Über planetarische Nebel habe ich erst letzte Woche was geschrieben. Das sind die großen Wolken aus Gas, die ein sterbender Stern abstößt, wenn er sich am Ende seines Lebens zu einem roten Riesen aufbläht. Ein besonders schönes und interessantes Exemplar haben die Röntgenteleskope Chandra und XMM-Newton gemeinsam mit dem Hubble-Weltraumteleskop beobachtet.
Das hier ist Abell 30, etwa 5500 Lichtjahre von der Erde entfernt:
Das Bild ist eine Mischung aus sichtbaren Licht und nichtsichtbarer Röntgenstrahlung, die hier in rosa überlagert wurde. Der Klarheit wegen sind hier nochmal beide Bilder getrennt; zuerst Röntgen, dann sichtbares Licht:
Außen erkennt man eine Hülle aus blauen und roten Wolken. Das sind große Ansammlungen von Wasserstoff und Sauerstoff und sie stammen aus der Zeit vor 12500 Jahren, als der Stern starb und das Material abgestoßen hat (das hat man damals natürlich nicht beobachtet, aber man weiß wie schnell sich das Zeug bewegt und kann daraus berechnen, wie lang es schon unterwegs ist, um die derzeit sichtbare Hülle zu erzeugen). Interessant ist aber die Vergrößerung des Zentrums. Dort sieht man jede Menge komische, kometenhafte Strukturen (die natürlich in Wahrheit VIEL größer sind als echte Kometen), Knoten und Wirbel.
Sie entstanden vor 850 Jahren. Ein roter Riese ist ja eigentlich ziemlich kühl. Deswegen leuchtet er ja auch rot; die heißen Sterne sind weiß beziehungsweise blau. Wenn er aber seine ganzen äußeren Schichten abgestoßen hat, bleibt nur der inneren, kompakte und heiße Kern zurück. Der gibt energiereiche UV-Strahlung ab. Die interagiert mit dem vorher abgestoßenen Material und erzeugt die schönen Strukturen im Nebel. Bei Abell 30 kam es aber noch besser. Der Kern war hier so heiß, dass er nochmal angefangen hat, sich aufzublähen. Er wurde ein zweites Mal zu einem roten Riesen und stieß nochmal Material ab. Diesmal mit höherer Geschwindigkeit als vorher, so dass das neue auf das alte traf und dabei all die hübschen Knoten und „Kometen“ erzeugt hat.
Mal sehen, welchen Anblick unsere Sonne in 6 Milliarden Jahren bietet, wenn ihr das gleiche Schicksal bevor steht, wie Abell 30…
Ist die zweite Phase als roter Riese entstanden, als das Helium als Brennstoff zu Neige ging?
Was ich an dieser Stelle einmal fragen würde: Wäre es eigentlich nicht in ferner Zukunft, bei entsprechender Technologie, möglich, das Leben unserer Sonne zu verlängern, indem man sie frisch mit Wasserstoff versorgt? (zum Beispiel indem Unmengen „von Neumann Sonden“ aus allen Ecken des Universums diesen herantragen und in die Sonne werfen). Wäre das nicht praktikabler als ein Umzug?
@Astrobenno
So schnell geht der Helium-Brennstoff nicht zur Neige, das Heliumbrennen dauert über 100 Millionen Jahre. Aber in dieser Zeit gibt es alle paar tausend Jahre „thermische Pulse“, bei denen immer wieder etwas Hülle ausgestoßen wird. Die Frage nach dem Pulsationsmechanismus hatte ich neulich schon mal gestellt und diesen Link als Antwort bekommen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Helium-Blitz#Helium-Blitz_auf_dem_Asymptotischen_Riesenast
@Blanker_Banker
Nö, damit würdest Du das Gegenteil erreichen, die Sonne würde noch schneller abfackeln: durch den zusätzlichen Gewichtsdruck würde die Sonne im Inneren heißer und noch heftiger fusionieren. Im Gegenteil, man müsste ihr Wasserstoff wegnehmen, damit sie länger lebt.
Sie hat nämlich davon mehr als genug. Nur in ihrem Kern geht der Brennstoff zur Neige, und dann verlagert sich die Fusion in eine Schale nach außen. Erst später nimmt mangels Strahlungsdruck von innen der Druck im Kern zu und die Helium-Fusion zündet.
Allerdings dürfte ein Umziehen innerhalb des Sonnensystems deutlich weniger Aufwand verursachen, als der Sonne massenhaft Wasserstoff zu entziehen. Die Erde ein wenig weiter nach außen zu bugsieren bräuchte deutlich weniger Energie, als der Sonne (330000 Erdmassen) eine zweistellige Prozentzahl von Masse wegzunehmen. Und es wäre trotzdem praktisch unvorstellbar.
Am einfachsten wäre es, hier abzuhauen. Ein paar hundert oder tausend „Menschen“ könnten das vielleicht irgendwann mal, zu anderen Sternen, in Generationenschiffen. „Menschen“ muss man in Anführungszeichen setzen, denn ehe (bereits in 1 Milliarde Jahren) die Sonne zu heiß für das Leben hier wird, wird es keine der heute lebenden Arten mehr geben. Vor 1 Milliarde Jahren gab es auf der Erde nur Einzeller. Selbst die Saurier gab es erstmals vor 250 Millionen Jahren, den Menschen erst vor 2 Millionen, und unsere Art erst vor weniger als 160000 Jahren. Gegen 1 Milliarde Jahre ist das nur ein Augenzwinkern.
Tja, leider werden wir nicht soo lange leben können…:(
Aber dennoch ist Abell 30 eine Schönheit. 🙂
Ok, das klingt alles nachvollziehbar 😉 Was mich allerdings immer wundert, ist, dass in diesem Kontext ständig von „Generationenraumschiffen“ geredet wird. Eine Zivilisation, die in der Lage ist andere Sonnensystem zu bereisen, sollte doch mit Sicherheit auch in der Lage sein, den Alterungsprozess aufzuhalten (und vermutlich sogar noch viel eher), so dass Generationenraumschiffe doch überflüssig werden.
Hallo,
ich habe mal ein Frage die sich jetzt aber nicht auf das Thema bezeiht. Ich wusste nur nicht wo ich sie sonst hinschreiben sollte.
Un zwar habe ich isaac asimovs buch gelesen, dass der interplanetare und interstelare raum „voll“ mit komplexen Molekülen gefüllt ist. Teileweise wurde sogar Wasser und Ammoniak nachgewießen.
Nun zu meiner Frage: Im interstelaren Raum herschen doch Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt, trotzdem kommen alle Verbindungen in diesem Raum als Gase vor. Wie ist das möglich? Sollte das nicht theoretisch „Eisklumppen“ herumfliegen?
Kann mir dies jemand beantworten?
Vielen Dank schon einmal im vorraus!
@Chris Es gibt ja weder nennenswerte Gravitation noch irgendeine Form von Umgebungsdruck, die die Moleküle zusammen bringen würde.
Der Siedepunkt erhöht sich ja schon recht merklich auf der Erde wenn man den Luftdruck senkt. Ich denke ähnliche Gründe dürfte das bei deinen Molekülen auch haben.
@chris: Das Zeug im interplanetaren/stellaren Raum sind einzelne Moleküle und Atome. Die haben keinen Aggregatszustand; die sind einfach nur Moleküle. Der leere Raum hat auch nicht wirklich eine Temperatur. Dort ist nichts, was eine Temperatur haben kann.
Fast. Der Siedepunkt von Flüssigkeiten sinkt, wenn man Druck wegnimmt.
@Chris
Die Dichte ist aber auch extrem gering. Auf der Erde hast du ca $latex 3*10^{22}\frac{Moleküle}{L}$ auf Meereshöhe. Da gefriert Wasser bei 0°C und kocht bei 100°C. Auf hohen Bergen kocht das Wasser schon viel früher, und wenn du in den Weltraum gehst ist die Dichte nur wenige Atome pro L (das variiert aber auch, die Astronomen können vieleicht genauere Zahlen ergänzen).
Wenn jetzt der Druck fällt, dann fällt auch der Siedepunkt von Wasser (und anderen Stoffen).
Wenn es aber kalt genug ist, dann kann auch Wasser oder Kohlenstoffdioxid bei wenig Druck fest sein (z.B. Kometen oder die Polkappen des Mars).
Das hängt also sehr stark von Temperatur und Druck ab.
Ob du das jetzt als Gas, Feststoff oder Flüssigkeit vorliegen hast kannst du aus Phasendiagrammen ablesen.
@Bullet äh, klar, das meinte ich eigentlich auch *g*
@Blanker_Banker
Mag sein, mir ging es aber mehr um die Flugzeit und darauf hinzuweisen, dass man nicht eben mal in ein paar Monaten oder Jahren eine größere Menge Menschen (geschweige denn eine ganze Weltbevölkerung) zu einem andere Sternsystem bringen kann.
Statt Lebensverlängerung wäre Winterschlaf oder Einfrieren ohnehin besser; man bräuchte dann nicht so viele Nahrungsmittel, Atemluft, Energie etc.
Aber wie gesagt, wer weiß, wie die Erde in einer Million Jahren aussieht und wer hier noch lebt. Geschweige denn in einer Milliarde Jahren. Das sind dann sicher nicht mehr unsereiner.
@Chris
Um genau zu sein kann im Vakuum Wasser nur als Eis oder Gas existieren, und auch Eis sublimiert („verdunstet“) ein wenig im Vakuum. Solche Moleküle fliegen dann ziemlich isoliert voneinander durch das Vakuum. Die Chance, sich zu begegnen, ist klein, und die Geschwindigkeit (sprich: Temperatur) möglicherweise auch zu hoch, um aneinader zu haften.
Der interstellare Staub besteht aber überwiegend aus kleinen Partikeln in der Größe von Zigarettenrauch-Teilchen. Auf deren Oberflächen haftet dann alles mögliche, Eis, Kohlenstoff etc., und unter UV-Licht von hellen Sternen können dort auch chemische Reaktionen stattfinden und größere Moleküle entstehen.
Der Staub hat seinen Ursprung in Supernovae und den Massenauswürfen von Roten Riesen, also in heißen Umgebungen, wo zunächst nur einfachste Moleküle (CO, HO, TiO und dergleichen) oder auch nur Atome und Ionen bestand haben, die sich dann erst nach Abkühlung zusammen finden können, wenn sie sich dann noch begegnen. Zur Bildung von größeren Klumpen Eis bedarf es dann einer protoplanetaren Scheibe in einem Sternsystem, das Planeten bildet. Da kommen sich die Staubteilchen dann so nahe, dass sie aneinander haften bleiben können.
Die Anforderungen an ein Raumschiff wären ja auch die selben, egal ob die Insassen altern oder nicht. (Gut Kinder könnten weg fallen, wenn man ein Zölibat durchsetzt. Aber ob das so ins Gewicht fällt?)
okei danke für die Antworten.
Das klngt logisch und wieder was dazu gelernt.
@ Chris:
Nur um Dir mal eine Vorstellung davon zu geben, wie entsetzlich leer es da draußen ist:
Im intergalaktischen Raum kommt auf einen Kubikmeter Raumvolumen etwa ein Wasserstoffatom. In unserem interplanetaren Raum findet man zwar deutlich mehr, trotzdem gibt es zwischen den Planeten so wenige Teilchen, dass sie so gut wie nie miteinander zusammenstoßen.
Wenn man ein sehr großes Volumen betrachtet, sagen wir einen Abschnitt eines Spiralarms einer Galaxie, oder eine Materiewolke, aus der vielleicht einmal ein Stern entsteht, kann man das, was dort wabert, als „Gas“ bezeichnen. Aber selbst die schönen bunten Emissionsnebel, die die Astrofotografen so gerne mögen, sind so dünne Gebilde, dass die Teilchendichte darin viel geringer ist, als es in irgend einem Hochvakuumlabor hergestellt werden könnte. Nur in so einem Sinne sind interstellare Räume „voll“ von allen möglichen Sachen.
Ich finde ja faszinierend wie sich das mit der Ausdehnung des Universums verhält.
https://www.raumfahrer.net/forum/smf/index.php?topic=1183.msg240977#msg240977
46 Mrd Lichtjahre und eine Expansion mit 3 facher Lichtgeschwindigkeit… abgefahren.
Wäre doch mal einen Artikel wert, oder? ^^
„Das hier ist Abell 30, etwa 5500 Lichtjahre von der Erde entfernt:“
„Sie entstanden vor 850 Jahren.“
Da stimmt doch etwas nicht; oder haben die Astronomen insgeheim doch eine Möglichkeit gefunden, schneller als das Licht zu beobachten?
@derQuestor: 2Da stimmt doch etwas nicht; oder haben die Astronomen insgeheim doch eine Möglichkeit gefunden, schneller als das Licht zu beobachten?“
Doch, das stimmt. Aber die Astronomen machen sich keine Gedanken, was „jetzt“ dort stattfindet. „Jetzt“ existiert dort für uns nicht, weil es keine Möglichkeit, gibt, wie das „jetzt“ dort und das „jetzt“ hier in Verbindung stehen können. „Jetzt“ bedeutet „der Zeitpunkt, als das Licht vom Ereignis bei uns eingetroffen ist“. Und „vor 850 Jahren“ heißt eben, dass das Licht der Ereignisse vor 850 Jahren bei der Erde angekommen ist. Siehe auch hier: https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2012/01/die-rotverschiebung-und-die-vielen-entfernungen-der-kosmologie.php
@ Florian Freistetter:
Ich fand die Formulierung nur missverständlich,das Grundprinzip ist mir schon klar, aber es ist ein Unterschied zwischen „vor 850 Jahren entstanden“ und „vor 850 Jahren angekommen~seit 850 Jahren beobachtbar“.
Ich hatte eher die Vermutung, daß bei den Zahlen versehentlich eine Null zuviel oder zu wenig war. „Entstanden“ wäre der Planetarische Nebel dann vor 6350 Jahren.
@Questor: „“Entstanden” wäre der Planetarische Nebel dann vor 6350 Jahren.“
Nicht wirklich. Weil diese Zeitangabe keinen Sinn macht. Weil es kein vergleichbares „jetzt“ in 5500 Lichtjahren Entfernung gibt. Das war ja der Knackpunkt bei Einsteins Relativitätstheorie, das Problem der Gleichzeitigkeit.
Physikalisch ist mir das durchaus klar, ich fand nur die Formulierung etwas verwirrend, also eher ein sprachliches als ein sachliches Verständnisproblem.
Warum sehen die Bilder im Röntgenbereich eigentlich immer so verschwommen aus? Liegt das an der starken Steuung der Stahlung, oder ist die im Röntgenbereich strahlende Materie tatsächlich diffuser verteilt als die im sichtbaren Bereich? Hat das Röntgenbild die gleiche Auflösung wie die anderen Bildern?
@zero hour
Vermutlich weil die Auflösung von Röntgenteleskopen im Vergleich zu optischen ziemlich schlecht ist. Röntgenstrahlen lassen sich nämlich nicht einfach mit einem Hohlspiegel fokussieren – da gehen die einfach durch! Man kann Röntgenlicht nur streifend an einem in sehr flachem Winkel getroffenen Spiegel reflektieren. Röntgenspiegel sind daher lange, ineinander geschachtelte Röhren, die sich nach hinten verengen. Sie haben nicht die Auflösung von Spiegeln, wie sie in optischen Teleskopen verwendet werden. Bei kurzen Röntgenwellenlängen muss man sogar eine Lochkamera bauen, die allerdings als „codierte Maske“ viele Löcher haben kann. Man kann die Bilder dann per Software auseinander rechnen und überlagern. Die Auflösung dieser Methode ist entsprechend noch schlechter.
Der hier verwendete XMM Newton hat laut Wikipedia 7 Bogensekunden Auflösung, was schon außerordentlich gut ist. Optische Teleskope sind aber immer noch 10 bis 100 mal schärfer.
@zero hour und Alderamin
Was vermutlich auch eine Rolle spielt ist folgendes:
Durch die hohe Energie kann im Detektor auch viel mehr passieren. Im optischen hast du ja maximal 10 eV, Gammastrahlung und Röntgenstrahlung sind keV und mehr. Dann wird dein Detektor zum einen dicker, zum anderen musst du zusätzlichen Effekte berücksichtigen. Ab ca 1MeV bekommst du Paarerzeugung und auch vorher hast du deinen Nachweis auch nicht mehr nur über Photoeffekt, sondern auch über Comptoneffekt. Die Effekte sieht man hier eigentlich ganz gut, allerdings am Beispiel Blei(https://en.wikipedia.org/wiki/File:Pb-gamma-xs.svg)
Das könnte auch die Auflösung verschlechtern
Danke, das ist gut zu wissen!
Normalerweise wird bei Bildveröffentlichungen ja nicht auf so etwas hingewiesen, und als Laie bin ich erst mal davon ausgegangen, dass hier zumindest ähnlich hohe Auflösungen vorliegen wie beim optischen Bereich.
@zero hour
Noch schlechter wird die Auflösung, wenn du zum Beispiel mit AUGER oder auch Neutrinodetektoren die Richtung haben willst. Beide weisen die Teilchen nur über Wechselwirkungen nach, die Auflösung ist dabei relativ schlecht. Das Bild was Super-Kamiokande von der Sonne gemacht hat ist ja ein schönes Beispiel. Da siehst du Neutrinos aus dem Kern, die Scheibe die aber „hell“ ist ist größer als die Oberfläche der Sonne