Während meiner Auszeit erscheinen hier einige Gastbeiträge von anderen Bloggern. Wenn ihr auch Lust habt, euer Blog (euren Podcast, euer Videoblog, etc) hier vorzustellen oder einfach nur mal einen Artikel schreiben wollt, dann macht mit!
Diesmal habe ich einen Aufruf von SciLogs-Kollege Markus Dahlem, dem ich mich gerne anschließe:
Bitte Platz machen für den neuen wissenschaftlichen
Nachwuchs. Aufruf eines Journalisten.
Als im Februar
2002 das neue Hochschulrahmengesetz (HRG) in Kraft trat, war die
Aufregung groß. So fragte zum Beispiel die TAZ unter dem Titel
„Anleitung
zum befristeten Glücklichsein“ ab wann Wissenschaftler besser
Taxi fahren sollten? Andere raunten, dies sei ein Berufsverbot.
Wissenschaftler sollen gezwungen werden, sechs Jahre nach
abgeschlossener Promotion Platz zu machen für den neuen
wissenschaftlichen Nachwuchs und sich rechtszeitig eine neue
berufliche Perspektive aufbauen, wenn sie es bis dahin nicht zur
Professur geschafft haben. So beschreibt die Lage damals Hannelore
Kraft in
einer Reaktion auf einen polemischen Leserbrief in der Zeit („<a
href=“https://www.zeit.de/2004/11/B-Braindrain“>Lockruf der
Heimat“).
src=“https://www.scilogs.de/blogs/gallery/25/kraft2Ausschnitt.png“
alt=““>
Nun, 10 Jahre später –
mittlerweile gab es einige Korrekturen im HRG <span
class=“st“>– bleibt die Frage, ob es in einigen
Fällen zu einem faktischen Berufsverbot kam oder bald konkret so
kommen wird?
Hierzu plant der Zeitenspiegel eine Reportage und sucht Kontakt zu
betroffenen wissenschaftlichen Mitarbeitern an Hochschulen und
Forschungseinrichtungen. Der Journalist <a
href=“https://zeitenspiegel.de/en/autoren/jan-ruebel/“>Jan
Rübel schrieb mich an und bat folgenden Aufruf hier zu
veröffentlichen, dem ich sehr gerne nachkomme.
Ich plane einen Report über die Folgen des
Wissenschaftszeitvertraggesetz. Im Fokus stehen die Befristungen
für wissenschaftliche Mitarbeiter, die an Hochschulen und
Forschungseinrichtungen etc. arbeiten. Ich will herausarbeiten, wie
dieses Gesetz in diesen Fällen zu einem faktischen Berufsverbot
führen kann.Daher meine Frage: Ich suche Personen, über denen
genau solch ein Damoklesschwert des Berufsverbots steht, welche die
Befristungen erleben – und das absehbare Ende ihrer derzeitigen
beruflichen Tätigkeit sowie die womögliche Notwendigkeit
einer Neuorientierung .Als Journalist garantiere ich auf Wunsch Anonymisierung.
Selbstverständlich werden alle Aussagen im vornherein
autorisiert.
Bei Interesse bitte sich direkt an <a
href=“https://zeitenspiegel.de/en/autoren/jan-ruebel/“>Jan
Rübel wenden.<a
href=“https://zeitenspiegel.de/en/autoren/jan-ruebel/“>
===
Von Berufsverbot hier zu sprechen, ist rechtlich nicht haltbar. Das Berufsleben hängt nicht von einer Beschäftigung bei der Universität ab. Mir ist natürlich klar, dass die Betroffenen es so empfinden, allerdings ist die inflationäre Bezeichnung für die eigentliche Sache schädlich. Siehe auch den Vorfall DLF ./. Weinreich.
Die Regelung wäre im Übrigen auch gut ertragbar, wenn die Praxis der Bundesländer bzw. der Universität bei der Berufung offener wäre. Die Grundregelung, die den Nachwuchs fördern soll, ist ja an sich nicht schlecht gemeint. Aber wenn seit Jahren gespart wird und keine Professorenstellen mehr geschaffen werden, bekommt man solch unbefriedigende Ergebnisse heraus.
Wieso Berufsverbot? Wenn einen keine Uni mehr weiterbeschäftigt, kann man doch auch noch in der Privatwirtschaft weiterforschen.
Weil die Privatwirtschaft auch so viel Forscht? Mal so von Medizin und Informatik/E-Technik abgesehen wird die Luft da ziemlich schnell ziemlich dünn.
Wusstet ihr, dass es zum Beispiel nur einen einzigen Batterienhersteller gibt, der eine Beamline an einem Teilchenbeschleuniger betreibt? Das ist notwendiges Grundequipment für alle Arten von Forschung an Akkus mit besseren Lade-/Entladeeigenschaften. Wir reden hier von <2 Mio Euro im Jahr dafür. Das bezahlen die großen Firmen aus der Portokasse. Macht aber niemand. So gut wie alle relevante Forschung in dem Bereich ist staatlich finanziert.
@ ulfi:
Naja, wenn es in Deutschland nicht klappt, kann man auch immer noch ins Ausland gehen.
@noch’n Flo:
Welcher Berufsruppe mutet man es denn sonst noch zu ins Ausland zu gehen. Ich stelle mir grad‘ ein Gespräch beim Arbeitsamt vor „Wie? Sie sind gelernte Krankenschwester? Dann gehen Sie doch ins Ausland“.
Mag ja durchaus sein, dass das Herumvagabundieren von befristeter Anstellung zu befristeter Anstellung auf der ganzen Welt (immer nur mit dem nötigsten im Gepäck), von vielen beneidet wird – aber stellen Sie sich vor: man ekelt dadurch einen Grossteil hervorragender Wissenschaftler aus dem Beruf.
Der Skandal liegt nicht im angeblichen „Berufsverbot“ – denn wie Anatol Stefanowitsch drüben im Sprachblog nicht müde wurde zu betonen, ist jeder frei den Beruf zu wählen, den er will – und wenn ihm die Rahmenbedingungen nicht passen, dann muss man halt in einer freien Marktwirtschaft mit einer anderen Beschäftigung Geld verdienen. Der eigentliche Skandal liegt also woanders:
Die aktuellen Rahmenbedingungen machen den Beruf „Wissenschaftler“ so unattraktiv, dass viele hervorragend talentierte Forscher der Wissenschaft den Rücken kehren und in Zukunft der Mittelmässigkeit überlassen werden.
Also naja vom Berufsverbot würde ich hier auch nicht sprechen, aber die Behandlung ist doch ein Indiz wie Wissenschaftler hier teilweise behandelt werden. Wenn sie eben keine Ingenieure sind.
Eine Karriere als Wissenschaftler anzustreben ist riskant, das traditionelle Trostpflaster „hohes Einkommen in der Wirtschaft“ klebt auch nicht mehr so gut wie früher. Das Risiko führt zu einer neuen Form der Selektion, wer reich ist, kann sich einfach mehr davon leisten.