In den letzten Tagen gab es einige interessante astronomische Entdeckungen. Sehr schön ist zum Beispiel die Geschichte von Epsilon Aurigae – ich möchte aber von einem braunen Zwerg erzählen.


Braune Zwerge sind interessante Objekte. Sind sind eine Art Mittelding zwischen Planet und Stern. Ein Stern erzeugt in seinem Inneren mittels der Kernfusion von Wasserstoff zu Helium dauerhaft Energie. Bei einem Planet findet keine Kernfusion statt. Ob es im inneren eines Himmelskörpers heiß genug ist, um Atomkerne zu fusionieren hängt von seiner Masse ab. Ist ein Objekt etwa 75 mal schwerer als der Planet Jupiter (das sind 7 Prozent der Masse unserer Sonne), dann kann die Wasserstofffusion einsetzen. Darunter ist das Objekt zu kühl um Wasserstoff zu fusionieren – es klappt aber bei Lithium bzw. Deuterium! Allerdings nur, wenn der Himmelskörper mehr als die 13fache Jupitermasse hat. Objekte in diesem Bereich – mit Massen zwischen etwa 13 und 75 Jupitermassen – nennt man braune Zwerge. Mit ihrer Lithium- bzw. Deuteriumfusion können sie ein wenig Energie erzeugen – den Energieoutput im Gegensatz zu einem echten Stern aber nicht wirklich lange aufrecht erhalten.

In den 1960ern hat man erstmals die Existenz von braunen Zwergen postuliert – es hat aber bis 1995 gedauert, bis man mit Gliese 229 B den ersten auch tatsächlich entdeckt hatte. In diesem Bild sieht man den kleinen braunen Zwerg rechts neben Gliese 229 A, einem viel größeren roten Zwerg:

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Solche Doppelsystem aus einem Stern, der von einem braunen Zwerg umkreist wird, gibt es recht häufig. Bei der Suche nach extrasolaren Planeten hat man viele von ihnen entdeckt – denn im Gegensatz zu den kleineren Planeten sind die großen braunen Zwerge viel auffälliger und leichter zu entdecken.

2M J044144 ist einer der bekannten braunen Zwerge. Er ist etwa 21 mal schwerer als Jupiter und befindet sich 450 Lichtjahre von uns entfernt. Bei Beobachtungen aus dem All (mit dem Hubble-Weltraumteleskop) und von der Erde (mit dem Gemini-Teleskop) hat man nun herausgefunden, dass um diesen braunen Zwerg ein Objekt kreist. Hier sind die Bilder dazu (oben Hubble, unten Gemini):

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Der Begleiter ist ein wenig schwer zu erkennen. In den linken Bildern sieht man ihn bei etwa 8 Uhr. In den rechten Bildern wurde das Licht des braunen Zwergs entfernt und er ist deutlicher zu sehen. Seine Masse beträgt etwa 7 Jupitermassen und er ist 15 Astronomische Einheiten vom braunen Zwerg entfernt (also etwas weiter als der Saturn von unserer Sonne).

Was ist das nun für ein Ding? Ist es ein Planet? Rein von der Masse her würde man hier mit einem „Ja“ antworten. Mit der siebenfachen Jupitermasse kann dort keine Fusion stattfinden und würde das Ding bei uns im Sonnensystem seine Runden ziehen hätten wir es sicherlich immer als Planet bezeichnet. Aber spätestens seit der Diskussion um Pluto wissen wir ja, dass es nicht ganz so einfach ist zu definieren, was ein Planet ist und was nicht…

Die neue Definition die 2006 von der Internationalen Astronomischen Union beschlossen wurde hilft hier leider auch nicht weiter. Diese Definition wurde (zu Recht) aus vielen Gründen kritisiert – einer davon ist, dass sie sich nur auf das Sonnensystem und nur auf die Unterscheidung zwischen Planeten und Asteroiden bezieht. Sie lautet ja so:

„Ein Himmelskörper ist ein Planet wenn er sich auf einer Bahn um die Sonne befindet und über eine ausreichende Masse verfügt, um durch seine Eigengravitation eine annähernd runde Form zu bilden und die Umgebung seiner Bahn bereinigt hat.“

Über Dinge, die nicht die Sonne umkreisen wird hier keine Aussage gemacht und es gibt auch keine Abgrenzung nach oben hin. Man hat auch früher schon Himmelskörper dieser Art entdeckt – zum Beispiel 2M1207, ein brauner Zwerg der ebenfalls von einem „Planet“ umkreist wird. Der Begleiter von 2M J044144 ist aber besonders interessant – denn er ist sehr jung. Kevin Luhmann, einer der Entdecker meint:

„This is the youngest planetary-mass companion that has been found so far, and its extreme youth provides constraints on how it could have formed. The formation mechanism of this companion in turn can tell us whether it is truly a planet.“

Die Frage, die sich stellt ist die nach der Entstehung des Begleiters. Bei Planeten geht man von einem stetigen Wachstum (Akkretion) aus: ursprünglich umgibt eine Staubscheibe den jungen Stern und dieser Staub klumpt zu immer größeren und Stücken zusammen. Es entstehen Asteroiden, kleinere Planeten und manche dieser kleinen Planeten sammeln immer mehr Gas ein bis sie schließlich zu Gasriesen wie Jupiter werden. Es gibt auch noch ein anderes Modell, bei dem der Gasriesen direkt aus der Staub- und Gasscheibe durch Gravitationskollaps entsteht. Hier verdichtet sich eine Region in der Scheibe; die lokale Gravitationskraft wird stärker und bringt auch die Umgebung zum kollabieren.

Bei 2M J044144 sind beide Möglichkeiten problematisch. Das System ist zu jung um durch Akkretion Begleiter gebildet zu haben und es ist zu wenig Masse da, um die Entstehung durch Kollaps wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Es gibt aber noch eine dritte Möglichkeit. Der braune Zwerg und sein Begleiter könnten auf die gleiche Art entstanden sein wie Doppel- bzw. Mehrfachsterne. Die ursprüngliche Gaswolke hat sich in zwei Teile gespalten („fragmentiert“) und aus den einzelnen Wolken entstand durch Gravitationskollaps gleichzeitig der Stern und sein Begleiter.

Die Frage ob der Begleiter von 2M J044144 nun ein Planet ist oder nicht, bleibt vorerst unbeantwortet. Es hängt davon ab, was man unter einem Planet verstehen will. Fordert man, dass er, so wie die Planeten in unserem Sonnensystem, durch Akkretion bzw. innerhalb einer Scheibe um einen Primärkörper entstanden sein muss, dann ist der Begleiter keiner. Wie ich oben schon beschrieben habe ist es wahrscheinlich, dass er direkt aus der ursprünglichen Gaswolke heraus entstand. Aber was immer 2M J044144 b auch ist – die Wissenschaftler werden noch viel Freude daran haben 😉

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8 Gedanken zu „Der braune Zwerg und sein „Planet““
  1. Hmmm…. die Wahrscheinlichkeit, daß der braune Zwerg seinen Begleiter eingefangen hat, dürfte demnach äusserst gering sein.
    Sonst wäre es in deinem Artikel wohl erwähnt worden.

    Isch schlage als Gattungsbezeichnung Monpla oder Plamond vor 🙂

    Gruß
    Oli

  2. Nach der Entstehungsweise wäre das wohl ein Doppelstern, bei dem ein Partner nur Planetengröße hat.
    Frage: Warum ist auf der Zeichnung am Ende des Artikels eine Staubscheibe (um den braunen Zwerg vermutlich?) zu sehen? Du hast sie nicht erwähnt. Und ist es Zufall, daß deren Ebene zusammenfällt mit dem Ort des Begleiters? Anders gesagt: wenn die beiden getrennt entstanden sind, sollten sie keine gemeinsame Rotationsebene haben. Also ihre Drehachsen (und ggf. „Ekkliptiken“) brauchen nicht übereinstimmen. Und wenn das so sein sollte, wäre das ja auch ein Grund, den Begleiter nicht als Planeten zu bezeichnen. Oder?
    Woraus schließt man eigentlich auf das geringe Alter des Systems?

  3. @rauskucker: Hmm – gute Frage(n). Ich bin leider kein Experte für Planetenentstehung und kann das so spontan nicht wirklich beantworten. Die Scheibe im Bild ist vielleicht auch nur deswegen da, damits nicht so langweilig aussieht 😉

    Ich glaube auch nicht, dass man schon Informationen über die Rotationsachsen der beiden Körper hat. Da müsste man noch mehr beobachten; Spektroskopie; Dopplerimaging und so nen Kram um das rauszukriegen. Ich muss mir da erst mal in Ruhe den Artikel ansehen (https://arxiv.org/abs/1004.0539) – vielleicht steht da mehr drin.

  4. @Rauskucker: Ok – da scheint vielleicht doch ne Scheibe um den Primärkörper zu sein. Die haben da wohl nen Infrarotexzess gemessen:

    spectra of young brown dwarfs (Luhman et al.
    2010). In the K band, the spectroscopy and 2MASS
    photometry of the system and our resolved photometry
    for the primary are slightly redder than a stellar
    photosphere with the spectral type of the primary,
    which is probably caused by emission from a circumstellar
    disk based on the excess emission detected at longer
    wavelengths

  5. Die Rotationsachsen brauch man ja auch nicht. Es reicht ja, die Ebene der Staubscheibe (die ist ja wohl identisch mit der Äquatorebene des Sterns) zu kennen und die Bahnebene des Begleiters. Und wenn die nicht zusammenpassen, hast Du mit deiner Theorie recht. Aber das Zitat deutet ja nicht darauf hin, daß man da schon sehr viel Daten hat. Halte uns bitte auf dem Laufenden 🙂
    (Aber man sollte vielleicht doch das Bild schon mal entsprechend modifizieren.)

  6. Hmmm noch eine kleine Frage…. wenn es schon um Definitionen geht.

    Vorab:
    1.
    2 Objekte, das eine mit etwa 11facher Jupitermasse(Gasriese), das andere mit etwa 15facher Jupitermasse(brauner Zwerg) bilden ein System.

    2.
    2 Objekte, diesmal beides braune Zwerge mit etwa dem gleichen Masseverhältnis wie oben(1.).

    Wäre dann beides ein Doppelsystem?

    Gruß
    Oli
    *ist mir gerade so eingefallen – oder soll ich mich da hinter den Mond gleich links wenden?*

  7. @ ZielWasserVermeider: „Plond“ (englisch: ploon, französisch: plune*) klänge auch sehr schön. 🙂

    *da müßte man sicgh bloß einigen, ob es le oder la plune heißen muß.

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