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Seit gestern findet in Essen wieder die jährliche Konferenz der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung der Parawissenschaften (GWUP) statt. Ich kann leider nicht dabei sein (aber irgendwann schaff ich das noch!) – aber so wie letztes Jahr hab ich auch diesemal wieder jemanden gefunden, der von dort für mein Blog berichtet. Und wer wäre dazu besser geeignet als Lorenz Mayer, der Sheng-Fui Experte…

Hier ist sein Bericht vom ersten Tag der Konferenz.



Als Vertreter der Jahrtausende alten Erfahrungswissenschaft Sheng Fui (Ein erfülltes Leben dank fernöstlicher Leere), weiß ich nur allzu gut um die Existenz der unzähligen Scharlatane, Quacksalber und Irrgläubigen auf dieser Welt. Diese Verbreiter des Irrationalen schaden unserem Ruf und sind auf dem spirituellen Marktplatz zugleich unsere hartnäckigsten Mitbewerber, können sie doch, im Gegensatz zu uns, nahezu unbehelligt das Blaue vom Himmel herunter lügen.

Da trifft es sich gut, dass es eine „Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V.“ gibt, die sich die Aufklärung über derlei Irrationales auf ihre Fahnen geschrieben hat. Diese Gesellschaft (abgekürzt „GWUP“) hat nun ihre Mitglieder und andere Besucher zur 20.ten GWUP-Konferenz mit dem Titel „Warum Menschen Unfug glauben“ nach Essen gerufen.

Das Preisgeld, das ich im Bilderwettbewerb von Astrodicticum Simplex und SPIEGEL Online mit dem besten Bild eines UFOs gewonnen hatte, ermöglichte mir nun den Besuch dieser Konferenz. Gleichzeitig ein Beleg für die Wirkkraft von Bestellungen beim Universum, denn ebenda hatte ich den Konferenzbesuch in Auftrag gegeben.

Bereits der erste Tag meiner Astralreise zu den Skeptikern sollte ein spirituell intensives Erlebnis werden. Nicht jedoch für mich, sondern für die katholische Kirche. Durch den Ascheregen des isländischen Vulkans musste der Flugverkehr gesperrt werden und die für diesen Donnerstag vorgesehene Christi Himmelfahrt auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Selbst die vielen beherzten Kirchenaustritte, die dafür sorgen, dass weniger Asche vorhanden ist, konnten daran nichts ändern. Und so ist dies, nach den Misshandlungs- und Missbrauchsvorfällen der Vergangenheit, wohl der schlimmste Imageschaden, den die katholische Kirche jemals hinnehmen musste.

Aber auch unser weltliches Reich gerät ins Wanken. Die Wirtschaft ist durch die Griechenland-Krise schwer angeschlagen und die zahlreichen Hilfsaktionen klingen unausgegoren und wenig Erfolg versprechend. So hörte ich während meiner Astralreise zur GWUP-Konferenz wie sich im Autoradio zwei Rundfunksprecher über den heutigen Feta-Tag unterhielten…

Das üppige Preisgeld ermöglichte mir die Buchung des besten Hotels am Platz. Ein Ort, der die Verbindung von Parkhaus und Hoteleriebetrieb mit einer architektonisch reizvollen Klammer gewürdigt hat.

Mit viel Liebe zum Detail hat man ein Themenhotel vom Typ „heruntergekommene 60er-Jahre“ geschaffen. Leider habe ich nicht den Platz und die Gelegenheit, die vielen innenarchitektonischen Elemente zu würdigen wie das in einem aufwändigen Alterungsprozess überarbeitete Retro-Mobiliar, die dem Anspruch des multikulturellen Hauses folgend auch von vielen Kulturen besiedelten Teppichböden und die Eingangssituation, welche harmonisch zwischen Justizvollzugsanstalt und öffentlicher Bedürfnisanstalt pendelt.

Starten wir stattdessen mit dem Bericht über den 13. Mai, den ersten und sogenannten Publikumstag der 20. GWUP-Konferenz mit dem Thema „Warum Menschen Unfug glauben“.

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Als Konferenzort hat man sich mit dem Unperfekthaus in Essen eine spannende Location ausgesucht. Das Haus bietet die unterschiedlichsten Konferenz- und Besprechungsräume, unterscheidet sich jedoch von den üblichen Businesslocations, denn man fühlt man sich hier wie zu Gast bei Freunden einer liebenswerten Künstler-WG: Das Haus ist vollgestopft mit Ateliers und man kann den Künstlern teilweise sogar bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen. Selbst die Flure des mehrstöckigen Hauses werden genutzt: Vitrinen beherbergen Kunstwerke, Regale mit Büchern laden zum Stöbern ein, Arbeitsplätze mit PCs stehen bereit und in einem Flur wird sogar Tischtennis gespielt.
Auch die Verzehrregelung ist sympathisch: Mit einer Eintrittsgebühr von 5,50 € erwirbt man eine Flatrate nicht-akoholischer Getränke. An verschiedenen Orten stehen Kühlschränke mit gekühlten Softdrinks bereit. Wer es heiß mag, nutzt die verschiedenen Automaten, welche die unterschiedlichsten Kaffeespezialitäten ausspucken.

Die Konferenz bietet ab 14.00 Uhr im Stundentakt jeweils drei verschiedene Veranstaltungen. Im großen Saal macht Patrick Pricken mit seinem Vortrag „Ein Tag im Leben eines Skeptikers“ den Anfang. Der angehende Lehrer fürs Berufskolleg bloggt unter p-pricken.de. Er hat das Thema kurzfristig variiert und stellt seine Argumente für skeptisches Denken vor. Wobei er schmunzelnd voranschickt, dass jeder Skeptiker seine verborgenen esoterischen Eigenschaften habe…

  • Skeptiker sind Besser-Wisser
  • Skeptiker sind Träumer
  • Skeptiker sind bescheiden
  • Skeptiker sind Realisten
  • Skeptiker haben das Staunen nicht verlernt
  • Skeptiker denken selbst
  • Skeptiker sind offen für alles
  • Skeptiker werden gebraucht
  • Skeptiker sind die besseren Liebhaber

Das letzte Argument sei durch ein Zitat von Phil Zuckerman belegt. Zur Untermauerung seiner augenscheinlich nicht Ernst gemeinten These zeigt der Referent (jugendfreie) Bilder aus der Google-Bildfersuche und fügt unter dem Lachen des Publikums an: „Ich glaube trotzdem daran!“.

Um 15.00 Uhr geht es im großen Saal um das breite Feld der Wahrnehmungstäuschungen. Hier widmet sich Dr. Rainer Wolf, der auf dem Gebiet der Wahrnehmungspsychologie arbeitet, vor allen Dingen den Falschwahrnehmungen und optischen Täuschungen. Besonders anschaulich wird der Vortrag durch die herumgereichten Gegenstände, die für manchen Überraschungseffekt sorgen.
Manche Phänomene werden mit verblüffenden Zaubertricks demonstriert zu denen es die kurz gehaltene Auflösung gibt. Dr. Wolf schließt seinen Vortrag mit dem flammenden Apell: „Seien Sie skeptisch! Bleiben Sie skeptisch. Es lohnt sich!“

Um 16.00 Uhr berichtet Ute Gerhardt im Konferenzraum über die von ihr initiierte Petition MSK „Medizinische Sicherheit für Kinder“. Hier geht es im Wesentlichen darum, Kinder bis zum Alter von 18 Jahren vor unwissenschaftlichen und esoterischen Behandlungsmethoden zu schützen. Der Initialzünder für die Beschäftigung mit dem Thema war der Fall einer Mutter, die ihren an Keuchhusten erkrankten Säugling statt mit Medikamenten mit allerlei homöopathischen Mittelchen behandelte. Vor allem die Heilpraktiker mit ihren undurchsichtigen Behandlungsmethoden wie Bio-/Magnet-Resonanztherapie, Bachblütentherapie, Pendeln, Homöopathie, Irisdiagnostik etc. würden ein echtes Gesundheitsrisiko darstellen und das Kindeswohl akut gefährden. Zudem sei die Ausbildung der Heilpraktiker äußerst kritikwürdig, da nicht standardisiert, regional unterschiedlich, ohne vorgeschriebene Ausbildungsgänge und mit der Möglichkeit die Prüfung im Versagensfall beliebig zu wiederholen bzw. in einem anderen Prüfbezirk neu anzutreten. Die Institution des Heilpraktikers gäbe es so nur in Deutschland und Teilen der Schweiz.

Mit Nachdruck weist die Referentin, selbst Mutter zweier Kinder, darauf hin, dass es keineswegs jedermanns freie Entscheidung sei, was man mit seinen Kindern mache.

Weiterhin besage die UN-Charta, dass bei der Behandlung von Kindern stets die bestmögliche Behandlung und die dem Stand der aktuellen Medizin entsprechenden Methoden angewandt werden sollen. Um den Kindern zu ihrem Recht zu verhelfen hätte die Referentin unter der Mitwirkung und Unterstützung von Lars Fischer die Petition eingereicht, die jedoch leider als nicht-öffentlich eingestuft wurde. Eine Diskussion auf den Petitionsseiten sei daher nicht möglich, die Petentin Ute Gerhardt würde sich jedoch über Schreiben an Bundestagsabgeordnete u.ä. freuen, welche den Fokus der Aufmerksamkeit auf dieses vernachlässigte Thema lenken würden.

In der anschließenden Diskussion geht es dann um die Situation in Österreich wo es nach Aussagen einer Besucherin seit neun Jahren erlaubt sei, nach Beantragung eines Gewerbescheins zu „harmonisieren“. Diese Berufsgruppe von mittlerweile 15.000 Personen dürfe jedoch nicht therapieren und tatsächlich nichts machen, was wissenschaftlich sinnvoll und erlaubt sei.

In einem weiteren Beitrag geht es dann darum, wie und ob man die Aufmerksamkeit von Bevölkerung und Medien bekommen würde, wenn man negative Fallbeispiele, also Beispiele gescheiterter Behandlungen, stärker in den Vordergrund rücken würde.

Auch um 17.00 Uhr konkurrieren verschiedene Vorträge um die Gunst der Zuhörer. Prof. Dr. Martin Hermann berichtet über den indischen Yogi, der angeblich seit 74 Jahren ohne Essen und Trinken auskommt und kommentiert diese Behauptung aus medizinischer Sicht. Dr. Arnold Engel berichtet über das „Ende des Mayakalenders und Weltuntergang 2012“.

Der Vortrag über den hungernden und dürstenden Yogi platzt aus allen Nähten, über den bevorstehenden Weltuntergang bin ich bereits bestens durch Florian Freistetter informiert, also entscheide ich mich für die dritte Alternative: eine Show von Dr. Mark Benecke und „Magic Man“. Im Stile der großen Bühnen-Illusionisten wird hier auf der Bühne professionelle Magie dargeboten. Recht unterhaltsam und aufmerksam verfolgt von den Leuten von RTL, die ein Kamerateam entsandt haben.

Um 18.00 Uhr geht es schließlich um die sogenannte „Bielefeld-Verschwörung“, welche die Existenz der Stadt Bielefeld leugnet. Man hat dazu Dr. Achim Held eingeladen, der den Studentenscherz 1994 im Usenet in der Newsgroup de.talk.bizarre lanciert hat. Als weiteren Interviewgast konnte man mit Herrn Bartopek (?) einen Mann gewinnen, der eine Promotionsarbeit zum Thema Verschwörungstheorien verfasst hat.
Interviewer Bernd Harder hat sichtlich großen Spaß an dem im lockeren Plauderton gehaltenen Interview und so entwickelt sich ein höchst interessantes und unterhaltsames Gespräch mit den Verschwörungsspezialisten.
Hier das Verschwörungstheorien-Trivia, das ich aus dem Interview:

  • Die derzeit wohl ungewöhnlichste Verschwörungstheorie nach Aussage des Promovierenden: Die Sonne ist kalt!
  • Am erfolgreichsten seien Verschwörungstheorien, wenn sie bekannte Themen aufgreifen (Mondlandung) oder politisch argumentieren.
  • Es sei sinnvoll Verschwörungstheorien entgegenzutreten und diese nicht zu ignorieren. Als Beispiel könne die sog. „Auschwitz-Lüge“ angeführt werden, deren Ausbreitung man durch Gegenargumente weitgehend gestoppt hätte.
  • „Ein prominentes Leben kann nicht trivial enden.“, sei der Leitsatz, der hinter all den Verschwörungstheorien über den Tod von Kennedy, Lady Di etc. stehen würde.
  • Verschwörungstheorien seien kein Randgruppenphänomen, sondern seien in allen gesellschaftlichen Gruppen anzutreffen.
  • Je gläubiger jemand im religösen Sinne sei, desto anfälliger sei er auch für Verschwörungstheorien und desto hartnäckiger würde er diese verfolgen.
  • Frauen würden weniger Verschwörungstheorien kennen, Männer weniger Verschwörungstheorien glauben.

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Wie ergeht es einem Erfahrungswissenschaftler auf einer Konferenz der Skeptiker? Erstaunlich gut. Obwohl ich mich mit einem Namensschild namentlich und in meiner Funktion (Sektenleiter) geoutet hatte, wurde ich zwar oft misstrauisch gemustert, jedoch erstaunlich selten diskriminiert. Lediglich der Leiter der Sekten-Info Nordrhein Westfalen e.V. war sichtlich irritiert als ich an seinen Stand trat. Nach einigen aufklärenden Worten von mir kann ich mir jedoch vorstellen, dass im nächsten Jahr neben den Prospekten unserer Mitbewerber (Scientology etc.) auch unser Informationsmaterial liegt.

Ein weiteres Highlight war die zufällige Begegnung mit einem freien Mitarbeiter einer spirituellen Zeitschrift (Connection „kriegen sie in der Bahnhofsbuchhandlung“), der über die Veranstaltung schreiben wird. Ein Gespräch auf Augenhöhe bei dem ich meinen Gesprächspartner über die Vorzüge unserer Weltanschauung (Sheng Fui: Viel älter und bessser als Feng Shui) aufklären konnte. Obwohl ich meine Zweifel habe, ob mir dies gelungen ist, denn mein Gesprächspartner wurde immer einsilbiger je mehr ich ihm über unsere Dienste wie unsere exklusive Bestellseite beim Universum, unsere Wohnraumberatung und ll die anderen nützlichen Angebote erzählte. Der Skeptizismus der Veranstaltung scheint also selbst auf spirituelle Menschen abzufärben, was dann aber auch das Einzig negative ist, was ich über den ersten Veranstaltungstag berichten kann.

Energetische Grüße aus Essen und Chi heil

Lorenz Meyer


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15 Gedanken zu „GWUP-Konferenz 2010 – Warum Menschen Unfug glauben (Tag 1)“
  1. der hat sicher ein loch in der gaumenplatte durch das ein nährendes sekret aus einer anderen göttlichen dimension in seinen körper rinnt

  2. Danke @Lorenz Meyer!
    Für den kurzweilig zu lesenden Bericht, als auch besonders herzlich für die energetischen Grüße aus Essen (ich bin aus Zeitgründen den ganzen Tag nicht in die Kantine gekommen und hatte schon ein schwarzes Loch im Magen).

    Gibt es denn auch etwas über Peter Brugger zu berichten? Wäre toll.

  3. Hey,

    ein paar Ergänzungen: laut meines Vortrags sind Skeptiker nicht nur offen für alles, sondern auch für alle – sonst wären es ja nicht 10 Punkte geworden *g*

    Der Verschwörungs-Mann heiß Bartoschek.

    Ich glaube, 8 oder 9 Vorträge wurden von verschiedenen Kamerateams gefilmt, vier oder fünf werden davon mindestens in voller Länge online gelangen; es kann sein, dass die anderen nur zusammengeschnitten werden. Ich weiß allerdings nicht, wie lange das dauert – am Besten abonniert man mein Blog (he he), ich werde das sicher bekannt geben. Danach kann mans ja wieder abbestellen…

    Herr Brugger hat heute jedenfalls den m.E. interessantesten Vortrag gehalten, obwohl ich (wie sicher viele Anwesende) den einleitenden Teil mit Schafen und Ziegen und paranormalen Überzeugungen usw. bereits kannte.

  4. Frage:

    der genannte Prof. Dr. Martin Hermann: wer ist gemeint ? Es gibt verschiedene. Ich hätte nämlich eine konkrete Frage an ihn bzgl dieses Yogi.

  5. jo, schoen war der Publikumstag. Und das im Unperfekthaus mit seiner toleranten Grundidee – es lagen sowohl flyer von linuxhotel als auch von Reiki-Lebensberatern herum, klasse.
    In der Ausstellung unterm Dach hat mich als Chemiker das Todeswasser der Morbidium AG in den Ampullen am meisten beeindruckt. Leider war es recht teuer, aber die Herstellung ist ja auch wirklich aufwendig. Und zur Zeit hab ich sowieso keine Verwendung dafuer.
    Freue mich auf naechtes Jahr, in Wien.

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