Die Nachrichten die einem per Google-Alert zugesandt werden sind oft ziemlich seltsam. Unter dem Stichwort „Astronomie“ habe ich eben einen Programmhinweis des NDR bekommen. Beworben wird der Film „Aszendent Liebe“ (eine deutsche Produktion unter der Regie von Helmut Metzger).

„Leider“ habe ich diesen Film verpasst – aber so wie der Film beschrieben wird war das auch ganz gut so. Es geht um einen Astrophysiker der die Berliner Sternwarte leitet. Und selbstverständlich ist er ein

nüchterne[r] Wissenschaftler und eingefleischte[r] Junggeselle, der nur Daten, Fakten und Zahlen vertraut.

Was auch sonst – Wissenschaftler sind ja bekanntlich alle langweilige Säcke die zum Lachen in den Keller gehen und nur über Zahlen und Diagramme reden können.

Und diesem armen Mann wird eine Astrologin vorgesetzt die von der Sternwarte als „Lehrkraft“ engagiert wird (Ich kann mir nicht vorstellen das irgendeine Sternwarte eine Astrologin einstellt; schon gar nicht als „Lehrkraft“). Natürlich sind alle von der Astrologin begeistert die mit „pfiffigen Lektionen über Horoskope“ ein großes Publikum an die Sternwarte lockt. Der „zerstreute Professor“ selbst hält natürlich nur „trockenen Vorlesungen über Astronomie„. Klar, Astronomie ist ja auch Wissenschaft – das muss langweilig und trocken sein.

Es kommt wie es kommen muss – beide verlieben sich und dank der „Lebensklugheit der Tante Olga“ kommt es zum Happy End.

Meine Güte! Ich weiß, es ist müßig sich über Dummheit im Fernsehen aufzuregen. Aber das Bild das hier von Wissenschaftlern erzeugt wird hat mich schon ein wenig aufgeregt. Da wurde kein Klische ausgelassen (und im Film selbst wurde sicher auch noch das eine oder andere Vorurteil über langweiligen Forscher bestätigt).

Wissenschaftler sind also kalte und nüchterne Menschen; langweilig und nur an Zahlen und Fakten interessiert. Wenn sowas dann auch noch ständig im Fernsehen demonstriert wird, dann braucht man sich über die eher wissenschaftsfeindliche Einstellung der Gesellschaft gar nicht wundern.

Und darüber dass Astrologie hier der Astronomie wieder mal gleichberechtigt gegenüber gestellt wurde (und über die absurde Idee sowas würde an einer Sternwarte gelehrt) reg ich mich schon gar nicht mehr auf. Dieser Film (immerhin im öffentlich-rechtlichen Fernsehen) hat das Image der Wissenschaften wahrscheinlich nicht wirklich gefördert – aber es bleibt immerhin zu hoffen, dass ihn kaum jemand gesehen hat.

10 Gedanken zu „Aszendent Liebe: ein selten dummer Film“
  1. Das ist ein wenig ein kleiner Teufelskreis. Wir hatten mal ein TV-Team im Labor. Modernes, frisch eingerichtete Molbio-Plätze.
    „Nein, das sieht nicht realistisch aus“ (????), gesucht haben sie sich dann im Gebäude ein altes Lab mit vielen Flaschen in den alten, offenen Regalen, leider auch „nur“ mit klaren Inhalten, nichts buntes. Und in die Kitteltasche mußten dann noch mehr Kulis, damit es besser aussieht (!!)
    Einerseits bedienen sie die Vorurteile, weil sie andererseits so erwartet werden. Reale Aufnahmen, die den wirklichen Alltag zeigen, sieht man dann eher in den seriöseren Sendungen. Aber das gehört dann wieder in die Kategorie „Katholiken bekehren“…

  2. Ja, diese Sache mit den Journalisten kenne ich auch. Allerdings bin ich theoretischer Astronom – da ist es nicht ganz so schlimm. Die Leute wollen dann halt immer, dass man vor Tafeln voller Formeln posiert. Aber vor solchen Tafeln steh ich im echten Leben auch immer wieder 😉 Ansonsten werden die Astronomen natürlich immer gerne vor Teleskope gezerrt und dabei gefilmt wie sie gerade durchsehen (was heutzutage auch fast nicht mehr vorkommt – „durchsehen“ tut da ja nur noch der Computer).

    Ich denke, da sollte man auch als Wissenschaftler auch gegenüber den Journalisten hart bleiben und sich gegen falsche Klisches wehren. Das wurde mir auch mal bei einem Medienseminar geraten. Man fühlt sich ja auch selbst unwohl, wenn man bei einem Interview wie für den Karneval mit Laborkittel o.ä. ausstaffiert wird und kommt dann ganz unnatürlich rüber…

    Wir haben hier bei SB ja auch einige Journalisten – wie seht ihr das, aus der anderen Perspektive?

  3. @Florian: Es ist alles noch viiiiiel schlimmer als Du denkst: Die Astrologin im Film ist eine „Dr. Lena Moosbach“ – ja, genau, mit einem akademischen Titel in Astrologie. Noch besser wird es, als sich am Ende des Films herausstellt, dass die Leitung der Berliner Sternwarte nicht nur dämlich genug war, eine Astrologin als Lehrkraft einzustellen, sondern dass man sich auch noch für eine Bewerberin mit einem gefälschten Diplomzeugnis bzw. Doktorgrad entschieden hat:

    https://www3.ndr.de/ndrtv_pages_special/0,,SPM4132,00.html?id=601

    Unsere GEZ-Zwangsgebühren bei der Arbeit! Und falls sich jetzt jemand fragen sollte, ob es tatsächlich eine „Diplom-Astrologin“ geben kann – in Deutschland (und scheinbar auch in der Schweiz) ist alles möglich: Die „Academia Astrologiae“ in Lufingen vergibt seit Jahren ganz offiziell den Titel „Diplom-Astrologe/in“:

    https://www.academia-astrologiae.de

    Sogar eine Diplomurkunde gibt es. Der schmale Grad zum echten akademischen Betrieb wird offenbar dadurch gezogen, dass die „Akademie“ nur den „Titel“, nicht aber den „akademischen Titel“ des Diplom-Astrologen verleiht:

    https://www.ezastro.de/diplom.htm

    „Die Herrschaft der Dummen ist unüberwindlich, weil es so viele sind, und ihre Stimmen zählen genau wie unsere.“ – Albert Einstein kurz vor seinem Tod gegenüber seiner Freundin Johanna Fantova, zitiert in Focus Nr. 52 (2004).

  4. Also ich als „Konsument“ solcher Sendungen (wobei ich mir alles was als „Doku-Soap“ daherkommt nur maximal ein Mal anschauen würde) wundere mich sehr oft wie Wissenschaftler dargestellt werden. Lauft ihr denn tatsächlich mit diesen weißen Kitteln herum, der Kopf strebt durch die Frisur (Glatze), Tonnen von Kulis herumschleppend (man muss wegen der bescheidenen Budgets wohl auf jeden einzelnen aufpassen wie ein Schießhund!)? Es mag solche Kerle geben, aber trotzdem: es wirkt nur wie Realsatire und schreckt mich wirklich ab. Muss man die Sendungen so produzieren weil wir Zuschauer zu dumm sind oder halten einen die Macher dafür? Wär’s nicht so lächerlich könnte man glatt beleidigt sein :o)

  5. >Wir haben hier bei SB ja auch einige Journalisten – wie seht ihr das, aus der anderen
    >Perspektive?

    Unsere Perspekive ist gar nicht so anders. Als schreibender Journalist habe ich eigentlich nie das Problem, das „natürliche Umfeld“ meiner „Opfer“ telegen manipulieren zu wollen. Aber andererseits sollen Geschichten oft ja auch illustriert werden – und da ist schon manche Story am Ende daran gescheitert, dass die Bilder nicht den Erwartungen der Heimat-Redakteure entsprachen (weil vor allem Leute, die sich nicht tiefer mit der Materie befasst haben, sich nicht selten an Klischees orientieren – das gilt für Tischredakteure fast noch mehr als für Leser). Da ist es dann oft ein Abwägen mit den gecoverten Wissenschaftlern: Ein bisschen Show für den Fotografen, aber dann kommt die Geschichte wenigstens ins Blatt – oder ein unerschütterlicher Purismus (an sich lobenswert, bitte nicht falsch verstehen!), der dann aber die Geschichte letztlich killt. Wenn ich aus meinem Urlaub zurück bin, werde ich mal einen längeren Beitrag über die Probleme des WIssenschaftsjournalismus für Massen-Publikationen schreiben, aber ich kann jetzt schon versichern, dss dieses Problem für den Schreiber oft noch quälender ist als für sein „Objekt“.

  6. Wie, Florian, Du LACHST? Wirklich? Ist mir im ganzen Leben noch nicht passiert! Würde ich nie tun. Und Deinem Beitrag entnehme ich, dass Du dich auch ab und zu schon mal mit etwas anderem als Diagrammen, Zahlen und Daten beschäftigst. Und….ich traue mich es gar nicht auszusprechen, Du….hast……….najaaa…….soziale Kontakte? Ich meine, ausser über das Internet?

  7. „soziale Kontakte“? nicht im Internet? Du meinst, wo man vor die Tür gehen muss und so? An die frische Luft? Mit Menschen reden? *schauder* – nein, das lass ich mal lieber 😉 Wer weiß, was da passieren kann… 😉

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