Was bisher geschah

Vor 11 Tagen habe ich beschlossen, mit dem Fahrrad von Jena nach Wien zu fahren. Dort gibt es nämlich jede Menge Asteroiden und Asteroiden sind immer eine Reise wert. Es ist außerdem besser, man kommt selbst zu den Asteroiden, anstatt zu warten, bis sie zu uns kommen… Außerdem macht Fahrradfahren Spaß und unterwegs kann man darüber nachdenken, wie und wo die Felsbrocken aus dem All unsere Welt beeinflusst haben. Wenn man die Augen (und den Geist) offen hält, dann findet man Asteroiden nämlich nicht nur an Universitäten und Forschungseinrichtungen, sondern überall – auch in der deutschen/österreichischen Provinz neben den Fahrradwegen. Ich habe die Asteroiden schon in Weida, Plauen, Weiden, Regensburg, Deggendorf, Vilshofen, Linz, Ybbs und Krems an der Donau getroffen. Bevor es dann demnächst weiter zum Ziel geht, erhole ich mich noch ein wenig in Krems und schaue, was die Gegend asteroidenmäßig so zu bieten hat…

Die heutige Tour

Heute bin ich mal an den vielen Kirchen von Krems vorbei geradelt. Die Stadt ist echt voll davon. In der Innenstadt findet man innerhalb von Steinwurfweite gleich 5 Stück davon… Hier ist zum Beispiel die Pfarrkirche:

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Gleich daneben die Bürgerspitalskirche:

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Und die Dominikanerkirche:

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Und dort, im alten Kloster, findet man auch das Museum Krems:

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Das habe ich mir schon lange nicht mehr angesehen, also habe ich die Zeit für einen Besuch genutzt. Gleich im Eingangsbereich findet man das Prunkstück der Sammlung. Die älteste Frauendarstellung der Welt, die 30.000 Jahre alte Venus vom Galgenberg, die 1988 bei Krems gefunden wurde. Im Museum steht allerdings nur eine Kopie, das Original ist im Naturhistorischen Museum von Wien zu sehen:

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Ansonsten ist das Museum recht interessant. Man erfährt viel über die Vergangenheit von Krems:

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Man kann äußerst komische Jesusfiguren sehen:

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Man kann die alten Keller besuchen:

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Und dort slawische Gräber und Fundstücke aus dem frühen Mittelalter sehen:

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Und natürlich gibt es jede Menge über Wein zu lernen; immerhin ist die Wachau im allgemeinen und Krems im besonderen eines der wichtigsten Weinanbaugebiete von Österreich:

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Die Stadt produziert aber auch ihren eigenen Senf (den ich im übrigen nur empfehlen kann!)

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Wo stecken die Asteroiden?

Die Asteroiden habe ich heute im Stadtmuseum Krems bzw. in Willendorf gefunden. In Krems war die Venus vom Galgenberg zu sehen und in Willendorf die berühmte Venus von Willendorf. In diesem kleinen Dorf an der Donau ist ja an sich nicht viel los. Aber im Jahr 1908 hat der dort Archäologe Josef Szombathy einen Fund gemacht, der den Namen von Willendorf überall auf der Welt verbreiten sollte. Dort wurde die Venus von Willendorf ausgegraben, eine 27.000 Jahre alte Frauenfigur aus der Altsteinzeit. Die Wachau scheint überhaupt eine recht gute Gegend zu sein, wenn man nach den frühesten Kunstgegenständen der Menschheit suchen will. Gleich nördlich von Krems, nur 25 Kilometer von Willendorf entfernt in Stratzing fand man 1988 eine fast 35.000 Jahre alte Frauenfigur, die Venus vom Galgenberg, die die weltweit älteste Venusfigur ist.

Nachbildung der Venus an der Fundstelle in Willendorf
Nachbildung der Venus an der Fundstelle in Willendorf

Wie der Name schon sagt, hat man sich in der Steinzeit hauptsächlich mit Steinen beschäftigt. Natürlich lief das nicht so ab wie bei der Familie Feuerstein und man hat nicht alles aus Steinen (oder gar Dinosauriern…) hergestellt. Aber den Dreh mit der Metallverarbeitung hatte man damals noch nicht so ganz heraus. Erst ungefähr 5000 vuZ fing man damit an, Metall gezielt zu verarbeiten und die Steinzeit ging in die Bronzezeit und dann, vor ungefähr 3000 Jahren, in die Eisenzeit über.

Ich bin kein Archäologe, finde das Thema aber als Laie sehr interessant und freue mich daher auch schon, im Naturhistorischen Museum Wien nicht nur die Asteroiden betrachten zu können, sondern auch die originalen Venusfiguren aus Willendorf und Stratzing. Und jede Menge andere archäologische Artefakte… Was ich aber wirklich gerne sehen würde, ist eines der mysteriösen „Meteoritenschwerter“. Die tauchen ja besonders gerne in der Fantasy-Literatur auf, wo aus „Eisen das vom Himmel fällt“ irgendwelche mystischen Waffen geschmiedet werden. Mir war vage bewusst, dass es so etwas vielleicht in der Realität auch gab – aber so wirklich habe ich mich mit dem Thema noch nie auseinandergesetzt. Ein guter Grund also, das zu ändern, mich ein bisschen zu informieren und herauszufinden, ob und wann die Menschen tatsächlich angefangen haben, Asteroiden in Waffen zu verwandeln.

Eisen das vom Himmel fällt gibt es tatsächlich. Fünf Prozent aller gefundenen Meteoriten bestehen aus Eisen. Das heißt aber nicht, dass auch fünf Prozent aller Asteroiden massive Eisenbrocken sind! Dass wir so viele Eisenmeteoriten auf der Erde finden, liegt eher daran, dass die Dinger wesentlich haltbarer sind als die häufigeren Gesteinsmeteoriten, die schon oft in der Atmosphäre auseinanderbrechen und auch später auf der Erde im Laufe der Zeit erodieren. Asteroiden aus Eisen gibt es eigentlich nicht, zumindest nicht im klassischen Sinn. Alle Asteroiden entstanden vor 4,5 Milliarden Jahre auf die gleiche Weise aus dem ganzen Staub und Gas das die damals junge Sonne umgab. In dieser Gas- und Staubscheibe war natürlich auch Eisen enthalten (und jede Menge andere Metalle). Aber als der ganze Krempel im Laufe der Zeit zu immer größeren Objekten zusammenklumpte, hat er das nicht irgendwo geordnet getan. Es haben sich nicht Eisenatome zu Eisenasteroiden und Gesteinsstücke zu Steinasteroiden zusammengefügt sondern alles war vermischt. Es gab also zuerst jede Menge kleine Brocken, die aus einer Mischung von Gestein und Metallen bestanden.

Viele von diesen Brocken sind dann ebenfalls miteinander kollidiert und zu noch größeren Objekten verschmolzen. Irgendwann waren die Brocken so groß, dass sie anfangen, auszudifferenzieren. Bei den Kollisionen wurden die Asteroiden natürlich heiß, schmolzen auf und die Metalle sanken in den Kern. Das Gestein bildete außen herum eine Kruste und im wesentlichen waren das schon kleine Protoplaneten. Auch die Erde hat ja einen großen Kern (so groß wieder Mond) der aus Eisen und Nickel besteht und der von einer Kruste aus Gestein umgeben ist. Aber auch die Protoplaneten bzw. großen Asteroiden mit Metallkern kollidierten miteinander. Manchmal verlief die Kollision so, dass sie zu noch größeren Himmelskörpern verschmolzen und irgendwann echte Planeten bildeten. Manchmal wurden sie bei den Kollisionen aber auch zerstört. Eisen und Gesteinskruste wurden getrennt und aus dem großen Asteroid wurden viele kleine Gesteinsbrocken und Eisenbrocken. SO entstanden die „Eisenasteroiden“ und deswegen unterscheidet man heute bei den Meteoriten zwei grundsätzlich unterschiedliche Gruppen.

War früher mal im Kern eines kleinen Planeten: Der Bendegó Meteorit (Bild: Jorge Andrade, CC-BY 2.0)
War früher mal im Kern eines kleinen Planeten: Der Bendegó Meteorit (Bild: Jorge Andrade, CC-BY 2.0)

Es gibt die undifferenzierten Meteoriten, die noch aus der ursprünglichen Gestein-Metall-Mischung bestehen und nie Teil eines größeren Objekts waren. Und es gibt die differenzierten Meteoriten, wie eben die Eisenmeteoriten, die aus der Kollision größerer Himmelskörper entstanden sind. Eisenmeteorite sind auf der Erde leichter zu finden, da sie sich deutlich von Steinen unterscheiden. Auch die Menschen aus der Frühgeschichte der Erde werden erkannt haben, dass es sich hier um besondere Objekte handeln muss und es erscheint plausibel, dass sie versucht haben, sich die Metallbrocken irgendwie zu Nutze zu machen. Immerhin war das Material härter als die Steine (bzw. das Kupfer oder die Bronze) die man hatte, bevor man herausfand, wie man irdisches Eisenerz verarbeitet.

Man hat aus dem Meteoriteneisen aber nicht unbedingt nur Waffen gemacht. Einer der ältesten Funde stammt aus einem circa 5000 Jahre alten Gräberfeld im ägyptischen Gerzeh, wo man Eisenperlen gefunden hat, die aus außerirdischen Metall bestehen könnten. Interessant sind auch die Geschichten, die Polarforscher im frühen 19. Jahrhundert hörten, als sie grönländische Inuit besuchten. Die Menschen dort verwendeten Werkzeuge, Waffen und Kochbesteck aus Eisen. Und es waren definitiv selbst hergestellte Objekte, keine Produkte aus irgendeinem Handel mit anderen Ländern. Das eisbedeckte Grönland ist jetzt aber nicht unbedingt die Gegend, in der man leicht an Eisen kommt und Bergbau hat man die Ureinwohner dort auch nie betreiben gesehen. Mehrere Expeditionen versuchten die Quelle des nordischen Eisens zu finden bis dann der berühmte Polarforscher Robert Peary 1894 bei Cape York fündig wurde. Er grub drei riesige Eisenbrocken die insgesamt fast 60 Tonnen wogen aus dem Eis und brauchte fast drei Jahre dafür, bis die Meteoriten schließlich im American Museum of Natural History landeten. Heute weiß man, dass in Grönland vor ungefähr 10.000 Jahren ein Eisenmeteorit eingeschlagen ist und seitdem von den lokalen Inuit als Rohstoffquelle verwendet wurde.

Lanze aus einem Narwal-Horn und Meteoriteneisen (Bild: geni, CC-BY-SA 3.0)
Lanze aus einem Narwal-Horn und Meteoriteneisen (Bild: geni, CC-BY-SA 3.0)

Aber meistens waren es dann doch Waffen, die aus den Meteoriten produziert wurden. Zum Beispiel ein Dolch, der in der Grabkammer des berühmten Pharaos Tut-Ench-Amun gefunden wurde. Aber auch sehr viel später wurden noch Waffen aus Meteoriten geschmiedet. Zum Beispiel im Japan des 19. Jahrhunderts oder 1814 als Geschenk für den russischen Zar. Und als der Scheibenwelt-Autor Terry Pratchett im Jahr 2008 von der britischen Queen zum Ritter geschlagen wurde, schmiedete er sich selbst ein Schwert, das auch Meteoriteneisen enthielt.

Ich weiß leider viel zu wenig über Archäologie um mehr über das „Eisen vom Himmel“ erzählen zu können. Es wäre schön, wenn es zu diesem Thema ein allgemeinverständliches Buch gäbe, das erklärt, wie Meteoriten im Laufe der Geschichte die Kultur der Menschen beeinflusst haben. Falls jemand noch mehr Informationen zu diesem Thema hat, dann immer her damit!

Wie geht es weiter?

Einen Tag Pause mache ich noch! Aber auch morgen gibt es in Krems sicher das eine oder andere über Asteroiden zu entdecken…

18 Gedanken zu „Mit dem Fahrrad zu den Asteroiden (Abschnitt 11): Waffen aus Asteroiden“
  1. „komische Jesusfiguren“: Ja, in der Tat. Das kommt daher, dass die Religionsgründer (Paulus et al) eine Erlösung der Welt in dem Leiden von Jesus postulierten. Und da die Welt unendlich schlecht ist, muss in Folge dessen auch das Leiden maximal sein. Deswegen der schmerzverzerrte Ausdruck der Jesus-Figur.

    In welchem Kontrast stehen dazu die Figuren anderer Kulturen: die sinnenfrohe Venus von Willendorf!

    Wie schrieb schon Friedrich Nietzsche in seinem Werk „Der Antichrist“: „.. christlich ist der Hass gegen die Sinne, gegen die Freuden der Sinne, gegen die Freude überhaupt …“

    In diesem Sinne: Fröhliche Pfingsten!

  2. In einer Terra X Sendung wurde 2006 behauptet, die Kelten im Chiemgau haben bei der Verhüttung von Eisen durch die Beigabe von Meteoreisen eine Legierung herstellen können, die sich besonders für die Herstellung von Schwertern geeignet hat.
    Aus dieser Legierung sollen die Schwerter der römichen Legionäre hergestellt worden sein, die den Waffen der damaligen Gegner qualitativ deutlich überlegen waren.
    Ob diese Aussage haltbar ist, bleibt aufgrund vieler offener Fragen abzuwarten. Ich kann das nicht bewerten.
    Dazu der folgende Link, in dem weitere Links enthalten sind.
    https://www.final-frontier.ch/chiemgauimpakt
    Noch viel Spaß auf Deiner Reise.

  3. @Florian: Danke für das Pfingst-Lied. Ich denke, Pfingsten haben wir wahrscheinlich Tertullian (alias Quintus Septimius Florens) zu verdanken. Nur ein Jurist vermag eine drei-einige Gottheit zu entwerfen, die in sich unvermischt und ungetrennt ist. So die offizielle Definition der Kirche. Da sind doch Asteroiden leichter zu verstehen 😉

  4. Ich war ja nur als Urlauber im Chiemgau. Aber dort habe ich von einem Impact nichts gehört und in den Museen die wir besucht haben wurden die Seen als Überbleibsel der Eiszeit bezeichnet. Zu beachten wäre noch, das die Gletscher damals vom Alpenhauptkamm Richtung Norden wanderten, also entgegengesetzt zur propagierten Einschlagrichtung.

  5. Der Vollständigkeit halber möchte ich eine Koranstelle hinzufügen, die nach Meinung vieler (?) Muslime ein wissenschaftliches Wunder darstellt:
    „Und Wir sandten darüber das Eisen herab, in welchem furchteinflössende Kraft, aber auch Nutzen für die Menschen ist.“
    Darin soll nicht etwa die alte Erfahrung enthalten sein, dass Meteorite Eisen enthalten, sondern das ganze Wissen über die Entstehung der Elemente, sterbende Sterne und Supernovae. Und zudem die Information, dass Eisen im Blut lebensnotwendig ist, denn was sonst sollte mit „Nutzen für die Menschen“ gemeint sein?

  6. Der Vollständigkeit halber sollte noch erwähnt werden, dass der ‚Eisenberg‘ den dortigen Inuit natürlich heilig war, und dass das Eisen für sie einen entscheidenden Überlebensvorteil bedeutete. Es handelte sich um drei Meteoriten namens ‚Hund‘ (135 kg), ‚Frau‘ (3 t) und ‚Zelt‘ (100 t). Peary hat sie alle drei gestohlen (sie brachten ihm $ 40.000 ein), dazu hat er übrigens noch einige tote Eskimos ausgegraben und auch sechs lebende mit nach New York gebracht. Die wurden im Keller des Smithsonian Institute untergebracht und starben kurz nacheinander.

    Peary rechtfertigte sich, die Eskimo seien ja jetzt entdeckt und könnten jetzt Eisen von den Amerikanern kaufen. Er war ein selbstgerechter Ehrgeizling, der es mit seinen Daten nicht allzu genau nahm. Viele von ihm angeblich entdeckte Gegenden, natürlich nach ihm selbst benannt, wurden nie wieder gefunden (‚Peary-Land‘, ‚Peary Kanal‘ …)

    Dass er 1809 als erster den Nordpol erreicht hat, wird heute auch eher bezweifelt.

    gelesen in: ‚Neunzig Grad Nord‘ von Fergus Fleming – Lesetipp!

    grz
    Dampier

  7. @ kereng :
    Nichts für Ungut, aber Interpretationen aus ‚heiligen Büchern‘ bedeuten genau gar nichts.
    Die Menschen haben die Eisenmeteorite gefunden und zu Schmuck, später auch zu Werkzeugen, hauptsächlich aber zu Waffen umgearbeitet.
    Das (Eisen-) Werkzeuge durchaus als ‚Segen für die Menschen‘ angesehen werden ist unstrittig. Das aber den muslimischen Gelehrten bereits das Vorkommen von Eisen im Blut bekannt war bezweifele ich heftig. Die Ägypter beschrieben zwar bereits 1500 von Chr. die gesundheitlichen Folgen von Eisenmangel (ohne zu erkennen worin der Mangel bestand), aber das in unserem Körper und Blut tatsächlich Eisen enthalten ist, entdeckte man erst zum Beginn des 18. Jahrhunderts.

  8. Danke für die Links zum „Chiemgau-Impakt“ – besonders „amüsant“ fand ich den Versuch den Mythos von Phaeton damit zu erklären:
    Zit:
    nach Ovid musste Zeus Phaeton wegen seiner schlechten Fahrkünste durch einen Blitzschlag töten um ihn davon abzuhalten, die komplette Erde in Brand zu setzen.

    …. womit wohl klar geworden ist, dass VW hinter dem Tod Jörg Haiders steckt…
    „In Kärnten ist die Sonne vom Himmel gefallen“, formulierte Gerhard Dörfler, sein Nachfolger als Landeshauptmann

    sorry, geschmacklose Assoziation – aber ich konnte mich ihrer nicht erwehren. 🙂

  9. Dass größere Eisenbrocken beim Ableben des/der Vorgänger-Sterns(e) der Sonne (also bei dessen Supernova) entstanden und auch die Explosion bei der Kernfusionszündung der Sonne überlebt haben, ist ausgeschlossen. Oder?

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