Ein fiktives Gespräch innerhalb der deutschen Bundesregierung, das so natürlich nie stattgefunden hat:

„Sag mal, zuerst die vielen hundert Milliarden für die Banken, dann das ganze Geld für die Euro-Rettung und jetzt schon wieder über hundert Milliarden für den ESM: Wir geben in letzter Zeit irgendwie schon viel Geld aus. Verdammt viel Geld.“
„Ja. Und?“
„Na sollten wir vielleicht nicht mal irgendwo was einsparen?“
„Aber nicht in meinem Ressort!“
„Und bei mir auch nicht!“
„Und bei mir schon gar nicht!“
„Es muss ja auch nicht viel sein. Ein bisschen was, damit der Wähler sieht, dass wir das Geld nicht einfach wahllos verpulvern sondern auch an die Zukunft denken und so.“
„Hmm – wir könnten was an den Sozialleistungen drehen. Den Hartz-IV-Pöbel kann eh keiner leiden, da lassen wir BILD wieder was über die dummen Hartzer schreiben und dann geht das schon.“
„Aber das können wir doch auch nicht dauernd machen. Das fällt auch irgendwann auf.“
„Na dann lass uns doch was bei der Wissenschaft kürzen! Das interessiert doch eh keinen. Irgendwas ist da sicher noch übrig, das wir wegkürzen können.“
„Gute Idee! Gabs da nicht dieses Kernfusionsprojekt? Irgendwas mit Atomen und so?“
„Atome!? Das Zeug mit den Atomen ist doch schon längst abgeschafft. Wenn da noch was übrig ist, dann muss das auch weg!“
„Ok, dann stellen wir also die Gelder für das Projekt ein.“
„So machen wirs. Siehst du, Geld einsparen ist doch ganz einfach…“

Ich sage natürlich nicht das so ein Gespräch oder auch nur eines, das ihm ähnlich ist, tatsächlich geführt wurde. Das habe ich mir einfach nur ausgedacht, alles reine Fantasie! Trotzdem hat das Bundesforschungsministerium die Projektförderung für die internationale Kernfusionsforschungsanlage ITER eingestellt, wie die Tagesschau berichtet. (Nachtrag: Weil manche das falsch verstanden hat: Im Rahmen der EU-Beteiligung an ITER wird Deutschland weiterhin Geld für die Forschung dort bezahlen. Es geht hier um spezifische Fördergelder für spezielle Projekte und Arbeiten, die von deutschen Firmen und Forschungseinrichtungen durchgeführt werden sollen).

ITER steht für „International Thermonuclear Experimental Reactor“. Dabei handelt es sich um ein internationales Großprojekt bei dem eine Anlage gebaut werden soll, die Energie aus Kernfusion gewinnt. Ziel des Projektes ist es, die Energie aus der Kernfusion auch kommerziell zu nutzen. Dass Kernfusion prinzipiell funktioniert, wissen wir. Es reicht ein Blick zum Himmel. Jeder Stern dort oben ist ein riesiger Reaktor, in dem Atomkerne miteinander verschmelzen und dabei Energie produzieren. Wenn wir diesen Prozess auf der Erde nutzen wollen, müssen wir ihn aber irgendwie vernünftig kontrollieren. Wenn ITER irgendwann erfolgreich ist, dann wäre das eine tolle Sache. Kernfusion ist effektiver und sauberer als zum Beispiel Kernspaltung, die in den heutigen Atomkraftwerken durchgeführt wird. Und sie ist bei weitem nicht so gefährlich und potentiell katastrophal wie ein AKW. Dafür ist sie auch viel komplizierter.

2005 wurde entschieden, ITER im südfranzösischen Kernforschungszentrum Cadarache zu bauen. Die Kernfusion für den Menschen nutzbar zu machen ist ein langfristiges Projekt. Wenn der Reaktor fertig gestellt ist, dann ist immer noch viel Forschungsarbeit nötig, um die Energieproduktion wirklich zum Laufen zu bringen. Da geht es nicht um Strom, der nächstes Jahr aus der Steckdose kommt. Von der kommerziellen Kernfusion werden erst unsere Kinder profitieren oder unsere Enkel.

Manche Leute sind vielleicht der Meinung, dass es bescheuert ist, jetzt in etwas zu investieren, dass erst in vielen Jahrzehnten vielleicht funktioniert und Gewinn abwirft. Aber manchmal kommt man nicht umhin, langfristig zu denken. Unsere Welt verändert sich und sie tut das ebenfalls langfristig. Der Klimawandel ist eine große Herausforderung und das Problem lässt sich nicht einfach dadurch lösen, dass man mal eben schnell ein paar Windräder in die Landschaft stellt.

Die deutschen Politiker haben beschlossen, dass eine Energiewende stattfinden muss, dass die Atomkraftwerke abgeschaltet werden sollen und das alles besser werden soll. Man darf spekulieren, ob sie diese Entscheidung getroffen haben, um kurzfristig die Wähler zu beeindrucken oder ob sie tatsächlich langfristige Motive und Visionen haben. Die Entscheidung, die ITER-Förderung zu kappen, lässt die erste Möglichkeit wahrscheinlicher erscheinen. Man hat die Förderung nämlich eingestellt, weil man mit ITER zu wenig Geld verdient hat. Seit 2009 habe das Ministerium 34,3 Millionen an Förderungen bewilligt, Firmen und Forschungseinrichtungen aus Deutschland haben aber nur Aufträge über 31,1 Millionen Euro bekommen.

Vielleicht sollte jemand den Verantwortlichen im Ministerium mal Bescheid sagen und die Sache mit der Grundlagenforschung erklären. Zum Beispiel, dass man die nicht macht, um Geld zu verdienen. Sondern um Dinge herauszufinden die man vorher noch nicht wusste. Und dass es gut ist, so etwas zu machen. Weil dann später vielleicht sehr viele Menschen sehr stark von den Ergebnissen der Grundlagenforschung profitieren können. Aber das wird dann der Punkt sein, an dem die Politiker nicht mehr zuhören werden. Solange „später“ einen Zeitpunkt markiert, der nach der nächsten Wahl liegt, interessiert es keinen mehr. „Langfristig“ ist ein Wort, dass von Politikern nur mehr aus PR-Zwecken verwendet, aber nicht verstanden wird.

Wie will man denn zum Beispiel langfristig den Energiehaushalt von Deutschland umstellen? Zuerst werden einmal alle AKWs abgeschaltet. Das bringt Wählerstimmen. Und dann? Irgendwas mit Solar und Windkraft halt, oder so. Klingt gut und klingt schön öko – aber muss auch irgendwie umgesetzt werden. Man muss die Windräder auch tatsächlich bauen und die vielen Stromleitungen, die diesen Strom weiterleiten – auch wenn sich die Wähler darüber beschweren. Man muss neue Speicherkraftwerke bauen und Windparks in den Ozeanen und sich mit den Umweltschützern auseinandersetzen, die das – oft zu recht – kritisieren. Man muss den Menschen irgendwie verkaufen, dass der neue, energiegewendete Strom teurer werden wird. Und dann der Versuchung widerstehen, die AKWs doch weiterlaufen zu lassen um mit dem billigen Strom die nächsten Wahlen zu gewinnen (Nobelpreisträger Robert Laughlin hat einmal prophezeit, das Deutschland bald wieder zur Atomkraft zurückkehren wird, solange keine billigere Alternative gefunden wird). Und in der Zwischenzeit muss man neue Kohlekraftwerke bauen, die weder sauber, noch umwelt- oder klimaverträglich, noch sicher sind.

Und die Forschung an wirklich neuen Methoden wird eingespart. Wen interessiert es schon, wie in Deutschland im Jahr 2050 die Energie produziert wird. Um das sollen sich die Menschen der Zukunft kümmern. Die Politiker von heute müssen Wahlen gewinnen!

Flattr this

49 Gedanken zu „lang·fris·tig: [1] von langer Dauer, [2] dem deutschen Politiker unbekannte Art zu denken“
  1. Vielleicht sollte jemand den Verantwortlichen im Ministerium mal Bescheid sagen und die Sache mit der Grundlagenforschung erklären. Zum Beispiel, dass man die nicht macht, um Geld zu verdienen

    Das ist ein für regelmäßige Kompromatsempfänger und Banksterfreunde schier unvorstellbarer Gedanke, den man wirklich nicht erwarten kann.

    1. @Begrenzt: „Dir ist schon klar, dass von dem ESM- und Eurorettungs-Geld nocht NICHTS ausgegeben worden ist?“

      Ah! Dann ist es natürlich völlig ok, die Fördergelder für ITER einzustellen.

      Oder hat es vielleicht doch nichts mit dem Thema des Artikels zu tun, ob das ESM-Geld ausgegeben oder reserviert ist…?

  2. Bei aller Kritik (die ich weitgehend teile), kann ich es mir doch nicht verkneifen, de Gaulles Bonmot über Brasilien auf die Kernfusion anzuwenden: „Die Kernfusion hat eine große Zukunft und wird auch immer eine große Zukunft haben.“

    Kernfusion als Grundlagenforschung ist ok, aber man sollte nicht wirklich darauf bauen, dass sie jemals einen ernsthaften Beitrag zur Energieversorgung liefern kann.

    1. @Alter Pirat: „Kernfusion als Grundlagenforschung ist ok, aber man sollte nicht wirklich darauf bauen, dass sie jemals einen ernsthaften Beitrag zur Energieversorgung liefern kann.“

      Sagt ja auch niemand. Aber wenn man sie nicht erforscht, dann wird man auch ganz definitiv NICHT herausfinden, ob sie funktioniert. Wenn alle ständig immer nur sagen: „Kernfusion – das ist kompliziert, wer weiß ob es klappt. Investieren wir da besser mal nicht so viel Geld“, dann ist es auch kein Wunder, wenn da nichts vorwärts geht.

  3. Selbst wenn das Projekt erfolgreich sein wird (und das ist ein großes Wenn), für die Energiewende wird es zu spät sein. Die soll (und muss) ja nicht erst in 40-50 Jahren stattfinden, wenn die Kernfusion großflächig verfügbar sein wird, sondern jetzt.

  4. Also, vor 20 Jahren hiess es noch, dass die Kernfusion erst ca. 2015 oder 2020 anwendungsbereit sein wuerde. Wenn man heute von 2050 redet, dann ist das jedenfalls kein gutes Zeichen.

    1. @Thilo: „Also, vor 20 Jahren hiess es noch, dass die Kernfusion erst ca. 2015 oder 2020 anwendungsbereit sein wuerde. Wenn man heute von 2050 redet, dann ist das jedenfalls kein gutes Zeichen.“

      Das ist aber trotzdem noch kein Grund, die Forschung einzustellen.

  5. Täusche ich mich, oder war eine der Begründungen für die Einstellung der Fördermittel nicht die, dass bisher deutsche Firmen nicht vom ITER profitiert haben sondern die Aufträge überwiegend nach Frankreich gegangen sind?
    Womit wir zwar wieder bei der Problematik sind, dass Grundlagenforschung nicht an kurzfristigen (national-) wirtschaftlichen Überlegungen scheitern sollte, aber zumindest scheint mir die Entscheidung unter dem Aspekt ein klein wenig nachvollziehbarer…

  6. @Thilo, yeap, hab dafür mal den schönen Ausdruck Fusions-Konstante gehört, so in 30 Jahren sollte es klappen- und das seit den 1960ern. Schade eigentlich und IMHO auch nicht wirklich ein Grund die Mittel zu Streichen (nebenbei : sind damit eigentlich auch die deutschen Forschungseinrichtungen und Firmen raus aus dem Projekt? Von den gut 31 Mio. dürfte ja auch das eine oder andere Gehalt gezahlt worden sein).

  7. „Angesichts aller unserer Politiker und deren Fähigkeiten bleibt nur noch eine vernünftige Handlung: Verzweifeln.“

    Nein. Eine vernünftige Idee in unserer jetzigen Situation
    währe, wenn wir (als Gesellschaft) uns mal klar machten, was
    wir eigentlich wollen. Wenn wir akzeptieren, das der einzige
    legitime Zweck des menschlichen Handelns Kapitalvermehrung ist,
    dann wird eben alles Andere als illegitim unterlassen. TINA usw.
    Die „Bankster“, machen dabei eigentlich genau das, wofür sie
    eingestellt wurden. Der Rest ist Personifizierung von strukturellen
    Problemen und Moralquatsch. Wenn wir Mittel für Bildungssystem,
    oder Forschung haben wollen, dann muß sich eine ausreichend große
    Menge Einwohner dieses Landes darüber klar werden, das wir das wollen,
    und eine entsprechend deutliche Ansage machen. Im Gegensatz
    zum allgemeinen Volksglauben, ist ein politisches Imperativ über den sog.
    Markt nämlich durchaus möglich, und auch sinnvoll. Aber das wäre ja
    Sozialismus und bäh und überhaupt. Dann lieber blöd und frei zurück in
    die Steinzeit. >stinksauer<

  8. Denke da reden wir nur von ein paar kleineren Projekten, die an deutsche Zulieferer gehen sollten. Da dies jedoch so nicht geschieht sind die Projektmittel gestrichen.
    Es ist ja nicht so, dass ITER kein Geld bekommt. Das Ding hat schon viele Milliarden verschlungen und wird dies auch weiterhin vollbringen (die Rede ist von 15 Mrd.!).
    Nur sollte man nicht die Zeitleiste auf 30 Jahre in der Zukunft belassen und nur seit Jahrzehnten vor sich her scheiben, wenn man als Projektnehmer ernst genommen werden will.

  9. Trotzdem hat das Bundesforschungsministerium die Projektförderung für die internationale Kernfusionsforschungsanlage ITER eingestellt

    Ich glaube, hier wird falsch verstanden, worum es überhaupt geht.
    Deutschland ist doch gar keiner der Partner des ITER-Projekts, die Europäische Union als Ganzes ist es.
    Deutschland bezahlt auch weiterhin sowohl seinen Anteil an den 6,6 Milliarden Euro, die die EU für den Bau ausgeben will, als auch seinen Anteil an der von der EU zugesichteren Betriebskostenbeteiligung.

    So steht es auch in der dpa-Meldung, die man zum Beispiel hier finden kann:
    https://www.focus.de/finanzen/news/wirtschaftsticker/unternehmen-foerderstopp-fuer-kernfusionsprojekt-iter_aid_821266.html

    Es würden keine neuen Projektanträge mehr angenommen, heißt es in einer Antwort auf eine Anfrage des SPD-Haushaltspolitikers Klaus Hagemann, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt und über die zunächst die „Financial Times Deutschland“ berichtet hatte. 34,3 Millionen Euro wurden seit 2009 bewilligt – Deutschland ist über die EU-Förderung aber weiter an den Milliardenkosten beteiligt.

    Deutschland zahlt also weiter wie gehabt seinen Anteil an diesem Projekt.
    Mir ist wie gesagt nicht ganz klar, um welche Art von Projektförderungen es stattdessen geht.

    Um Fördergelder für deutsche Firmen, die sich für ITER-Aufträge bewerben?

    Wenn das so sein sollte, sehe ich eigentlich kein Problem.
    Warum sollte Deutschland deutsche Firmen mit 34,3 Millionen Euro fördern, wenn diese dann doch nur Zuschläge für Aufträge im Umfang von 31,1 Millionen Euro abbekommen?
    Das ist wohl kaum ein sinnvoller Einsatz von Steuermitteln.

    1. @Niels: „Ich glaube, hier wird falsch verstanden, worum es überhaupt geht.“

      Da gehts genau um das, was ich geschrieben habe: „das Bundesforschungsministerium [hat] die Projektförderung für die internationale Kernfusionsforschungsanlage ITER eingestellt“. Das Deutschland die ITER-Förderung komplett eingestellt hat, habe ich ja nicht gesagt. Ich hab das mit der Förderung der Unternehmen ja extra geschrieben.

      „Das ist wohl kaum ein sinnvoller Einsatz von Steuermitteln.“

      Muss ein sinnvoller Einsatz von Steuergeldern immer darin bestehen, dass man Gewinn macht?

  10. Nachtrag:
    Ich habe noch diesen Artikel gefunden:
    https://www.ftd.de/politik/deutschland/:energiewende-bundesregierung-kappt-geld-fuer-kernfusion/70091454.html

    Ab sofort würden „keine neuen Projektanträge mehr angenommen“, heißt es in einer Antwort auf eine Anfrage der SPD-Fraktion, die der FTD vorliegt. „Mit den bewilligten Projekten sieht das BMBF seine Aufgabe als erfüllt an, Unternehmen für die Einwerbung von Aufträgen im Zusammenhang mit der Errichtung von Iter zu ertüchtigen.“

    Also habe ich richtig vermutet, ab jetzt gibt es keine Subventionen mehr für deutsche Firmen.
    Ich wüsste wirklich nicht, warum das die irgend eine Rolle für die Forschung spielen sollte.

    1. @Niels: „Ich wüsste wirklich nicht, warum das die irgend eine Rolle für die Forschung spielen sollte.“

      Weil ITER noch nicht mal gebaut ist und trotzdem wird schon behauptet, man hätte genug getan, um die Arbeit daran zu fördern. Wenn Deutschland so unbedingt die Energiewende will, dann wäre es auch cool, wenn sich deutsche Forschungseinrichtungen und Firmen an der Arbeit beteiligen. Und das sollte gefördert werden.

  11. Ich finde die Begründung (mangelnde Auftragsvergabe an deutsche Firmen) zwar auch bescheuert, aber die Entscheidung im Prinzip richtig. ITER ist ein Fass ohne Boden – ein Projekt, dessen Kosten sich bereits verdreifacht haben, bevor irgendetwas relevantes passiert ist.

    Dass damit jemals Energie erzeugt wird, halte ich für ausgesprochen unrealistisch. Die wissenschaftlich durchaus interessante Frage – gelingt es Menschen, eine kontrollierte Kernfusion auf der Erde durchzuführen – mag interessant sein, rechtfertig aber IMHO keine 15+X Milliarden (mit einem realistischer Weise recht großen X).

    Wir brauchen die Energiewende zeitnah und es gibt auch eine ganze Reihe von Technologien, die dafür dringend Forschungsförderung benötigen würden und bei denen auch die Aussicht besteht, dass sie in absehbarer Zeit einen Beitrag zur Stromversorgung leisten (etwa Speichertechnologien, da gibt es grob gesprochen Pumpspeicher, die funktionieren gut, können aber nur an wenigen Standorten gebaut werden, und eine Reihe von aussichtsreichen Zukunftstechnologien, die man mal anfangen müsste in großem Maßstab zu erforschen und zu bauen).

  12. Man hat halt einen fundamentalen Fehler gemacht, dabei hätte man sich an der Medizin ein Beispiel nehmen können. Dort wurde aus der Kernspintomografie einfach die Magnetresonanztomografie gemacht und das böse K-Wort war weg.
    Würde man das Ganze statt Kernfusion z.B. Solarfusion (weil ja wie in der Sonne) nennen, gäbe es bestimmt bessere Publicity.

    Das Argument, dass bereits seit 50 Jahren immer wieder gesagt wird, Fusionsreaktoren würden jeweils in 50 Jahren zur Verfügung stehen, ist durchaus angreifbar. So eine Vorhersage setzt auch angemessene Forschung voraus. Da Politiker viel zu selten weiter als bis zum nächsten Wahltermin denken und in deren Köpfen zumindest bis Tschernobyl/Fukushima bereits die Kernspaltung eine ausreichend zukunftsträchtige Energiequelle war, lief die Forschung eher auf Sparflamme.
    ITER zu bauen wurde 1985 beschlossen und bereits 20 Jahre später ging es dann auch tatsächlich los. Hätte man es ernsthafter betrieben, sähe die Sache heute schon anders aus und wäre naturgemäß auch billiger zu haben gewesen.
    Wobei die 15 Mrd. angenommenen Kosten aufgeteilt auf 15 (bzw. 35) Jahre und 33 beteiligte Länder doch auch eher relativ zu sehen sind. Mit der EEG-Umlage bis 2020 könnte sich Deutschland alleine mehrere ITER leisten, der ehemalige Kohlepfennig wäre ebenfalls schon sehr hilfreich gewesen.

  13. @ haarigertroll
    „Täusche ich mich, oder war eine der Begründungen für die Einstellung der Fördermittel nicht die, dass bisher deutsche Firmen nicht vom ITER profitiert haben sondern die Aufträge überwiegend nach Frankreich gegangen sind?“
    Gemäß Tagesschau ist der EINZIGE Grund der, dass seit 2009 34 Millionen Euro an Fördergeldern geflossen sind und „nur“ 31 Mill. Euro als Aufträge zurück an deutsche Firmen. Also eine Differenz von astronomischen 3 Mill. Euro über 4 Jahre!!
    Wenn das wirklich die Begründung sein soll dann scheint mir das eine der dümmstmöglichen Ausreden zu sein die die Bundesregierung finden konnte.
    Was etwas Hofnung macht ist, dass diese 34 Mill. ja eher peanuts sind und die Kurzsichtigkeit deutscher Politiker dadurch dem Gesamrprojekt nicht all zu großen Schaden zufügen kann. Anderserseits ein schlimmes Vorbild für die anderen beteiligten Länder und Institutionen. Bleibt zu hoffen dass bei denen nicht ebenfalls diverse Ausstiegsszenarien kursieren und dadurch Nahrung bekommen. Ausstiege scheinen sich zu einer deutschen Krankheit zu entwickeln.
    Bei Wendelstein 7-X könnte man ja schon den nächsten Ausstieg zelebrieren…

  14. wir brauchen einfach nur besseres Tausch- und Wertesystem… und am besten gleich mehrere Kreisläufe… privaten, wirtschaftlichen, sozialen, wissenschaftlichen… usw usw. um am idealsten wäre eins in dem es keine Banken gibt und auch niemand der privat darüber verfügt.

    der andere schritt wäre vielleicht die Reduktion an sinnloser Produktion um Ressourcen zu sparen, denn ich denke, dass wir nicht 40 Sorten Waschpulver brauchen und hunderte arten Badewannensieben oder Myriaden Kugelschreiber, Frühstücksbretter usw. im Moment ist das so… da wird jeder Dreck doppelt und dreifach produziert… Hauptsache die Konjunktur und der dauernde Wachstum lassen sich Aufrechterhalten.

    aber das sind nur winzig keine Ausschnitte von den Dingen die sich ändern müssten…. dann haben wir vielleicht auch Mittel für alles… für die Ernährung der Bevölkerung für die Technik und Kultur usw.

    aber das ist wohl nur eine Utopie…

  15. also, dass Geld wird nun mal in der Industrie im Handwerk und im Handel verdient. Weniger bei den Leuten die eigentlich nur Geld ausgeben ( Beamte gehören eh abgeschafft, wie der gesamte Öffentl. Dienst) und sich auch noch berechtigt fühlen , hier rum zu nölen. jeder kann sein eigenes Unternehmen eröffnen. Wir leben ja schließlich nicht real existierenden im Sozialismus!

    Es ist so: Wer die Musi bestellt, bezahlt sie auch.

    Also, ein bisschen mehr Sachverstand , was Ökonomie angeht. Dann klappt es auch mit der >Kohle. Sonst heißt es am Ende noch: keine Zähne im Mund aber große Klappe. tja tja tja….

    1. @Sondermann: „also, dass Geld wird nun mal in der Industrie im Handwerk und im Handel verdient. (…) Also, ein bisschen mehr Sachverstand , was Ökonomie angeht. Dann klappt es auch mit der >Kohle. „

      Du scheinst nicht verstanden zu haben, dass es hier absolut nicht ums Geld verdienen geht. Ganz im Gegenteil…

      “ Weniger bei den Leuten die eigentlich nur Geld ausgeben ( Beamte gehören eh abgeschafft, wie der gesamte Öffentl. Dienst) und sich auch noch berechtigt fühlen , hier rum zu nölen. jeder kann sein eigenes Unternehmen eröffnen. Wir leben ja schließlich nicht real existierenden im Sozialismus!“

      Falls das auf mich bezogen sein sollte: Ich bin kein Beamter und wars auch nie. Ich bin selbständig tätig.

  16. @Florian Freistetter
    ich sagte nicht, dass mich 15 Mrd. stören. Nur wollte ich dem Eindruck vorbeugen ITER nagt am Hungertuch.
    Fusionsforschung ist fein, aber fernab jeglicher Realisierbarkeit funktionierender Kraftwerke. Darum geht es jedoch – der Bau eines Fusionskraftwerks. Das ist aber Entwicklung bzw. angewandte Forschung, keine Grundlagenforschung. In dem Moment ist sie aber ergebnisorientiert und nicht mehr ergebnisoffen und muss sich auch an ihrem Output messen lassen.
    Das es Dinge gibt die viel mehr Geld verschlingen (Rüstung, Banken, …) ist eine Binse, hilft hier aber wenig weiter, da anderes politisches Umfeld.

    1. @Doug: “ Darum geht es jedoch – der Bau eines Fusionskraftwerks. Das ist aber Entwicklung bzw. angewandte Forschung, keine Grundlagenforschung.“

      Naja, ich würd das trotzdem noch als Grundlagenforschung bezeichnen. Denn das ist noch so ein weites Feld mit so vielen offenen Problemen – da muss man in viele Richtungen gleichzeitig forschen um irgendwann Erfolg zu haben.

  17. @Florian Freistetter

    Muss ein sinnvoller Einsatz von Steuergeldern immer darin bestehen, dass man Gewinn macht?

    Wenn es wie hier um reine Wirtschaftsförderung geht, sollte pro eingesetztem Steuer-Euro schon etwas mehr als 91 Cent bei der Wirtschaft ankommen, oder?

    Weil ITER noch nicht mal gebaut ist und trotzdem wird schon behauptet, man hätte genug getan, um die Arbeit daran zu fördern.

    Das hat doch niemand behauptet.
    Es geht darum, dass es sich offensichtlich nicht rentiert, deutsche Unternehmen so stark zu fördern, dass sie gegenüber ausländischen Firmen bei der Vergabe von ITER-Aufträgen konkurrenzfähig bleiben.
    Ich verstehe immer noch nicht, warum es der Grundlagenforschung schadet, wenn statt einer deutschen Firma eine ausländische Firma die Kabel und Spulen für ITER herstellt.
    Wenn eine französiche, niederländische, schweizerische oder … Firma das nun mal besser und billiger hinkriegt, was ist dann das Problem?
    ITER profitiert in keiner Weise davon, wenn Deutschland die deutsche Firma jetzt einfach so stark subventioniert, dass sie zum selben Preis wie die Französische liefern kann.

    1. @Niels: „ch verstehe immer noch nicht, warum es der Grundlagenforschung schadet, wenn statt einer deutschen Firma eine ausländische Firma die Kabel und Spulen für ITER herstellt.“

      Ich habe ja auch nirgendwo behauptet, dass es der Grundlagenforschung schadet. Ich habe mich über die deutsche Politik aufgeregt, die nicht langfristig denken kann und gleich das Interesse an einem Projekt verliert, obwohl klar ist, dass es hier länger dauern wird.

      „ch verstehe immer noch nicht, warum es der Grundlagenforschung schadet, wenn statt einer deutschen Firma eine ausländische Firma die Kabel und Spulen für ITER herstellt.“

      Naja, die Förderung um die es geht ist schon ein bisschen komplexer. Da gehts nicht darum, ob die ITER-Architekten ihren Kram jetzt in nem deutschen oder französischen Baumarkt einkaufen. Da geht es schon auch um Forschungsaufträge an Instituten.

  18. @Florian:

    Da gehts nicht darum, ob die ITER-Architekten ihren Kram jetzt in nem deutschen oder französischen Baumarkt einkaufen. Da geht es schon auch um Forschungsaufträge an Instituten.

    Ja, und? Was soll dieser nationale Blickwinkel? Dann wird die Grundlagenforschung eben an französischen Instituten gemacht oder an belgischen oder endlich mal an denen, die dafür am besten geeignet sind. Das ändert ja nichts daran, dass ITER wie geplant erforscht und gebaut wird, und das ändert auch nichts an den deutschen Ausgaben für ITER im Rahmen des (ohnehin gedeckelten) europäischen Anteils. Deutschland spart sich hier lediglich die ohnehin viel zu häufig mit vermeintlichen Forschungsinteressen vermengte Wirtschaftsförderung und setzt das Geld (hoffentlich) sinnvoller ein.

    Im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Großprojekten gibt es bei ITER nun mal nicht das Prinzip des „Geographic Return“, was dem Projekt unterm Strich aus wissenschaftlicher Sicht nur gut tun kann.

    1. @Alex: „Ja, und? Was soll dieser nationale Blickwinkel?“

      Mir gehts nicht um den nationalen Blickwinkel (ich bin nicht mal Deutscher). Mir geht es um die Einstellung der deutschen Politik zu langfristigen Projekten.

  19. Ein Politiker sieht das anders. Er denkt an ökonomische Langfristigkeit. Von Kernfusion versteht er nicht viel, muss er auch nicht, nicht sein Fachgebiet. Ein Politiker will Ergebnisse sehen und wenn es die nicht gibt sagt er nein.

  20. Es ist zwar nicht viel Geld und das Projekt existiert zum Glück noch weiterhin, doch überall steigen die Ausgaben und wieso sollten sie denn gerade bei ITER gekürzt werden (egal ob das hier nur nationale Förderung ist oder nicht)? Ich für meinen Teil denke das ein derart wichtiges Projekt wie dieses ruhig zusätzlich durch die Bundesregierung gefördert werden darf. Und wer hier verkennt das dieses Projekt förderungswürdig ist weil es ja Windkraft und Solar gibt der darf diese Meinung natürlich haben, hat aber dennoch nicht verstanden worum es in der Wissenschaft geht. Man muss schon eine ziemlich eingeschränkte Fantasie haben um nicht mal die unglaublichen Möglichkeiten einer eignen mini Sonne auf der Erde zu erahnen.

  21. Dann wird die Grundlagenforschung eben an französischen Instituten gemacht oder an belgischen oder endlich mal an denen, die dafür am besten geeignet sind

    Wenn es um „diejenigen, die am besten geeignet sind“ geht, ist DE wegen seinem angekündigten Verzicht auf AKWs sowie durch Klimaschutzazuflagen, dem Verzicht auf Kohle innerhalb von Europa einer der besten Kandidaten.
    Das nur am Rande…

  22. Vielleicht wäre es sinnvoll ein Spendenkonto einzurichten, bei dem alles Geld direkt und ausnahmslos in die Schuldenabtragung Deutschlands geht.

    Da würden denke ich einige spenden, oder besser in die eigene Zukunft investieren.
    Ich für meinen Teil würde einen Dauerauftrag einrichten.
    Zumal ich dann wüsste das das Geld werde verballert, noch sonstwie zweckentfremdet werden.

  23. @Niels:
    „Wenn es wie hier um reine Wirtschaftsförderung geht, sollte pro eingesetztem Steuer-Euro schon etwas mehr als 91 Cent bei der Wirtschaft ankommen, oder?“

    Korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege, aber von jedem eingesetzten Euro kommen 100% bei der Wirtschaft, bzw. deren Angestellten an. Oder meinst du mit Wirtschaft diejenigen, die sich die Taschen vollstopfen? 🙂

  24. So lange die Finanzierung des Wendelstein gesichert ist, kann ich damit leben.

    ITER hat sich ohnehin zu einem bürokratischen Mammutprojekt entwickelt und die Tatsache, dass die meisten Arbeiten bei französischen Firmen und Instituten landet zeigt eigentlich nur wie das nationale Denken dort aufgestellt ist.

  25. An alle Spezis, die erzählen wie unglaublich teuer ITER sei.
    Da wird der Gegenwert von 16 sechzehn Eurofightern, auf dutzende Staaten aufgeteilt.
    Das Geld könnte die US Regierung bezahlen, wenn sie ein Jahr ihren Militärhaushalt um 10% kürzt, und das Geld vernüftig, auf 30 Jahre anlegt (Studenten Kredite vll?)
    Und das mit dem „das liegt immer 30 Jahre in der Zukunft“ ja kein wunder wird ja auch seit 30 Jahren nur auf Sparflamme dran gearbeitet.

  26. Jaja, die „Fusionskonstante“: in fünfzig Jahren sind wir soweit.

    Vor zwanzig Jahren war ich in der Oberstufe und hatte das Referat zur Fusion zu halten. Schon damals war klar, daß man ohne ITER nicht weiterkommen würde.

    Hat dann auch nur noch 10 Jahre gedauert, um mit den Verhandlungen zum Standort zu beginnen — und weitere 7 Jahre, um sich zu einigen. Ich weiß jetzt, warum die Fusionskonstante so konstant ist.

  27. Es paßt hier zwar nicht ganz, aber ich finde den richtigen Thread nicht.
    Julia Schramms Verlag klagt gegen eine Raubkopie ihres Buches im Netz (Julia Schramm ist im Bundesvorstand der Piraten).

  28. > Aber wenn man sie nicht erforscht, dann wird man auch ganz definitiv NICHT herausfinden, ob sie funktioniert.
    Das ist nicht gesagt. Es gibt neben der Planforschung und Forschungsplänen auch unerwartete Entdeckungen. Die Großforschung hatte nach der Atombombe ihr goldenes Zeitalter erlebt, in dem alles möglich schien, wenn man nur genug Geld hineinsteckte. Da ist Ernüchterung eingekehrt.

  29. @HF
    Sorry aber das ist Quatsch. An der Theorie hinter der Fusion gibt es nicht mehr viel was man erforschen müsste um den Reaktor zu betreiben. Und ein derartiger Reaktor braucht halt eine gewisse Dimension um ihn betreiben zu können. Schon allein damit dir das Plasma nicht dauernd in die Reaktorwände klatschen und so abbremsen.
    Den baut man sich nicht im Hinterzimmer. Schon gar nicht zufällig.

  30. Mein Eindruck ist der, dass sich tatsächlich zu wenig darum bemüht wird, das Projekt
    a) mit Nachdruck voranzutreiben
    b) mit Geschick in der Öffentlichkeit zu platzieren
    Ich weiß nicht allzu viel von der Materie, doch so viel, dass es unglaublich (!) komplex ist, die Reaktorhülle zu konstruieren, damit (Zitat Dark_Tigger) [… dir das Plasma nicht dauernd an die Reaktorwände klatscht…]
    Hier handelt es sich wirklich um Technik, die sich am Limit ingenieursmäßiger Machbarkeit bewegt, vielleicht sogar noch ein wenig darüber hinaus anzusiedeln ist.
    Aus diesem Grund verläuft die Arbeit an dem ganzen Projekt wohl auch so stockend und ist es schwierig, der (zahlenden) Öffentlichkeit gute Ergebnisse und medial wirksame Bilder zu liefern.
    Was also tun?
    Ich finde, es gibt kein Zurück: wir (wir Menschen) müssen den Versuch, diese Art der Energiegewinnung nutzbar zu machen, unbedingt weiter vorantreiben, denn das mögliche Ergebnis wäre eine absolute Revolution der Verfügbarkeit von Energie mit relativ geringem Umweltrisiko.
    Und eben weil die Technik noch so ein bisschen jenseits unserer Möglichkeiten zu liegen scheint, müssen wir (wir Menschen) viele kluge Köpfe daran setzen können, gute, ungewöhnliche, vielleicht verrückte Ideen zu entwickeln, die Wasserstofffusion endlich auf der Erde direkt nutzbar zu machen.
    Diese Investition unsererseits kommt dann vielleicht unseren Ur- oder auch erst den Ururenkeln zugute, kann aber vielleicht auch dazu beitragen, die Menschheit als Ganzes ein weites Stück voran zu bringen in ihrer Erkenntnis des sie umgebenden Kosmos.
    Letzteres erreichen wir sicher nicht mit dem Bau von immer weiteren Marschflugkörpern, Drohnen usw., deren Kosten sich mit geringen Stückzahlen schnell zu den Beträgen addieren, von denen wir bei der Förderung der Fusionsforschung reden.

  31. @TheBug

    So lange die Finanzierung des Wendelstein gesichert ist, kann ich damit leben.

    Die steht jetzt, ginge es nach den Grünen in MV, auf der Kippe. O-Ton, wenn DE sich aus einem Mammutprojekt wie ITER verabschiedet, warum sollte man dann ein eigenes Mammutprojekt finanzieren ?

  32. Schade, dass ich den Artikel erst jetzt gelesen habe.

    Ich arbeite in einer deutschen Firma, die größere Teile für ITER liefern sollte. Nicht direkt in der zuständigen Abteilung, aber man bekommt trotzdem einge Dinge mit, die bei dem Projekt mit krumm laufen. Vor allem bei Ausschreibungen und Auftragsvergaben scheint einges im Argen zu liegen.

Schreibe einen Kommentar zu Steppl Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.