Die Himmelsscheibe von Nebra ist eines der faszinierensten und wichtigsten archäologischen Fundstücke, die bis jetzt aus der Erde gebuddelt wurden. Und man kann sie nicht weit von Jena entfernt besichtigen. Es war daher schon lange einmal an der Zeit, dass ich mal nach Sachse-Anhalt fahre und mir die Himmelsscheibe mit eigenen Augen ansehen. Also bin ich gestern in den Zug gestiegen und nach Nebra gefahren.

Dort (genauer gesagt in Wangen, dem Dorf nebenan) befindet sich die Arche Nebra, ein Besucherzentrum in dem man alles über die Himmelsscheibe erfährt. Schon die Architektur ist beeindruckend. Die Arche steht mitten im freien Feld und ihre Form erinnert an die auf der Scheibe abgebildete Sonnenbarke:

Die Ausstellung selbst ist toll gemacht. Es gibt nicht die üblichen Schaukästen mit Dingen drin, sondern seltsam verdrehte Elemente, die eine interessante und ungewöhnliche Präsentation der Informationen ermöglichen. Es lässt sich schwer beschreiben, man muss es sich selbst anschauen…

Natürlich wird hier alles über die Fundgeschichte der Himmelsscheibe erklärt. Ausgebuddelt haben sie ja zwei private Schatzgräber, die dann leider so dumm waren, die Scheibe nicht den Behörden zu übergeben, wie es das Gesetz vorsieht, sondern sie an einen zwielichtigen Händler verkauft haben. Erst einige Jahre später konnte die Scheibe von der Polizei sichergestellt werden. Man kann sich sogar noch die Scherben der Mineralwasserflasche ansehen, die die Schatzgräber in die wieder zugeschüttete Fundgrube geworfen haben, um sie zu markieren. Die Geschichte um den Fund der Himmelsscheibe ist wirklich faszinierend; eigentlich Stoff für Krimis und Filme. Es wundert mich, dass daraus noch niemand ein Buch gemacht hat. Ok, es gibt einen nicht ganz schlechten Fantasyroman über die Himmelsscheibe und eine unlesbare und langweilige Bücherserie von Wolfgang Hohlbein. Und es gibt das lesenswerte Sachbuch „Tatort Himmelsscheibe“ von Thomas Schöne. Hier wird die Fundgeschichte detailliert dargestellt und auch alles Wissenswerte über die Himmelsscheibe selbst erklärt. Trotz all der interessanten Informationen ist das Buch lange nicht so packend und spannend geschrieben, wie es der Stoff eigentlich erlauben würde. Naja, vielleicht findet sich ja nochmal ein Autor, der ein wirklich gutes Buch über die Himmelsscheibe schreibt. Verdient hätte sie es.

Neben der Fundgeschichte ist natürlich die Scheibe selbst das Hauptthema der Ausstellung. Man erfährt wie die Menschen in der Bronzezeit gelebt haben, als die Scheibe entstand. Man erfährt viel über die Materialien aus denen die Scheibe besteht, wo diese Stoffe her kamen, wo Gold, Silber und Kupfer abgebaut wurden und wie viel Arbeit in so einem Gegenstand steckt:

Besonders schön fand ich das kleine Kino für Kinder in der eine Kasperl-Sendung lief. Natürlich eine zum Thema „Himmelsscheibe“:

Die Ausstellung beschäftigte sich auch ganz allgemeine mit der Astronomie der Vergangenheit. Dabei tauchte auch der Sonnenstein der Azteken auf, der in den Medien gerne mal als „Maya-Kalender“ bezeichnet wird…

Man macht sich auch Gedanken darüber, ob die Himmelsscheibe vielleicht einen ganz anderen Zweck hatte:

Interessant fand ich auch die multimedialen Elemente. Offensichtlich gab es einen Audioguide (den ich aber nicht in Anspruch genommen habe). Mit dem konnte man sich die einzelnen Exponante von einer holografischen Figur erklären lassen, die scheinbar direkt zwischen den Ausstellungsstücken herumturnte:

Höhepunkt der Ausstellung ist aber sicherlich die Vorstellung im Planetarium. Denn die Himmelsscheibe ist ja nicht nur ein Kultobjekt, sondern hatte für die Menschen der Bronzezeit einen ganz konkreten astronomischen Nutzen. Mit ihr bestimmte man zum Beispiel, wann Schalttage in den Kalender eingeführt werden müssen. All diese astronomischen Aspekte der Scheibe werden in der Planetariumsshow anschaulich und verständlich erklärt.

Ich kann einen Besuch in der „Arche Nebra“ nur dringend empfehlen. Es lohnt sich! Eines sieht man dort aber nicht: Die Himmelsscheibe selbst. Natürlich gibt es dort jede Menge Reproduktionen. Das Original aber liegt im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle. Und da wollte ich nun hin.

Von Nebra nach Halle führt der Himmelsscheibenradweg. Und da ich mein Fahrrad dabei hatte, machte ich mich auf den Weg.

Der Weg führt von der Arche direkt auf den Mittelberg. Dort wurde die Himmelsscheibe gefunden und dort befindet sich heute ein schöner Aussichtsturm.

Die Form des Turms soll an den Zeiger einer Sonnenuhr erinnern. Von oben hat man eine wunderbare Aussicht über die Landschaft und im Boden sind die verschiedenen Sichtachsen markiert die anzeigen, in welcher Richtung die Sonne an besonderen Tagen (Sommeranfang, etc) auf beziehungsweise untergeht:

Leider gibt es überall Idioten, die alles mit pseudocoolem Graffiti vollschmieren müssen. Auch am Turm fand man die Schmierereien überall:

Den Fundort der Scheibe markiert das „Himmelsauge“:

Nach dem Mittelberg ging es weiter durch Sachsen-Anhalt. Der Radweg ist wirklich schön.

Man fährt durch nette kleine Städte, zum Beispiel Querfurt, das ich mir irgendwann nochmal in Ruhe ansehen muss:

Am „Süßen See“ im Mansfelder Land habe ich eine kurze Pause gemacht und die lokale Cola-Marke getestet:

Dann gings weiter über Dörfer und durch Wälder.

Bis der Radweg dann nach knapp 75 Kilometern vor dem Landesmuseum in Halle endet:

Ich kann den Himmelsscheibenradweg wirklich empfehlen! Bis auf den Mittelberg gibt es keine relevante Erhebung (und auch der ist mit dem Rad leicht zu schaffen). Der Großteil des Weges verläuft horizontal, man muss kaum irgendwelche stark befahrenen Landstraßen lang radeln und unterwegs gibt es jede Menge schöne Landschaft und interessante Städte. Der Weg könnte allerdings ein paar mehr Hinweisschilder vertragen. Hätte ich kein GPS-Gerät dabei gehabt, dann hätte ich mich mehr als einmal verfahren…

Das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle war dann ein klein wenig enttäuschend. Ok, da war die Himmelsscheibe. Sie ist wirklich beeindruckend. Sie wird in einem eigenen abgedunkelten Raum präsentiert, mit schönem Sternenhimmel und im Original wirkt sie tatsächlich richtig beeindruckend. Aber der Rest der Ausstellung ist dann nicht mehr ganz packend. Man findet in Halle die gleichen Hintergrundinfos über die Scheibe wie auch in Nebra (aber nicht so schön präsentiert). Und jede Menge Exponate aus der Vorgeschichte der Region. Die sind natürlich auch interessant. Aber bei aller Liebe zu Museen: Es gibt nur eine gewisse Anzahl an Faustkeilen und Tierknochen die man sich ansehen kann, bevor es irgendwann langweilig wird…

Die Fundstücke wurden wirklich schön präsentiert (Leider durfte ich dort keine Fotos machen. Ich frage mich sowieso immer, wie Museen bestimmen, ob fotografiert werden darf oder nicht. In der Arche durfte man, im Landesmuseum wars strengstens verboten… Fand ich sehr schade.) Allerdings war man auch schnell durch mit der Ausstellung. Sie nahm nur ein Stockwerk ein und mehr gab es derzeit im Museum nicht zu sehen. Die anderen beiden Stockwerke waren gesperrt und der Souvenirladen bot auch nur Unterhaltung für höchstens 5 Minuten.

Trotzdem war es eine interessante Tour! Wenn euch Geschichte und Astronomie interessiert, dann fahrt in die Arche Nebra! Wenn ihr gerne Fahrrad fahrt, dann macht einen Ausflug zum Himmelsscheibenradweg. Und wenn ihr mal in Halle seid, dann schaut auch ins Landesmuseum. Vielleicht gefällt es euch dort ja besser als mir…

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32 Gedanken zu „Von Nebra nach Halle: Auf der Spur der Himmelsscheibe“
  1. Die Arche Nebra hat mir auch sehr gut gefallen. Wirklich toll gemacht! Und als ich in Halle war, war dort gerade die Landesausstellung zum Thema Pompeji, die war auch interessant. Und für die echte Himmelsscheibe hat sich der Besuch in Halle für mich sowieso gelohnt 🙂

  2. Das klingt nach einem sehr gelungenem Tag. Auch die Bilder sind sehr gut geworden.
    Mit der Himmelsscheibe von Nebra beschäftige ich mich auch schon seit dem Kindergarten…..ein wirklich wahnsinniges Fundstück, wahrlich faszinierend.
    Vielen Dank für den Artikel. Das scheint ja ein lohnenswertes Ausflugsziel zu sein, und bei der Landschaft…!

  3. Hallo Florian,
    wärst du zwei Wochen früher aufgebrochen, wäre dir die Ausstellung in Halle nicht ganz so klein vorgekommen. Da gab es nämlich noch eine Sonderausstellung zu Pompeji. Die Dauerausstellung ist zur Zeit tatsächlich noch etwas klein, aber sie wird gerade um ein weiteres Stockwerk erweitert, was auch in absehbarer Zeit zu besichtigen sein dürfte.

    Das recht strikte Fotografier-Verbot dürfte wohl darin begründet liegen, dass das Museumskonzept sich nicht nur auf die reine Präsentation von Funden beschränkt, sondern auch einige Objekte freischaffender Künster enthält, insbesondere auswändige Fotos und Zeichnungen. Es soll wohl schon vorgekommen sein, dass diese von weniger begabten Leuten (auch von der Presse) einfach abfotografiert und als eigene Werke ausgegeben worden. Möglicherweise ist das aber nicht der einzige Grund, denn an der Arche Nebra haben ja teilweise die selben Künstler mitgewirkt.

    1. @Rimi: „Darf ich Fragen, was Du für die Navigation auf dem Fahrrad nutzt?“

      Ein ganz normales GPS-Gerät (Garmin etrex) mit Openstreetmap-Karte.

  4. „Es gibt nur eine gewisse Anzahl an Faustkeilen und Tierknochen die man sich ansehen kann, bevor es irgendwann langweilig wird…“
    Sakrileg!!! Selbstverständlich werden Tierknochen NIE langweilig!!!

    1. @MartinB: „Sakrileg!!! Selbstverständlich werden Tierknochen NIE langweilig!!!“

      Hmm, Wenn wir die Anzahl der Tierknochen, die man sehen kann, bevor es langweilig wird, als „N“ bezeichnen, dann gilt bei dir offensichtlich N -> ∞
      Meine Aussage bleibt trotzdem noch gültig. Bei mir ist N in dem Fall definitiv begrenzt…

  5. „Florian Freistetter
    8:15 pm
    @MartinB: “Sakrileg!!! Selbstverständlich werden Tierknochen NIE langweilig!!!”
    Hmm, Wenn wir die Anzahl der Tierknochen[…]“

    „MartinB
    8:20 pm

    “Es gibt nur eine gewisse Anzahl an Faustkeilen und Tierknochen die man sich ansehen kann, bevor es irgendwann langweilig wird…”
    Sakrileg!!! Selbstverständlich werden Tierknochen NIE langweilig!!!“

    ICH WUSSTE ES: FF hat das Zeitreisen erfunden…

  6. Wie man einen isolierten aber höchst bedeutenden archäologischen Fund in unglaublich packender Weise präsentieren kann, habe ich gerade in Bozen (Südtirol) in der noch laufenden Sonderausstellung zu 20 Jahren „Ötzi“-Forschung bewundern können – man kann nur hoffen, dass sich die Hallenser dort auch mal inspirieren lassen. Die Einbeziehung des ganzen ‚Drumherum‘ – bis zu verrückten Zuschriften an die Forscher – und die Herausarbeitung der immer noch offenen Fragen sind einfach vorbildlich; selbst die Vermarktung des Ötzi im eigenen Museumsshop(!) wird in der Ausstellung in Frage gestellt. Und ich habe, glaube ich, noch nie in einem Museum tatsächlich alle Texte gelesen …

  7. He, da warst Du ja fast bei mir zu Hause! 🙂 Die Ausstellung in Halle ist allein wirklich nicht sooo, aber das reißen sie immer mit den Sonderaustellungen raus, wie schon oben gesagt, Pompejiaustellung war spannend, und in den nicht zugänglichen wird dann die nächste vorbereitet, dann lohnt sich das wirklich!

  8. Eine kurze Frage…
    in der alten Version konnte man noch „voherigen Beitrag“ anklicken.
    Trotz Brille kann ich diese Option (stand sonst immer direkt über dem jeweiligen Beitrag) nicht finden….

  9. Was mich in Bozen in der Ötzi Ausstellung besonders fasziniert hat sind die Zuschriften von Crancs im letzten Stock. Da haben Frauen angefragt, obs noch Sperma gibt vom Ötzi, sie hätten gern ein Kind von ihm.
    Andere haben behauptet mit ihm nah verwandt gewesen zu sein. Und noch eine Menge anderer Absurditäten.

  10. Hallo Herr Freistetter,
    ein toller Bericht über die Arche Nebra – wir danken Ihnen! Es freut mich zu hören, dass Ihnen der Besuch bei uns so gut gefallen hat. Besonders freut mich auch Ihr Kommentar zum Himmelsscheibenradweg. Die fehlende Beschilderung monieren wir bereits seit längerem. Trotzdem stimme ich Ihnen zu, die Strecke zwischen Nebra und Halle ist eigentlich super und dürfte gern mehr genutzt werden. Beste Grüße!

  11. Wie sagte mal ein Archeologe zu mir: An einer Seite von Sachen-Anhalt anfangen und gerade aus bis zu anderen Seite umgraben. (Naja das nächste Tiefbauprojekt kommt bestimmt – so ein, zwei Autobahnen vielleicht)

  12. @ FF:

    Mit Pausen und Besichtigungen etwa 4 Stunden.

    Uff! Dann legst Du auf dem Drahtesel aber ein ganz schönes Tempo vor. Gemütliches Radeln ist was anderes…

    1. @Noch ’n Flo: „Dann legst Du auf dem Drahtesel aber ein ganz schönes Tempo vor. Gemütliches Radeln ist was anderes…“

      Naja, 15 bis 20 km/h ungefähr. Das ist jetzt nicht so extrem…

  13. @ FF:

    Also, selbst wenn Du im Schnitt 20km/h fährst, brauchst Du für die 75km schon 3 Stunden und 45 Minuten. Dann bist Du wohl im Eiltempo durch die Ausstellungen gerast und hast unterwegs auch nur max. 1-2 Minuten Pause gemacht…

    1. @noch‘ n Flo: „Dann bist Du wohl im Eiltempo durch die Ausstellungen gerast und hast unterwegs auch nur max. 1-2 Minuten Pause gemacht…“

      Ich hab jetzt die GPS-Daten schon gelöscht, sonst könnte ich das checken. Aber ich war von 10 bis 11:20 in der Arche. Dann etwa 15 Minuten am Mittelberg. Dann unterwegs 10 Minuten im Supermarkt und hab sicher nochmal 20 Minuten oder so pausiert. In Halle bin ich um 16:45 angekommen; war dann im Museum dort aber wirklich sehr schnell wieder draußen – wie gesagt, das war recht spartanisch. Also insgesamt 5h20 von A nach B mit 45 Min Aufenthalt, macht knapp 4h30 für 75 km oder knapp 17km/h Durchschnitt. Auf einer horizontalen Strecke eigentlich kein Problem…

  14. Wenn ich von Glashütte nach Hamburg fahre, liegt da Nebra am Weg oder mussich einen grossen Umweg nehmen?

    (Ich weiss Google Map könnt mir das auch sagen, aber irgendwie sind die Kommentare der Mitposter lesenswerter).

  15. @ FF:

    Ich hab jetzt die GPS-Daten schon gelöscht, sonst könnte ich das checken. Aber ich war von 10 bis 11:20 in der Arche. Dann etwa 15 Minuten am Mittelberg. Dann unterwegs 10 Minuten im Supermarkt und hab sicher nochmal 20 Minuten oder so pausiert. In Halle bin ich um 16:45 angekommen; war dann im Museum dort aber wirklich sehr schnell wieder draußen – wie gesagt, das war recht spartanisch. Also insgesamt 5h20 von A nach B mit 45 Min Aufenthalt, macht knapp 4h30 für 75 km oder knapp 17km/h Durchschnitt. Auf einer horizontalen Strecke eigentlich kein Problem…

    Yep, no Problem. Aber jetzt sind aus 4h für den Ausflug (inkl. Stopps) plötzlich über 7h geworden…

    Nicht böse gemeint – ich schätze, Du hast angesichts der tollen Eindrücke einfach mal das Zeitgefühl verloren…

    Trotzdem: eine echt tolle Berichterstattung – den Besuch in Nebra habe ich mir definitiv mal vorgemerkt.

  16. @noch’n Flo: „Aber jetzt sind aus 4h für den Ausflug (inkl. Stopps) plötzlich über 7h geworden…“

    Ne, die beiden Besichtigungen am Anfang und am Ende hab ich ja vorher nicht mitgezählt, sondern nur die Zeit zwischen Nebra und Halle. Die habe ich zuerst spontan auf etwa 4h geschätzt und dann später – als ich nochmal drüber nachdachte um den vorherhigen Kommentar zu schreiben auf 5h20 zu korrigieren.

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