Am 15. September 2007 ist in Carancas in Peru ein Meteorit mit der Erde kollidiert und hat einen kleinen Krater erzeugt. Die Zeitungen und das Internet waren damals voll mit Meldungen – vor allem deswegen, weil es bei diesem Impakt seltsame Begleiterscheinungen gegeben hat. Das Wasser, das sich im Impaktkrater gesammelt hat soll gekocht bzw. gebrodelt haben; vielen Menschen ist durch „giftige Dämpfe“ beim Krater übel geworden… Die ganze Geschichte hatte ein bisschen was von einer Akte-X Folge 😉
Wissenschaftler haben das Ganze natürlich untersucht. Und bei der gerade stattfindenden „39th Lunar and Planetary Science Conference“ wurden die ersten Ergebnisse vorgestellt. Das war natürlich auch dem Spiegel eine Meldung wert die ich heute morgen gelesen habe. Der Verfasser hat dabei aber ein paar Sachen durcheinander gebracht – und die möchte ich hier klarstellen.
Der Artikel beginnt gleich mal recht reißerisch:
„Der Aufprall stellte die Wissenschaftler vor ein Rätsel: Wie kann ein Meteorit einen über zehn Meter großen Einschlagskrater erzeugen?“
Dinge, die Wissenschaftler nicht erklären können, mögen Journalisten ja besonders gerne 😉 Wie ein Meteorit einen über zehn Meter großen Einschlagskrater erzeugen kann, das wissen sie allerdings. (Fast) Alles, das aus dem Weltall auf die Erde fällt bewegt sich so schnell, das es einen Krater erzeugen wird (wenn es nicht gerade im Wasser landet). Das mysteriöse an diesem Krater war etwas ganz anderes – aber dazu gleich mehr.
„Meteoriten aus Stein werden beim Eintreten in die Atmosphäre infolge der extremen Reibung normalerweise in kleinste Brocken zerlegt – nur solche aus Metall können die Erdoberfläche überhaupt im Ganzen erreichen“
Hier kommen wir dem Problem schon näher: es gibt Meteoriten aus Stein und Meteoriten aus Eisen (und noch eine Mischform aus Stein und Eisen – die ist aber sehr selten). Und die Steinmeteorite werden tatsächlich durch die Reibungshitze stärker beansprucht als die aus Eisen. Kleine Steinmeteorite verglühen also wirklich in der Erdatmosphäre (alle Objekte kleiner als etwa 50 bis 60 m Durchmesser). Die größeren erreichen allerdings den Erdboden – natürlich oft in Bruchstücken – aber wenn z.B. ein Meteorit mit mehreren hundert Metern Durchmesser in der Atmosphäre zerbricht bleiben immer noch genügend große Bruchstücke übrig, um ordentliche Krater zu schlagen. Bei der Earth Impact Database kann man sich jede Menge dieser Krater ansehen. Eisenmeteorite erreichen – so wie im Artikel beschrieben – wirklich meist im Ganzen die Erdoberfläche. Der nächste Satz im Artikel ist allerdings wieder etwas fragwürdig:
„‚Metallmeteoriten erzeugen jedoch keine Krater‘, sagte Peter Schultz jetzt auf der 39. Lunar and Planetary Science Conference in League City.“
Hmm – also auch Metallmeteorite landen nicht einfach sanft auf dem Boden 😉 Der Barringer-Krater in Arizona ist ein schönes Beispiel dafür:
Laut Spiegel Artikel passiert folgendes:
„“Die Atmosphäre bremst sie ab“, erklärte der Forscher von der Brown University in Rhode Island. Beim Aufprall entstehe ein Loch im Boden, das einer Grube gleiche, nicht aber wie ein Krater aussehe.“
Also ich kenne Peter Schultz nicht persönlich – aber ich bin mal davon ausgegangen, das er hier irgendwie falsch zitiert bzw. falsch übersetzt wurde. Und auf redOrbit findet man tatsächlich das selbe Zitat nochmal auf englisch – und diesmal macht es viel mehr Sinn:
„“Normally with a small object like this, the atmosphere slows it down, and it becomes the equivalent of a bowling ball dropping into the ground,” Schultz said. “It would make a hole in the ground, like a pit, but not a crater. But this meteorite kept on going at a speed about 40 to 50 times faster than it should have been going.”“
Das ist das eigentlich Mysterium bei diesem Krater (rechts im Bild). Das, was
da eingeschlagen hat, war kein Eisenmeteorit (denn man hat keine entsprechende Überreste gefunden). Ein Steinmeteorit, der einen so kleinen Krater verursacht, muss sehr klein sein – und wird dann, so wie Schultz es gesagt hat, in der Atmosphäre abgebremst. Das ist hier aber nicht passiert.
Ich habe mir mal den Artikel zu Schultz‘ Vortrag angesehen. Seine Erklärung für die Vorgänge bei diesem Impakt ist folgende:
„(…) weak or fragmented objects reshape during entry, thereby minimizing aerodynamics drag and stresses. In this case, the mach cone prevents fragments from escaping the mach cone, rather than spreading the fragments apart (…)“
Der Meteorit könnte also in der Atmosphäre aufgeschmolzen sein und dabei eine aerodynamisch optmimale Form angenommen haben weswegen er nicht so stark abgebremst wurde wie erwartet und schnell genug war, um diesen Krater zu verursachen. Die Schockwelle, die diese Fragemente aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit produzieren, hält sie dann zusammen so dass alle nahe beieinander einschlagen und es nur einen Krater gibt und kein Kraterfeld, wie man es bei einem auseinanderbrechenden Steinmeteoriten erwarten würde.
Die Entdeckung, das so etwas möglich ist, ist höchst interessant – und auch wichtig. Im Bericht von redOrbit wird Schultz nochmal zitiert:
„“You just wonder how many other lakes and ponds were created by a stony meteorite, but we just don’t know about them because when these things hit the surface they just completely pulverize and then they weather,” said Schultz, director of the Northeast Planetary Data Center and the NASA/Rhode Island University Space Grant Consortium.“
Es könnte also noch viel mehr kleine Meteoritenkrater auf der Erde geben – die wir bisher nicht bemerkt haben weil wir davon ausgegangen sind, das sie nicht existieren können!
Alles in allem eine sehr interessante Geschichte. Und der Spiegel hat nur ein paar kleine Fehler beim Übersetzen gemacht – die hier leider aber stark verschleiern, worum es bei diesem Problem eigentlich geht…
Ach ja: das kochende Wasser und die giftigen Dämpfe… Also gekocht hat das Wasser sicherlich nicht – dafür hat der Meteorit zuwenig Energie. Aber es ist durchaus möglich, das die komprimierte Luft die vor dem Meteoriten hergeschoben wurde und quasi gemeinsam mit ihm eingeschlagen ist dann nach dem Impakt wieder freigesetzt wurde – und da der Krater mit Wasser gefüllt war, hat es eben gebrodelt. Die Sache mit den Dämpfen und den Erkrankungen ist ein bisschen komplizierter – aber es ist wahrscheinlich so, das beim Impakt eventuell Schwefel und Arsen freigesetzt wurde – es ist z.B. bekannt, das im lokalen Grundwasser Arsenverbindungen vorkommen.
hmm…. also ein sehr selten auftretendes Zusammenspiel von außergewöhnlichen Umständen?
cool 🙂
Das Journalisten Themen gerne reisserisch aufbereiten, kennt man ja leider… oft habe ich den Eindruck, dass zwar ordentlich recherchiert wird, am Ende aber die Feststellung steht: Richtig aber uninteressant 😉 also wird das Ganze ein wenig aufgepeppt – im Sinne von „Pimp my article“ und schon sieht die Sache anders aus.
Noch besser wäre wahrscheinlich gewesen, wenn am Schluss kleine grüne Männchen im Krater geschwommen wären *GGG*
Ich als „Reporter“ (Vize-Chef-Redakteur der Schulzeitung) reg mich ja schon lange nimma über die Boulevardpresse auf.
Bild, Krone und Co sind eben Bild, Krone und Co.
Die sind nimma zu retten. Und damit will ich gar ned die Reporter schlechtmachen, da hast du vollkommen Recht, Meli!
Die Artikel werden wirklich oft stark verändert (durch die Redaktion) um der Linie des Blattes, dem Tagesthema oder sonstwas zu genügen.
Andylee
Naja – das reißerische war nicht so sehr das Problem bei diesem Artikel. Viel mehr die Gedankenlosigkeit… „Metallmeteorite erzeugen keinen Krater“ – ich mein, dass muss doch jemandem auffallen, dass das irgendwie zweifelhaft ist. Wenn ein Stein auf den Boden fällt gibts einen Krater, wenn ein Stück Eisen runterfällt passiert nix? Dass das weder dem Journalisten noch dem Redakteur sonstwem aufgefallen ist, ist das eigentlich Problem. Viel zu oft schreiben Reporter einfach nur irgendwelche Pressemeldungen ab, ohne darüber nachzudenken was da eigentlich drin steht. Es wird generell viel zu wenig nachgedacht in dieser Welt 😉
wie heißt’s so schön: Denken ist Glückssache 😉