Die Suche nach extrasolaren Planeten war bis jetzt enorm erfolgreich. Aber in so einem Sonnensystem gibt es ja nicht nur Planeten. Diese Planeten haben auch Monde. Zumindest ist das in unserem Sonnensystem so und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass gerade unser System besonders außergewöhnlich ist. Wenn Planeten entstehen, dann sorgen die dabei ablaufenden Prozesse immer auch dafür, dass Monde entstehen. Deswegen probieren Wissenschaftler auch schon seit einiger Zeit, extrasolare Monde zu finden. Man hat sich schon diverse Methoden ausgedacht um sie zu entdecken, war bis jetzt aber immer erfolglos. Aber vielleicht hat man nun endlich Glück gehabt.

Am 26. Juni 2011 beobachtete die MOA-Kollaboration ein Gravitationslinsenereignis („A Sub-Earth-Mass Moon Orbiting a Gas Giant Primary or a High Velocity Planetary System in the Galactic Bulge“). Das ist an sich nichts besonderes, denn genau dafür ist diese internationale Kollaboration auch da. Man beobachtet Sterne und misst ihre Helligkeit. Wenn man sehr viele Sterne beobachtet, dann kommt es ab und zu vor, dass einer von ihnen kurzfristig ein wenig heller wird. Sterne können ihre Helligkeit natürlich auch aus verschiedensten Gründen intern verändern. Aber bei MOA sucht man nach dem Gravitationslinseneffekt. Seit der allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein wissen wir, dass jede Masse den Raum krümmt. Und da Lichtstrahlen immer der Raumkrümmung folgen, können Massen auch den Weg von Licht verändern. Eine große Masse wie ein Stern oder ein Planet kann Licht also umlenken und dabei so wirken, wie eine Linse aus Glas, die ebenfalls den Weg von Licht verändert.

Beobachten wir also einen fernen Stern, dann kann es passieren, dass eine sogenannte „Gravitationslinse“ genau zwischen uns und dem Stern steht beziehungsweise vorüber zieht. Das kann ein anderer Stern sein – oder ein Planet. Diese Linse lenkt kurzfristig einen Teil des Lichts des fernen Sterns in unsere Richtung, der uns normalerweise gar nicht erreichen würde. Der Stern wird also ein wenig heller und aus der Art und Weise des Helligkeitsanstieges kann man die Eigenschaften der Linse bestimmen.

Mit dieser Methode wurden schon jede Menge extrasolare Planeten entdeckt. Das bei der Lichtquelle mit dem Namen MOA-2011-BLG-262 gemessene Gravitationslinsenereignis ist aber nicht ganz so wie die anderen.

Die Veränderung der Helligkeit von MOA-2011-BLG-262. Das untere Bild vergrößert einen Ausschnitt der Kurve und zeigt einen kleinen zusätzlichen Helligkeitsanstieg (Bennett et al. 2013)
Die Veränderung der Helligkeit von MOA-2011-BLG-262. Das untere Bild vergrößert einen Ausschnitt der Kurve und zeigt einen kleinen zusätzlichen Helligkeitsanstieg (Bennett et al. 2013)

Man sieht im Diagramm oben, wie das Objekt immer heller wird und dann wieder schwächer. Im unteren Bild ist ein Teil der Kurve vergrößert und man erkennt eine kleine „Beule“ in der Kurve, wo das Licht noch einmal zusätzlich heller wird und wieder dunkler. Das heißt, dass man hier zwei Gravitationslinsen sieht, eine mit viel Masse und eine mit wenig. Also genau das, was man erwartet, wenn die Linse ein Stern ist, der von einem Planeten umkreist ist.

Eine genaue Analyse der Daten zeigte aber, dass man es hier mit etwas anderem zu tun hat. Um die Parameter der Linsenobjekte bestimmen zu können, muss man wissen, wie weit sie genau entfernt ist. Das weiß man in diesem Fall leider nicht; man weiß nur, dass sie sich irgendwo in der Nähe des galaktischen Zentrums befinden müssen. Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten, die vorhandenen Daten zu erklären und beide sind ziemlich cool. Wenn die Linse weit weg ist, dann handelt es sich bei den Linsenobjekten um ein schweres Objekt mit etwa einem Zehntel der Sonnenmasse das von einem planetengroßem Objekt mit 18facher Erdmasse umkreist wird. Es wäre dann also ein System aus einem braunem Zwerg (also einem Mittelding zwischen Stern und Planet, das zwar massereich genug ist, um ein bisschen Energie durch Kernfusion zu erzeugen, aber nicht ausreichend, um ein echter Stern zu sein) und einem großen jupiterähnlichen Gasplaneten. Das wäre eine schöne Entdeckung, denn braune Zwerge kennt man zwar schon einige aber noch nicht so viele, dass man sich nicht über einen weiteren freuen würde. Vor allem, wenn dieser Zwerg auch noch von einem Planeten umkreist wird.

Ist die Linse aber nahe, dann müssen die beiden Objekte wesentlich leichter sein. Das schwerere Objekt wäre dann nur noch ein paar Mal so schwer wie Jupiter, also ein großer Gasplanet. Das kleinere Linsenobjekt hätte dann weniger als die Masse der Erde. Der große Gasplanet würde also von einem kleineren planetenähnlichen Objekt kreist: Er hätte also einen Mond!

Es ist allerdings nicht ganz klar, ob diese Bezeichnungen hier wirklich angebracht wären. Denn „Planet“ und „Mond“ würden in diesem Fall keinen Stern umkreisen, sondern alleine ihren Weg durchs All ziehen. Solche „free-floating planets“ (oder „vagabundierende Planeten“) kennt man auch schon länger und man weiß, dass es in unserer Milchstraße ein paar hundert Milliarden davon gibt. Der „Mond“ ist in diesem Fall ziemlich groß und größer als alle Monde, die wir aus unserem Sonnensystem kennen. Er befindet sich auch ziemlich weit entfernt von seinem Planeten: Der Abstand beträgt 0,13 Astronomische Einheiten, also fast 20 Millionen Kilometer. Zum Vergleich: Der Mond der Erde ist nur 400.000 Kilometer entfernt. Die äußersten bekannten Monde des Jupiter sind zwar ebenfalls knapp 20 Millionen Kilometer von ihm entfernt – dabei handelt es sich aber um kleine Felsbrocken und nicht fast erdgroße Himmelskörper!

Himmelsregion in der sich der Stern befindet, dessen Licht durch die Gravitationslinse verstärkt wurde (Bild: Bennet et al, 2013)
Himmelsregion in der sich der Stern befindet, dessen Licht durch die Gravitationslinse verstärkt wurde (Bild: Bennet et al, 2013)

Das Problem bei Gravitationslinsenereignissen ist die Häufigkeit. Sie treten nur einmal auf und wenn sie vorbei sind, hat man keine Möglichkeiten mehr, weitere Daten zu sammeln (Deswegen nimmt man Gravitationslinsenereignisse auch nur dann ernst, wenn sie von verschiedenen Kollaborationen unabhängig voneinander detektiert wurden und die Daten übereinstimmen, was hier der Fall war). Man muss darauf hoffen, dass die Objekte noch irgendwann mit anderen Instrumenten beobachtet werden können, was meistens schwer ist, weil die Linsen oft zu klein oder zu weit weg sind, um mit konventionellen Methoden gesehen werden zu können.

Es ist also nicht klar, ob hier wirklich der erste extrasolare Mond beobachtet wurde. Aber es ist auf jeden Fall klar, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die Instrumente werden immer genauer und immer besser und es wird nicht mehr lange dauern, bis es eine zweifelsfreie Beobachtung eines extrasolaren Mondes gibt. Im Prinzip kann es jederzeit so weit sein…

22 Gedanken zu „Wurde der erste extrasolare Mond entdeckt?“
  1. „Im Zweiten Satz, des letzten Absatzes fehlt ein “Fall” zwischen “auf”, und “jeden”.
    Ansonsten sehr schöner Artikel…“ … hmm..

    „auf Fall jeden“ ???

  2. Beide Erklärungsvarianten (fern und nah) gehen davon aus, daß die beiden Linsen etwa gleich weit entfernt von uns waren. Kann man denn die dritte Möglichkeit ausschließen, also daß beide Linsen womöglich gar nichts miteinander zu tun haben?

  3. @H.M.Voynich

    Kann man denn die dritte Möglichkeit ausschließen, also daß beide Linsen womöglich gar nichts miteinander zu tun haben?

    Das dürfte statistisch so gut wie ausgeschlossen sein. Man beobachtet zur Entdeckung solcher Linsenevents ja große Felder von tausenden Sternen über eine sehr lange Zeit, und dann wird ganz selten mal einer von ihnen für ein paar Stunden oder Tage heller, weil ein Vordergrundobjekt genau vor ihnen vorbei zieht. Alleine das ist schon extrem selten, wenn man bedenkt, wie klein so ein Fixstern ist (tausendstel Bogensekunden und weniger; der Mond misst 1800 Bogensekunden im Durchmesser) und wie groß und leer der Raum zwischen den Sternen ist.

    Wenn dann auch noch zwei Ereignisse unmittelbar hintereinander beim gleichen Hintergrundstern gemessen werden, dann hängen die auch zusammen, das ist praktisch sicher.

  4. Rein theoretisch kann man auch die Sonne (also Sol) als Gravitationslinse nutzen. Natürlich dauert das seine 50 bis 100 Jahre bis die entsprechenden… Teleskope(?) in Position sind. Aber ein besseres Teleskop kann man im Prinzip nicht „bauen“.

  5. @swage

    Eben DIE Sonne. Du weißt schon…

    Ja, ich weiß durchaus. Aber ich lese Perry Rhodan schon lange nicht mehr. Hab’s nur bis knapp hinter Band 700 geschafft. Danach habe ich das Interesse verloren.

  6. Jedenfalls ist eine derartige Linse nur schwer zu toppen. Dürfte, obwohl langfristig und sehr teuer ein recht prestigeträchtiges Projekt sein, welche Nation auch immer es durchführt. Weitaus Prestigeträchtiger als, um mal ein beliebiges Beispiel rauszugreifen, die Mondlandung. Es ist im Prinzip die erste Wahl für echtes Astroengineering mit relativ hohem Kosten/Nutzen Verhältniss bei minimalen Ressourcenaufwand. Die Anwendung ist so naheliegend das sie sich quasi als logische Konsequenz aus Relativitätstheorie und Raumfahrt zwangsläufig ergibt. Die Umstände sind einfach ZU gut um sie langfristig ignorieren zu können – es ist unmöglich, wenn man ernsthaft Astronomie betreiben will.

  7. @swage

    Ist alles nicht so einfach. Man muss eine Sonde in wenigstens 550 AU Entfernung von der Sonne bringen (Voyager ist nach fast 40 Jahren erst bei 120), und dann kann man genau ein Ziel hinter der Sonne beobachten (das man vorher sorgfältig auswählen muss), so lange man die Position halten kann (stehen bleiben geht ja schlecht, man fällt sonst wieder zurück). Für andere Ziele muss man die Sonde dann zuerst ganz woanders hin bringen, was dauert und Energie kostet.

    Die Abbildungsqualität einer Gravitationslinse ist außerdem ziemlich grottig, weil sie innen mehr bricht als außen. Bei Sammellinsen und Hohlspiegeln in gewöhnlichen Teleskopen ist es gerade umgekehrt.

  8. yup…

    „In short, it is found that this mission could be performed with EXISTING technology for roughly $3B-$5B (FY 2011 dollars), and that it would take roughly 34 years to reach the edge of our Solar System, and roughly 110 years to reach its primary mission point of 550 AU, and continuing thereafter for almost 80 years of data taking until the spacecraft reaches about 1000 AU, where it will have likely exceeded its 2-century life-time projection“

    https://www.centauri-dreams.org/?p=22321

    https://oai.dtic.mil/oai/oai?verb=getRecord&metadataPrefix=html&identifier=ADA559974

  9. @Alderamin
    Alter Miesepeter, David Brin hat es doch in seinem Buch Existenz vorgeschlagen, also muss es unbedingt gemacht werden, ist doch wohl sonnenklar oder? 😉

  10. @Adent

    Na ja, gehen tut es wohl schon, ist nur halt nicht so schön, wie man sich das vorstellt, wie meistens im Leben.

    advanced space propeller bestätigte dies ja auch soeben.

  11. Hallo und einen schönen Sonntag wünsche ich.
    Ich bin ein „interessierter Laie“.
    Wenn mit der Transit-Methode ein Planet dedektiert wird und dieser Planet einen Mond besitzt müsste doch hin und wieder die gemessene Helligkeit des Sternes beim Transit Differenzen aufweisen. ( Befindet sich der Mond zwischen Planet und Stern wird die Helligkeit des Sternes weniger abnehmen als wenn der Mond UND der Planet die Helligkeit des Sternes vermindern)
    Reicht schlicht und einfach die Empfindlichkeit der Messgeräte nicht aus um diese Helligkeitsunterschiede auszumachen?
    Ich könnte mir vorstellen das viele Gasriesen die man entdeckt hat doch auch diverse Monde mit sich „rumschleppen“ die groß genug sind um eine Helligkeitsschwankung bei mehrmaligem Transit des Planeten auszumachen..
    Oder bin ich total auf dem Holzweg?

    1. @Dino: „Reicht schlicht und einfach die Empfindlichkeit der Messgeräte nicht aus um diese Helligkeitsunterschiede auszumachen?“

      Ja, es ist vor allem ein Problem der Genauigkeit.

  12. Ich habe gerade den zwei Jahre alten Artikel über die Suche nach extrasolaren Monden gefunden.
    Wer lesen kann ist schwer im Vorteil 😉
    Damit hat sich mein obiger Beitrag wohl erledigt.
    Trotzdem wundere ich mich, das die Wissenschaftler nach zwei Jahren noch keinen Anhaltspunkt für die Existenz eines Mondes gefunden haben. Das scheint komplizierter zu sein als man sich das so vorstellt oder die Datenflut ist so enorm das es einfach seine Zeit braucht.
    Auf jedenfall Danke für den informativen Artikel, dem man folgen kann ohne selbst Astronom zu sein.

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