Was bisher geschah
Wer zum Himmel schaut, sieht jede Menge Sterne, ein paar Planeten und leider absolut keine Asteroiden (und falls man wieder Erwarten doch mal einen Asteroiden sehen sollte, kriegt man vermutlich ziemlich bald ziemlich große Schwierigkeiten…). Das ist schade, denn Asteroiden sind toll! Sie sind unsere Vergangenheit und sie sind unsere Zukunft. Die Erde entstand aus Asteroiden und wenn wir Menschen sie irgendwann verlassen wollen, dann werden wir dafür ebenfalls die Asteroiden benötigen. Aber um sie am Himmel sehen zu können, brauchen wir Teleskope und selbst dann sind sie nicht mehr als Lichtpunkte. Ich habe mich deswegen auf den Weg gemacht um mehr über sie herauszufinden. Und zwar hier bei uns auf der Erde, irgendwo auf den Fahrradwegen zwischen Jena und Wien. Mit dem Rad bin ich jetzt schon den fünften Tag lang unterwegs zu meinem Ziel, der Meteoritensammlung im Wiener Naturhistorischen Museum. Und wenn man unterwegs die Augen aufmacht, dann kann man die Asteroiden kaum übersehen. Sie waren in Weida wo ein vogtländischer Pfarrer dem großen Newton zuvor kam. Sie waren in Plauen wo sie sich von Planeten in kleine Sterne verwandelt haben. Sie waren in Weiden wo sie uns unseren Platz im Sonnensystem erklärt haben. Sie waren in Regensburg, wo alles ein wenig chaotisch wurde. Und mit Sicherheit werde ich sie auch heute irgendwo unterwegs finden…
Die heutige Reise
Kurz nach einem schönen Sonnenaufgang im Gewerbegebiet von Tegernheim ging es heute los.
An der Walhalla vorbei…
… und endlich zur Donau, die ich jetzt auch bis zur Ankunft in Wien nicht mehr verlassen werde.
Über diese Brücke ginge es nach Straubing – aber da war ich ja schon bei meiner letzten „Wissenschaftsreise“.
Heute ging es daher weiter, an kleinen Pferden vorbei…
… und dann wurde es auch wieder mal sonnig!
Bogen scheint eine sehr geometrie-affine Gemeinde zu sein, denn dort feiert man die „Rautentage“:
Für mich ging es aber weiter nach Deggendorf, meinem Tagesziel, wo man sich offensichtlich auch regnerische Tage eingestellt hat:
Irgendwie war ich heute ziemlich schnell unterwegs und die 90km waren schon vor 12 Uhr Mittags absolviert. Ich hätte doch längere Etappen einplanen sollen – das viele Training hat sich wohl ausgezahlt; ich bin diesmal deutlicher schneller als bei meinen früheren Radtouren. Aber egal – so habe ich mehr Zeit, mich auf die Suche nach den Asteroiden zu begeben.
Wo stecken die Asteroiden?
Die Asteroiden habe ich heute in der Natur gefunden. Und zwar bei der Landesgartenschau in Deggendorf. Gut, ich bin nicht unbedingt deswegen hergekommen und wenn ich auch Pflanzen und vor allem botanische Gärten sehr gerne habe, sind mir die großen Gartenschauen doch oft ein wenig zu kitschig. Und die hier in Deggendorf ist vor allem auch absurd teuer (was aber die großen Menschenmassen die heute dorthin geströmt sind, nicht gestört zu haben scheint).
Aber es ist kein Wunder, dass so viele Menschen so fasziniert von Gärten und Blumen sind: Sie symbolisieren das Leben auf unserem Planeten und ohne Asteroiden gäbe es das nicht. Ich habe in meinen beiden Bücher „Der Komet im Cocktailglas“ und „Krawumm!“ ja schon ausführlich erzählt, dass es ohne die Asteroiden weder unseren Planeten selbst gäbe, noch das Wasser auf seiner Oberfläche. Unzählige Kollisionen zwischen den Felsbrocken im All haben vor 4,5 Milliarden Jahren dazu geführt, dass sich aus dem kosmischen Kleinkram überhaupt ein großer Planet bilden konnten. Und weiter Kollisionen in der Zeit danach haben das Wasser auf die Erde geliefert, ohne das kein Leben entstehen konnte.
Aber – und damit verlassen wir jetzt das gesicherte Wissen und betreten die Welt der Spekulation – vielleicht haben die Asteroiden nicht nur die Voraussetzungen für das Leben geschaffen, sondern es sogar selbst auf die Erde gebracht? Diese Hypothese nennt sich „Panspermie“ und wenn sie auch sehr nach Science-Fiction klingt ist sie doch zumindest nicht komplett abwegig. Im Prinzip geht es um eine der fundamentalsten Fragen überhaupt: Wie ist das Leben entstanden? Wir haben zwar im Laufe der Zeit einige sehr plausible Ideen dazu entwickelt, aber noch keine abschließende Antwort gefunden. Aber wir wissen, dass das Leben auf der Erde mehr oder weniger sofort entstanden ist, als es entstehen konnte.
Geologische Untersuchungen zeigen dass die Erde vor knapp 3,8 Milliarden Jahren die erste feste Kruste ausgebildet hat. Davor war sie viel zu heiß bzw. haben besagte Asteroideneinschläge dafür gesorgt, dass die vorhandene Kruste wieder zerstört wurde. Das „späte schwere Bombardement“ der Asteroiden (was das ist habe ich hier genauer erklärt) hat erst zu dieser Zeit aufgehört und erst dann konnte die Erde anfangen, ein vernünftiger Planet zu werden. Die ältesten Fossilien (Stramatolithen, deren Datierung aber nicht unumstritten ist) sind ungefähr 3,5 bis 3,6 Milliarden Jahre alt. Ok, da sind noch ein paar 100 Millionen Jahre dazwischen. Aber es ist doch sehr interessant, dass es nur so kurz dauerte, bevor auf der Erde Leben entstand. Es sieht fast so aus, als wäre das Leben entweder tatsächlich sofort entstanden, als flüssiges Wasser auf der festen Kruste der Erde existieren konnte. Oder aber es war schon vorher da.
Denn dass ist die alternative Erklärung, die für den schnellen Start des Lebens auf der Erde möglich ist. Das Leben könnte anderswo im Universum zu einer anderen Zeit entstanden und von dort auf die Erde gekommen sein. Es war dann schon seit der Entstehung Teil unseres Planeten. Das klärt zwar nicht die Frage, nach der Entstehung des Lebens an sich, wäre aber eine Erklärung, wie so am Anfang alles so schnell ging. Aber wenn das tatsächlich so war, stellt sich natürlich sofort die nächste Frage: Wie um Himmels Willen soll Leben aus dem Weltall auf die Erde kommen?
Mit „Leben aus dem All auf die Erde“ sind natürlich keine Dinosaurier gemeint, die mit Raumschiffen von der Venus zu uns kommen oder so etwas in der Art. Es geht um „primitives“ Leben: Mikroben, Bakterien, Sporen, und so weiter. Der erste, der sich einen halbwegs brauchbaren Mechanismus für die Panspermie ausgedacht hat, war der schwedische Nobelpreisträger Svante Arrhenius (den Nobelpreis bekam er aber für andere Forschung). Er stellte sich vor, dass Sporen mit dem Wind in die Atmosphäre der Erde geblasen werden könnten. Dort steigen sie hoch auf, bis in die Stratosphäre. Und da, an der Grenze zum Weltall, kann der Lichtdruck der Sonnenstrahlung (so etwas gibt es tatsächlich, siehe hier) sie aus der Atmosphäre ins All holen. Jetzt sind die Sporen im Weltraum, treiben dort vor sich hin bis sie irgendwann, ein paar Jahrhunderttausende später, vielleicht auf einen anderen Planeten treffen, von dessen Gravitation eingefangen werden und dort landen. Das klingt nicht völlig unplausibel, ist auch nicht völlig unplausibel, aber ob es auch wahrscheinlich ist, lässt sich nicht sagen.
Ein anderer Mechanismus wären Asteroideneinschläge. Bei großen Kollisionen kann Staub vom Einschlagskrater bis hoch in die Atmosphäre und sogar ins All hinaus geschleudert werden. Leben Bakterien oder andere Mikrolebewesen im Gestein, können sie unter den richtigen Umständen den Einschlag überstehen und auf diese Weise ihre Reise ins All antreten. Irgendwann treffen auch diese Gesteinsbrocken einen anderen Planeten, landen und bringen das Leben so zu einer neuen Heimat. Auch das ist nicht unplausibel. Wir wissen das Gesteinsbrocken durch Asteroideneinschläge von der Oberfläche eines Planeten ins All geschleudert werden können um später auf einem anderen Planeten zu landen. Wir haben zum Beispiel auf der Erde einige Meteorite gefunden, die vom Mars stammen. Wir wissen auch, dass auf der Erde Lebewesen gibt, die nicht nur in der Lage sind, die Temperaturen zu überstehen, die beim Einschlag bzw. Aufschlag auf dem neuen Planeten entstehen sondern auch fähig sind, den unfreundlichen Bedingungen im Weltraum zu trotzen. Wir kennen Bakterien, die mit der Strahlung im All klar kommen, mit den tiefen Temperaturen und dem Vakuum. Wir kennen Lebewesen, die im Prinzip beliebig lange in einen „Winterschlaf“ verfallen können, bis sie irgendwo landen, wo die Bedingungen wieder brauchbar sind. Prinzipiell ist ein Panspermie-Szenario also möglich.
Aber – und das ist leider der Schwachpunkt bei all diesen Hypothesen – es gibt kaum eine Möglichkeit, herauszufinden ob da wirklich was dran ist oder nicht. Wir können vielleicht irgendwann mit etwas Glück einen Marsmeteoriten finden, der tatsächlich Spuren von Leben enthält (einmal glaubte man ja schon, so ein Objekt gefunden zu haben, konnte aber nicht zweifelsfrei nachweisen, dass sich dort wirklich fossile Bakterien befanden). Aber einwandfrei belegen, dass das Leben auf der Erde aus dem Weltall stammt, lässt sich vermutlich nie. Die Panspermie wird eine faszinierende Hypothese bleiben – aber nur weil sie faszinierend ist, muss sie leider nicht unbedingt wahr sein…
Natürlich gibt es noch jede Menge, meist weniger seriöse Variationen der Panspermie. Da wird dann zum Beispiel behauptet, Aliens hätten das Leben gezielt und direkt in der Galaxie ausgesät. Andere (inklusive des berühmten Astronomen Fred Hoyle) denken, dass das Leben gar nicht erst entstehen musste, sondern von Anfang an Teil des Universums war und schlicht und einfach deswegen überall ist.
Wenn wir eine Chance haben wollen, herauszufinden, wie das mit dem Leben wirklich ist, dann wird uns nichts anderes übrig bleiben, als nach mehr Daten zu suchen. Bis jetzt haben wir genau einen Datenpunkt: Das Leben auf der Erde. Würden wir irgendwo anders Leben finden, auf dem Mars, in einem Meteoriten oder auf einem Planet eines anderen Sterns, dann hätten wir viel bessere Möglichkeiten, eine Antwort auf die fundamentale Frage nach der Entstehung des Lebens zu finden. Und vielleicht dauert es auch nicht mehr lange, bis es so weit ist. Wenn wir mal eine vernünftige, vielleicht auch bemannte, Marsmission auf die Beine stellen, dann lässt sich dort vielleicht etwas finden. Und die neuen Großteleskope der Astronomen könnten in den nächsten Jahrzehnten Leben auf anderen Planeten entdecken. Wir müssen abwarten – und weiter forschen!
Wie geht es weiter?
Ich warte sicher nicht ab (zumindest nicht in Deggendorf – nichts gegen die Stadt, aber sooo lange muss ich da jetzt auch wieder nicht bleiben). Ich fahre weiter, der österreichischen Grenze entgegen!
Hallo Florian
Du fährst grad ziemlich knapp an einer Amateursternwarte mit 70 cm Newton -spiegel auf der Scheune vorbei aber heute ist das Wetter nicht danach. Da könntest Du Asteroiden anschauen, bevor sie auf deinem Kopf landen. Aber hauptsächlich grast der da oben den Stropek – Katalog ab (so eine Art Deep Sky Bibel) . Ansonsten würde ich mich freuen, wenn das südliche Bayern mit Landshut mal auf deinem Plan wäre.
Und – je südlicher desto Milchstraßenzentrum! soll heißen, daß man mit jedem Meter nach Süden besser und vor allem länger in die Regionen Schütze / Scorpion hineinsieht.
Also erst mal gute Fahrt und sei froh, daß wir 2014 haben und nicht 2013 sonst müßtest Du die Strecke schwimmen.
Felix
@Felix: „Also erst mal gute Fahrt und sei froh, daß wir 2014 haben und nicht 2013 sonst müßtest Du die Strecke schwimmen.“
Letztes Jahr bin ich ja im September die Donau lang gefahren: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2013/09/08/von-sternen-glocken-und-relativitat-eine-zeitreise-entlang-der-donau/ Da waren überall noch die Spuren des Hochwassers zu sehen. Ich hoffe mal, dass sich das nicht so schnell wiederholt…
P.S. Welche Sternwarte meinst du denn?
Leben in Niederbayern? Das wäre mir neu.
Hallo Florian
Das ist eine Privatsternwarte und nicht so öffentlich zugänglich. Man müßte sich mit dem Besitzer absprechen. Die Sternwarte liegt etwa 10 km außerhalb Deggendorf – ich wollte nur so erwähnen was so in der Gegend herumsteht.
Die nächste öffentliche Sternwarte steht in Winzer, ganz nah an der Donau und die übernächste in Passau , die überübernächste in Untergriesbach kennst Du ja schon….(Es lohnt sich Sternwartenverzeichnisse durchzusichten) Also gute Reise
Felix
Hallo Florian,
ich musste herzlich lachen bei Deinem Kommentar:
„Bogen scheint eine sehr geometrie-affine Gemeinde zu sein, denn dort feiert man die “Rautentage”“.
Es existiert allerdings auch eine andere Begründung. Die Grafen von Bogen hatten die Rauten im Wappen und die Wittelsbacher haben das schön gefunden und übernommen. So sind die Rhomben der Bogener ins bayerische Staatswappen gewandert und die Bogener sind natürlich mächtig stolz darauf.
Ich fürchte, wenn Du beim Kilometer-Fressen so weitermachst, musst Du dir deine Etappen nach Wien neu einteilen 😉
Und die überüberübernächste Sternwarte steht in Linz. (Genaugenommen gibt’s dort sogar zwei Sternwarten.) Und natürlich – wie in Regensburg – auch ein Kepler-Haus. Der bereits erwähnte Meteorit von Prambachkirchen ist in Linz im Schlossmuseum zu sehen, und ein paar Kilometer nördlich von Linz gibt’s eine weitere Sternwarte, in der auch schon einige Asteroiden entdeckt wurden. Also, Florian, ich hoffe, Du hast für Linz und Umgebung genug zeit eigeplant…?
@Herbert: „Also, Florian, ich hoffe, Du hast für Linz und Umgebung genug zeit eigeplant…?“
In Linz bin ich morgen und ich hoffe, ich habe Zeit ins Schlossmuseum zu gehen. Das Kepler-Haus hab ich ja schon 2012 bei meinem Vortrag im Kepler-Salon gesehen. Freu mich auf jeden Fall schon, wieder Mal in OÖ zu sein.