Symbole sind wichtig. Jede Firma hat ein Logo (sogar mein Blog hat eins). Jede Organisation, jeder Verein, jeder Fußballklub hat sein eigenes Symbol. Jede Religion sowieso. Ein Symbol eignet sich hervorragen, wenn man ohne große Worte seine Sympathie für etwas bekannt geben will. Wer ein Kreuz um den Hals trägt, wird kein Atheist sein und wer auf seinem Auto das VW-Symbol spazieren fährt, sollte sich am besten vom Opel-Treffen fern halten. Symbole sind wunderbar, wenn man Menschen mit gemeinsamen Interessen versammeln will. Und auch die Wissenschaft braucht dringend ein einheitliches Symbol, meint der Ethik-Wissenschaftler Paul Root Wolpe.

Dafür plädiert Wolpe in dem Artikel „Science needs a universal symbol“, der kürzlich im New Scientist erschienen ist. Er schreibt dort über die Menschen, die um den Wert von Wissenschaft wissen, die von der Wissenschaft fasziniert und an ihren Ergebnissen interessiert sind:

„They are passionate about science and see themselves as sharing a mission to defend the enterprise. Yet they lack a sign of their position, something that could unite their effort – in short, a symbol that stands for science, in much the same way as the Christian fish symbol declares adherence to that faith on car bumpers worldwide.“

So wie viele Christen also das bekannte Fischsymbol auf ihre Stoßstangen kleben, bräuchte es auch ein Symbol um seine Unterstützung für die Wissenschaft öffentlich bekannt zu machen. So ein Symbol ist schwierig zu finden. Die Doppelhelix steht als Symbol für die DNA und ein Biologe kann damit sicherlich viel anfangen. Ein Physiker oder ein Geologe wohl eher weniger. Ein Symbol der Wissenschaft muss die gesamte Wissenschaft umfassen. Es sollte auch einfach zu modifizieren sein, meint Wolpe. Dann kann es jeder auch in andere Logos einbauen. Man könnte es zum Beispiel mit dem christlichen Kreuz kombinieren um zu verdeutlichen, das man Christ ist, aber keiner der fundamentalistischen, wissenschaftsfeindlichen Kreationisten. Wolpe bitte um Vorschläge für ein Symbol an diese Emailadresse: sciencesymbol@emory.edu Oder auf dieser Facebook-Seite.

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Der Darwin-Fisch. Ein schönes Symbol, aber nicht allgemein genug (Bild: Al Seckel, John Edwards, gemeinfrei)

Wenn ich ein Symbol aussuchen müsste, dann vermutlich irgendwas mit einer Flamme. In klassischer Tradition kann sie für Legende des Prometheus stehen, der den Menschen das Feuer, den Verstand und die Vernunft gab. Und symbolisch für das Licht der Aufklärung, für die „candle in the dark„, die der große Carl Sagan in seinem Buch „Der Drache in meiner Garage“ beschreibt (im Original heißt es auch: „The Demon-Haunted World: Science as a Candle in the Dark“). Mit einem schön designten Flammensymbol könnte sich wohl jede Wissenschaftsdisziplin anfreunden und leicht zu modifizieren wäre es auch. Aber: Braucht die Wissenschaft überhaupt ein Symbol?

Ich denke nicht. Die Wissenschaft ist kein Verein und keine Religion. „Wissenschaftler“ oder wissenschaftsaffine Menschen sind eine so inhomogene Gruppe, dass es nicht sonderlich zielführend wäre, sie alle unter einem Symbol zusammen zu quetschen. Hier stellt sich das gleiche Problem wie beim Atheismus. Auch das ist eine völlig inhomogene Gruppe von Menschen deren einzige Gemeinsamkeit es ist, dass sie nicht an Gott glauben. Im Gegensatz zu Fußballfans, Vereinsmitgliedern oder Religionsangehörigen haben sie ansonsten aber nicht zwingend irgendwelche gemeinsamen Eigenschaften, Vorstellungen oder Interessen. Wissenschaftler sind eine ähnlich inhomogene Gruppe. Manche von ihnen sind religiös, manche nicht. Manche sind konservativ, manche sind kommunistisch, manche sind Umweltschützer, manche sind Kapitalisten, manche sind Waffennarren, manche Fahrradliebhaber – etc. Ich glaube nicht, dass sich die Menschen, die Wissenschaft gut finden ebenso leicht unter einem universellen Symbol zusammenfinden würden, wie Fans eines Fußballvereins oder Angehörige einer Religion. Man läuft außerdem Gefahr, mit so einer Symbolik die Wissenschaft auf das gleiche Niveau zu stellen wie einen Fußballverein oder eine Religion. Dabei ist die Wissenschaft weder das eine, noch das andere sondern nur eine spezielle Art, die Welt zu betrachten und über sie nachzudenken.

Wer der Welt mitteilen will, dass Wissenschaft toll ist, braucht dazu nicht unbedingt ein Symbol. Ich erzähle seit Jahren allen die es hören wollen (und auch dem Rest), dass Wissenschaft toll ist und ob jetzt ein besonderer Aufkleber auf meinem Fahrrad (Auto hab ich keines) klebt oder nicht spielt da keine große Rolle.

60 Gedanken zu „Braucht die Wissenschaft ein Symbol?“
  1. Mir fällt dazu spontan nur ein, daß ein Wissenschaftssymbol für die gestolperte Fraktion ein prima „Argument“ wäre: die sind ja auch bloß eine Religion, die sich um ihr Zeichen schart.

  2. Es gibt aber Symbole, die viele sofort als Symbol für Wissenschaft einordnen würden ohne das es einer Erklärung bedarf. Bei mir ist es die Glühlampe (nicht Glühbirne – den Begriff hat mir mein Physiklehrer durch Ziehen an meinem Ohr ausgetrieben – meinem mangelnden Verständnis für Physik hat das nicht weitergeholfen aber den Begriff „Glühlampe“ kann ich seither nicht mehr vergessen).
    Aber ich ich bin damit ganz offensichtlich nicht allein. Fast alle Computerspiele setzen als Erkennungssymbol für Wissenschaft die Glühlampe ein (siehe Civilization).

  3. Hm, also ich weiß nicht so recht. Ich glaube ich finde das eher nicht gut. Zum einen sagt Marc ja richtig, dass sich Sympole und Piktogramme da leicht finden lassen, wo man sie braucht, zum anderen denke ich aber, dass die im Blogpost genannten Symbole ja eher der Abgrenzung dienen und eine Gruppe definieren. Ich finde das widerspricht dem Geist der Aufklärung und des Skeptizismus. Der aufgeklärte Mensch sollte sich seine Aufklärung nicht um den Hals hängen und sie stolz vor sich her tragen, sondern täglich daran arbeiten.

    Zum Thema Ab- und Ausgrenzung gehört dann ja auch die Frage, was „Wissenschaft“ sein soll und welcher Papst das bestimmt.

  4. Seh ich alles ähnlich, bis auf eine Passage, in der Du Deinen Vorurteilen erliegst. Du schreibst: Die Wissenschaftler sind – wie die Atheisten – eine inhomogene Gruppe, die wenig gemein haben. Soweit, so wahr. Aber dann: „Im Gegensatz zu Fußballfans, Vereinsmitgliedern oder Religionsangehörigen haben sie ansonsten aber nicht zwingend irgendwelche gemeinsamen Eigenschaften, Vorstellungen oder Interessen.“

    Ich glaub, so stellt sich der Nicht-Fußballfan die Fußballfans vor (ich unterstelle dir aufgrund dieser Aussage, dass Du Dich nicht für Fußball interessierst): Als eine homogene Horde.

    In Wahrheit habe ich mit anderen Fans deselben Vereins im Grunde genauso wenig gemeinsam wie mit anderen Wissenschaftlern: Nix oder alles oder manches. (Was du schreibst, gilt auch für die Fankurve: Manche von ihnen sind religiös, manche nicht. Manche sind konservativ, manche sind kommunistisch, manche sind Umweltschützer, manche sind Kapitalisten, manche sind Waffennarren, manche Fahrradliebhaber – etc.) Wenn ich im Stadion bin, steht neben mir ein Liebhaber des Jazz, dahinter ein Technofan, und ich hör grad Olivier Messiaen.

    Wie gesagt: Ich glaube, das ist der vorurteilsbeladene Blick von außen auf Fußballfans wie er in Medien typisch ist: Das sind doch nur eine Horde Gleichgeschalteter.

    Wenn aber bereits dieser Blick auf Fußballfans derart falsch ist, stellt sich die Frage, ob nicht auch die anderen Beispiele ähnlich zu hinterfragen sind: Auch in der Kirche sitzen wohl Kommunisten neben Kapitalisten, Umweltschützer neben Diskonterkunden, etc etc etc.

    Nur als Ergänzung.

  5. @Dyrnberg: Fußballfans geben Geld aus, um im Stadion zu sein. Kommunisten zahlen Beiträge für die Partei. Kirchengänger haben die geliebte Kirchensteuer. Umweltschützer zahlen mehr Geld für Ökostrom usw.
    Welches Geld von Wissenschaftlern fließt in welche gemeinsame Kasse? (Und zwar nur aufgrund der Tatsache, daß sie Wissenschaftler sind. Nicht Mitglieder in einem Wissenschaftsverein!)

  6. @Dyrnberg: „Wie gesagt: Ich glaube, das ist der vorurteilsbeladene Blick von außen auf Fußballfans wie er in Medien typisch ist: Das sind doch nur eine Horde Gleichgeschalteter.“

    Das hab ich nicht geschrieben und auch nicht gemeint. Kann aber sein, dass ich es etwas mißverständlich formuliert habe. Fußballfans verbindet zumindest ihr Interesse für den Verein, für die Spieler, für den Sport. Das ist wesentlich mehr, als z.B. einen Geologen und einen Soziologen verbindet. Trotzdem sind beide Wissenschaftler.

    „Auch in der Kirche sitzen wohl Kommunisten neben Kapitalisten, Umweltschützer neben Diskonterkunden, etc etc etc.“

    Aber alle bekennen sich zum christlichen Weltbild, zur christlichen Ideologie, etc. Wohingegen es keine vergleichbare „wissenschaftliche Ideologie“ gibt.

    Übrigens: Ich war früher durchaus Fußballfan. So richtig mit buntem Schal, Tröte, regelmäßigen Stadionbesuch, usw.

  7. Ideologien brauchen Symbole, und genau das soll die Wissenschaft doch nicht sein.

    Ein Symbol wäre Wasser auf die Mühlen derer, die die Wissenschaft zur Ideologie verklären wollen, entweder, weil sie das Wesen der Wissenschaft nicht verstanden haben oder weil sie die Wissenschaft diskreditieren wollen.

    Ein Symbol vereinigt nicht nur, es ist und macht auch angreifbar…

  8. Im Grunde ist es eh wurscht, was hier diskutieren, aber dennoch eine kurze Replik:

    @Bullet: Die Frage über eine gemeinsame oder eben nicht vorhandene gemeinsame Kasse aufzuschlüsseln ergibt für mich keinen Sinn. Des Weiteren sehe ich kaum eine Verbindung zwischen Deiner ersten und Deiner zweiten Aussage. (Die Karte fürs Stadion ist kein Einzahlen in eine gemeinsame Vereinskasse.) Langer Rede kurzer Schluss: Ich verstehe Deinen Einwand/Ergänzung nicht.

    @ Florian: Ich möchte gar nicht überbetonen, dass Wissenschaftler im Grunde eine ähnliche Gruppe sind wie Fußballfans oder Christen. Nur so einfach, wie es in Deinem Blog den Anschein hatte, ist es eben nicht: Du schreibst, Fußballfans verbindet zumindest ihr Interesse für den Verein. Das sei wesentlich mehr, als z.B. einen Geologen und einen Soziologen verbindet. Und auch Christen bekennten sich alle zum christlichen Weltbild, während es keine vergleichbare „wissenschaftliche Ideologie“ gäbe.

    Ja und nein. Verbindet den Geologen und den Soziologen wie den Philosophen und den Physiker nicht beispielsweise die Ablehnung von irrationalen Welterklärungen. Die gemeinsame „Ideologie“ ließe sich in der intersubjektiv nachvollziehbaren Wahrheitssuche finden. Etc etc etc. Das Programm der Aufklärung wäre hier ebenso zu zitieren wie der Übergang vom Mythos zum Logos in der Achsenzeit.

    Wie gesagt: Nicht dass mir das ein wichtiger Punkt wäre. Zu schreiben, den Geologen und den Soziologen würde aber fast gar nichts verbinden in ihrer Wissenschaftlichkeit, zumindest weit, weit, weit weniger als Fans oder Christen, erscheint mir aber zu simpel gedacht.

  9. Vorweg: Ich weiss nicht, ob Wissenschaft ein Symbol braucht, dazu habe ich im Moment (noch) keine Meinung, tendiere aber zu einer ablehnenden Haltung. Und geht es nur um Naturwissenschaften oder auch um geistiges Streben?

    Unabhaengig davon:
    Es gibt eine bedeutende Gemeinsamkeit aller (seriösen) Wissenschafter und Wissenschaften: die strenge Einhaltung der wissenschaftlichen Methodik, das Streben zur Reproduzierbarkeit von Erkenntnissen und das Streben nach neuem Wissen auf der Basis akzeptierter Erkenntnisse.
    Alles in allem also eine auf LOGIK zielende Arbeitweise.
    Und Logik ist ein Begriff aus der Mathematik.
    Und Mathematik ist auch eine eigene Wissenschaft – und (über die Logik) zugleich ein Hilfsmittel für ALLE Natur- und Geisteswissenschaften

    Wenn ein Symbol, sollte es dann nicht ein mathematisches sein?

  10. Den Darwin-Fisch find ich ja sehr niedlich (mein Auto heisst auch Darwin, vielleicht deswegen 😉 ), leider ist der Fisch, vor allem in der dargestellten Form schon christlich konotiert (sieht man gelegentlich auf Autos und die Füsschen kann man leicht übersehen vor allem wenn das Logo in geringer Auflösung irgendwo ist). Kann mir vorstellen dass das einige Kreatonisten nicht so lustig fänden, ein (christlicher) Fisch mit ihrer „Hassfigur“ Darwin drin, problematisch…

    Ich dachte mir erst, Wissenschaft und Logo, so ein Schmarrn. Und wie schon angesprochen wurde, ein gemeinsames Symbol zu finden könnte schwierig werden. Andererseits hat Wissenschaft in manchen Ländern derzeit eine so schlecht Lobby dass wir uns vielleicht überlegen müssen, solche „Marketing“ Spielchen mitzuspielen. Ob da jetzt ein Symbol das richtige ist, weiss ich auch nicht, aber es würde zumindest die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erhöhen. Allerdings nur, wenn auch bekannt ist, für was das Symbol steht.

    Vor allem aber müssen wir endlich aus den Köpfen der Menschen treiben dass Wissenschaft ja nur „Unsummen von Geld“ verschlingt, meist nutzlos ist und deswegen jeden cent rechtfertigen muss. Sowas sollte schon in der Schule anfangen, da muss eine Änderung der Gesellschaft her. Gestern hab ich einen Beitrag im Radio gehört wo sie sich lustig machten über eine Studie dass dreckige Stare ängstlicher und wachsamer sind als saubere Stare. Die Studie wurde bestimmt in einem Zusammenhang gemacht und nicht weil – so wie dargestellt – die Wissenschaftler sich nur mit unwichtigem Unsinn beschäftigen. Danke liebe Medien dafür uns wie Deppen aussehen zu lassen…

  11. @Bullet
    „gestolperte Fraktion“?
    Welchen Kunstgriff wenden wir an?

    Ja, ein solches Zeichen würde Wissenschaft noch mehr aussehen lassen wie Religion. Ist aber auch nicht schlimm, denn als institutionelle Einrichtung ist es fast das Gleiche. Es geht um Menschen.

  12. Da muss ich mich in 2 Teile auftrennen. Einerseits fänd ich es gar nicht verkehrt ein Disziplinübergreifendes Symbol auf´s T-Shirt drucken zu können. Andererseits wird man sich kaum auf ein Symbol einigen können, obwohl die Idee von noch´n Flo vernünftig klingt.

    Die Wissenschaft macht sich dadurch aber auch angreifbar. Zu jeder Meldung aus Fukushima hätten sie exakt dieses Symbol gezeigt.

  13. Hm, also mir fällt bei Symbolen gleich die Verunglimpfung der Swastika ein durch das dritte Reich. Symbole können einfach nach einer gewissen eit zu sehr missbraucht werden.

    Auch ist mir schon immer der Drang nach Titeln, Abzeichen, Symbolen und Rangabzeichen suspekt gewesen.

    Wissenschaft erneuert sich ständig selbst. Ein schlecht gewähltes Symbol könnte zu einer Abspaltung führen. Man stelle sich plötzlich eine Abspaltung der Einsteingegner vor, die sich mit Devotionalien zu kleistern.

    Mir fehlt der Grips, um das auszudrücken, was ich bei dem Gedanken fühle, aber ich sehe in 500 Jahren irgendeine Sekte, die sich mit Symbolen schmückt, wie heute das Christentum mit dem Kreuz oder so…^^

  14. @Dyrnberg: „Verbindet den Geologen und den Soziologen wie den Philosophen und den Physiker nicht beispielsweise die Ablehnung von irrationalen Welterklärungen.“

    Ja – und eine sicherlich enorm große Gruppe der Menschheit wird durch ihre Ablehnung von z.B. Sardellen verbunden. Trotzdem bilden sie keine Gemeinschaft die ein Symbol braucht.

  15. Der Darwinfisch ist ja schon als gewollte Parodie auf den Jesusfisch gedacht- so habe ich auch einen FSM Spaghetthimonsterautoaufkleber- soll aussagen- ich glaube nicht an Glaubenszeugs, ist doch lächerlich!
    Wenn man seinen Glauben oder Nichtglauben ausdrücken will geht das ja- aber Wissenschaft hat doch nix mit Glauben zu tun.
    Mein erster Gedanke war einfach ein Slogan: THINK!!!
    ggf noch als zweite Zeile : it’s cooler than just 2 believe
    vermutlich aber zu lang….

  16. Die Gläubigen haben nicht nur Symbole – sie haben auch Feiertage. Das ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Neben einem Symbol brauchen wir also auch wissenschaftliche Feiertage, einen Darwin-Tag, einen Feynman-Tag einen Tag der Astronomie und so weiter. Und ja, da sollte arbeits- und schulfrei sein. Wir könnten ja Fronleichnam streichen 🙂

  17. Der Vorschlag wirkt in Deutschland natürlich erst einmal befremdlich, ganz einfach weil Wissenschaftler (und Menschen, die selbige nicht pauschal verteufeln) nicht ständig verbalen Angriffen ausgesetzt sind. In den USA sieht das ganz anders aus, religiöser Fundamentalismus ist auf dem Vormarsch und Menschen, die wissenschaftliche Methoden für sinnvoller und seriöser halten als das Auswendiglernen von Bibelversen werden von einer wachsenden lautstarken Minderheit ständig kritisiert, als „unchristlich“, deswegen „unamerikanisch“ und pauschal als schlechte Menschen denunziert. Rational denkende Menschen sind in der Öffentlichkeit bisher fast unsichtbar, der öffentliche Raum und die Debatten werden von christlichen Fundamentalisten dominiert, das Schweigen der Mehrheit als Zustimmung zum religiösen Weltbild gedeutet. Deshalb suchen Anhänger der Vernunft in den USA nach Möglichkeiten, die religiöse Hegemonie zu brechen und sich wieder sichtbar zu machen. Ziel ist der Effekt, dass die Fundamentalisten nicht mehr behaupten können, 99% der Amerikaner zu vertreten.

  18. Nein – die „Wissenschaft“ braucht kein Symbol – es gibt auch keines für „Sport“ – keines für „Religion“ – keines für „Lebewesen“
    Aber innerhalb dieser Übergeordneten Institutionen gibt es sie schon wie beim Sport „Fußball“ oder „Tennis“ usw….
    Eher dann innerhalb der Wissenschaft eines für „Astronomie“ – „Sozialwissenschaft“ …..

  19. Wenn schon Symbol, dann bitte den überstrapazierten, die Zunge rausstreckenden Einstein:
    -Erfüllt viele Klischees und Erwartungen
    -Zeigt den Wissensverächtern, was man von ihnen hält
    -Ist irgendwie niedlich
    Jetzt müsste man das bekannte Bild noch grafisch verfremden, und passend einbetten.
    Geht aber natürlich nur als satirischer Kommentar, wäre aber dennoch hübsch anzuschauen, und mit passendem Spruch wäre auch ein gewisses Provokationspotenzial vorhanden.

  20. Schwierige Frage und Bullet hat schon laut ausgesprochen warum: Labels, Symbole Schlagwörter sind zweischneidige Schwerter, Sie stiften Identität, machen einen aber auch angreifbar weil es immer Leute geben wird, die sich daraus Strohmänner und Ad-Hominem Attacken basteln.

    DIe Frage ist doch die: Erwachsen daraus mehr Vor- oder Nachteile? Bullet gibt ja zu bedenken dass Wissenschaftler / science enthusiasts ( Ich nutz hier mal den m.M. nach angebrachten Anglizismus ) dann als „nur eine weitere Lobby/ special interest group “ gesehen werden.

    Das ist allerdings ein Vorurteil das schon lange existiert und dem Sagan in seinen Büchern ja dementsprechend viel Aufmerksamkeit widmet. ich hab vor langer Zeit aufgehört zu zählen, wie oft Ich schon den relativistischen Standpunkt gehört habe das Wissenschaft nur ein anderer Blickwinkel, nur eine andere Sichtweise auf die Realität ist. Und über die Ironie das diese relativistische Sichtweise of von religiösen Menschen stammt, die Atheisten genau diesen Vorwurf machen, kann Ich schon lange nicht mehr lachen.

    Als Symbol wäre Ich übrigens entweder für Prometheus, oder die Proportionenskizze DaVinchis.

  21. sorry für den Doppelpost Aber

    @Cydonia et al.

    Wenn schon der metaphorische Mittelfinger, warum das als Feiertag nicht auch gleich einen „Science-Victory-Day „. Wir finden einfach raus an welchen Tag der erste Blitzableiter auf einem Kirchendach angebracht wurde.

  22. „Man könnte es zum Beispiel mit dem christlichen Kreuz kombinieren…“
    „Wenn ich ein Symbol aussuchen müsste, dann vermutlich irgendwas mit einer Flamme.“
    Bin ich der einzige dem auffällt das das keine so gute Idee wäre?

    Wenn wäre ich eher für ein Zeichen à la Dr. Manhattan: https://29.media.tumblr.com/tumblr_ljnl4r5sOj1qj3mylo1_500.jpg

    Oder warum nicht gleich als Pastafari?:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Fliegendes_Spaghettimonster

  23. @Muddi & theBlowfish:
    „Der Darwinfisch ist ja schon als gewollte Parodie auf den Jesusfisch gedacht

    Ja, schon klar, aber deswegen eben nicht wirklich geeignet. Ausserdem hat Darwin ja z.B. mit Astronomie überhaupt nichts zu tun. Das wäre eher geeignet als Logo für die (nichtexistierende?? nicht-organisierte) Anti-Kretionismus-Bewegung. Stell dir mal vor in den USA fährt dann die eine Gruppe Mütter ihre Kinder mit Jesusfischen aufm Auto in die Schule und die Gegenfraktion hat Darwinfische auf ihren kleben 😀

  24. An I.C. Wiener:
    Ne, genau das ist mir auch aufgefallen. Musste auch leicht schmunzeln in dem Zusammenhang.
    Ein gemeinsames Symbol für Wissenschaft halte ich pers. für schlecht. Es gibt viele Bereiche welche sich selbst „wissenschaft“ nennen mit denen ich nicht in einen Topf geworfen werden will.
    Auch besteht zwischen manchen Geistes- und manchen Naturwissenschaften fasst soviel liebe wie zwischen dem BVB und S04. Da läuft die Identifikation doch eher über den Verein als über den Sport

  25. das argument der gruppenintegrität leuchtet mir nicht ein. sowas ist doch überhaupt nicht notwendig. ein symbol kann doch einfach nur darauf hindeuten, dass mit ratio gearbeitet wird. also die wissenschaft kann durchaus mit dem hintergedanken „wissensgewinn“ zusammen gefasst werden. da lässt sich doch durchaus ein symbol für schmieden. wie schon bei einigen kommentatoren erkannt, gibt es bereits symbole für die vernunft, wissen und wissenschaft. etwa die glühbirne (leuchtmittel).
    deshalb wäre es natürlich nicht schlecht, wenn es ein allgemeines symbol gibt.
    das lässt sich aber nicht so einfahc festlegen. das muss wachsen, wie etwa beim christentum. außerdem sollte es recht stilistische sein. das symbol kann denn in andere symbole einfließen, etwa in die von universtäten, oder auf büchern etc.
    wolpe geht es dabei sicherlich eher im die abgrenzung zu wissenschaftsfeindlichen religionen. sowas ist ja in europa noch nicht ganz en vouge.

  26. Ich schließe mich den Argumenten gegen die Notwendigkeit eines solchen Symbols als Gruppenmarkierung an.
    Andererseits habe ich für mich längst so ein Symbol entdeckt: ein Foto der Andromedagalaxie. Es symbolisiert einen Blick von außen, neutral, vorurteilslos. Es zeigt unsere Heimat (naja, eigentlich unseren Nachbarn, aber das macht nichts) inmitten anderer Welten. Es ist das umfassendste mögliche Bild, ein Foto des Universums geht ja nicht. Es stellt eine enorme technische Leistung und einen Großen Sprung in unsrerer Erkenntnis dar. Die Astronomie war die erste Wissenschaft überhaupt und ist bis heute die einzige, in der kein Ende des Fortschritts absehbar ist.
    Als Symbol könnte man denken an eine Kombination von Spiralnebel und Doppelhelix. Ich meine sogar, sowas irgendwo mal gesehen zu haben.

  27. die Wissenschaft braucht kein Symbol… sie ist schon lägt ihr eigenes geworden. man würde die Wissenschaft nur kommerzialisieren, weil jede Dose Ravioli, jeder Sack Katzenstreu trägt ein Symbol ihres Herstellers auf der Verpackung genau so wie jede Partei auf ihrer Verpackung ein Symbol ihres Inhalts trägt (Gesinnung und Ideologie). So billig muss sich Wissenschaft doch gar nicht verkaufen… sie muss sich gar nicht verkaufen. zu dem beinhaltet die Wissenschaft selbst, schon genug Symbole… fragt mal Thilo Kuessner (jetzt 큈나 티로)… er kennt sich mit Symbolen bestimmt ziemlich gut aus, oder aber auch Martin Bäker oder Joerg Rings 😉

  28. Aloha,

    ich finde Wissenschaftler sind keine Sekte, kein Verein und keine Fans von Vereinen. Sie verbindet die Suche nach der Wahrheit und die Forschung. Sie sind in der Regel neugierige Menschen die sich für einen bestimmten Teil ihrer Umwelt interessieren. Klar könnte man sich super über so ein Symbol identifizieren, aber es bringt mir persönlich nichts. Es macht mich zu keinem anderen Menschen wenn ich es trage. Mein IQ steigt nicht an und ich erfahre dadurch keinen größeren Wissenszuwachs. (wobei das dann doch irgendwie cool wäre)

    Es weist mich im besten Fall als jemand aus der ich unter Umständen nciht bin. Symbole sind immer mit Vorurteilen belastet. Wenn ich FC Bayern Fan bin mag ich Eintracht Frankfurt nicht. also finde ich schonmal jeden blöd der ein Frankfurt Shirt trägt.

    Solche Symbole bauen also auch Mauern auf. Der Austausch der für viele Wissenschaftler unter anderem sehr wichtig ist, kann vielleicht nicht mehr stattfinden, weil „die“ nicht zu „mir“ gehören. Also alles in allem eher kontraproduktiv und im besten Fall eine nette Spielerei für ein cooles T-Shirt.

    Dann wäre ich übrigens für die eierlegende Wollmichsau.
    https://image.spreadshirt.net/image-server/image/product/8128707/view/1/type/png/width/378/height/378/lemon-eierlegende-wollmilchsau-t-shirt.png

  29. @jojo: Doch nicht Rapid oder Austria. Auch nicht FC Tirol. Ich war Fan des viel cooleren Kremser SC. Der Verein mit Mario Kempes, Ex-Weltmeister aus Argentinien. War schon alt, ist nicht mehr viel rumgelaufen aber hat ab und zu aus 40 Metern den Ball ins Tor gehauen, dass allen der Mund offen blieb 😉 Leider ist der KSC seit in den letzten Jahren immer weiter abgestiegen. Ich weiß gar nicht, wo er jetzt ist. 5 Liga oder schon die 6?

  30. Ein eigenes Symbol für die Wissenschaft würde die Kluft zwischen den verschiedenen ideologischen Gruppen nur noch vergrößern. Es würde von den Gläubigen schnell negativ besetzt werden.

    Aus irgendeinem Grund sind Symbole für uns Menschen aber sehr wichtig. Darum schafft man es auch nicht, das viel diskutierte Kreuz aus dem Klassenzimmer zu verbannen.

    Ich habe schon öfter darüber nachgedacht, womit man das Kreuz in den Schulklassen ersetzen könnte, und bin zu folgender Überlegung gekommen:
    Was heute angebracht wäre, wäre ein verbindendes Symbol. Ein positiv besetztes Symbol, von dem sich jeder angesprochen fühlen kann, das weitgehend unabhängig von Glauben und Ideologie ist, und das hervorhebt, was Grundlage jeder Gemeinschaft ist. Ein Symbol, das weder von Christen, Moslems, Agnostikern, Atheisten, Wissenschaftlern oder Esoterikern abgelehnt werden kann. Ein humanes Symbol.
    Was wäre das?
    Ich würde mit ein rotes Herz wünschen! Das klingt vielleicht banal, und ist es vielleicht auch, aber ich wäre wirklich einmal gespannt, wer etwas dagegen haben könnte, wenn das Kreuz durch ein Herz ersetzt würde!

  31. @FF: Als Du Deinen Blog „Wissenschaft in Jena“ eröffnet hast, hattest Du hier darüber berichtet und nachgefragt, ob jemand dafür ein Banner basteln könnte. Da ich mich mit Grafik-Programmen etc. gut auskenne, hatte ich mich irgendwie angesprochen gefühlt, sozusagen als kleines Dankeschön für Deine Arbeit. Mein Plan war -analog zu diesem Blog- ein passendes Symbol und der Schriftzug „Wissenschaft in Jena“. Also habe ich mich auf die Suche gemacht, und… nichts gefunden, was mehrere oder alle wissenschaftlichen Disziplinen irgendwie zusammenfasst. Wie ich jetzt durch diesen Artikel feststelle, hatte ich mir mit der Suche nach einem Symbol wohl irgendwie zu viel zugetraut. Nichts desto trotz, falls Du immer noch Interesse an einem Banner, egal ob mit oder ohne Symbol hast, und vielleicht auch irgendeine grobe Vorstellung hast, sag Bescheid.

    Die Diskussion hier zu pro und contra finde ich übrigens sehr interessant.

  32. @mr_mad_man: „Nichts desto trotz, falls Du immer noch Interesse an einem Banner, egal ob mit oder ohne Symbol hast, und vielleicht auch irgendeine grobe Vorstellung hast, sag Bescheid. „

    Interesse hab ich; Vorstellungen keine 😛 Aber der Blog ruht momentan sowieso, weil noch nicht klar ist, wie genau meine Zusammenarbeit mit dem Stadtmagazin Jena (auf der der Blog ja basiert) in Zukunft aussehen wird und ich noch nicht weiß, wie und ob ich das weiterführe.

  33. Eine der kürzesten Beschreibungen dessen, was Wissenschaft (quer durch alle Disziplinen) ausmacht, ist wohl „Weltorientierung mit intersubjektiv objektivierter Begründungspraxis“: von daher sollte man bei einem entsprechenden Wissenschaftssymbol diesen Punkt berücksichtigen – wobei ich keine Ahnung habe, wie das genau ausschauen könnte. Vielleicht irgendetwas, das von unterschiedlichen Ausgangspunkten über (ein Symbol für) methodische Gemeinsamkeiten zum eigentlichen Wissenschaftssymbol hinführt…

    @edi
    „Logik“ ist originär ein Begriff aus der Philosophie, nicht aus der Mathematik… Das gilt natürlich v.a. für die aristotelisch-scholastische Logik – aber auch bei der Begründung der modernen formalen (mathematischen) Logik waren Philosophen maßgeblich beteiligt (oft Leute, die in Personalunion Philosoph und Mathematiker waren: vgl. z.B. Peirce, Frege, Russell). Eine ganz entscheidende Rolle spielt(e) hier die analytische Philosophie.

  34. Ich würde mich ggf. bei den Freimaurern umschauen. Wobei gerade deren Symbolik deutlich macht, dass die Welt des Denkens nun mal viel zu kompliziert und umfangreich ist, um sie unter _einem_ Symbol zu versammeln.

    Bin zufällig Grafiker und Sachen wie Logo-Entwicklung/Konzept sind mir nicht fremd. Aber bei „der Wissenschaft“ fällt mir nichts ein… bzw. alles kommt mir zu vereinfachend und abgrenzend vor.

    Die Maschine von Trurl, die alles auf „N“ machen konnte („Wie die Welt noch einmal davonkam“, orig. „Jak ocalał świat“), hat zwar unter anderem die Naturwissenschaften gemacht, aber eben nur diese… (im Original hat sie die gesamte Wissenschaft – poln. „nauka“ – erschaffen, aber die deutsche Version passt hier besser *g*).

  35. Warum nicht einfach ein Fragezeichen und ein Ausrufezeichen kombinieren?
    Also entweder einfach hintereinander geschrieben oder auf einen gemeinsamen Punkt gesetzt.
    Frei nach dem Motto: erst Fragen und dann Antworten finden

  36. ich fände es befremdlich, wenn sich Wissenschaft ein Symbol verpasste – passt nicht 😉

    Aber wenn: Einsteins Zungenrausstrecker!

    BTW: Ich fände es wesentlich wichtiger, daß sich Atheisten, eigentlich Nicht-Gläubige (gleich welcher Art) ein Symbol zulegten – solange sie als „KdöR“ konkurrieren müssen?!
    Dieses Symbol würde ich gerne tragen!
    Als einziges übrigens.
    Diese Diskussion über die Auswahl wäre mir wesentlich spannender.

  37. @ Florian Freistetter: „Doch nicht Rapid oder Austria. Auch nicht FC Tirol. Ich war Fan des viel cooleren Kremser SC. (…) Leider ist der KSC in den letzten Jahren immer weiter abgestiegen. Ich weiß gar nicht, wo er jetzt ist. 5. Liga oder schon die 6.?“

    Der KSC ist mittlerweile auf der fünften Leistungsstufe angekommen. Du hattest anscheinend das Glück, den sensationellen Gewinn des Pokals Ende der 80er-Jahre miterleben zu dürfen. Falls du dich nicht mehr erinnern solltest: In der Folge nahmen die Kremser am Europapokal der Pokalsieger teil und hatten … den FC Carl Zeiss Jena als Gegner! So schließen sich die Kreise …

  38. In einem Kommentar des original Beitrags weist jemand darauf hin, dass ein Symbol auch ein einfaches Ziel darstellt. Wenn es tatsächlich ein Symbol für Wissenschaft gäbe, bin ich mir Sicher, dass wir bei irgendwelchen Unfällen oder Unglücken dieses Symbol öfter mal in den RTL Nachrichten sehen werden. So ein Symbol würde sicher eine riesen Angriffsfläche für alle Wissenschaftsgegner bieten dies es bisher nicht gab, da man „Wissenschaft“ (glücklicherweise) eben nicht so einfach zusammenfassen kann.

  39. @ Dalek:

    Ich würde mich ggf. bei den Freimaurern umschauen.

    Uuuuh… ganz schlechte Idee! Das wäre eine geradezu perfekte Steilvorlage für die Truther-Szene, dass „die Wissenschaftler“ alle zur NWO gehören und die Kontrolle über die Menschheit anstreben.

  40. Die Lehre der Priester war symbolisch in dem Sinn, daß in ihr Zeichen und Bild zusammenfielen. Wie die Hieroglyphen bezeugen, hat das Wort ursprünglich auch die Funktion des Bildes erfüllt. Sie ist auf die Mythen übergegangen. Mythen wie magische Riten meinen die sich wiederholende Natur. Sie ist der Kern des Symbolischen: ein Sein oder ein Vorgang, der als ewig vorgestellt wird, weil er im Vollzug des Symbols stets wieder Ereignis werden soll. Unerschöpflichkeit, endlose Erneuerung, Permanenz des Bedeuteten sind nicht nur Attribute aller Symbole, sondern ihr eigentlicher Gehalt. Die Darstellungen der Schöpfung, in denen die Welt aus der Urmutter, der Kuh oder dem Ei hervorgeht, sind im Gegensatz zur jüdischen Genesis symbolisch. Der Spott der Alten über die allzu menschlichen Götter ließ den Kern unberührt. Individualität erschöpft das Wesen der Götter nicht. Noch hatten sie etwas vom Mana an sich; sie verkörperten Natur als allgemeine Macht. Mit ihren präanimistischen Zügen ragen sie in die Aufklärung. Unter der schamhaften Hülle der olympischen chronique scandaleuse hatte sich bereits die Lehre von der Vermischung, vom Druck und Stoß der Elemente herausgebildet, die alsbald sich als Wissenschaft etablierte und die Mythen zu Phantasiegebilden machte. Mit der sauberen Scheidung von Wissenschaft und Dichtung greift die mit ihrer Hilfe schon bewirkte Arbeitsteilung auf die Sprache über. Als Zeichen kommt das Wort an die Wissenschaft; als Ton, als Bild, als eigentliches Wort wird es unter die verschiedenen Künste aufgeteilt, ohne daß es sich durch deren Addition, durch Synästhesie oder Gesamtkunst je wiederherstellen ließe. Als Zeichen soll Sprache zur Kalkulation resignieren, um Natur zu erkennen, den Anspruch ablegen, ihr ähnlich zu sein. Als Bild soll sie zum Abbild resignieren, um ganz Natur zu sein, den Anspruch ablegen, sie zu erkennen. Mit fortschreitender Aufklärung haben es nur die authentischen Kunstwerke vermocht, der bloßen Imitation dessen, was ohnehin schon ist, sich zu entziehen. Die gängige Antithese von Kunst und Wissenschaft, die beide als Kulturbereiche voneinander reißt, um sie als Kulturbereiche gemeinsam verwaltbar zu machen, läßt sie am Ende als genaue Gegensätze vermöge ihrer eigenen Tendenzen ineinander übergehen. Wissenschaft, in ihrer neopositivistischen Interpretation, wird zum Ästhetizismus, zum System abgelöster Zeichen, bar jeglicher Intention, die das System transzendierte: zu jenem Spiel, als welches die Mathematiker ihre Sache längst schon stolz deklarierten.

    … um auch Adorno (Dialektik der Aufklärung) nochmal zu Wort kommen zu lassen. Wie so oft mit einer einfachen, praktischen Handlungsanleitung, die sich direkt aus dem Gemeinten ableiten läßt.

    Feuer finde ich nicht schlecht, weil es die Ambivalenz gut verkörpert, und nicht so harmlos-nett wie ein Fisch mit Füßen daherkommt.

    Meine ersten Ideen waren a) Mikroskop und b) auch Hirnwindungen, bzw. c) ein Auge, wg. der Empirie. Religion entspringt ja auch den Hirnwindungen, was aber gerade die Religiösen tendenziell eher leugnen. d) Schriftzeichen selbst, als Medium der Information, wäre auch noch so eine Idee.

  41. @Thomas H.: „Logik“ ist originär ein Begriff aus der Philosophie, nicht aus der Mathematik… Das gilt natürlich v.a. für die aristotelisch-scholastische Logik – aber auch bei der Begründung der modernen formalen (mathematischen) Logik waren Philosophen maßgeblich beteiligt (oft Leute, die in Personalunion Philosoph und Mathematiker waren: vgl. z.B. Peirce, Frege, Russell). Eine ganz entscheidende Rolle spielt(e) hier die analytische Philosophie.

    Umgekehrt: Mathematiker mit philosophischer Kenntnis der aristotelischen Logik, wie Leibnitz und Lambert, versuchten als erste die aristotelische Logik mit symbolischen und algebraischen Ansatz zu behandeln. Diese Arbeiten blieben aber lange unbeachtet.

    Und so ist auch Russells Werk zu verstehen, er versuchte als Mathematiker die aristotelische Logik zu formalisieren, zu symbolisieren – dafür waren seine Kenntnise der Philosophie natürlich von Hilfe. Aber das Ansinnen war eindeutig das, ein Instrument zu schaffen um mathematische Strukturen mit Hilfe diese symbolisierten, neu geschaffenen mathematischen Logik zu untersuchen. Zu Zeiten wie die mathematische Logik geschaffen wurde, war Russell übrigens nicht sehr begeistert von der Logik („Den größten Teil dessen, was ich dort an Philosophie lernte, erkannte ich nach und nach als falsch“, über sein Philosophiestudium, The Autobiography of Bertrand Russell).

    Die aristotelisch-scholastische Logik ist auch grundlegend unterschiedlich zur mathematischen Logik, so war das Wesensmerkmal der aristotelischen Logik die Erforschung der Argumentationsformen, während die mathematische Logik die syntaktsichen und semantischen Strukturen untersucht. In Lehrbüchern steht auch oft der Satz: das „kombinatorische Studium von Inhalten“.

    Der Ansatz und die Zielsetzung sind also wesentlich unterschiedlich, dass Mathematiker von der aristotelischen Logik ausgegangen sind, ist unbestreitbar, aber dass die Philosophie die mathematische Logik erschaffen hat, ist dagegen unsinnig. Die Mathematik hat sich ein wirksames Instrument geschaffen.

    Die Arroganz der Philosophie, dass alles automatisch „philosophisch“ wird oder maßgeblich von dieser beeinflusst wird, wenn NaturwissenschaftlerInnen/MathematikerInnen auch PhilosophInnen sind, werde ich nie verstehen. Für mich ist jedeR NaturwissenschaftlerIn auch gleichzeitig PhilosophIn, das liegt im Wesen der Naturwissenschaften. Die Trennung der Philosophie von den Naturwissenschaften war eine künstliche (Feyerabend ist da ganz spannend zu lesen) und war in Nachbetrachtung nur mäßig erfolgreich. Die wesentlichen Methoden oder Ideen schuffen niemals die reinen PhilosophInnen, sondern immer die, die auch NaturwissenschaftlerInnen waren. Der „reinen“ Philosophie haben wir eher verschwurbelte Dialektik zu verdanken.

  42. Da ich mich hier nicht irgendwo neu registrieren muss, um meinen Vorschlag für ein Symbol los zu werden, poste ich ihn hier.

    Ich denke, dass jede Art von Wissenschaft vor allem dazu dient, Lösungen auf Fragen zu finden, welche die gesamte Menschheit betreffen, so dass jede Lösung die Welt ein kleines Stück besser macht. (Ja, heute habe ich die rosa Brille auf!)
    Das Bild, das dazu vor meinem inneren Auge entsteht, ist ein Globus, der in einem Aufzug nach oben fährt.

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