Hier ist ein kleiner Video-Nachtrag zur Sommersonnenwende, die letzte Woche stattgefunden hat. Im Video – das mit ziemlich nervtötender Dudelsackmusik hinterlegt ist – sieht man, wie Menschen die Sonnenwende am „Teufelsbutterfass“ bei Leuchtenberg in der Oberpfalz, bei den Kogelsteinen bei Eggenburg in Österreich und bei „Thors Amboss“ in Neusalza-Spremberg in Sachsen erleben. Dank der Vernetzung übers Internet konnte an jeder Station auch beobachtet werden, was anderswo passiert. Die steinernen Formationen sind sogenannte „Sonnenheiligtümer“ (obwohl nicht eindeutig klar ist, ob es sich auch in diesen speziellen Fällen tatsächlich um echte Sonnenheiligtümer handelt), das heißt Anordnungen von Steinen, die neben einer religiösen Bedeutung auch astronomische Relevanz hatten (über diese Archäoastronomie habe ich ja früher schon mal geschrieben). Am Tag der Sommersonnenwende kann man dort die Sonne über ganz besonderen Punkten stehen sehen. Aber schaut selbst:

5 Gedanken zu „1. Internationale Vernetzung prähistorischer Sonnenheiligtümer zur Sommersonnenwende“
  1. An sich ist so eine Aktion eigentlich eine sehr schöne Idee, nur in diesem speziellen Fall scheint sie leider wenig wissenschaftliches an sich zu haben, denn als „Sonnenheiligtümer“ haben die vorgestellten Orte vermutlich nie gedient.

    Dieses „Projekt Götterhand“ hat in Sachsen bereits eine ganze Reihe vermeintlicher Sonnenheiligtümer ausgemacht. Alle kranken leider daran, dass sie zwar ein schönes Guckloch besitzen, aber nie einen fest definierten Standort für den Betrachter. Insofern kann man die Sonne durch das Loch natürlich zu jeder Zeit sehen, wenn man sich nur entsprechend platziert. Genau aus diesem Grund wird das Projekt auch von den zuständigen Archäologen nicht ernst genommen. Recht ausführlich wurde das bereits hier diskutiert:

    https://forum.grenzwissen.de/showthread.php?t=7445

    Zu den beiden anderen Orten kann ich nicht viel sagen, aber hier sieht es offenbar recht ähnlich aus. Bei beiden scheint es sich um natürliche Gesteinsformationen zu handeln und lediglich zu den Kogelsteinen habe ich die Vermutung finden können, dass sie ein Sonnenheiligtum gewesen seien. Die stammt allerdings auch nicht von einem Archäologen, sondern von einem nicht näher spezifizierten „Naturwissenschaftler“ namens Alfred Kappl, von dem ich aber außer einem in einem Kleinstverlag erschienenen Buch zu eben diesem Thema keine weiteren Publikationen finden konnte.

    Hätte man so etwas mit Goseck, Stonehenge und El Castillo gemacht, wären sicherlich etwas deutlich interessanteres dabei heraus gekommen.

  2. Auch wenn ich jetzt zugeben muss, dass ich da automatisch eine Schublade aufmache und mich Vorurteilen bediene:
    Ich bin mir sicher, ca. 80% der Teilnehmenden sind esoterisch angehaucht… *duckundweg*

  3. Respekt. Tolle Beiträge. Selten so einen informativen Blog gesehen.
    Der YouTube-Statistik sei Dank habe ich diesen Beitrag gefunden.
    Als Mitautor des Videos möchte ich auf einige hier genannte Diskussionspunkte eingehen:

    1. Die „ziemlich nervtötende Dudelsackmusik“
    Ja, Musik ist Geschmackssache. Wir finden aber unser Spielmann hat es gut gemacht. Die Musik wurde live am Schauplatz aufgenommen. Die Rolling Stones hätten sicher auch gut gepasst. Schon wegen des Namens. Die konnten wir uns aber nicht leisten. Unser Spielmann sah es als Freundschaftsdienst. Zur Not gibt es ja noch den Lautstärkeregler.

    2. „Die Veranstaltung „scheint leider wenig wissenschaftlich“:
    Ja, die Veranstaltung war keine rein wissenschaftliche Veranstaltung wie zum Beispiel eine Vorlesung. Sie sollte schon unterhaltsam sein und Spaß machen.

    3. „…als „Sonnenheiligtümer“ haben die vorgestellten Orte vermutlich nie gedient“:
    Das ist Ansichtssache. Über den Zweck von Stonehenge streiten sich die Wissenschaftler heute noch.
    Genauso streitet man in der Fachwelt über die Funktion der Kreisgrabenanlagen und der Himmelsscheibe von Nebra.
    Warum sollte dass in unserem Fall anders sein?

    4. „Dieses „Projekt Götterhand“ hat in Sachsen bereits eine ganze Reihe vermeintlicher Sonnenheiligtümer ausgemacht“:
    Nicht nur wir in Sachsen, wie ja gerade das hier diskutierte Video zeigt.

    5. „Alle (Sonnenheiligtümer) kranken leider daran, dass sie zwar ein schönes Guckloch besitzen, aber nie einen fest definierten Standort für den Betrachter. Insofern kann man die Sonne durch das Loch natürlich zu jeder Zeit sehen, wenn man sich nur entsprechend platziert“:
    Für die Himmelsscheibe von Nebra wird der Standort des Beobachters durch die Winkel der Horizontbögen bestimmt. Bei den Sichtöffnungen unserer Objekte wird der Standort durch die Sichtwinkel der Öffnungen bestimmt. Das gleiche Prinzip.
    Es gibt Zeiten der Sichtbarkeit und Zeiten der Nichtsichtbarkeit der Sonne. Die Beobachtungen sind in jedem Fall monatgenau möglich. Bisher kennen wir nur zwei Suchtöffnungen, welche mit ihrem Öffnungswinkel das ganze Jahr fassen. Eines ist das Felsentor auf dem Töpfer bei Oybin.

    6. „das Projekt (wird) auch von den zuständigen Archäologen nicht ernst genommen“:
    Ja, das Sächsische Landesamt für Archäologie handelt nach dem Grundsatz, dass archäologische Funde nicht im Zusammenhang mit astronomischen Himmelsbeobachtungen zu sehen sind.
    Als Vater der Sächsischen Archäologie gilt Karl Benjamin Preusker (1786-1871) dazu folgendes Zitat aus einer kürzlich erschienen Veröffentlichung:
    „Es war vor über 180 Jahren als der sächsische Altertumsforscher Karl Benjamin Preusker in seinen Werken „Oberlausitzsche Altertümer“ von 1828 und „Blicke in die vaterländische Vorzeit“ von 1841 auf einigen Bergen der Oberlausitz heilige Plätze der Vorzeit vermutete und in legendenumwobenen Fels- und Steinformationen heidnische Opferaltäre zu erblicken meinte.
    Er vertrat die Ansicht, dass die Menschen in vorgeschichtlicher Zeit an jenen Orten einen Sonnenkult praktizierten bei dem sie die Sonne an bestimmten Tagen im Jahr zum Sonnenauf- und -untergang anbeteten.
    So vermutete er unter anderem in Vertiefungen an Felsen, Sitzplätze der heidnischen Priester. Er schrieb: „…vielleicht dienten die gegen Morgen zu gerichteten, zum religiösen Erwarten und Begrüßen der ersten Strahlen der aufgehenden Sonne.“
    Als Zeugnis dieser Praktiken führte er einen Bericht des 1614-1630 in Weigsdorf, dem heutigen Višňová in Tschechien, lebenden Pastors Martin Niger an. Ihm begegnete des Öfteren beim morgendlichen Spaziergang eine alte Frau, die vom „Druistein“, dem heutigen Heidenstein herab kam. Eines Tages fand er sie auf den Knien liegend und betend vor. Als sie der Pfarrer nach dem Grund fragte, erzählte sie, dass hier schon ihre Vorfahren zum Sonnenaufgang und Sonnenuntergang gebetet hätten, weil sich hier einst ein „Göttertempel“ befunden hätte.
    Preusker sah die Felsen der Oberlausitz gleichberechtigt neben den Megalithbauwerken Frankreichs, Skandinaviens, Norddeutschlands und Englands.
    Als „Göttertempel“ für die Verehrung der Sonne maß er den Felsen die gleiche Bedeutung zu wie Stonehenge.
    Dennoch war Preusker durchaus bewusst, dass die Natur bei der Entstehung der Heiligtümer in der Oberlausitz den gewichtigeren Teil und der Mensch den wohl eher „bequemeren“ leisten musste. Zitat: „Zwar möchte bei den oben besprochenen Felsen – vielleicht eine bequemere Einrichtung der Höhle, wie zum heraufsteigen ec abgerechnet. – eine Aufschichtung so mächtiger Felsplatten von Menschenhand, wie anderwärts nicht zu vermuten sein…“ (Quelle: „Sonnenheiligtümer der Oberlausitz – der Geldkelller auf dem Löbauer Berg und sein wahrer Schatz“ erschienen 2012).
    Die historischen Werke Preuskers findet man bei Google Books.

    Aus meiner Sicht leugnen hier maßgeblich Sächsische Archäologen praktisch ihre eigenen Wurzeln.

    7. „Recht ausführlich wurde das bereits hier diskutiert“: https://forum.grenzwissen.de/showthread.php?t=7445
    Im Forum Grenzwissen wurde 2007 erstmals auf das Sonnenbeobachtungsphänomen in der Oberlausitz aufmerksam gemacht. Es wurde kontrovers Diskutiert. Trotz überwiegender Skepsis im Forum wurden die Forschungen von uns weitergeführt. Inzwischen sind mehrere Artikel in der Presse erschienen und es gibt erste Veröffentlichungen. Auf der Sächsischen Landesgartenschau 2012 in Löbau wurde eine astronomische Steingartenanalage zum Thema errichtet und eine Vortragsserie „Sonnenheiligtümer der Oberlausitz“ organisiert.

    8. „Hätte man so etwas (Vernetzung von Sonnenheiligtümern) mit Goseck, Stonehenge und El Castillo gemacht, wäre sicherlich etwas deutlich interessanteres dabei heraus gekommen“:
    Goseck würde funktionieren und ist eines unserer Ziele. Bei den anderen Orten ist die Zeitdifferenz zu groß.

    9. „Auch wenn ich jetzt zugeben muss, dass ich da automatisch eine Schublade aufmache und mich Vorurteilen bediene: Ich bin mir sicher, ca. 80% der Teilnehmenden sind esoterisch angehaucht… *duckundweg*“:
    Ja, du machst automatisch eine „gut geölte“ Schublade auf.
    Die Veranstaltung wurde von ProAstro Sachsen und der Sternwarte „Bruno-H.-Bürgel“ Sohland/Spree e.V. organisiert.
    Die Teilnehmer waren zu 90% Heimatfreunde umliegender Ortschaften, Schüler und Mitglieder verschiedener Sternwartenvereine.

    Soviel dazu.
    Vielleicht bis später wieder einmal

  4. Ein wirklich spannendes Thema, egal ob es nun früher genutzte Sonnenheiligtümer oder doch nur zufällige Felsformationen sind. Ich denke bei den nächsten Wanderungen in der Sächsischen Schweiz werde ich mal einen Abstecher zu den Steinen machen 🙂

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