Das Universum ist voll mit seltsamen Dingen. Gerade wenn es um die Suche nach extrasolaren Planeten geht, finden wir immer wieder Himmelskörper, die ganz anders sind, als wir es kennen. Planeten mit gewaltigen Ringen, Planeten in Doppelsternsystemen, Miniplaneten,… Dort draußen gibt es offensichtlich alles. Jetzt man noch ein weiteres äußerst ungewöhnliches Objekte identifiziert: Einen Planeten, der größtenteils aus Wasser besteht.

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Ein Planet nur aus Wasser? (Bild: Junpei Satoh, CC-BY-SA 3.0)

Der Planet selbst war schon länger bekannt (ich hab damals darüber geschrieben). Er heißt GJ 1214b, umkreist einen kleinen, schwach leuchtenden roten Zwerg und ist eine sogenannte „Super-Erde“. Das bedeutet, dass er größer als die Erde ist aber doch noch klein genug, um nicht als typischer Gasriese wie Jupiter durchzugehen. GJ 1214b hat den 2,7fachen Radius der Erde und die 6,5fache Masse. Kennt man Größe und Masse, kann man die Dichte berechnen. Die beträgt in diesem Fall etwa 2 Gramm pro Kubikzentimeter. Das ist wenig! Bei unserer Erde sind es immer etwa 5,5 Gramm pro Kubikzentimeter. GJ 1214b muss also eine fundamental andere Zusammensetzung haben als unser Planet. Wenn seine Dichte so gering ist, dann ist es unwahrscheinlich, dass er einen massiven Eisenkern mit einer dicken Gesteinsschicht hat. Es gibt aber verschiedene Möglichkeiten, so eine niedrige durchschnittliche Dichte zu bekommen. Er könnte einen felsigen Kern haben, der von einer dicken Hülle aus Wasserstoff und Helium umgeben ist, also so ähnlich wie bei Neptun und Uranus in unserem Sonnensystem. Oder es könnte ein Planet sein, der Wasser enthält. Viel Wasser! Wasser hat eine Dichte von einem Gramm pro Kubikzentimeter und je mehr Wasser, desto geringer die mittlere Dichte. Vielleicht ist GJ 1214b sogar einer der „Wasserplaneten“, deren Existenz man schon länger vermutet.

Leider waren bis jetzt die Beobachtungen nie gut genug, um wirklich herauszufinden, woraus der Planet besteht. Das hat sich jetzt geändert! Zachory Berta vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und seine Kollegen haben das Hubble-Weltraumteleskop benutzt, um mehr über GJ 1214b heraus zu finden. Das ist nämlich äußerst knifflig. Der Planet ist weit weg; etwa 40 Lichtjahre. Da kann man nicht mal einfach so das Teleskop ausrichten und den Planeten untersuchen. Der leuchtet viel zu schwach und wird vom Licht des Sterns überstrahlt. Aber natürlich kennen die Astronomen ein paar Tricks 😉 GJ 1214b zeigt Transits. Das bedeutet, dass der Planet von uns aus gesehen vor seinem Stern vorüber zieht und dabei ein bisschen von seinem Licht abblockt. Das kann man beobachten und so wurde der Planet 2009 überhaupt erst entdeckt. Es gibt aber auch bei jedem Transit eine kurze Phase, wenn der Planet gerade beginnt, sich vor den Stern zu schieben, in der das Licht des Sterns durch die Atmosphäre des Planeten zu uns scheint. Die verschiedenen chemischen Elemente in der Hülle um den Himmelskörper blockieren dann unterschiedliche Anteile des Lichts und wenn man so „Transmissionsspektrum“ untersucht, kann man herausfinden, woraus die Atmosphäre besteht (ich hab das hier schon mal beschrieben). Genau das hat man bei GJ 1214b gemacht. So sieht das Spektrum aus:

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Das Bild zeigt, wieviel Licht (y-Achse) bei welchen Wellenlängen (x-Achse) zu uns gelangt. Die schwarzen Punkte sind die Messwerte, die bunten Linien zeigen verschiedene theoretische Modelle. Rot und gelb entsprechen einer dicken Hülle aus Wasserstoff und Helium, in blau sind Planeten mit unterschiedlich großen Anteilen von Wasser eingezeichnet. Man sieht gut, dass – auch wenn keine perfekte Übereinstimmung da ist – die Daten doch viel besser zu den Wasserplaneten passen anstatt zu den roten bzw. gelben Kurven.

Das ist auch der Schluss zu dem die Wissenschaftler kommen. Der Anteil an Wasser muss mehr als 50 Prozent betragen. Man darf sich GJ 1214b jetzt aber nicht als Wasserwelt wie aus dem gleichnamigen Science-Fiction-Film vorstellen. Die Bedingungen dort sind völlig anders als auf der Erde. Da der Planet seinem Stern sehr nahe ist, ist es dort recht warm. Die Temperaturen betragen 190 Grad und die dicke Atmosphäre erzeugt einen enormen Druck, der zehntausende Mal höher ist als bei uns auf der Erde. Unter diesen Bedingungen ist auch das Wasser nicht mehr mit dem Wasser zu vergleichen, dass wir kennen. Die Wissenschaftler sprechen von exotischen Zuständen wie „heißem Eis“ oder „supraflüssigem Wasser“, die man dort finden könnte.

GJ 1214b ist also definitiv kein Ziel für den nächsten Badeurlaub. Aber der Planet zeigt uns wieder einmal eindrucksvoll, wie vielfältig unser Universum ist!

31 Gedanken zu „Eine feuchte Entdeckung: Die Wasserwelt von GJ 1214“
  1. Bis zur Mitte des Textes hatte ich wirklich gehofft, man könnte dort einen super Angelurlaub verbringen. Jetzt wird es doch eher die Presssauna.

  2. Die Frage die sich jetzt natürlich sofort stellt: Könnte Leben unter solchen Bedingungen möglich sein? Flüssiges Wasser gibt es ja anscheinend (wenn auch ganz anders als bei uns). Ich vermute nein, da organische Verbindungen in der Regel nicht so hitzebeständig sind. Aber wer weiss…

  3. Zum Thema Leben und Wasserwesen (was anderes wird es auf einer Wasserwelt kaum geben) hat sich Harald Lesch mal in Alpha Centauri ausgelassen. Eine technische Kultur eines Wasserwesens ist schwer vorstellbar, speziell Versuche mit Elektrizität höherer Spannung sind von ihm genauso fatal wie final beschrieben worden.

    Jede andere Form von Leben ist zwar interessant, aber verflixt schweigsam.

  4. @Wurgl aber nur schweigsam in unseren Augen. Wale sind Meeressäuger mit einer eigenen Sprache und einer eigenen Kommunikation. Selbst Fische kommunizieren über Körpersprache. Wir verstehen es nur nicht unbedingt. Aber gut ich kann ja auch kein chinesisch und trotzdem wissen wir dass sie reden 🙂

    Der Planet bietet in jedem Fall eine Menge Stoff für einen Scinece-Fiction Roman.

  5. Verena ich meinte das anders. Eine Kommunikation mit einem nicht-technischen Wesen ist über eine Distanz von 40 Lichtjahren schwer vorstellbar. Untereinander könnten die sich unterhalten wie sie wollten — wir werden das wohl nie erfahren.

    Mit einem technischen Wesen ist prinzipiell eine Unterhaltung möglich.

  6. Also an sich werden Mikroorganismen keine Probleme haben mit Temperaturen jenseits der 100°C da wurde schon an schlimmeren Orten auf der Erde Leben gefunden. Bei Suprafluiden Wasser stell ich mir das, nachdem was da in einer Vorlesung mal zu erwähnt wurde allerdings doch etwas anders vor.
    Es hat so gut wie keine Reibung und eine fast absolute Wärmeleitfähigkeit. Da drin wird nix überleben können.

  7. Ich bin baff!
    Hätte eigentlich eher auf die erste Variante mit der Wasserstoff-Hülle getippt, aber so was extremes hätte ich mir nie vorstellen können!

  8. @Wurgl Vielleicht über Radiowellen? Die sind zwar unglaublich langsam im Vergleich zu Licht könnten aber als Kommunikationsbasis dienen. Aber recht hast du…wir werden es wohl nie erfahren 🙂

  9. Was heisst das eigentlich, ein Planet sei 2,7-mal „größer“ als die Erde? Ist da der Durchmesser gemeint? Oder doch eher das Volumen? Die Oberfläche?

  10. @Verena

    Nö, die sind genau so schnell wie Licht, der einzige Unterschied ist die Wellenlänge. Aber zu deren Erzeugung brauchst Du Strom, Metall, Magneten, was auf einer Wasserwelt schwierig zu beschaffen sein wird (wie überhaupt alles, ausser wasserlöslichen Stoffen).

  11. @Verena:

    @Wurgl Vielleicht über Radiowellen? Die sind zwar unglaublich langsam im Vergleich zu Licht könnten aber als Kommunikationsbasis dienen

    Hä? Das war doch bestimmt ein Tippfehler, oder?

  12. @Wondering

    Muss der Durchmesser sein, denn wenn der Planet die 6,5-fache Erdmasse bei nicht mal der halben Dichte hat, kann es kaum das Volumen sein.

  13. Theres:

    James White mit seiner Weltraumhospital – Serie (kennt die hier einer?)

    Nur den ersten Band; den habe ich aber schon so mit 10 oder 12 gelesen und dann noch ein paar Mal — SF hab’ ich damals schon geliebt. Ich wußte gar nicht, dass es da so viele Bände gibt. Danke für den Hinweis!

  14. @Alderamin:

    zu deren Erzeugung brauchst Du Strom, Metall, Magneten, was auf einer Wasserwelt schwierig zu beschaffen sein wird (wie überhaupt alles, ausser wasserlöslichen Stoffen).

    Einspruch: Elektrizität gibt’s vom Zitteraal (wenn man denn überhaupt welche braucht), und elektromagnetische Wellen lassen sich auch ganz gut biologisch erzeugen — irdisch kennen wir da im Wasser bisher hauptsächlich die optische Variante in der Biolumineszenz bei Anglerfisch und Co., aber Kommunikation mit elektrischen Signalen bei Fischen ist nichts ganz Neues mehr. Und wie Du schon schriebst: Radio ist ja nur eine andere Wellenlänge.

    Haha, ich sehe gerade: heute hat Google anläßlich Heinrich Hertz’ Geburtstag das passende Doodle zu letzterem Thema. 😉

  15. @Adleradmin da merkt man dass ich in Physik ne Niete war *grins*

    @Bullet nein das war kein Tippfehler das war eine Auswucherung meiner Dummheit die den Weg über die Tastatur ins Netz gefunden hat 🙂

  16. @Florian („semi-OT“):

    Noch immer hört man davon, dass Entdeckungen mit dem HST gemacht werden und es ist (mir) nicht klar, ob z. B. die hier vorgestellte Entdeckung (zurzeit) nur mit dem HST hätte gemacht werden können, oder ob es sich, da es nun mal da ist und man gerade auf dem HST Beobachtungszeit bekam, um einen Zufall handelt, dass die Entdeckung mal wieder mit dem HST gemacht wurde.

    Kannst Du uns da aufklären? Hätte man die Spektren in vergleichbarer Qualität auch mit terrestrischen Teleskopen machen können? Wie hätte man da die Einflüsse unserer Atmosphäre heraus gerechnet? Wenn nein, was machen wir, wenn Hubble (mangels Wartung) „stirbt“ und kein Ersatz zur Verfügung steht?

    BTW: Was macht das JWST? Wird das noch was (bis 2018)? (Vllt. hast Du Infos, die nicht auf der NASA Seite stehen. ;-))

  17. @omnibus: „Hätte man die Spektren in vergleichbarer Qualität auch mit terrestrischen Teleskopen machen können? „

    Nein, nicht wirklich. Man KANN das von der Erde aus machen und hat das auch gemacht. Aber die Daten von der Erde waren nicht genau genug, um zwischen den verschiedenen Möglichkeiten zu unterscheiden, wie die Atmosphäre aussehen kann (H/He oder Wasser).

    „Wenn nein, was machen wir, wenn Hubble (mangels Wartung) „stirbt“ und kein Ersatz zur Verfügung steht?“

    Das wird dann sehr schwer für die Astronomie werden…

  18. @Florian Freistetter

    Liegt das möglicherweise daran, dass das Wasser in der Erdatmosphäre selbst Absorptionslinien verursacht, die diejenigen des Planeten überdecken? Oder liegt’s eher am Seeing?

  19. Also irgendwie passen die Angaben nicht ganz zusammen: 190 Grad ist deutlich unter der kritischen Temperatur von Wasser. Es sollte also einen ganz normalen Ozean geben. Oder ist da eine Null verloren gegangen?

  20. Guten Morgen Florian

    Ich hätte da mal eine Frage zu den Absorptionsspektren: Was ist mit Kappa Quadrat gemeint ? Ich verstehe schon was die Graphen qualitativ bedeuten, nur die Werte sind mir nicht ganz klar.

  21. Was ist denn eigentlich „supraflüssiges Wasser“? Ich habe schon 2 Lehrer in meiner Schule gefragt und keiner konnte mir die Frage beantworten.

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