Was bisher geschah

Asteroiden fallen manchmal vom Himmel auf die Erde. Das macht sie so besonders und so einzigartig in der Astronomie. Alles andere am Himmel bleibt normalerweise auch dort und ist normalerweise verdammt weit entfernt. So weit weg, dass uns Astronomen nur das Licht bleibt, um fremde Sterne, Planeten und Galaxien zu untersuchen. Aber die Asteroiden sind so freundlich, direkt zu uns zu kommen. Ok, das ist nicht immer toll, denn ihre Ankunft kann unter Umständen auch ziemlich wild und katastrophal sein. Aber die vielen Meteoriten die wir auf der Erde gesammelt haben und weiter sammeln, erzählen uns jede Menge über die Entstehung der Welt und die Vorgänge im Universum. Es lohnt sich also, sie genauer zu untersuchen und genau das tue ich momentan. Ich habe mich mit dem Fahrrad auf den Weg zu den Asteroiden in Wien gemacht und halte unterwegs die Augen offen. Denn die Felsbrocken aus dem All sind auch dort zu finden, wo man sie normalerweise nicht vermutet. Zum Beispiel in der Arbeit eines vogtländischen Pfarrers. Der Arbeit von fränkischen Sprachpuristen. Der Arbeit eines oberpfälzischen Kalenderreformers. Der Arbeit eines süddeutschen Genies. Und der Arbeit von niederbayrischen Gärtnern. Heute geht die Tour weiter. Und unterwegs werde ich mit Sicherheit irgendwo auf die Asteroiden stoßen!

Bei strahlendem Sonnenschein bin ich heute Morgen aus Deggendorf losgefahren:

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Und sonnig-strahlend hat sich mir auch der Donauradweg präsentiert:

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Es war eine sehr schöne Strecke; die Donau entlang und durch kleine bayrische Dörfer hindurch.

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Es gab sogar einen Planetenweg:

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Beim fernen Neptun war es mir allerdings zu ungemütlich…

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…also bin ich weitergefahren bis zur Sonne in Vilshofen.

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Das befindet sich aber auf der anderen Seite der Donau und selbst wenn dort der Erfinder des Pils geboren wurde, bleibe ich lieber auf meiner Seite und radle weiter (und für ein Bier ist es auch noch viel zu früh am Tag).

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Es geht weiter nach Passau – dort hat mich ja schon meine Zeitreise im letzten Jahr hingeführt.

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Die „Simplex-Bar“, die damals (und auch bei meinem Besuch im Dezember) noch wegen Hochwasser-Renovierung geschlossen war, scheint langsam wieder den Betrieb aufzunehmen. Irgendwann muss ich dort nochmal ein Bier trinken!

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Für mich geht es heute aber noch ein Stück weiter die Donau entlang in Richtung der österreichischen Grenze. Da gibts viele schöne Donau-Ausblicke:

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Und irrsinig viele Mückenschwärme – ich war richtigehend paniert mit Mücken…

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Mein Tagesziel ist heute nicht unbedingt die Mega-Metropole. Aber dafür hab ich ein schönes Hotelzimmer und kann mich ein bisschen ausruhen, bevor es morgen nach Österreich geht.

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Wo stecken die Asteroiden?

Die Asteroiden habe ich heute auf halben Weg zwischen Deggendorf und Erlau gefunden. Und zwar am Flugplatz von Vilshofen. Wenn Asteroiden auf der Erde landen, dann tun sie das zwar selten auf den Landebanden der Flughäfen. Aber vom Flugplatz aus kann man durchaus auf die Suche nach Asteroiden gehen. Flugzeuge schaffen es zwar nicht bis ins Weltall – aber von hoch oben hat man oft einen besseren Blick auf den Himmel und das ist nötig, wenn man Asteroiden finden will, die schwer zu sehen sind.

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Zum Beispiel die Vulkanoiden. Die sind sogar so schwer zu sehen, dass man heute immer noch nicht weiß, ob sie überhaupt existieren. Bis jetzt habe ich in meinen Reiseberichten ja hauptsächlich von den Asteroiden im Hauptgürtel zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter gesprochen. Da wurde 1801 der erste Asteroid überhaupt entdeckt; dort kennen wir auch heute noch die meisten Objekte und von dort stammen auch die erdnahen Asteroiden, die uns unter Umständen gefährlich werden können. Aber die Hauptgürtelasteroiden und die erdnahen Asteroiden sind nur zwei von vielen Asteroidenpopulationen im Sonnensystem.

Gleich hinter dem Hauptgürtel zum Beispiel wohnen die Jupitertrojaner. Diese Gruppe von Asteroiden die an Anzahl denen im Hauptgürtel nicht nachstehen, teilen sich ihre Bahn mit dem größten der Planeten und das klappt nur, weil sie sich auf ganz speziellen Positionen befinden. Und zwar auf den sogenannten Lagrangepunkten, an denen sich die wirkenden Kräfte von Sonne und Jupiter gegenseitig aufheben und kleine Objekte wie die Asteroiden in Ruhe existieren können. Ich habe die Geschichte der Trojaner hier bzw. hier schon mal ausführlich erklärt. Aber auch andere Planeten haben Trojaner. Der Mars zum Beispiel, aber auch Neptun und sogar unsere Erde hat ihren eigenen Trojaner-Asteroiden.

Kaum zu sehen, aber cool: Der Erdtrojaner 2010 TK7. (Bild: NASA/JPL/UCLA)
Kaum zu sehen, aber cool: Der Erdtrojaner 2010 TK7. (Bild: NASA/JPL/UCLA)

Hinter der Bahn des Neptuns befindet sich aber ein richtig großer Asteroidengürtel. Das erste Objekt dort wurde 1992 entdeckt. Oder 1930 – aber damals wusste man noch nicht, dass man einen großen Asteroiden gesehen hatte und machte den gleichen Fehler wie 1801 bei Ceres und klassifizierte das Objekt als Planet. Es hat dann bis 2006 gedauert, bevor man das korrigiert und Pluto wieder als Asteroid/Zwergplanet bezeichnet hat. Heute wissen wir, dass Pluto gemeinsam mit Milliarden anderer Objekte den Kuipergürtel hinter der Bahn des Neptun bildet. Dort draußen bewegen sich die Asteroiden so langsam um die Sonne, dass es während der Zeit der Planetenentstehung einfach viel zu wenig Kollisionen zwischen ihnen gab und sich aus ihnen nie große Planeten bilden konnten. Und so wie aus dem Hauptgürtel immer wieder mal Asteroiden in Richtung der inneren Planeten gebracht werden und die Gruppe der erdnahen Asteroiden auffüllt, ist der Kuipergürtel die Quelle der Zentauren, die sich überall zwischen den Bahnen von Neptun und Jupiter aufhalten und ebenso auf instabilen Bahnen unterwegs sind wie die erdnahen Asteroiden.

Von der Oortschen Wolke gibts keine Bilder. Aber von anderen Wolken (Bild: NASA Goddard MODIS Rapid Response Team)
Von der Oortschen Wolke gibts keine Bilder. Aber von anderen Wolken (Bild: NASA Goddard MODIS Rapid Response Team)

Noch weiter draußen, an der Grenze des Sonnensystems befindet sich das größte Reservoir an kosmischen Kleinkörpern: Die Oortsche Wolke, Heimat der Kometen und Billionen anderer gefrorener Felsbrocken. Oortsche Wolke, Kuipergürtel, Zentauren, Trojaner, Hauptgürtel, erdnahe Asteroiden: Asteroiden sind überall im Sonnensystem. Nur ganz innen hat man bis jetzt noch keine gefunden. Die unmittelbare Umgebung der Sonne, also der Bereich innerhalb der Merkurbahn ist asteroidenfrei. Dabei gibt es eigentlich keinen Grund, warum das so sein sollte. Rein dynamisch kann es dort stabile Umlaufbahnen geben und theoretisch könnte dort während der Planetenentstehung auch noch ausreichend Material vorhanden gewesen sein, um zumindest eine kleine Gruppe von Asteroiden zu bilden.

Und eine Zeit lang dachte man sogar schon, man hätte sie entdeckt. Am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts suchten Astronomen auf aller Welt nach Vulkan, einem Planeten der sich innerhalb der Merkurbahn befinden sollte. Vulkan sollte für die Abweichung des Merkurs von seiner vorherberechneten Position verantwortlich sein. Mit dieser Methode hatte man ein paar Jahre zuvor ja schon Neptun entdeckt: Die Bewegung des Uranus wich von der berechneten Bahn ab und eine Analyse dieser Abweichungen deutete auf einen noch unbekannten Planeten hin, der für die Störungen verantwortlich war. Der Planet wurde gesucht, gefunden und Neptun genannt. Und weil das so gut geklappt hatte, wollte man auch das Problem mit Merkur so lösen.

Die Sache war allerdings kompliziert. Ein Planet in unmittelbarer Nähe der Sonne kann in der Nacht nicht beobachtet werden. Er befindet sich ja immer in der Nähe der Sonne und wenn die Sonne untergeht, verschwindet auch der Planet hinterm Horizont. Und am Tag ist die Sonne einfach zu hell, um ihn finden zu können. Man kann also entweder während der kurzen Zeit einer Sonnenfinsternis nach ihm suchen. Das hat man probiert und dabei nie etwas gesehen. Oder man hofft darauf, dass der Planet vor der Sonnenscheibe vorüberzieht. Auch solche Beobachtungen hat man gemacht und hier gab es tatsächlich einige Meldungen von Beobachtern, die ein kleines Objekt gesehen haben wollten, das sich vor der Sonne bewegt hatten. Dieser hypothetische Planet wurde „Vulkan“ genannt und ich habe seine Geschichte hier bzw. hier erzählt (und wer noch mehr wissen will, dem empfehle ich das Buch „In Search Of Planet Vulcan: The Ghost In Newton’s Clockwork Universe“*).

Die angebliche Beobachtung von Vulkan konnte allerdings nie nachvollzogen werden. Und heute wissen wir, dass Vulkan weder existiert, noch als Erklärung benötigt wird. Denn die Abweichung in Merkurs Bahn kamen zustande, weil Newtons Theorie nicht in der Lage war, seine Bewegung korrekt zu erklären. Das schaffte erst die 1915 geschaffene Allgemeine Relativitätstheorie. Aber wenn da kein Planet ist, könnten doch zumindest noch ein paar Asteroiden sein, die sich ganz innen um die Sonne bewegen. Sie könnten für die Beobachtungen verantwortlich sein, die man bei der Suche nach Vulkan gemacht hat und sie könnten durchaus bis heute unseren Blicken entgangen sein.

Hier könnten die Vulkanoiden sein... (Bild: Public Domain)
Hier könnten die Vulkanoiden sein… (Bild: Public Domain)

Man nennt diese hypothetische Gruppe von Asteroiden die Vulkanoiden. Sie können nicht groß sein, höchsten 50 Kilometer groß, denn ansonsten hätten wir sie schon gesehen. Und wahnsinnig viele kann es auch nicht geben. Aber wenn es sie gibt, wären sie hochinteressant für die Forschung! Sie sind aus dem Material entstanden, dass sich am innersten Rand der ursprünglichen Gas- und Staubscheibe befand, aus der vor 4,5 Milliarden Jahren alles im Sonnensystem entstand. Aus ihrer Analyse könnten wir viel über die Zusammensetzung und Struktur dieser Scheibe lernen. Die Asteroiden wären vermutlich sehr stark metallhaltig, denn Eisen und Nickel schmelzen in der Nähe der Sonne nicht so einfach und sind strukturell auch stabiler als das brüchige Gestein anderer Asteroiden. Die Vulkanoiden könnten dabei helfen, Details der Planetenentstehung zu klären und Phänomene wie die Planetare Migration zu verstehen.

Es ist also kein Wunder, dass sich immer noch Astronomen anstrengen, um sie zu finden. Und dabei durchaus originelle Methoden verwenden: Dan Durda von der Uni Colorado in Boulder ist mehrmals mit einem F/A-18 Hornet Kampfjet auf bis zu 15.000 Meter Höhe aufgestiegen. Dort oben ist die Atmosphäre so dünn, dass die Umgebung der Sonne in der Dämmerung gut zu sehen ist und weniger Streulicht die Beobachtungen stört. Durda hat jede Menge Aufnahmen des Himmels gemacht, aber leider nichts gefunden. Auch weitere Flüge verliefen erfolglos; ebenso wie Beobachtungen der Raumsonde Messenger, die sich in der Nähe des Merkurs aufhält, aber auch Probleme hat, in die Nähe der Sonne zu schauen, ohne ihre Instrumente zu beschädigen.

Ein außergewöhnlicher Arbeitsplatz für Astronomen (Bild: USMC, public domain)
Ein außergewöhnlicher Arbeitsplatz für Astronomen (Bild: USMC, public domain)

Die Vulkanoiden sind immer noch unentdeckt. Und von Vilshofen wird vermutlich demnächst kein Kampfjet aufsteigen, um sie zu suchen. Aber geplante Sonnenforschungssonden wie Solar Orbiter oder Solar Probe + könnten sie vielleicht finden. Wenn es sie denn gibt…

Wie geht es weiter?

Ich verlasse morgen Deutschland und fahre weiter nach Osten über die Grenze nach Österreich. Vulkanoiden werde ich von meinem Fahrrad aus sicher nicht sehen. Aber der eine oder andere Asteroid wird mir sicherlich auch in Oberösterreich begegnen…

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3 Gedanken zu „Mit dem Fahrrad zu den Asteroiden (Abschnitt 6): Bei den Vulkanoiden in Vilshofen“
  1. Hallo Florian,
    ich war schon neugierig, wie Du heute die Kurve bekommst zu den Asteroiden – Flughafen Vilshofen, nicht schlecht!

    Schau Dir doch morgen mal die Architektur des Kraftwerks Jochenstein an, ob dir daran was auffällt …

    1. @Maximilian: „ich war schon neugierig, wie Du heute die Kurve bekommst zu den Asteroiden“

      Ach, die Kurve krieg ich immer 😉 Mit ein bisschen Hintergrundwissen findet man immer was. Ich hab zu dem Thema „Astronomie dort finden wo man sie nicht vermutet“ ja sogar ein Buch geschrieben… Für morgen hab ich auch schon ne Idee. Aber Jochstein werd ich mir anschauen!

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