Das Weltall ist leer und dunkel. Nur ab und zu findet man in der Leere und Dunkelheit eine Galaxie. Und auch die bestehen hauptsächlich aus Leere; große Bereiche aus Nichts, mit ein paar Sternen dazwischen. Die Dunkelheit zwischen den Sternen ist aber nicht völlig leer. Dort findet sich die sogenannte „interstellare Materie“. Meistens ist sie weiträumig verteilt und kaum zu sehen. Manchmal sieht sie aber richtig cool aus. Zum Beispiel dann, wenn sie in Form von „Dunkelwolken“ auftaucht. Hier ist eine davon:
Das ist der Pfeifennebel (und wer das Bild richtig erforschen will, soll sich auf der ESO-Seite die skalierbare Version oder eine der hochauflösenden Aufnahmen ansehen). Diese ausgedehnte Dunkelwolke befindet sich im Sternbild „Schlangenträger“. Unter optimalen Bedingungen kann man den dunklen Nebel sogar mit freiem Auge vor dem Hintergrund der hellen Milchstraße sehen. Diese Bedingungen gibt es bei uns allerdings so gut wie nicht und darum sollte man entweder an einen besseren Beobachtungsplatz ausweichen oder ein Teleskop benutzen. Oder man macht beides und benutzt das MPG/ESO 2,2-Meter-Teleskop der Europäischen Südsternwarte ESO in der chilenischen Wüste – dann bekommt man auch so ein fantastisches Bild.
Dunkelwolken kannte man schon früher. Da dachte man, es handle sich um „Löcher“; um Gebiete im All, in denen sich keine Sterne befinden. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand man mehr über sie heraus. Damals begannen die Astronomen, nicht nur selbst durch das Teleskop zu blicken, sondern auch Fotografien des Himmels anzufertigen. Einer der Pioniere der neuen Astrofotografie war der Amerikaner Edward Barnard. Er fotografierte auch ein paar der „Löcher“ im Himmel und sah auf den lang belichteten Aufnahmen, dass es sich nicht um sternenfreie Gebiete handelte, sondern um große Wolken, die das Licht der Sterne dahinter verdeckten. In Folge erstellte er einen ganzen Katalog, der die dunklen Wolken erfasste und beschrieb. Der oben abgebildete Pfeifennebel heißt deswegen auch „Barnard 59“, da er das 59. Objekt im Barnard-Katalog ist.
Abgesehen davon, dass die Dunkelwolken äußerst schön sind, sind sie auch äußerst wichtig. Sie bestehen hauptsächlich aus Wasserstoff, gemischt mit Helium und ein bisschen Staub. Ihre Masse kann gewaltig sein (die „Riesenmolekülwolken“ können millionenfach schwerer als die Sonne sein), ihre Ausdehnung ebenso und in ihnen ist genug Platz, um neue Sterne entstehen zu lassen!
Störungen in der Verteilung der Masse der Wolke – zum Beispiel durch einen vorüberziehende Stern oder eine Supernova – führen zu Verklumpungen in der Wolke. Diese dichten Bereiche kollabieren immer weiter; fallen unter ihrem eigenen Gewicht immer weiter zusammen – so lange, bis die Temperatur in ihrem Inneren hoch genug wird, um die Kernfusion zu starten. Dann ist ein neuer Stern geboren! Ein paar solcher jungen Sterne kann man auch im Inneren des Pfeifennebels sehen.
Die dunklen Wolken im All sind also der Ort, an dem das Licht geboren wird, das in der Nacht unseren Himmel erhellt…
Bei Wikipedia liest man noch, das die mittlere Dichte so einer Dunkelwolke bei 100 bis 300 Molekülen pro cm^3 liegt. Was so massiv wirkt, ist im Grunde doch ein extrem hohes Vakuum.
Für irdische Begriffe ja. Aber wenn du dir ansiehst, wie verdammt groß diese Dinger sind, kann man doch mit ein bißchen Rechnerei die eine oder andere Sonnenmasse sehen. Ich mein: 100 Moleküle pro cm³ und eine Stange, die ein Lichtjahr lang ist aus diesen cm³-Würfelchen gelegt. Das sind im Endeffekt knapp10^18 dieser Würfel. Also 10^20 Moleküle.
Und: so eine Wolke ist ja nicht eine dünne Stange, sondern Lichtjahre in jede Richtung groß. Da würd ich ungern mit meinem Explorer reinbrettern, wenn die Prallschirme ausgefallen sind. Wenn nur jedes 1000. Wolkenmolekül ein Atom meiner Schiffshülle abkratzt, wird das ein Poliervorgang der Extraklasse. Zunächst.
Jetzt verlinkst du schon auf Eso-Seiten, pffft… 😉
Im Ernst: Danke für das schöne Bild und den guten Artikel! Ich entdecke gerade meine kindliche Faszination für die Astronomie wieder – u.A. durch dieses Blog.
Schönes Bild, schöner Artikel (wie immer), danke!
Nur eine Frage:
@nordlicht
Was den Staub betrifft: etwa die Größe der Partikel im Zigarettenrauch. Einige Nanometer bis Mikrometer.
@Alderamin
Danke! (schöner Name übrigens)
„Also 10^20 Moleküle.“
Das sind allerdings auch nur Millimol-Mengen.
„Wenn nur jedes 1000. Wolkenmolekül ein Atom meiner Schiffshülle abkratzt, wird das ein Poliervorgang der Extraklasse. Zunächst.“
Wenn der Abrieb so extrem wäre, würdest du allerdings im Weltraum auch gar nicht erst bis zum Nebel kommen.
@Alderamin Danke! (schöner Name übrigens)
Bis zu diesem Kommentar, bin ich nie auf die Idee gekommen, diesen Namen mal bei Wiki einzugeben; für mich war ‚Alderamin‘ immer die saloppe Form von ‚Alter Armin‘.
Oh Mannomann, jetzt muss ich erst mal über mich selbst lachen…
Dem Dank schließe ich mich natürlich an, und nicht nur für diesen Artikel. Habe in diesem Blog selbst auch schon viele Fragen gestellt und immer super Antworten bekommen. Danke!
ist das eigentlich die einzige Art und Weise wie Sterne entstehen können? Und was passiert mit denen wenn sie mal entstanden sind?
@kritiker: „ist das eigentlich die einzige Art und Weise wie Sterne entstehen können? Und was passiert mit denen wenn sie mal entstanden sind? „
Ja, Sterne entstehen immer durch den Kollaps von Gaswolken. Und wenn ein Stern entstanden ist, dann leuchtet er. Er verbrennt sein Gas um so schneller, je schwerer er ist, Und wenn alles verbrannt ist, dann gehts zu Ende. Ich hab hier mehr darüber geschrieben: https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2010/07/vom-leben-und-sterben-der-sterne-das-hertzsprungrusselldiagramm.php
Danke für die Antwort. So habe ich jedoch die zweite Frage nicht gemeint. Sie entstehen doch in den Wolken. Dort bleiben sie ja aber nicht ewig. Wie kommen die dort raus? Gravitationskraft der andere Sterne?
und wie kann ich das hier verstehen?
„fallen unter ihrem eigenen Gewicht immer weiter zusammen“
@kritiker
Solche Wolken bilden immer zahlreiche Sterne, darunter auch einige sehr große (sogenannte O- und B-Sterne, nach ihrem Spektrum so genannt). Die strahlen sehr viel UV-Licht ab, das die Moleküle in den Wolken aufbricht (sie werden ionisiert). Die so frei gesetzten Ionen können dann leicht von der Strahlung weggeblasen werden. Deswegen werden Sternentstehungsgebiete immer von leuchtenden Nebeln aus ionisiertem Gas begleitet, z.B. hier.
Jeder einzelne Stern bläst übrigens durch seinen Sternwind bei seiner Entstehung die unmittelbare Umgebung irgendwann frei, auch wenn es sich um Staub handelt, der sich noch nicht zu größen Objekten zusammengefunden hat. Das tun auch kleinere Sterne.
Na ja, die Wolke übt doch Gravitation aus, und zwar auch auf sich selbst. Wo zufällig dichtere Gebiete vorhanden sind, ist die Gravitation umso stärker, d.h. noch mehr Material fällt dorthin, und so beschleunigt sich dieser Prozess immer mehr. Und dort entstehen dann schließlich Sterne.
@kritiker
Hier sieht man die letzte Phase: ein Haufen blauer O- und B-Sterne, der nur noch von dünnen Schleiern umgeben ist, und viele schwächere Sterne dazwischen. Der so entstandene Sternhaufen wird dann mit der Zeit durch die Gezeitenkräfte der Milchstraße und durch Wechselwirkungen zwischen den Sternen aufgelöst. Wo die Sterne des Sternhaufens sind, aus dem die Sonne entstand, kann niemand mehr sagen, die könnten sich in der ganzen Milchstraße verteilt haben.
Schönes Amateurfoto der Plejaden, übrigens.
@kritiker: “ Wie kommen die dort raus? Gravitationskraft der andere Sterne? und wie kann ich das hier verstehen? „fallen unter ihrem eigenen Gewicht immer weiter zusammen“ „
Die Wolken verschwinden, weil sich aus ihrem Material die Sterne bilden. Und wenn du einen sehr, sehr großen Haufen Gas nimmst, dann übt dort jedes Teilchen eine Anziehungskraft auf die anderen Teilchen aus. Der dichtere, innere Kern zieht die äußeren Teilchen an und wird so immer kompakter. Solange bis aus der Wolke ein Stern geworden ist.
wow sehr interessant.
Diese Staub/Gaswolken sind das die selben die schlussendlich auch für die Planeten Entstehung zuständig sind? Ich mag mich grob an einem Artikel hier erinnern, wo das beschrieben wurde. Falls ja, dann habe ich ein kleines Verständnisproblem. Warum enstestehen dann manchmal Planeten und manchmal Sterne? Ist das von der Masse abhängig?
@kritiker
Es entstehen (wahrscheinlich) immer beide zusammen. Die sich verdichtende Staubwolke bildet lokal Wirbel (weil da immer ein bisschen Turbulenz im Spiel ist, und sich die Drehung beim Kollaps durch den Pirouetteneffekt beschleunigt). Die Wirbel flachen sich dann zwangsläufig zu Scheiben ab, parallele Kreisbahnen der Teilchen haben nämlich die wenigsten Kollisionen. In der Mitte der Scheibe sammelt sich das meiste Material, das wird zum Fixstern.
Durch Reibungsverluste kann ein Teil des Materials nach innen wandern, aber die Erhaltung des Drehimpulses und die Fliehkräfte in der Scheibe sorgen dafür, dass nicht alles auf den entstehenden Stern fällt. In der Scheibe bilden sich dann durch Aneinanderhaften und später die Schwerkraft immer größere Objekte bis hin zu Planeten. Das feine Restmaterial in der Scheibe bläst dann der Stern weg und er verhindert so auch sein weiteres Wachsen. Das Gröbere können die entstandenen Planeten abräumen (indem sie es nach außen, auf andere Planeten oder in den Stern katapultieren), die dadurch ihre Bahnen verändern und nach innen wandern können. Am Ende hat man ein Sternensystem mit Planeten und weit außen kleinen Objekten, die von den größeren Planeten nach außen befördert wurden.
Fragmentiert übrigens der eingangs genannte Wirbel beim Kollaps, weil es sich zu schnell dreht, dann können Doppel- und Mehrfach-Sternsysteme entstehen, was ziemlich häufig passiert. Die Hälfte der mit bloßem Auge sichtbaren Sterne sind mindestens doppelt, so dass es weitaus mehr Fixsterne in Doppel- und Mehrfachsystemen gibt als in Form von Einzelsternen.
Danke für die ausfürhliche Erläuterung Alderamin.
Und diese Gaswolken – enstehen da immerwieder neue? Oder wurden die beim Urknall erzeugt?
@kritiker
Beim Urknall wurde der Wasserstoff erzeugt, der bildet Molekülwolken, aber keinen dunklen Staub. Der Staub entstand erst durch die Fusion von Atomen wie Kohlenstoff und Silizium in Sternen, die ihn bei Supernova-Explosionen frei gesetzt haben.
Da eine Molekülwolke laut Wikipedia nur 10% ihres Materials zur Sternentstehung verbraucht (der Rest wird von den Sternen weggepustet) und Supernovae Material nachliefern, werden sie zwar immer weniger, aber in der Milchstraße ist noch einiges vorhanden, um ca. einen Stern pro Jahr zu bilden. Elliptische Galaxien und die Kugelsternhaufen haben ihr Material hingegen schon verbraucht, dort entstehen keine neuen Sterne mehr. Irgendwann wird auch bei uns Schicht sein.
das verwirrt mich jetzt einbisschen. Wie sind dann die ersten Sterne enstanden? Oder habe ich was nicht ganz begriffen? Ich dachte die Sterne entstehen in Staubwolken – nun schreibst du aber die Staubwolken werden erst bei Supernova Explosionen erzeugt. Das setzt ja jedoch voraus, dass es bereits Sterne gegeben hat, bevor die Staubwolken da waren.
Und noch was, warum sollte bei uns Schicht sein? Werden nicht neue Staubwolken generiert, wenn es wieder ein paar Supernova Explosionen gibt?
@kritiker
Die ersten Sterne sind aus Wasserstoff-/Helium-Molekülwolken ohne jeglichen Staub entstanden, die ziemlich durchsichtig waren; den Staub braucht es zur Sternentstehung nicht, es braucht nur Wasserstoff, der auch in den heutigen Dunkelwolken den weitaus größten Anteil ausmacht.
Die entstandenen Sterne haben dann den Staub erzeugt, der heutige Molekühlwolken zu Dunkelwolken macht, die alles Licht der Sterne dahinter absorbieren können. Eine davon am Südhimmel nennt sich „Kohlensack“, das sagt eigentlich alles.
Ursprüngliche Molekülwolken finden sich noch im Raum zwischen den Galaxien, die machen sich nur in Form von Absorptionslinien im Spektrum dahinter liegender Objekte bemerkbar.
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