikation“? FF fragt zu Recht nach der Kommunikationsrichtung und danach, ob es nicht zum Sinn der Wissenschaft gehört, „kommuniziert“ zu werden. Und was war das gleich noch mal? Gut, dass wir mal darüber geredet haben.

  19. @Marcus (#18): Ja, das ist wohl jedem Menschen klar, dass jemand, der bei einer Organisation arbeitet, auch die Interessen der Organisation vertritt. Andererseits kann ich hier das spektakuläre Leak ausplaudern, dass sogar Pressestellen von Forschungseinrichtungen schon so weit sind, erkannt zu haben, dass die meisten Menschen da draußen an solcher „wir sind die tollsten“-Eigenwerbung überhaupt kein Interesse haben. Es ist grottenlangweilig und interessiert außerhalb des eigenen Hauses keinen. Diese Einsicht akzeptierend gibt es eine Entwicklung dahin, sich kommunikativ eher in Richtung eines Anbieters von Diskussionsplattformen zu positionieren und die Mitbewerber auch zu Wort kommen zu lassen. Oder auch vollkommen unabhängig von eigener Eingebundheit, „einfach über Wissenschaft zu berichten“. Aus meiner Sicht eine Notwendigkeit im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Menschen. Beispiele von meinem Job: unsere Diskussionsreihe „Fokus@Helmholtz“, unser Print-Magazin „Helmholtz Perspektiven“ und unser Wissenschaftscomic „Klar Soweit?“. Jetzt kann man berechtigterweise einwenden, dass auch wenn die PR versucht Journalismus zu machen oder zu imitieren, dann bleibt der Werbeaspekt darin enthalten, dass eine bestimmte Marke der Absender ist. Und das ist in der Tat so – ebenso wie bei Verlagen, Medien, angestellten und freien JournalistInnen mit ihren Eigeninteressen, Abhängigkeiten (Werbekunden) und politischen Überzeugungen. Aber auch das ist ja kein Geheimnis und man schreibt den Absender ja auch transparent ins Impressum. Fazit: Meine Beobachtung ist: Wir sind da schon weiter.

    Offenlegung: siehe oben.

  20. @Florian: „Aber wenn man die Wissenschaftkommunikatoren im Sinne der Workshop-Definition versteht, dann IST das ja PR was dort gemacht wird.“

    Das ist eben das Problem, wenn man einen Oberbegriff verwendet, weil einem der vorhandene Begriff nicht passt/unanagnehm ist. Die Definition/Erklärung wird ja nur nötig, weil für Wiss-PR inzwischen standardmäßig Wiss-Komm verwendet wird, obwohl Wiss-PR gemeint ist. Wiss-Komm umfasst aber eigentlich viel mehr: PR, Journalismus, Blogger.

  21. […] Florian Freistetter, um ein deutschsprachiges Beispiel zu nennen, hat sein Blog Astrodicticum Simplex auch angefangen, als er noch selbst als Astronom geforscht hat. Mit häufigen Beiträgen, vielen Inhalten zur Astronomie, aber auch kontroversen (und dann in den Kommentaren eifrig diskutierten) kritischen Beiträgen zu Esoterik, Astrologie & Co. wurde Florian immer bekannter – und insbesondere mit seinen Ausführungen zum angeblichen Weltuntergang am 21. Dezember 2012 fand er dann auch in den herkömmlichen Medien Aufmerksamkeit, wurde noch bekannter, begann Bücher zu schreiben und arbeitet inzwischen ganz als freier Wissenschaftsautor. Möglicherweise auch als Wissenschaftskommunikator, aber da ist er sich über die Bedeutung des Begriffs nicht so ganz sicher. […]

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