Nach dem schon FDP und Linkspartei meine Fragen zur Raumfahrt beantwortet haben und die SPD mir eine alte Rede anstatt Antworten geschickt hat, ist heute die CDU dran.

Es war ein bisschen schwierig, eine Antwort zu bekommen. Zuerst habe ich Peter Hintze angeschrieben, den Koordinator der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt. Da kam allerdings eine Antwort von einem Mitarbeiter des Wirtschaft und Technologieministeriums, der meinte, dass das Ministerium nicht für die CDU sprechen kann (Das war mir schon klar, drum hatte ich ja auch an Hintze geschrieben und nicht ans Ministerium. Aber wer weiß, wo die Emails dann am Ende landen). Eine Email direkt an die CDU brachte vorerst auch nur einen Hinweis auf die schon bekannten Pläne von Hintze (plus ein paar Wahlkampfparolen über die schlechte Bildungspolitik der SPD). Nachdem ich dann nochmal nachgefragt hatte, habe ich dann aber eine ausführliche Antwort von Dr. Markus Ingenlath (Stellv. Bereichsleiter Politische Programme und Analysen. Bundesgeschäftsstelle CDU Deutschland) bekommen.

Hier ist also nun die Meinung der CDU zur Raumfahrt (wie üblich gibts meine Kommentare dazu später im Kommentarteil)

1. Wie ist die offizielle Position Ihrer Partei zur Raumfahrtpolitik? Sind die Anstrengungen Deutschlands ausreichend oder zuwenig/zuviel?

Mit der Raumfahrt und der Exploration des Weltraums erhalten wir wichtige Antworten auf Urfragen der Menschheit. Wo kommen wir her, wo gehen wir hin? Darüber hinaus schafft die Raumfahrt die technologische Voraussetzung und die Grundlage für innovative Technologie- und Anwendungsbereiche und leistet einen entscheidenden Beitrag zur Wissenschaft. Die Raumfahrtpolitik stellt daher in der Hightech-Strategie der CDU-geführten Bundesregierung den größten Einzelbereich dar, die Aufwendungen in der Raumfahrt sind in den vergangenen Jahren auf ca. 1,4 Mrd. Euro in 2009 deutlich gesteigert worden. Dabei wurde besonders in diejenigen Bereiche investiert, in denen die Raumfahrt entscheidend dazu beiträgt, wichtige gesellschaftliche, wirtschaftliche, wissenschaftliche und strategische Ziele zu erreichen. Aus unserer Sicht wichtige Felder sind die Satellitentechnologien (Kommunikation, Navigation und Erdbeobachtung), die Weltraumexploration in Zusammenarbeit mit den Partnerländern in Europa und der Welt (insbesondere das Engagement im Zusammenhang mit der Internationalen Raumstation ISS) und die Weiterentwicklung der europäischen Trägerrakete Ariane 5. Die CDU ist der Auffassung, dass die gute Position Deutschlands gesichert und weiter ausgebaut werden sollte.

2. Soll Deutschland verstärkt international Kooperationen (z.B. mit NASA oder ESA) suchen oder auch alleine Projekte in Angriff nehmen?

Die enge Zusammenarbeit mit den Partnerländer in der europäischen Weltraumorganisation ESA, mit den USA und anderen Raumfahrtnationen in der Vorbereitung und Durchführung großer Raumfahrtprojekte hat sich bewährt und ist angesichts der naturgemäß hohen Investitionsvolumina auch unerlässlich. Ein gutes Beispiel ist die erfolgreiche internationale Zusammenarbeit bei der Internationalen Raumstation ISS. Die enge und gute Kooperation mit den Partnerstaaten ist die Grundlage dafür, dass Deutschland mit dem Forschungslabor Columbus und dem Europäischen Versorgungsschiff ATV wichtige Beiträge zur Arbeit auf der ISS liefern konnte und auch weiterhin liefern wird. Als zweitgrößter Beitragszahler profitiert Deutschland aufgrund des in der ESA geltenden Rückflussprinzips im besonderen Maße von der Zusammenarbeit in der ESA. Auch die Europäische Union spielt in der Raumfahrtpolitik zunehmend eine wichtige Rolle. So leistet die EU finanzielle Beiträge zur Raumfahrt im Rahmen des 7. Forschungsrahmenprogramms für Forschung und technologische Entwicklung und hat die Federführung bei den großen Raumfahrtprojekten Galileo und GMES. Der Vertrag von Lissabon weist der EU künftig eine mit den Mitgliedstaaten geteilte Raumfahrtzuständigkeit zu. Um ein hohes Maß an Synergien zu schaffen, sollte Deutschland seine Zusammenarbeit in der Raumfahrt nach Möglichkeit weiter intensivieren. Daneben sollte Deutschland in der Raumfahrt auch weiterhin eigene Akzente setzen und dadurch seine im internationalen Wettbewerb gute Position strategisch weiter ausbauen. Die Bereiche Robotik, Automation und Erdbeobachtung sollten hier eine prominente Rolle spielen.

3. Glauben Sie, dass eine Investition in die Raumfahrt einen positiven Effekt auf die Wirtschaft in Deutschland haben kann?

Raumfahrttechnologien sind klassische Sprungbretttechnologien. Durch Transfer in Anwendungsbereiche außerhalb der Raumfahrt tragen sie zu Innovation in der Wirtschaft bei. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Robotik und Automation. Im Bereich erdnaher Raumfahrtanwendungen ist die satellitengestützte Telekommunikation zu einem festen Bestandteil unseres Lebens geworden und stellt einen kommerziellen Milliardenmarkt dar. Auch die satellitengestützte Navigation und Erdbeobachtung haben das Potential, attraktive kommerzielle Märkte zu werden. Diese Chancen gilt es zu nutzen.

4. Sind Investitionen in Raumfahrt Luxus oder notwendig?

Investitionen in Raumfahrt sind für eine große Industrie- und Wissenschaftsnation wie Deutschland unerlässlich, um hoch qualifizierte Arbeitsplätze zu erhalten und die internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes zu stärken.

5. Sind Sie der Meinung, dass das Geld für die Raumfahrt für andere Projekte verwendet werden sollte? Wenn ja, welche?

Die derzeit mit Haushaltsmitteln finanzierten Raumfahrtprojekte sind eine gute Investition in die Zukunft.

6. Halten Sie die Entscheidung, die deutsche Mondmission LEO zu streichen, für richtig?

Der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) diskutierte und von der Fachöffentlichkeit begrüßte Vorschlag einer nationalen Mond-Orbitermission LEO wurde aus haushalterischen Gründen zunächst zurückgestellt. Diese Entscheidung halten wir mitten in der größten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit für nachvollziehbar.

7. Halten Sie die Pläne für eine neue deutsche Mondmission für sinnvoll?

Die CDU würde es begrüßen, wenn es gelänge, so bald wie möglich die Grundlagen für eine erfolgreiche deutsche Mondmission zu schaffen. Der Mond ist als „Archiv des Weltalls“ von besonderer Bedeutung. Seine Exploration kann wichtige Antworten auf Fragen im Zusammenhang mit der Entstehung des Sonnensystems liefern. Eine Mondmission könnte auch in Form einer Weiterentwicklung der Mond-Orbitermission LEO mit einem oder mehreren Partnern im ESA- oder NASA-Kontext durchgeführt und neben einem Kommunikationssatelliten auch ein au-tomatisiertes Landesystem für präzise Landung sowie einen mobilen Forschungs-roboter enthalten. Mit einer solchen Mission könnte Deutschland seine wissen-schaftliche Exzellenz, seine hohe technologische Leistungsfähigkeit und seine Bereitschaft unter Beweis stellen, als gestaltende Kraft an internationalen Explo-rationsaktivitäten mitzuwirken. Sie wäre ein gutes Zukunftssignal für die hoch qualifizierten Raumfahrtingenieure und -techniker in Deutschland und könnte dazu beitragen, das Interesse junger Menschen an Natur- und Ingenieurwissen-schaften zu stärken.

8. Welche Ziele sollten in der Raumfahrt künftig verfolgt werden?

Deutschland sollte sich in der Raumfahrt auf Vorhaben mit hohem wissenschaftlichem Wert und technologischem Potential konzentrieren. Auch Projektvorschläge aus dem Bereich der explorativen Raumfahrt müssen dem Grundsatz des effizienten Mitteleinsatzes genügen. Es gilt, die Position Deutschlands in der Raumfahrt zu halten und weiter auszubauen. Hierfür sind leistungsfähige Industrie- und Forschungsstrukturen eine unerlässliche Grundvoraussetzung. Darüber hinaus gilt es, die Europäische Raumfahrtpolitik weiter aktiv mit zu gestalten, die Eigenständigkeit der ESA zu erhalten und die EU in die Lage zu versetzen, ihre neue Rolle in der Raumfahrt auszufüllen. Wichtige Bestandteile dieser Strategie sollten sein, bestehende Stärken in der Erdbeobachtung auszubauen, die Entwicklung in der Satellitennavigation (Galileo) voranzutreiben, Nischen in der Telekommunikation zu erschließen, die deutsche Position im Bereich der Trägerraketen zu erhalten und bei der ISS den bestmöglichen Nutzen aus dem europäischen Engagement zu verwirklichen.

9. Braucht Deutschland einen eigenen bemannten Zugang zum All – zum Beispiel in Form einer für bemannte Flüge ausgebauten Ariane-Rakete und eines erweiterten ATV?

Die bestehende internationale Arbeitsteilung in der bemannten Raumfahrt hat sich bewährt. Da davon auszugehen ist, dass die Partnerländer USA und Russland auch künftig ausreichende Transportkapazitäten zur Verfügung stellen werden und eine dauerhafte Abhängigkeit von einem Monopolanbieter nach gegenwärtigem Stand der Dinge auszuschließen ist, ist der europäische Transportbedarf auch ohne eigenes Transportsystem gesichert. Die Entwicklung eines eigenen europäischen bemannten Transportsystems wäre mit sehr hohen Kosten verbunden.

10. Halten Sie bemannte Raumfahrt für sinnvoll oder sollte sich Deutschland nur an Bau, Entwicklung und Betrieb von Raumsonden und Satelliten beteiligen?

Die bemannte Raumfahrt hat neben ihrer wissenschaftlichen und technischen auch eine kulturelle Dimension, da mit ihr dem menschlichen Drang nach Erkenntnisgewinn Rechnung getragen wird. Wie die Grundlagenforschung, so zeichnet sich auch die hochkomplexe bemannte Raumfahrt dadurch aus, dass sie einen Überschuss an Wissen und Können schafft, der für eine Vielzahl angewandter Forschungs- und Entwicklungskontexte genutzt werden kann. Auf die bemannte Raumfahrt zu verzichten, hieße, auf den Gewinn wichtiger Erkenntnisse und Fähigkeiten zu verzichten. Überdies ist der Mensch der Maschine in komplexen Entscheidungs- und Beurteilungssituationen, wie sie typischerweise in der Raumfahrt entstehen, bis auf Weiteres stark überlegen. Daher sollte sich Deutschland in Zusammenarbeit mit seinen Partnern auch künftig in der bemannten Raumfahrt engagieren.


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8 Gedanken zu „Die Position der Parteien zur Raumfahrt: CDU“
  1. Auch wenn ich aus sehr vielen anderen Gründen die CDU wohl niemals wählen würde, finde ich die hier vorgebrachten Antworten eigentlich alle sinnvoll. Die CDU hat also anscheinend zu manchen Themen auf eine vernünftige Haltung, wie überraschend. 😉
    Auch wenn hier natürlich wie bei allen Parteien wieder ein bischen das Politik-Geschwurbel durchkommt, merkt man doch, dass zumindest in dem Bereich die CDU Kompetenz besitzt.

  2. Ich kann ja mit der CDU i.A. auch recht wenig anfangen. Aber bis jetzt gefallen mir ihre Antworten von allen am besten (auch wenn, wie Patrick schon sagte, ein wenig Geschwurbel dabei ist; z.B. bei Frage 5). Besonders schön finde ich die Antwort auf Frage 10:

    Wie die Grundlagenforschung, so zeichnet sich auch die hochkomplexe bemannte Raumfahrt dadurch aus, dass sie einen Überschuss an Wissen und Können schafft, der für eine Vielzahl angewandter Forschungs- und Entwicklungskontexte genutzt werden kann. Auf die bemannte Raumfahrt zu verzichten, hieße, auf den Gewinn wichtiger Erkenntnisse und Fähigkeiten zu verzichten.

    Das sollte man ruhig öfter mal in dieser Deutlichkeit sagen.

  3. Wenn ich die Aussagen von FDP und CDU addiere sollte eine schwarz-gelbes Bündnis für die deutsche Raumfahrt eine gute Sache sein. Während rot-rot, mit einer Mischung aus Ablehnung und Desinteresse wohl eher die Raumfahrt in einen Dornröschenschlaf versetzen würde. Ich unterstelle mal das die Grünen, deren Antwort ja noch aussteht wohl nich zu den Raumfahrtenthusiasten gehört, und eher gegen die bemannte Raumfahrt sind. Bleibt zu hoffen das auch nach der Wahl gilt was vor der Wahl gegolten hat.

  4. Liest sich zugegebenermaßen recht schön, ist aber auch ziemlich substanzlos und alles andere als konkret. Und bei Sätzen wie

    „Die CDU würde es begrüßen, wenn es gelänge, so bald wie möglich die Grundlagen für eine erfolgreiche deutsche Mondmission zu schaffen.“

    frage ich mich immer: Welche Partei hat in den vergangenen vier Jahren denn den Raumfahrtkoordinator gestellt? Aus welcher Fraktion kam der für Raumfahrt zuständige Wirtschaftsminister? Und wer hat die Richtlinienkompetenz in der Bundesregierung?

  5. Die Antworten mögen ja recht positiv sein, aber es ist
    a) schon einiges an Bla-Bla dabei und
    b) zeugt die mühsame Vorgeschichte zu dieser Antwort von internen Strukturproblemen, die nicht gerade optimistisch stimmen wenn man daran denkt, dass schöne Ideen auch konkret umgesetzt werden wollen damit irgendjemand etwas davon hat.

  6. @Alex – dann muss blos noch der Finanzminister das Staatssäckel aufmachen und bezahlen, alle anderen Minister(innen) dürfen nicht öffentlich jammern das ihr Ressort das Geld viel dringender bräuchte. Zwischen Wunsch und politischen Möglichkeiten liegen u.U. Welten. Deshalb ist dein obiges Zitat auch sehr vorsichtig formuliert.

  7. @Lili: Klar – und dann kommt ja auch noch dazu, dass Deutschland ja schon ne gut geplante Mondmission hatte (LEO). Die wurde dann gestrichen (CDU war (mit)verantwortlich) – und jetzt wird auf einmal wieder groß von ner neuen Mission geredet? Aber immerhin spricht sich die CDU deutlich pro Raumfahrt aus – das ist ja auch schon was 😉

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