Letzte Woche habe ich über die wissenschaftlichen Arbeiten von Christine Aschbacher berichtet. Sie war damals noch Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend in Österreich. Das ist sie nicht mehr; sie ist am Samstag Abend zurück getreten. Der Medienwissenschaftler Stefan Weber hat sowohl in ihrer Diplomarbeit, als auch in ihrer Dissertation schwerwiegende Mängel gefunden (siehe hier, hier, hier, hier und hier). Neben dem Vorwurf von Ideen- und Textplagiaten, sind es aber vor allem die sprachlichen (und inhaltlichen) Mängel die auffallen. Oder in diesem Fall eben nicht aufgefallen sind. Weder Aschbacher selbst, als sie diese Arbeiten verfasst hat, noch den Leuten die diese Arbeiten begutachtet und beurteilt haben. Und das ist absolut unverständlich. Stefan Weber hat in seinem Blog eine Liste entsprechender Stellen zusammengetragen. Und auch ich habe die Dissertation durchgeblättert. Man findet sehr schnell jede Menge sehr zweifelhafte Sätze, ohne große Probleme und ohne dass man das Ding komplett lesen muss. Hier folgt mein „Best of“ (und wer keine Lust hat diese geballte Ladung an Kauderwesch zu lesen, kann gerne auch gleich nach unten scrollen, wo es mit den Konsequenzen für die Hochschulen weitergeht):

Systemisches Management handhabt also soziale ‚Ganzheiten’, davon ausgehend, dass diese eine eigene Tradition und individuelle Gesamtstruktur und -kultur haben. (Seite 12)

Eine der grundsätzlichen Meta-Voraussetzungen für Flow ist Kontinuum-basierende Führung, weil diese die notwendigen Voraussetzungen für Flow herstellt. (Seite 17)

Im Flow-Zustand werden innerhalb unseres Bewusstseins Denken, Fühlen, Wollen und Tun synchronisiert. Es ist, als fände das Wesen des Menschen die genaue innere Eigenfrequenz, in der sich die zur Verfügung stehende Energie aufschaukelt und erstaunliche Höhen erreichen kann. (Seite 17)

Wenn die für eine Aufgabe richtigen Menschen in der richtigen Stimmung zusammenwirken, dann ist im positiven Sinne alles möglich. (Seite 19)

Es hat sich gezeigt, dass es äußerst hilfreich ist, wenn jede Abteilung immer wieder einmal Rückmeldungen erhält, wo sie wie geholfen haben oder helfen könnten. (Seite 22)

Es gibt Grundtypen der Innovation, welche Produkte und Dienstleistungen beinhalten. (Seite 28)

Als ansatzweiser innovativer Führungsstil, welcher in der Literatur bereits besteht, kann der Still von erfolgreichen Unternehmern wie Richard Branson oder Steve Jobs sein. (Seite 33)

Wenn eine Führungskraft innerhalb des Unternehmens die Karriereleiter emporgeklettert ist, reicht es nicht aus, so weiterzumachen wie zuvor. Es werden Erwartungen, wie Verantwortung übernehmen und für Innovationen zu sorgen, gehegt. (Seite 33)

„Vielleicht, daher ist es seltsam, dass, wenn es irgendeine eine Phrase, die garantiert wird, um mich auf den Weg, es ist, wenn jemand zu mir sagt: ‚Okay, fein. Du bist der Chef!'“, Sagt Branson. „Was mich ärgert ist, dass in 90 Prozent der Fälle, wie, was diese Person wirklich sagen will, ist: ‚Okay, dann, glaube ich nicht mit Ihnen einverstanden, aber ich werde rollen und tun es weil sie sagen mir zu. Aber wenn es nicht klappt werde ich der Erste sein, der daran erinnern, dass es nicht meine Idee.'“ (Seite 50)

“Mit dem Slogan ‚Thing different‘ führte Steve Jobs – nach seiner Rückkehr zu Apple – das Unternehmen aus der Krise (…)” (Seite 50)

Wenn die Analysten in ihre Zimmer kamen, die sie erwartet haben, um den Computer zu berühren. Wurde ein Mac eingeschalten, wurden Nutzer von diesem Computer mit einem schlichten ‚hallo‘ begrüßt, diese Einfachheit begeisterte. Steve war immer sicher, dass deren Geist mit Innovationsideen weht (Seite 51/52)

Im Opportunity-Modus werden Führungskräfte leidenschaftlich auf die Möglichkeit aufmerksam, unerfüllte Bedürfnisse, die Vorstellungskraft auf den Nervenkitzel, das Sehen in die Realität umzusetzen (Seite 54)

In der heutigen sich rasant verändernden Welt benötigen Führungskräfte ihre eigene Version einer Taschenlampe. Dinge passieren schnell, wenn nicht aufgepasst wird. (seite 55)

Diese Fähigkeit, mit Tools wie Mind-Mapping und einfachem Brainstorming absichtlich Ideen zu ‚ideeieren‘ und einzuladen, ist eine wesentliche Fähigkeit der beginnenden Arbeitswelt. (Seite 56)

In der Knill-Gruppe, konkret dem Unternehmen Rosendahl wurde aufgrund mangelnder Innovation der Wechsel auf den neuen Geschäftspartner vor fünf Jahren durchgeführt. (Seite 65)

Das passiert sozusagen ‚by chance‘, sowie geht es mittels ‚top-down-apporach‘, sodass die Führungskräfte selbst innovativ sind und diesen ‚Mind‘ auch an ihre Mitarbeiter weitergeben – ohne Führung ist keine Innovation möglich. (Seite 66)

Der Status quo zur Problematik stellt heraus, dass Führungsstile als Basis für die Innovation gegeben sind. (Seite 69)

Zieldefinition für Innovationen sollen ‚Glücksmomente‘ sein, darauf können die Mitarbeiter dann hinarbeiten und das beste Produkt ist möglich. Der finanzwirtschaftliche Reduktionismus ist Verarmung der menschlichen Kultur. (Seite 80/81)

Hierarchie hat zwar einen extrem schlechten Ruf, sie ist aber ein Produkt der Natur. Es ist so, je mehr Mut, die Führungskraft hat, die Gruppe zu führen, desto besser läuft es. (Seite 81)

Eine Führungskraft muss aufgrund ihrer Qualitäten ausgewählt werden, nicht aufgrund ihrer fachlichen Kenntnisse. (seite 86)

Auch Kompetenzen von den Best-Practices, wie jede Führungskraft muss jemand sein, der positiv denkt, wird für dieses Modell übernommen. (Seite 87)

Die Fähigkeit zu entwickeln, aufkommende Trends zu verfolgen, ist eine Fähigkeit. (Seite 89)

Der Vorstandsvorsitzende der LEGO-Group stellt neben den rationalen und inhaltlichen Prozess den zentralen Punkt bei der Beziehungsebene dar. (Seite 104)

Eine Führungskraft in der persönliche Verantwortung und eine Integrität – die nicht dominieren möchte, sondern die sich geltend macht, wenn es notwendig ist – die auf die eigenen Grenzen und Werte basiert, was den Menschen vertrauenerweckend und authentisch in seiner Erscheinung wirken lässt. (Seite 104)

Im Zweiten Interview wurde der Herr Prokurist zum Modell des innovativen Führungsstils in Industrieunternehmen befragt. Der Innovationsprozess startet laut ihm vor allem bei den neuen Bedürfnissen von Kunden, weil das Produkt kein stand-alone-Produkt ist, sondern immer in Kombination bei den B2B-Kunden verwendet wird. (Seite 108)

Die Experimentierfreude ist im Unternehmen auch auf technischer Seite hoch geschrieben. ‚Try and Error‘ ist hier Standard. Manchmal werden bis zu 100 Ansätze ausprobiert, 99 davon sind fehlerhaft, die meisten gehen schief. (Seite 111)

Durch das Interview in Reflexion vom eigenen Tun zu gehen, war für die Führungskräfte eine Möglichkeit, den aktuellen Stand zu besprechen und auch die Potentiale, die nach oben hingegeben sind, aufzuzeigen. (Seite 112)

Nein-Sager und Blockierer: gerade im Top Management muss irrsinnig lange durchgehalten werde und viele Schleifen ziehen, nicht bei jedem Rückschlag aufgeben. (Seite 115)

Bei einem Projektabbruch – Kundenwunsch ist nicht umsetzbar bei unter circa 5 %, Kundenwunsch zu 100% und 80% werden umgesetzt, dann ist Abbruch bei circa 10 %. (Seite 115)

Weiters wurde auch erwähnt, dass der Bereich ‚Kreativität und Vorstellungskraft‘ keine Kompetenz der Führungskraft sein muss, da dies von den Mitarbeitern ‚bottum-up‘ kommen kann. (Seite 120)

Weiters wurde der Ansatz gewählt, dass für alle Mitarbeiter, wie die Ergebnisse in der Forschungsfrage festgehalten wurden, das Flow-Erlebnis möglich ist. (Seite 121)

Was macht eine innovative Führungskraft aus und wie schlägt sich das positiv im Unternehmen nieder, ist literarisch kaum auffindbar. (Seite 122)

Das Entdecken von neuen Produkten besonders in Industrieunternehmen bedeutet vorwiegend, die eigene Komfortzone zu verlassen und sich etwas ‚Neuem‘ widmen. (Seite 123)

Wie gesagt: Das ist bei weitem keine vollständige Auflistung. Ich habe die Dissertation nicht einmal annähernd so ausführlich gelesen, wie man sie lesen müsste, wenn man sie ernsthaft beurteilen wollen würde. Trotzdem ist sie – in exakt dieser Form – an der Universität Bratislava eingereicht worden. Sie ist in exakt dieser Form begutachtet worden. Und sie ist in exakt dieser Form als würdig beurteilt worden, Aschbacher einen Doktortitel zu verleihen.

Damals noch Ministerin… (Bild: Bundesministerium für Finanzen, CC-BY 2.0)

Auch Aschbachers Diplomarbeit an der Fachhochschule Wiener Neustadt wurde mit „Sehr gut“ beurteilt. Die habe ich zwar nicht im Volltext gelesen; sie ist meines Wissens nach nicht online verfügbar und in der Bibliothek gerade nicht erhältlich. Aber an den Ausschnitten, die in den diversen Medienberichten dazu kursieren, kann man schon erkennen, dass es hier sprachlich und inhaltlich nicht viel besser läuft als in der Dissertation:

Die Aufgaben des Key Account Managers sind sehr vielfältig und nicht einfach durch zu führen. In der Theorie sind die Anforderungen beschrieben, jedoch ’nur‘ als theoretischen Input. (Seite 6)

Um den aktuellen Stand der Tätigkeiten und somit Anforderungen der Key Account Manager zu erheben, wird ein empirische Teil, mittels Experteninterviews erhoben. (Seite 6)

Dies wird durch Unterstreichen der Meinungen, Kategorisieren und Bedeutungen festlegen, durchgeführt. (Seite 9)

Im Conclusio werden und empirische Ergebnisse zusammengefasst und die Hypothesen daraus bestätigt oder verworfen. (Seite 9)

Mit den Plagiatsvorwürfen will ich mich gar nicht weiter beschäftigen. Das müssen Menschen prüfen die davon mehr verstehen als ich. Mich interessieren die Konsequenzen die sich daraus für die Hochschulen ergeben. Es ist wirklich absolut unverständlich wie solche Texte in einem akademischen Umfeld existieren können. Bei jeder Schularbeit würde einem so etwas um die Ohren gehauen werden. Wie können solche Arbeiten zur Verleihung akademischer Titel führen?

Da muss ja zuerst einmal die Autorin selbst diese Texte schreiben. Sie muss sie lesen und sich denken: „Ja, das ist gut so. Das gebe ich genau so ab“. Danach müssen BetreuerInnen und GutachterInnen sich die Sache ansehen und sagen: „Ja, das ist gut so. Da vergeben wir eine gute Note und verleihen dafür einen akademischen Titel“. Und wenn es sich um ernsthafte wissenschaftliche Forschung handeln würde, dann müssten Fachkolleginnen und -kollegen die publizierten Ergebnisse betrachten und sich denken „Super Forschung! Da gibt es nix zu kritisieren!“.

Aschbachers Diplomarbeit wurde von Karl Pinczolits bewertet. Der Unternehmensberater ist Professor an der FH Wiener Neustadt und hat sich bis jetzt noch nicht zu der Angelegenheit geäußert. Ich kenne mich mit seinem Forschungs(?)feld nicht aus; kann also auch nicht sagen, ob er da relevante Beiträge geliefert hat. Ich habe allerdings dieses Video und diesen Beitrag über seine Arbeit gefunden und das sieht für mich alles andere als wissenschaftlich aus. Aber gut – es wird mit Sicherheit Gründe geben warum er die Professur an der FH Wiener Neustadt bekommen hat. Gleiches gilt für Jozef Sablik, den Betreuer von Aschbachers Dissertation an der Universität Bratislava und die beiden Gutachterinnen Dagmar Babčanová und Felicita Chromjaková (dass Aschbacher darüber hinaus mit einem Masterstudium in „Wirtschaftberatende Berufe“ ein Doktoratsstudium in „Maschinenbau“ absolvieren konnte, macht die Sache nur noch dubioser – sie hier).

Aber ich kann mich nur wiederholen: Man muss keine Ahnung vom Thema der Diplom/Doktorarbeit haben, um zu erkennen, dass es hier gravierende Mängel gibt. Selbst wenn man potenzielle Plagiate ignoriert: So eine Arbeit KANN man nicht mit „Sehr gut“ beurteilen. Egal wie wenig Zeit man für einen Begutachtungsprozess verwendet; selbst wenn man nur die Kurzzusammenfassung der Arbeit liest und ein wenig durch die Seiten blättert, muss man sehen, dass da etwas nicht stimmt. Es bleibt für mich also nur die Schlussfolgerung, dass man Aschbachers Arbeiten entweder gar nicht angeschaut hat oder aber trotz der Mängel und wissentlich durchgewunken hat. Und beides ist ein großes Problem für die Hochschulen!

Muss sich jetzt Kritik gefallen lassen… (Bild: Kjksxs, CC-BY-SA 3.0)

Erstens zeigt es, dass sowohl die FH Wiener Neustadt als auch die Universität Bratislava ein Problem mit ihren Qualitätsstandards haben. Diesen Vorwurf müssen sie sich definitiv gefallen lassen; diese Vorwürfe müssen nun geprüft werden und sie müssen vor allem Konsequenzen haben. Die FH kann sich nicht einfach darauf ausreden, dass es 2006 (als Aschbacher dort ihre Arbeit abgegeben hat) noch keine automatische Plagiatsprüfung gab, so wie das der Generalssekretär der Österreichischen Fachhochschulkonferenz, Kurt Koleznik, in einem Radiointerview getan hat. Sie muss klären, wieso ihr Professor Karl Pinczolits diese Arbeit mit „Sehr Gut“ beurteilt. Und Pinczolits muss entweder nachvollziehbar erklären, was an dieser Arbeit „Sehr gut“ ist. Oder aber begründen wieso er es nicht für nötig befunden hat, Aschbachers Arbeit mit der nötigen wissenschaftlichen Sorgfalt zu prüfen. Darüber hinaus muss geprüft werden, welche Arbeiten Pinczolits noch betreut und beurteilt hat. Je nach Ergebniss all dieser Prüfungen müssen entsprechende Konsequenzen gezogen werden (und für die Uni Bratislava gilt das genau so).

Zweitens ist der Fall von Christine Aschbacher natürlich recht prominent. Aber es wäre überraschend, wenn es sich um einen Einzelfall handeln würde. Wäre Aschbacher nicht Ministerin geworden, dann wären ihre Arbeiten vermutlich nie gelesen und geprüft worden. Wie viele andere Arbeiten ähnlicher „Qualität“ liegen in den Bibliotheken noch herum? Wie viele Menschen haben akademische Abschlüsse mit Arbeiten erhalten, die nicht einmal annähernd in die Nähe von echter Wissenschaft gerückt werden können? Und wenn es nicht die wissenschaftliche Forschung war, die zum Erhalt solcher akademischer Titel geführt hat: Was haben Menschen wie Aschbacher dann getan, um die entsprechenden Abschlüsse zu erhalten? Diese Fragen müssen beantwortet werden.

Und drittens geht die Sache ja noch weiter. Aschbacher hat ja auch noch „wissenschaftliche“ Fachartikel veröffentlicht. Unter anderem auch während ihrer Arbeit als Ministerin, und auch da gibt es Probleme und offene Fragen, die beantwortet werden müssen.

Sie müssen vor allem deswegen beantwortet werden, um all die echte Arbeit in Ausbildung und Forschung an den Hochschulen nicht komplett absurd werden zu lassen. Alle die sich in jahrelanger Arbeit mühsam ein Themengebiet erschlossen und ernsthafte Forschung betrieben haben; alle die sich in ebenso mühsamer Arbeit darum kümmern, dass die von ihnen betreuten Studierenden sich an die wissenschaftlichen Qualitätsstandars halten und alle die solche Arbeiten gewissenhaft beurteilen und alle deren Arbeiten gewissenhaft beurteilt werden: All diese Menschen müssen sich durch den Fall Aschbacher massiv verarscht vorkommen! Wenn es reicht, das zu tun was auch immer Frau Aschbacher getan hat, um einen Abschluss zu erhalten: Wieso soll sich dann noch irgendwer ernsthaft anstrengen? Was ist ein akademischer Titel wert, wenn man ihn auch durch konfusen Kauderwelsch ohne wissenschaftlichen Wert in schlecht geschriebener Sprache erhalten kann?

Kann man den Doktortitel wegschmeißen? (Bild: D.s.kalinin, CC-BY-SA 4.0)

Christine Aschbacher ist zurückgetreten. Das war richtig. Unverständlich dagegen war ihre Begründung, die keinerlei Unrechtsbewusstsein erkennen lässt: „Die Anfeindungen, die politische Aufgeregtheit und die Untergriffe entladen sich leider nicht nur auf mich, sondern auch auf meine Kinder, und das mit unerträglicher Wucht. Das kann ich zum Schutz meiner Familie nicht weiter zulassen. Aus diesem Grund lege ich mein Amt zurück.“ Sie ist also zurück getreten, weil die bösen Menschen sie so böse angreifen. Sie scheint sich als Opfer der Angelegenheit zu sehen und das schlimme ist: Ich glaube ihr das sogar. Ich glaube nicht, dass Aschbacher vorsätzlich plagiiert hat; ich glaube nicht dass sie absichtlich eine schlechte Arbeit verfasst hat. Ich glaube, dass sie tatsächlich davon überzeugt war (und ist), dass das was sie da produziert hat, gut und richtig ist. Und die Kritik daran nicht versteht. Das ist natürlich nur meine ganz persönliche Meinung – aber in Österreich hat sich in der Volkspartei (aber nicht nur dort), zu der Aschbacher ebenso gehört wie der Bundeskanzler, eine Gruppe von Menschen etabliert, zu denen mir nur Worte wie „elitär“, „egozentrisch“ oder „selbstherrlich“ einfallen. Vor allem aber gibt es absolut keine Fehlerkultur; egal was passiert – man selbst kann nicht schuld daran sein, denn man selbst ist ja entsprechend super. Sonst wäre man ja auch nicht da, wo man ist, nämlich an der Spitze. Und da Aschbacher nichts falsch machen kann, hat sie auch nichts falsch gemacht und kann nur Opfer sein.

Aber gut – Politik ist hier nicht das Thema und ich würde mich sowieso nur weiter darüber aufregen. Also frage ich lieber die Leserschaft: Habt ihr akademische Arbeiten verfasst? Wenn ja: Wie lief da Betreuungs- und Beurteilungsprozess? Hattet ihr das Gefühl, ihr wärt mit jedem Quatsch durchgekommen oder wurde da wirklich gründlich drauf geschaut? Über eure Erfahrungen würde ich mich in den Kommentaren sehr freuen (und werde dort gleich selbst von meinen eigenen berichten).

P.S. Außerdem verweise ich gerne noch mal auf meinen fast 10 Jahre alten Artikel: Doktortitel abschaffen?“.

20 Gedanken zu „„Dinge passieren schnell, wenn nicht aufgepasst wird“: Welche Konsequenzen ziehen die Hochschulen aus der Affäre um Christine Aschbacher?“
  1. Wie versprochen, kommt hier nun meine Erfahrung zum Thema. Ich hatte das Glück, in einer Arbeitsgruppe zu studieren, wo alle – unabhängig vom „Dienstalter“ – soweit wie möglich in die aktuelle Forschung eingebunden wurden. D.h. ich war schon an der Publikation von Fachartikeln beteiligt bevor ich meine Diplomarbeit geschrieben habe und habe jede Menge papers veröffentlicht, bevor meine Dissertation abgeschlossen war. Ich hatte zu dem Zeitpunkt also auch schon einen sehr guten Überblick darüber, wie man akademische Texte verfasst und welche Dinge man dabei beachten muss. Meine Dissertation war ebenfalls in die Forschung der Arbeitsgruppe eingebunden und insofern sowieso ständiger Begutachtung ausgesetzt. Mein Doktorvater hat sie dann auch so gelesen und beurteilt, wie man das nach den Regeln akademischer Qualitätsstandards erwarten kann. Soll heißen, dass nach seiner Begutachtung durchaus noch Dinge blieben, die – zu Recht – zu verbessern waren. Damals (2004) war es vorgeschrieben dass zwei Professoren eine Dissertation begutachten müssen. Der zweite Gutachter hat die Arbeit nicht mehr ganz so intensiv geprüft. Was man ihm aber nicht direkt vorwerfen kann: Abgesehen von meinem Doktorvater gab es an der Uni einfach niemanden mehr, der von meinem Gebiet Ahnung hatte. Heute ist es üblich, erwünscht (und vorgeschrieben?), dass auch externe ExpertInnen eine Diss begutachten. Aber auch bei mir hat der zweite Prüfer die Sache nicht einfach durchgewunken. Er hat die Arbeit gesehen, die relevanten Teile gelesen, hat sich mit mir und meinem Doktorvater zu Gesprächen darüber getroffen. Bei meiner Verteidigung waren ProfessorInnen des ganzen Instituts anwesend und haben – durchaus auch unangenehme und nicht leicht zu beantwortende – Fragen gestellt. Unabhängig davon habe ich die wesentlichen Inhalte meiner Arbeit auch als Fachartikel publiziert der den üblichen Peer-Review-Prozessen unterworfen war. Ich habe die Arbeit auf Fachkonferenzen vorgestellt, und dort u.a. auch genau dem Astronom präsentiert, dessen Arbeit die Basis meiner Diss war und die ich erweitert habe. Ein Astronom übrigens, der absolut nicht dafür bekannt war, mit Kritik (und aus seiner Sicht war meine Erweiterung seiner Arbeit durchaus so was ähnliches wie Kritik) freundlich umgeht. Meine Dissertation hat die Astronomie mit Sicherheit nicht revolutioniert und ich werde dafür keinen Nobelpreis kriegen. Aber wenn sie sprachlicher Quatsch oder abgeschrieben worden wäre, dann hätte ich es nie geschafft, das Ding auch einzureichen und wäre sie wissenschaftlich fragwürdig, dann hätte mir das die Community mehr als deutlich mitgeteilt.

    Ich weiß natürlich das es einen Unterschied macht, ob man ein eher „kleines“ Studium wie Astronomie absolviert oder eines, wo das Verhältnis von Studierende zu BetreuerInnen anders ist. Und ob man so wie ich „normal“ an der Uni studiert oder ob man das ganze – wie Aschbacher – berufsbegleitend macht. Vielleicht hat ja von euch noch jemand Erfahrungen, wie das in solchen Fällen aussieht?

  2. Danke für die Ausschnitte. Ich hatte bislang nur wenige Schnipsel gesehen und fand schon diese grotesk.

    Neben den Prozessen an Hochschulen müssen wir meiner Meinung nach auch die Trivialdisziplinen einer strengen Prüfung unterziehen. Das Etikett „Wissenschaft“ klebt heute auf vielen Disziplinen, die erkennbar wenig Erkenntnisfortschritt bringen und eher in eine Kategorie „Studienfeuilleton“ gehören.

    Auch in wissenschaftlich strengen Disziplinen ist natürlich schon Bullshit publiziert und als Abschlussarbeit eingereicht worden. Aber es ist dort deutlich schwieriger.

  3. Bei meiner Diplomarbeit (als Biologe) bin ich sicher, dass mein Betreuer sie gründlich gelesen hat – er hat mir ausführliches Feedback dazu gegeben. Außerdem hat er meine Arbeit insgesamt gut begleitet. Zur Zweitkorrektur kann ich nichts sagen.
    Bei der Doktorarbeit wurde ich auch gut betreut, und da kann ich sagen, dass der Zweitkorrektor meine Arbeit sicher gelesen hat, bei der Verteidigung kamen von ihm kritische und nachvollziehbare Fragen zu den Ergebnissen.
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass Arbeiten wie die von Frau Aschbacher an unserer Fakultät durchgegangen wären.

  4. P.S.: So stolz ich war, als ich meine Urkunde damals erhalten war, gegen eine Abschaffung des Doktortitels hätte ich nichts. Die Publikationen, die während der Doktorarbeit entstehen, sind schließlich das, was am Ende zählt und (hoffentlich) auch gelesen wird. Die Doktorarbeit selbst verstaubt in irgendwelchen Archiven.

  5. Ich weiß nicht, wie das heute so läuft. Aber als ich studiert habe, war es üblich, dass man seine Diplom- oder Doktorarbeiten fachfremden Leuten gab, nur um Grammatik, Satzbau und Ausdruck zu prüfen, zu korrigieren und sich entsprechende Verbesserungsvorschläge einzuholen. Die Zitate aus den Arbeiten von Frau Aschenbacher zeigen mir, dass dieser Schritt auf keinen Fall erfolgt sein kann.

    Es wirkt so, dass die Arbeiten auf die Schnelle in einen Computer getippt und sogar ohne jegliche computergestützte Rechtschreibung abgespeichert, ausgedruckt und an den Hochschulen eingereicht wurden. Anders kann ich mir die zahlreichen offensichtlichen Fehler, die schon bei einem flüchtigen Überfliegen ins Auge fallen, nicht erklären.

  6. Mir ist auch das Gegenteil bekannt: dass an sich gute Arbeiten abgelehnt werden und der Betreuer sich irgendwohin absetzt, wo es ihm besser gefällt, aber hinter sich erst einmal alle Brücken abreißt. Dort gab es aber auch kaum einen Betreuungsprozess, sodass die Arbeit wahrscheinlich bei ordentlicher Betreuung viel schöner geworden wäre.

  7. Meine Diplomarbeit war im Rahmen einer Dissertation einer Kollegin. Meine Betreuerin hat mich immer wieder auf prozeduale, inhaltliche und fachliche Fehler hingewiesen. Korrekturgelesen hat glücklicherweise mein Vater, der als Schriftsetzer fachfremd aber grammatikalisch und in der Rechtschreibung firm ist. Das war meine persönliche sprachliche Qualitätskontrolle und hat auch geholfen noch einige Punkte präziser zu Formulieren, weil ich ihm dabei manche Inhalte versuchen musste zu erklären.

  8. Ich habe bis jetzt „nur“ eine Bachelorarbeit geschrieben (Masterarbeit wird gerade verfasst), aber die hatte es in sich. Bei mir war es eher eine kontinuierliche Korrektur durch den Betreuer. Alle 3-4 Tage hat er sich die neueste Version von der Arbeit angeschaut und gleich alles markiert was ihm nicht gefallen hat. Was musste ich mich da jedes mal ärgern. Aber im Nachhinein bin ich froh, dass er penibelst darauf geachtet, dass die Arbeit auch wirklich gut wird. Immerhin wurden dann die relevanten Teile der Arbeit in zwei Papers publiziert die vor einigen Tagen erschienen sind. Bevor ich die Bachelorarbeit offiziell abgegeben habe, musste ich sie von zwei Personen nochmal Korrekturlesen lassen. Einer war vom Fach, die andere nicht. Ich bin übrigens Biotechnologe von der Aubildung her 🙂

  9. Weil jetzt alle auf Blondie herumhacken…
    Was lernen wir daraus?
    1.) Das Leben ist hart, die Natur grausam und die Welt ungerecht!
    2.) Man studiert nicht an der technischen Uni in Bratislava, vor allem nicht, wenn man eine deutschsprachige Doktorarbeit schreiben – äh – betreuen lassen will. Und in der Tschechei ist das Bier besser!
    3.) Man soll keine Sachen delegieren, für die man nachher persönlich gradestehen muß. Und ich fürchte, da wurde weiter und weiter delegiert. Pay and forget…..
    Glaubt jemand ernsthaft, daß sie jemals gelesen hat, was sie da geschrieben haben soll? So ein eitriger Analphabetismus wär schon lang vor der Angelobung aufgefallen.
    Freuen wir uns auf weitere Hoppalas im verzweifelten Versuch, bei der Personalbesetzung Quotenregeln und Klientel-Interessen zu bedienen, statt auf Qualifikation zu achten. Was da passiert ist, ist traurig und peinlich, aber jetzt der Reihe nach alte Dissertationen zu zerpflücken und darin Bullshit-Bingo zu spielen, hilft nicht bei der Lösung der wahren Probleme dieser Welt…

  10. Im Flow-Zustand werden innerhalb unseres Bewusstseins Denken, Fühlen, Wollen und Tun synchronisiert. Es ist, als fände das Wesen des Menschen die genaue innere Eigenfrequenz, in der sich die zur Verfügung stehende Energie aufschaukelt und erstaunliche Höhen erreichen kann. (Seite 17)

    Ich bin mir ziemlich sicher, der Satz ist 1:1 abgeschrieben. Der hat nämlich weder Grammatik- oder Rechtschreibfehler, noch falsche Zeichensetzung. Den Konjunktiv „fände“ hätte sie alleine sicher nicht geschafft. Der Inhalt mag zwar Blödsinn sein, aber das sind halt die Bullshit-Phrasen, wie sie in Führungskräfte-Seminaren gedroschen werden.

    Vollends disqualifiziert hat sie sich mit der Tortengrafik auf Seite 113. Davor steht:

    Interessant an der Einschätzung der eigenen Innovationsstärke ist, dass alle Führungskräfte zwischen 3 und 3,5 von 5 möglichen Punkten angegeben haben

    Sie zeigt uns eine Torte mit zwei Sektoren, der größere, beschriftet mit „Höchst-möchgliche Innovationsstärke“ [sic], repräsentiert offensichtlich die Zahl 5, der kleinere, „Eigene Innovationsstärke“ repräsentiert – was jetzt, 3? Oder 3,5? Oder etwas dazwischen? Die gesamte Torte entspricht also 8-8,5, was offensichtlich keinen Sinn gibt, weil die Skala nur bis 5 geht. Wozu überhaupt eine Torte – dreidimensional natürlich – um 2 Zahlen darzustellen ? Wer sowas fabriziert, ist für wissenschaftliche Arbeit auch auf dem bescheidensten Niveau in alle Ewigkeit ungeeignet.

    Die Begründung ihres Rücktritts finde ich erbärmlich, vor allem, dass sie ihre Kinder vorschiebt. Das hat bei ihr Tradition: Nach der missglückten PR-Aktion für den Corona-Hilfsfonds, wo sie sich bei der Übergabe eines Geldscheins an ein Baby fotografieren ließ, war auch das Baby schuld („Es hat nach dem Geldschein gegriffen“):

  11. Weil jetzt alle auf Blondie herumhacken…

    Sie hat’s verdient. Ich habe kein Mitleid mit ihr, vor allem wegen der unwürdigen Art ihres Abganges.

    3.) Man soll keine Sachen delegieren, für die man nachher persönlich gradestehen muß. Und ich fürchte, da wurde weiter und weiter delegiert. Pay and forget…..

    Halte ich für unwahrscheinlich. Ghostwriter arbeiten viel professioneller.

    Glaubt jemand ernsthaft, daß sie jemals gelesen hat, was sie da geschrieben haben soll? So ein eitriger Analphabetismus wär schon lang vor der Angelobung aufgefallen.

    Ja, glaubt man. Stefan Weber hat sich ihre Arbeit genau deswegen angeschaut, weil ihm in Interviews ihre merkwürdigen Formulierungen aufgefallen sind. Sie schreibt, wie sie spricht.

    Freuen wir uns auf weitere Hoppalas im verzweifelten Versuch, bei der Personalbesetzung Quotenregeln und Klientel-Interessen zu bedienen, statt auf Qualifikation zu achten. Was da passiert ist, ist traurig und peinlich, aber jetzt der Reihe nach alte Dissertationen zu zerpflücken und darin Bullshit-Bingo zu spielen, hilft nicht bei der Lösung der wahren Probleme dieser Welt…

    Zumindest diese hier ist nicht alt. 31. Mai 2020 abgegeben, Defensio im August 2020. Und sie nach Strich und Faden zu zerpflücken, ist erstens unterhaltsam, und zweitens bestens geeignet, ein abschreckendes Beispiel für potentielle Nachahmer aus dem Kreis der selbsternannten Fleißigen und Leistungswilligen zu liefern – trägt also durchaus zur Lösung eines wahren Problems bei.

  12. Denkt denn keiner an die Satiriker?
    Solche Leute darf man nicht einfach zurücktreten lassen.
    Die muss man sich warmhalten, damit sie zuverlässsig weiteres Material liefern – gerade in solch schweren Zeiten wie diesen.
    Da machen wir hier in D inzwischen einiges besser, nach all den Erfahrungen.

  13. Ich habe in der Zeit von 2007 bis 2014 in Mathematik promoviert. Schon
    in dieser Zeit hatte ich Gelegenheit, die andere Seite vom
    Peer-Review-Verfahren kennenzulernen, als ich einige fremde Paper
    begutachten durfte. Zur Vorbereitung auf das erste hatte mir mein
    Professor ein altes Paper mit einem zugehörigen Gutachten gegeben,
    damit ich weiß. welche Form so etwas haben muss. So war von Anfang an
    schon die Unabhängigheit unserer Gutachten gegeben.

    Meine eigene Diss hatte drei Gutachter, neben meinem Doktorvater noch
    zwei externe. Alle drei waren vom Fach. Mein Doktorvater war einer
    davon, er hat die anderen kontaktiert, ich durfte aber Vorschläge
    machen. Alle drei haben jeweils ein ausführliches Gutachten über
    mehrere A4-Seiten geschrieben, die sich auch wirklich auf die Arbeit
    bezogen.

    In der Verteidigung hatte einer der externen Gutachter gefehlt,
    ansonsten waren inklusive dem kompletten Prüfungsausschuss, dem
    Institut und privaten Gästen insgesamt 42 Leute dabei, für Mathe bei
    uns war das viel. Die zwei Gutachter haben mich mit Fragen
    konfrontiert, die meiner Meinung nach der Situation angemessen waren,
    also zuerst Fragen, die sie offenbar selbst beantworten konnten und
    nur der Überpfüfung dienten. Danach kamen Fragen zu Inhalten der
    Arbeit selbst und zur Vorgehensweise, am Ende dann Fragen, die sich
    auf die Lücken in der Arbeit und auf die Zukunft in dieser Richtung
    bezogen. Insgesamt denke ich, dass dieser Prozess so in dieser Form in
    Ordnung ist.

    Bei meinen Veröffentlichungen sehe ich das ein klein wenig anders.
    Bei einer gab es zum Beispiel einen Notationsfehler im Beweis, der
    mehrere Iterationsschritte benötigte, bis wir einer Meinung waren. So
    wäre das auch richtig. Hier gab es aber nicht sowas wie einen
    Wettkampf sondern eine Diskussion auf Augenhöhe. Ich weiß natürlich
    nicht, wer der Gutacher war, aber ich vermute, dass wir vielleicht nur
    eine halbe Stunde gebraucht hätten, wenn wir uns persönlich hätten
    treffen können. So hat dieser Vorgang leider über ein Jahr gedauert.

    … Ein anderer Gutachter hatte die Arbeit auch nur durchgewinkt mit der
    Bemerkung, dass sie es wert sei, veröffentlich zu werden – ohne auch
    nur die offensichtlichen Rechtschreibfehler anzustreichen.

    Ich bevorzuge in jedem Fall natürlich die lange Variante.

    Beste Grüße
    Alex

  14. Da das mein erster Kommentar ist (ich bin seit ca. 2012 ein stiller Mitleser), möchte ich dem Autor zuerst für die vielen interessanten Artikel und sein Engagement danken!

    Ich bin Ingenieur (Luft- und Raumfahrttechnik, also fachlich nicht so weit weg vom Maschinenbau, womit die im Artikel erwähnte Diss offensichtlich nichts zu tun hat) und Doktorand im Endstadium – da finde ich es manchmal schon skurril, was anderswo offenbar ausreicht, um die begehrten zwei Buchstaben vor den Namen zu bekommen. Der Optimist in mir hofft, dass das die Ausnahmen sind und die Erfahrungen der anderen Kommentatoren (ähnlich wie meine) die Regel.

    Meine Studien- und Diplomarbeit waren jeweils Teilaufgaben eines Projektes meines Betreuers. Er musste dem Industriepartner Ergebnisse und ein funktionierendes Software-Tool liefern, also musste ich ihm (Teil-)Ergebnisse und ein funktionierendes (Teil-)Tool liefern. Auch die schriftlichen Arbeiten wurden mehrfach iteriert.

    Zur Zeit arbeite ich an einem relativ kleinen Institut (ca. 20 Doktoranden, ein Professor und ein neuer Junior-Prof.). Für Papers ist der Chef die erste Hürde, die es zu überwinden gilt: Erst muss er verstanden haben, was wir gemacht haben, dann darf eingereicht werden (quasi ein interner Review vor dem eigentlichen Peer Review). Der Peer Review bei Journals und Konferenzen ist natürlich ein eigenes Thema (wurde auf den Scienceblogs ja auch öfters beleuchtet). Meine Erfahrungen und die meiner Kollegen decken da auch eine ziemliche Bandbreite ab; von Ablehnung wegen „the integration bounds don’t feel right“ bis zu Reviewern, die jeden Herleitungsschritt nachvollziehen und jede Ungenauigkeit anmerken. Es kommt halt drauf an, wen man erwischt.

    Bei der Dissertation ist der Doktorvater zugleich Hauptberichter (s.o.: er muss es verstanden haben). Mein Eindruck ist, dass die Professorenschaft unserer Fakultät keine große glückliche Familie ist, sondern eher „Game of Thrones“. Und scheinbar wird im Promotionsausschuss aufmerksam verfolgt, was bei den Kollegen als promotionswürdig gilt. Das könnte also ein zusätzlicher Anreiz sein, keinen Quatsch durchzuwinken. Auch die Fakultät dürfte (sollte) ein Interesse daran haben, nach außen hin einen gewissen Ruf zu wahren.

    Der Mitberichter (Zweitgutachter) muss laut Promotionsordnung „unabhängig“ sein. Gelebt wird das bei uns so, dass er/sie nicht aus der eigenen Fakultät kommen soll, sondern jemand Externes ist. Wie gründlich „mein“ Mitberichter die Arbeit liest, werde ich dann hoffentlich bei der Verteidigung erfahren.

  15. Der Betreuer meiner Diplomarbeit hat die Arbeit gelesen und (konstruktiv) kritisiert, und zwar mehrfach. Schlamperei konnte ich mir nicht erlauben, auch wenn ich aus heutiger Sicht ein paar formelle Dinge anders machen würde. Das muss ich zum Glück nicht mehr…
    Aber als Dipl.-Ing. Maschinenbau würde ich gern mal wissen, was zum Geier Frau Aschbachers Management-Blabla mit Maschinenbau zu tun haben soll? Oder habe ich was falsch verstanden?

  16. Bei meiner Doktorarbeit gab es drei Gutachter: Mein Doktorvater hat schon wärend des Schreibprozesses begleitet und immer wieder gründlich gelesen und mir viel konstruktives Feedback gegeben.
    Der zweite Gutachter hat die Arbeit vermutlich eher oberflächlich gelesen (er hat aber auch inhaltliches Feedback gegeben).
    Besonders beeindruckt hat mich der dritte, externe Gutachter: Der hat sogar einige der von mir beschriebenen Experimente wiederholt (bzw. von seinen Mitarbeitern wiederholen lassen). Gründlicher kann man eine wissenschaftliche Arbeit meines Erachtens nicht prüfen.

  17. @Kyllyeti: Denkt denn keiner an die Satiriker?
    Solche Leute darf man nicht einfach zurücktreten lassen.
    Die muss man sich warmhalten, damit sie zuverlässsig weiteres Material liefern – gerade in solch schweren Zeiten wie diesen.
    Da machen wir hier in D inzwischen einiges besser, nach all den Erfahrungen.

    Grandios, danke für diesen Lacher am Morgen! Wäre ja auch beScheuert, wenn man unfähige Leute so mir-nichts-dir-nichts aus der Regierung entfernen würde – wo kämen wir da hin?

  18. Während Douglas Adams empfiehlt, immer ein Handtuch dabeizuhaben, so legt Frau Aschbacher auf die Taschenlampe großen Wert: „Mit Ihrer Taschenlampe in der Hand werden Führungskräfte jedoch feststellen, dass Dinge nicht ganz so plötzlich passieren“.

    Wenn ich die Werke von Aschbacher und Adams in Beziehung setze, komme ich zum Schluss, dass man mit Handtuch UND Taschenlampe immer bestens ausgerüstet ist!

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