Nach dem langen Vorspiel mit Vorrede, Gedichten, Einleitung und ausführlichem Inhaltsverzeichnis geht es nun endlich tatsächlich mit der eigentlichen „Astronomia Nova“ los.
Im Namen des Herrn.
Die Untersuchungen über die Bewegungen des Sternes
MARS
Erster Teil
Über die Verleichung der Hyothesen
steht auf dem Titelblatt (ich nehme mal an, es soll „Vergleichung der Hypothesen“ heissen).
Kapitel 1
Im ersten Kapitel des eigentlichen Buchs widmet sich Kepler dem Unterschied zwischen der „ersten Bewegung und der zweiten“. Damit er meint er einerseits die Bewegung der Himmelskörper, die durch die Drehung der Erde (bzw. eine Drehung der Himmelssphären um die Erde) entsteht und andererseits die Sichtbare Eigenbewegung einiger Himmelskörper.
Er erzählt, dass früher z.B. die Pythagoräer bei der Zuordnung der musikalischen Töne auf die Himmelskörper dem Mond, als dem langsamsten der Himmelskörper, die tiefsten Töne zugeschrieben wurden. Wenn man allerdings die „erste Bewegung“ ignoriert, dann sieht man, dass sich der Mond von allen Himmelskörpern am schnellsten bewegt (er steht ja auch der Erde am nächsten).
Danach erläutert Kepler die weiteren „Ungleichheiten“ bei der Bewegung der Planeten: von der Erde aus gesehen scheinen sie sich am Himmel oft „rückwärts“ zu bewegen. D.h. sie halten in ihrer Bewegung am Himmel inne, wanderen wieder ein Stück zurück bevor sie ihren normalen Weg wieder fortsetzen. Um diese Schleifenbewegung zu erklären wurde u.a. die Epizykel in Ptolemäus geozentrisches Weltbild eingefügt: die Planeten bewegen sich nicht auf Kreisbahnen um die Erde, sondern auf Kreisbahnen, deren Mittelpunkt sich auf einer Kreisbahn um die Erde bewegt.
Kapitel 2 und 3
Im zweiten Kapitel beschäftigt sich Kepler nun mit den Möglichkeiten, diese Schleifenbewegung zu erklären. Das geht einerseits mit den oben beschriebenen Epizykeln – oder man lässt den Planeten auf einer Kreisbahn; setzt aber den Beobachter nicht in das Zentrum sondern etwas abseits. Kepler zeigt in diesem (und dem nächsten Kapitel) das beide Ansätze gleichwertig für die Beschreibung der Planetenbewegung sind.
Besonderes Augenmerk legt Kepler auf den Kraftbegriff – also das, was die Planeten bewegt – denn hier ergeben sich nun laut Kepler Unterschiede zwischen den beiden Darstellungsarten.
Hier sieht man noch große Unterschiede zur modernen Physik. In der damaligen Forschung war es absolut üblich, bewusste oder göttliche Kräfte für die Bewegung der Himmelskörper verantwortlich zu machen. Kepler schreibt in seiner Beschreibung der aristotelischen Theorie der Planetenbewegung:
Auf diese Weise führte er auf unserem Gebiet Geister, letztlich Götter, ein als Besorger der ewigen Bewegung der Himmel. Dazu wurde auch noch eine bewegende Seele gefügt, die mit den Sphären vernknüpft wäre und sie informiert, so daß jene Geister einfach nur da waren.
Diese Vorstellungen hielten sich bis ins 17. Jahrhundert. Immer wieder ist im Text von „bewegenden Seelen“ oder ähnlichem zu lesen (obwohl Kepler langsam beginnt, sich von diesen Konzepten zu lösen: siehe seine Aussagen in der Einleitung).
Er selbst schreibt am Ende des zweiten Kapitels:
Nun aber möchte ich mit der Ausführung dieser ungereimten Ansichten schließlich auf die Feststellung hinauskommen, daß unmöglich die Ursache für die Bewegung im Planetenkörper oder sonst in seiner Sphäre ihren Sitz hat, und den Weg frei machen für die überzeugende Einführung anderer gefälligerer Bewegungsformen.
Bisherige Artikel zur Astronomia Nova: Die Einleitung (1), Die Einleitung (2), Die Einleitung (3)
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