Es klingt nach einer eigentlich trivialen Erkenntnis: Je wohlhabender ein Land, desto besser ist die Bildung der Kinder. Aber bei manchen trivialen Erkenntnissen lohnt es sich, mal etwas genauer hin zu sehen. Das haben die Leute von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) getan. Die Ergebnisse sind interessant…
Die OECD veranstaltet die PISA-Studie, die alle drei Jahre überprüft, wie es auf der Welt mit der Bildung der Schülerinnen und Schüler steht. Mit diesen Daten lassen sich jede Menge Hypothesen überprüfen – unter anderem auch die, ob Wohlstand wirklich eine bessere Bildung bringt. Nicht immer, lautet die Antwort. Das sieht man in diesem Bild recht gut:
Es zeigt die durchschnittliche Leseleistung der Schulkinder in Abhängigkeit des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf. Bis zu einer Grenze von etwa 20000 Dollar sieht man tatsächlich das erwartete Verhalten: Je ärmer ein Land, desto schlechter die Bildung. Aber bei den reichen Ländern ist es im wesentlich egal, wie hoch ihr Bruttoinlandsprodukt ist; es gibt keinen direkten Zusammenhang mehr mit der schulischen Leistung.
Aber wenn es nicht der Wohlstand ist, was beeinflusst dann die Bildung? Das Geld, dass direkt in die Schulen investiert wird? Auch nicht wirklich:
Es zeigt sich das gleiche Bild wie vorher. Bei den ärmeren Länder hat das Geld, dass direkt ins Schulsystem investiert wird einen deutlichen Einfluss auf die Bildung der Schüler. Aber irgendwann ist eine Grenze erreicht und mehr Geld bringt nicht mehr Bildung. Es sind dann andere Maßnahmen, die erfolgreich sind, wie man hier sehr deutlich sieht:
Das Diagramm vergleicht den unterschiedlichen Umgang mit schlechteren Schülern. Länder, in denen solche Schüler sitzen bleiben, schneiden im PISA-Test wesentlich schlechter ab (links). Ebenso Länder, in denen die Schüler auf andere Schulen geschickt werden (Mitte) oder in den Schüler nach Leistungen getrennt werden (rechts). Es ist also recht deutlich, dass die Kinder in einer Gesamtschule ohne Sitzenbleiben am besten und meisten lernen würden. Aber leider werden in der Welt Entscheidungen dieser Art ja nicht auf Grund von Fakten getroffen. In der Politik geht es um Emotionen und vor allem um Wählerstimmen. Es geht um den „Kampf“ mit dem politischen Gegner und nicht um das, was am besten für die Bevölkerung wäre. Es geht um Ideologie und die Zeit bis zur nächsten Wahl und nicht um langfristige Planung. Und darum mache ich mir eigentlich keine Hoffnung, dass in Deutschland oder Österreich demnächst bundesweit eine Gesamtschule eingeführt wird…
Die PISA-Studie hat übrigens noch einen wichtigen Einflussfaktor auf die schulischen Leistungen der Kinder identifiziert. Länder, in denen die Lehrer besser bezahlt werden, haben bessere Schüler. Wenn man als Lehrer gut verdient und ein hohes Ansehen genießt, dann werden sich auch die besten Schüler und Studenten für diesen Beruf entscheiden. Und gute Lehrer machen gute Schüler. Eigentlich logisch. Aber über Politik und Logik habe ich ja vorhin schon alles gesagt…
ws nicht betrachtet wurde – aber ein wichtiger Fakt ist:
die Ausbildung der Lehrer selbst.
Wieviel die taugt, und welche Tauglichen ausgebildet werden.
oder kurz gesagt: wie der Herre, so s Gescherre.
Taugt der Lehrer nix, was soll dann schon rauskommen.
Frag mal nen Pädagogen heute, was er glaubt, was Didaktik sei…
@YeRainbow: Du glaubst jetzt aber hoffentlich nicht, dass die Pädogogenausbildung „früher“ besser war als heute?
Die heutigen Lehramtsstudenten – soweit ich welche kenne – kennen die hier dargestellten Fakten schon seit einer geraumen Zeit. Allein, politisch wird daraus keine Konsequenz gezogen
Bei solchen Daten bin ich immer wein wenig misstrauisch, ob ihnen nicht vielleicht doch ein parteiisches Sendungsbewusstsein zugrunde liegt. Ich kann mich noch dunkel an die Ergebnisse von TIMMS (Third International Mathematics and Science Study) erinnern. Dort wurde unter Anderem die Mathematikleistung in unterschiedlichen Ländern untersucht. Ergebnis: weder die Anzahl der Wochenstunden, noch das Schulsystem hatten signifikante Auswirkungen auf die Leistung. Der beste Prädiktor für die Leistung im Mathematikunterricht war das Elternhaus. Dies galt für alle Länder und alle Schulformen.
Die Statistik mag schon stimmen, ich frag mich nur ob es Sinn macht die Elite auf ein Mittelmaß runterzuziehen nur um den Durchschnitt zu verbessern. Ich habe dann zwar viele mittelmäßige Schüler aber keine Spitzenleute.
Ich kann mich noch gut an meine Schulzeit erinnern wie einfacher es auf höheren Schulen war, weil man sich dann nicht mehr dauernd vor anderen ‚rechtfertigen‘ musste warum man so gute Noten hat. Die Idioten in der Klasse waren gar nicht interessiert daran sich zu verbessern und versuchten alle ‚besseren‘ runterzuziehen (teils mit Drohungen).
Vielleicht ist eine Gesamtschule wirklich besser für die Allgemeinheit, aber für die besseren Schüler ist es meist ein Horrorszenario. Im Stoff geht nichts weiter, andere werden ‚durchgetragen‘, man wird bedroht und wozu überhaupt lernen wenn man sowieso aufsteigen kann ohne Anstrengung. Ist wie mit den Steuern: Bist du gut wirst hart bestraft.
In dem Punkt mit motivierten Lehrern gebe ich dir recht. Leider sieht es so aus, dass diese nicht sehr beliebt sind bei der Lehrergewerkschaft und dass es quasi unmöglich ist Psychopathen von Kindern fernzuhalten.
Ich arbeite mit sog. „benachteiligten“ Kindern an einer Förderschule in Bayern und ich habe bisher eigentlich auch immer die Meinung vertreten, dass ein Schulsystem, wo alle Kinder länger gemeinsam unterrichtet werden, ein Stück weit gerechter wäre, weil Kinder aus bildungsfernen Familien eben mehr Bildungschancen hätten. In der praktischen Umsetzung sehe ich aber so viele Probleme, dass ich mir zur Zeit nicht wirklich vorstellen kann, wie das funktionieren soll. Ich habe z.B. 10 Kinder alleine, die 8 verschiedene Muttersprachen haben; manche können nicht z.B. Würfelpunkte erkennen (Simultanerkennung von Mengen), wieder andere können nicht schneiden, Stift richtig halten, andere sind extrem unruhig, bleiben nicht bei der Arbeit sitzen, usw…Das heißt, als Pädagoge laviert man sich immer so durch und versucht einigermaßen etwas rüberzubringen, was für alle irgendwie passt, wird dabei aber den Einzelnen nicht gerecht. – Das zweite Problem,was ich sehe, ist dass die Eltern mehrheitlich keine Gesamtschule wollen, siehe Hamburg, siehe den Run auf die Gymnasien, seit es Stadtteilschulen gibt..Vielleicht wird sich in Zukunft was verändern, aber ob ich das noch erlebe? (Bin 48)
noch ein Punkt speziell zu Pisa und Lehrern:
Ein sehr großer Einfluss IMO ist, dass hoch motivierte Lehrer auch ihre Schüler hoch motivieren können und hoch motivierte Schüler bei Tests besser abschneiden.
Ich denke sogar, dass das den Hauptunterschied in den verschiedenen Ländern ausmacht. Wär mal interessant die Daten auf diesen Fakt hin zu prüfen.
@schak: „ich frag mich nur ob es Sinn macht die Elite auf ein Mittelmaß runterzuziehen nur um den Durchschnitt zu verbessern. „
Warum muss in einer Gesamtschule die „Eltite“ unbedingt runtergezogen werden? Gesamtschule heißt ja nicht, dass gute Schüler nicht mehr entsprechend gefördert werden können.
@Isolde Wuschek: „In der praktischen Umsetzung sehe ich aber so viele Probleme, dass ich mir zur Zeit nicht wirklich vorstellen kann, wie das funktionieren soll“
Förderschulen dieser Art sind nochmal ein Thema für sich. In diesem Fall ging es aber auch erstmal um den Unterschied Hauptschule/Gymnasium.
„Das zweite Problem,was ich sehe, ist dass die Eltern mehrheitlich keine Gesamtschule wollen, siehe Hamburg, siehe den Run auf die Gymnasien, seit es Stadtteilschulen gibt.“
Gut, das ist aber logisch. Wenn man als Eltern die Wahl hat, sein Kind in eine „gute“ oder eine „schlechte“ Schule zu schicken – was wird man dann tun? Ich will auch, dass meine Kinder ins Gymnasium gehen. Genau darum gehts ja – die Abschaffung dieser Trennung zwischen „guten“ und „schlechten“ Schule.
@schak: „Wär mal interessant die Daten auf diesen Fakt hin zu prüfen. „
Steht ja schon im Artikel: Besser bezahlte Lehrer sind motivierter und die Schüler bringen bessere Leistungen.
Unsere Politiker werden das Ergebnis der Studie allerdings anders interpretieren.
Aus den Daten kann man nämlich auch ablesen, dass man mit signifikant weniger Ausgaben nur eine vergleichsweise wenig geringere Bildung erreichen würde.
Ausserdem sollte man bei Studien darauf achten von wem sie kommen. Die OECD ist nicht gerade dafür bekannt eine Lobbyorganisation für hohe Staatsausgaben zu sein.
Zum Schluss sollte man noch bedenken, dass es bei der Studie nur um die Leseleistung geht und dieser sind recht schnell natürliche Grenzen gesetzt. Wenn ich Deutsch lesen und verstehen kann wars das. Da gibt es nicht mehr viel in dem man besser werden kann, anders als in Mathe wo nach dem Grundrechenarten nicht Feierabend ist.
@Schak:
und @Florian:
Das ist ja eigentlich eine empirische Frage. Gibt es denn dazu Daten? Wenn Schak Recht hat, dann sollte man ja folgendes finden: schaut man sich die durchschnittlichen Leistungen (z.B. die Reading Scores) an, dann liegt Deutschland im Mittelfeld der High-Income Länder. ABER, wenn man sich die „Elite“ der Schüler, also z.B. die Reading Scores der besten 25% jedes Landes anschaut, dann sollte Deutschland ja ganz vorne liegen.
Weiß man etwas darüber?
wer vergleicht hier mit „Früher“? (wie viel früher denn???)
Ich vergleiche mit „anderswo“.
Komplexe Probleme halt.
Ja, aber niemand der für die Politiker relevant ist, hat ein Interesse an guter Ausbildung. Für einen Politiker hat es nur Nachteile, wenn die Bevölkerung gut ausgebildet ist, denn dann hinterfragen die vielleicht politische Entscheidungen.
Die Wirtschaft hat auch keine Vorteile, denn es spielt keine Rolle, denn Jobs für die man eine besondere Ausbildung braucht sind selten. Das was ich als Ingenieur mache, könnte locker auch ein guter Lehrling machen. Und Jobs beispielsweise im Automobilsektor sind _noch_ anspruchsloser.
Wir müssen endlich mal aufhören auf die Wirtschaft zu hören, und das machen, was richtig ist. Und das wäre nunmal dafür zu sorgen, dass kein Gramm Hirnmasse ungenutzt bleibt.
Vielleicht brauchen wir wirklich ein Raumfahrtprogramm um den Leuten klar zu machen, wie wichtig es ist das Hirn anzustrengen.
Zu dem von schak angesprochenen Problem mit dem Runterziehen der besseren Schüler auf Mittelmaß: Dass alle zusammen sitzen muss ja nicht heißen, dass alle dasselbe machen. In den Dorfschulen früher haben oft die Klassen 1 bis 8 in einem Raum gesessen, und die haben es auch bis zum Hauptschulabschluss geschafft. In vielen Schulen, gerade wenn sie nach Montessori arbeiten, wird den Schülern viel Gelegenheit zum selbständigen Arbeiten gegeben. Da wird niemand beim Lernen gebremst, und niemand muss auf den Langsamsten Rücksicht nehmen. Und das Problem, dass man sich für gute Noten rechtfertigen muss, gibt es grundsätzlich auch an Gymnasien. Vielleicht nicht so brutal, aber wer zu gut ist, kann ganz schnell ungerechtfertigt als Streber verschrien sein. Man darf auf die Leute eigentlich keine Rücksicht nehmen, die andere aufgrund ihrer Leistung angreifen, sonst kann man letztlich nur noch mit Einzelunterricht arbeiten…
Grundsätzlich finde ich es gut, wenn Leute mit verschiedenen Interessen, Fähigkeiten, Leistungsständen zusammen lernen und arbeiten. Man hat so immer jemanden, den man fragen kann, wenn man nicht weiterweiß. Und wenn man was gut kann, hat man Gelegenheit, das Wissen weiterzugeben und dabei zu testen.
Im Idealfall fördert das Sozialkompetenz, Kommunikationsfähigkeit und hilft, nicht beim puren Faktenlernen stehenzubleiben, sondern Zusammenhänge zu verstehen. Davon profitiert der Einzelne und langfristig die Gesellschaft. Leider dürfte sich dieser Effekt kaum je quantifizieren lassen und ist darum politisch praktisch nicht verwertbar. Deshalb teile ich Florians Befürchtung, dass sich in der Hinsicht wenig tun wird.
@schak
Du unterliegst dem (Irr-)Glauben, dass die verschiedenen Schularten leistungshomogen sind. Das sind sie mitnichten. Auch an Hauptschulen gibt es gute Schüler, die an Gymnasien besser aufgehoben wären, aber aus irgendwelchen Gründen (Spätzünder, untere soziale Schicht, Migrationshintergrung, etc.) lediglich eine Hauptschulempfehlung bekommen. Und an Gymnasien gibt es Schüler, die eher an Realschulen oder sogar Hauptschulen gehören. Die OECD-Studien haben mehrfach gezeigt, dass in Deutschland nicht primär die Leistung für die Grundschulempfehlung ausschlaggebend sind.
@gnaddrig
Ich stimme dir da vollkommen zu. Auch in einer Gesamtschule kann man leistungsbezogen Fördern und das für beide Seiten, die Guten und die Schlechten. Im Rahmen von Projektunterricht ist es durchaus kein Problem, wenn jeder Schüler sein eigenes Tempo hat. Gute Schüler, die Ihre Aufgabe in kurzer Zeit lösen, können dann schlechteren Schülern helfen. Das wäre dann auch ein guter Ansatzpunkt um das Mobbingproblem guter Schüler anzugehen. Nehmen wir doch mal eine Hauptschulklasse in der nur Schüler sitzen die keinen Bock auf Schule haben. Hier hätte ein Schüler, der trotzdem etwas lernen möchte ein viel größeres Problem als auf einer Gesamtschule.
Zum Thema Politiker gebe ich jetzt mal was zu bedenken. Nehmen wir doch einmal an, eine Partei, würde im Wahlkampf genau das fordern – eine Gesamtschule. Gehen wir mal davon aus auch der Rest des Programms der Partei ist für die breite Masse wählbar. Wäre das ein Pluspunkt für die Partei? Jetzt kommen wir als Wähler, besonders die Eltern unter den Wählern ins Spiel. Der politische Gegner würde jetzt „Wahlkämpfen“, sich an die wenden deren Kinder aufs Gymnasium gehen und sagen: „He Leute schaut mal in eure Stadt zur Hauptschule. Schaut mal in die Klassen. Wollt ihr, dass eure Kinder mit denen zusammen in einer Schule und sogar in einer Klasse sind?“ So und nun denkt mal nach wie die Wahl ausgeht und das trotz aller sachlichen Argumente und Studien pro Gesamtschule und vielleicht sogar trotz der Einsicht, dass eine Gesamtschule besser wäre. Das Fordern ist die eine Seite, das Durchsetzen können die andere.
Ich denke da sind nicht nur Politiker gefragt, sondern die gesamte Gesellschaft. Wir, als „Nichtpolitiker“, sollten es uns da nicht zu einfach machen und nur mit dem Finger nach oben zeigen.
FF: Steht ja schon im Artikel: Besser bezahlte Lehrer sind motivierter und die Schüler bringen bessere Leistungen.
Ich meinte es in eine andere Richtung, nämlich dass der Grund für das bessere Abschneiden der Schüler in manchen Ländern nicht die Intelligenz der Schüler selbst ist, sondern die Motivationsfähigkeit der Lehrer beim Pisa Test itself.
Es könnte doch auch sein, dass die Unterschiede in der Motivation beim Pisa Test höher ausfallen, als die tatsächlichen Unterschiede der Schüler und somit den Test ad absurdum führen.
FF:Gesamtschule heißt ja nicht, dass gute Schüler nicht mehr entsprechend gefördert werden können.
Ja, stimme zu, nur werden solche Förderungen dann oft als ‚Mehraufwand‘ gesehen. Wieso sollte also ein begabtes Kind mehr machen wenn es sieht, dass andere auch mit viel weniger ‚durchkommen‘.
Ich bin auch nicht der komplette Gegner von Gesamtschulen. Ich befürchte nur, dass es wieder nur darum geht, dass sich eine Partei durchsetzt und alle dann sagen: Super, wir haben Gesamtschule … und dann vergessen dass das nicht reicht, sondern noch begleitende Maßnahmen braucht.
@gnaddrig
Gute Argumente, da fällt mir auf die Schnelle gar nix ein dagegen 🙂
Vielleicht: Glaubst du wirklich dass sich Deppen dann Hilfe von guten holen ? Oder doch nicht eher die Guten drangsalieren damit sie selbst nicht so dumm dastehen ?
Irgendwie fehlt mir bei der letzten Graphik eine Nennung der Länder mit dem besseren Ergebnis. Man hat bei einem Kind genau einen Versuch zur Wahl der richtigen Schule. Wenn da nix wird, dann war es das. Ein Neuanfang wie im Berufsleben geht nicht. Ich würde da gerne noch weitere Informationen zum Schulsystem dieser „besseren“ Länder einholen, bevor ich mir hier ein Urteil bilde.
@Florian: Jetzt bin ich neugierig: Angenommen, es gäbe in Deinem direkten Umfeld eine Gesamtschule und ein Gymnasium und Du hättest die Möglichkeit Dir auszusuchen, auf welche der beiden Schulen Dein Kind gehen soll – würdest Du in dem Fall tatsächlich die Gesamtschule vorziehen?
@Alle: Viele gut aufbereitete Fakten und Zahlen zum Thema „Gesamtschule vs. mehrgliedriges Schulsystem“ finden sich übrigens in diesem Gastartikel von Ute „Terrorzicke“ (natürlich nur bei Twitter) Gerhardt bei Lars Fischer auf den Scilogs:
https://www.scilogs.de/wblogs/blog/fischblog/allgemein/2010-05-12/welche-schulform-ist-die-richtige
@Wurgl
Das halte ich trotz der immer wiederkehrenden Wiederholung für unwahr. Es mag sein das man wenig innerhalb der Schulsysteme wechseln kann aber anschließend sehe ich das Problem nicht. Jede Haupt oder Realschule hat ihre „Spezialklassen“ in denen die Schüler auf das nächsthöhere System vorbereitet werden und dann mit einem geringen Mehraufwand (den sie beim Wechsel erst recht gehabt hätten) den höheren Bildungsabschluss erreichen können.
@Christian: „etzt bin ich neugierig: Angenommen, es gäbe in Deinem direkten Umfeld eine Gesamtschule und ein Gymnasium und Du hättest die Möglichkeit Dir auszusuchen, auf welche der beiden Schulen Dein Kind gehen soll – würdest Du in dem Fall tatsächlich die Gesamtschule vorziehen?“
Das hab ich ein paar Kommentare weiter vorher schon beantwortet. Es ist ganz klar, dass sich Eltern – mich inklusive – immer für die „Beste“ Schule entscheiden werden. Darum sollte diese scheinbare Trennung zwischen „guten“ und „schlechten“ Schulen ja aufgehoben werden. Gesamtschule für alle, dann stellt sich das Problem gar nicht. Deine Frage impliziert ja, dass ein Gymnasium „besser“ ist als eine Gesamtschule (oder eine Hauptschule).
„Besser bezahlte Lehrer sind motivierter und die Schüler bringen bessere Leistungen.“
Jetzt bin ich mal ganz frech und sage, aus eigener nicht zu lange zurückliegender Erfahrung (ABI2005), dass in Deutschland Gymnasiallehrer besser bezahlt sind, mit (oBdA) motivierteren Schülern Arbeiten und somit selbst ‚motivierter‘ sind zu Arbeiten, was zu besseren Leistungen führt.
Spaß bei Seite. Ich selbst stehe einer weiterführende Gemeinschaftsschule gegenüber recht aufgeschlossen gegenüber, bin aber auch der Meinung, dass der Auswahlprozess im Allgemeinen zu früh stattfindet. Schon durch die unterschiedliche Entwicklung der Kinder ist, es meiner Meinung nach, Quatsch die Weichen für weiterführende Schulen schon im dritten und vierten Schuljahr zu stellen. Hier sollte mehr gemeinsames lernen stattfinden und nicht zehnjärige auf unterschiedliche Niveaus gesetzt werden. Nach zwei weiteren Jahren sieht dort die Sache wieder anders aus.
Ansonsten gibt es ein weiteres Problem an den tollen Idealvorstellungen zur Gesamtschule: Es wird zu wenig in Lehrkräfte investiert. Wie soll, beim besten Willen, eine einzelne Lehrkraft 28-35 Schüler Leistungsgerecht unterrichten?
Nebenbei möchte ich mal eine aussagekräftige, fächerübergreifende Studie sehen, die belegt, dass ständiges Gruppenarbeiten für alle Beteiligten positive Effekte erzielt.
@ Wilki: Sehe ich auch so – wir alle sind gefordert, langfristiger und großräumiger zu denken. Wenn ein größerer Teil der Gesellschaft mehr als bisher über die eigenen, spezifischen Interessen hinausdächte und etwa bei Wahlen mehr das große Ganze berücksichtigte, könnten Parteien Dinge in ihre Programme schreiben, die bei dem aktuellem Mechanismus einen Nachteil für sie darstellen. Dann wären solche eher vernünftigen, weniger populistischen Vorhaben machbar.
@ schak: Gute Frage, ob die Schwächeren sich tatsächlich Hilfe holen würden. Das dürfte zu einem guten Teil von der Linie der Schule abhängen. Und davon, was für eine Atmosphäre dort herrscht. Da kann man aber sicher einiges tun, um darauf Einfluss zu nehmen. Man kann grundsätzlich einen „guten“ Umgang mit Aggression fördern und versuchen, bei allen (auch den Aggressiven) Ängste abzubauen, um Mobbingtendenzen entgegenzuwirken. Man kann vielleicht dafür sorgen, dass niemand wegen vermeintlicher Dummheit dumm angemacht wird (da haben auch die „Schlauen“ einiges an Verantwortung). Lehrer können das aktiv ermutigen. Man kann Patenschaften einrichten, wo immer ein älteres Kind eine Art Patenschaft für einen Neuschüler übernimmt und das jüngere Kind in die Gepflogenheiten der Schule einführt (das praktiziert die Schule meiner Tochter mit einigem Erfolg).
Es gibt natürlich keine Erfolgsgarantie – Lehrer und Schüler müssen das auch mittragen. Aber Möglichkeiten gibt es. Das ist allerdings aufwändig, und wenn die Schulen sowieso schon am Knapsen sind, ist dafür oft kein Geld und keine Kraft mehr übrig.
Bis 1947 habe ich in Bayern die Dorfschule besucht, hier wurden die Klassen 1 – 4 in einem Raum von einem Lehrer gleichzeitig unterrichtet. Danach besuchte ich bis 1950 in Leipzig die Grundschule. Hier wurden ab der 6. Klasse Grundschule damals schon naturwissenschaftliche Fächer, wie Physik, Biologie und Chemie gelehrt. Obwohl ich bis dahin ein eher schlechter Schüler war, gelang es dem Lehrer in diesen Fächern mein Interesse zu wecken, so dass ich den Abschluss der 8. Klasse recht ordentlich schaffte.
Nach Abschluss einer Laborantenlehre und einigen Berufsjahren konnte ich dann noch ein Fachschulstudium absolvieren.
Kurz nach Kriegsende waren die materiellen Bedingungen in Ost und West recht bescheiden und die Zusammensetzung der damals recht großen Klassen durch die Vielzahl der Flüchtlinge mit sehr unterschiedlicher Vorbildung alles andere als ideal.
Wenn aber ein Lehrer für sein Fach begeistern kann, spielen andere Dinge nur eine untergeordnete Rolle! Gute Lehrer haben gute Schüler!
Interessant ist doch, daß es wohl egal ist, wie „reich“ ein Land ist. Man vergleiche nur die best 7 ReadingScores:
– Shanghai China
– Korea
– Finnland
– Hongkong China
– Singapur
– Kanada
– Japan
Alle außer Finnland und Kanada haben
a) ganz andere Disziplin und
b) viel mehr Schriftzeichen als wir zu lernen
In Finnland gibt es das wohl beste Familien-Unterstützungs-System der Welt, was sich natürlich im Schüler-Interesse für schulisches niederschlägt. Hier zählt das „Miteinander“ und weniger das „Konkurrenz-Denken“. Außerdem ist die Sprache Finnisch selbst nicht so einfach…
In Kanada gibt es ein sehr gutes Schulsystem und: einen Dress-Code oder sogar Schul-Uniform!
Mit dem Thema PISA hab ich auch schon beschäftigt…. und kam zu folgenden Ergebnissen:
1) Die Pisa-Ergebnisse werden maßlos überschätzt. Allein schon die Genauigkeit der Punktangaben ist unseriös. Wenn man sich dazu mal die Fragen selbst anschaut (manche vorgegebenen, angeblich richtigen Antworten sind schlicht und ergreifend falsch) und wie die Fragen zustandekommen (Übersetzungproblem!) wird das Ganze schon sehr fraglich.
2) Pisa fragt Wissen ab, kein Verständnis. Schon mal schlecht…
3) Helfen die Besseren den Schlechteren? Ziehen die Schlechteren die Besseren runter? 1) Ja. 2) Nein. In Ländern mit längerem gemeinsamen Lernen stellt man fest, dass in der 5. und 6. Jahrgangsstufe die Schlechteren profitieren, WEIL ihnen von den Besseren geholfen wird. Die Besseren „leiden“ aber nicht darunter, deren Niveau bleibt konstant. In der 7. und 8. Jahrgangsstufe profitieren dann die Besseren (–> soziale Kompetenz). Im Ergebnis werden alle Schüler besser.
4) Lehrer selbst: Ich hatte das „Glück“, in einem Elternhaus mit einem Lehrer als Elternteil aufzuwachsen. Grausam…. Wenn ich mir die Idioten mit Ausbildung aus den 50´er und 60´er Jahren ansehe und mit den heutigen Lehrern aus meinen Bekanntenkreis vergleiche, muss man konstatieren: Früher waren die Lehrer grottenschlecht, heute sind sie Klassen besser ausgebildet. Das Problem sind die Eltern, die sofort jammern, wenn ihr Elite-Töchterchen nur eine 3 im Deutschaufsatz kriegt, weil das kann ja nicht sein, sie sit doch so hyperintelligent, was ja so sein MUSS, schließlich ist Papa ja Arzt und Mama Psychologin, da MUSS das Kind doch ein Genie sein und wenn der Lehrer das nicht einsieht, ist er böse und wird bei der Schulaufsicht angeschwärzt…..
So, musste mal sein….
@Florian:
Ganz rational betrachtet ist es doch aber so: Wenn die Gesamtschule flächendeckend eingeführt wurde, gibt es immer noch zwei Typen von Schulen: Gesamtschulen und private Schulen. Und dann hängt es nicht mehr von der Leistungsfähigkeit, von der Lernbereitschaft oder vom Talent des Schülers ab, auf welche Schule er kommt, sondern ausschließlich vom Geldbeutel der Eltern. Wie wir alle wissen gibt es schon heute einen wenig überraschenden aber eben auch nicht besonders befriedigenden Zusammenhang zwischen dem Einkommen der Eltern und den schulischen Chancen ihrer Kinder. Noch gibt es aber immerhin die Möglichkeit, mit entsprechenden Leistungen und entsprechend engagierten Eltern den Sprung in real oder wenigstens vermeintlich „bessere“ Schulen zu schaffen. Mit Einführung der Gesamtschule in der Fläche wäre die Option – auch auf sozialen Aufstieg – dahin. Und Eltern mit Geld würden selbstverständlich – wie Du schon richtig schreibst – stets die real oder vermeintlich „bessere“ Schule für ihr Kind wählen, was ihnen ja auch niemand verübeln kann. Meinem Erachten nach würde man damit eine Zwei-Klassen-Bildungsgesellschaft, wie sie heute ja bereits im Ansatz existiert, erst richtig zur Entfaltung bringen und zementieren. Und das halte ich für alles andere als wünschenswert…
@Florian
„…Es ist ganz klar, dass sich Eltern – mich inklusive – immer für die „Beste“ Schule entscheiden werden. …“
Ich würde genauso entscheiden und denke genau das ist das Problem. Es wird sich keine Mehrheit in der Bevölkerung finden und wäre somit politisch kaum durchsetzbar. Man müsste es sachte angehen. Es wäre ja schon mal ein guter Anfang, und wohl auch deutlich einfacher zu realisieren, wenn man die Grundschulzeit zwei Jahre verlängert. Praktisch eine Art Grundschuloberstufe. Schüler hätten mehr Zeit sich zu orientieren und auch den Eltern wird die Entscheidung der weiterführenden Schule deutlich leichter fallen.
Die dritte Grafik kann meiner Ansicht nach zu Fehlinterpretationen führen: Belegt sie wirklich, dass das Nicht-Sitzenbleiben und das Nicht-Aussondern schwächerer Schüler in Sonderklassen und -Schulen die Leistungen fördert? Oder belegt sie, dass Bildungssysteme, die sich zutrauen, Schüler individueller zu fördern und sie darum nicht zurückgehalten oder ausgesondert werden, insgesamt bessere Leistungen erzielen? Ich vermute – aus meiner eigenen Elternerfahrung – dass Letzteres eher zutrifft: Sitzenbleiben und Sonderschulen sind eher das Symptom eines Systems, das sich auch sonst nicht für die Förderung der Schüler verantwortlich fühlt. Zu meiner Zeit (60-er und 70-er Jahre) war dies ganz klar der Fall; Schule wurde als Sortieranstalt verstanden, die Ansprüche stellte – und wer denen nicht genügte, aus welchem Grund auch immer (vielleicht, weil die Lehrkonzepte nicht wirklich pädagogisch waren, sondern lediglich auf Messung und Filterung von Leistungsstufen ausgerichtet wurden?), wurde zurückgestuft und/oder aussortiert.
@Christian
Eltern, die es sich leisten können, schicken Ihre Kinder schon jetzt auf eine private Schule. Und Geld allein macht keine Intelligenz. Sicher werden es Absolventen einer privaten Schule in vielen Fällen einfacher haben. Das ist aber auch schon jetzt der Fall. Was dagegen hilft ist das Niveau der öffentlichen Schulen anzuheben und zu verbessern, so dass der Wissensstand und das Bildungsniveau der Absolventen der öffentlichen und privaten Schulen vergleichbar ist. Am Ende zählen die Leistungen, da die Prüfungen bei beiden gleich sind.
Auch mal wieder interessant, wie der Referenzrahmen im Balkendiagramm gewählt ist.
Das 0-level ist bei willkürlich auf 455 festgelegt.
Das suggeriert einen größeren Unterscheid, als es ihn wahrscheinlich tatsächlich gibt.
Die Punktzahlen der einzelnen Länder sind nämlich so skaliert, dass 500 der OECD-Schnitt ist und die Standardabweichung 100 beträgt. Wie man auf die Idee kommt, solche Zahlen mit Balkendiagrammen darzustellen, erschließt sich mir nicht.
Ich glaube zwar auch, dass es einen Zusammenhang zwischen Schulsystem und PISA-Punktzahl gibt, aber die Aussagekraft der Statistik bezweifle ich stark. Der Großteil der teilnehmenden Länder sind reiche, entwickelte Länder und liegen um den Mittelwert 500 herum. Dazu kommen aber eine Handvoll Ausreißer nach unten, die nicht vergleichbar sind (Kirgisistan, Panama, Peru, usw.). Wurden diese in den Durchschnitt für das Balkendiagramm mit einbezogen? Haben arme Länder nicht oft auch große Einkommensunterschiede in der Bevölkerung und damit oft auch ein diskriminierendes Bildungssystem? Es wäre mal interessant die Zahlen zu sehen, wenn man den Durchschnitt nur für die reichen Länder mit blauen Punkten ausrechnen würde. Wäre der Effekt hier derselbe, kleiner oder größer?
@Eisentor
Möglicherweise ist meine Auffassungsgabe durch die aktuelle Brauchtumspflege und dazugehörigen Verzehr von seltsam machenden Getränken etwas getrübt. Aber ich verstehe deinen Einwand mit dem Wechsel nicht. Wie willst du wechseln, wenn das komplette Schulsystem umgekrempelt wird? Willst du ins Ausland gehen?
@Wurgl Mein Kommentar war etwas wirr da hast du recht.
Ich wollte sagen, auch wenn im dreigliedrigen Schulsystem es nicht (oder nur sehr schwer) möglich ist in der 7ten Klasse zu wechseln, es nicht bedeutet das ein Realschüler am Ende nicht Abitur machen kann (in der gleichen Zeit wie ein Gymnasiast).
Aus der Grafik kann ich nur eine Sättigung bei den blauen und reichen Ländern erkennen, daß heißt mehr Geld bringt nicht mehr Schläue. Ganz im Gegenteil – hier wird offensichtlich Geld nutzlos verbrannt. Eine solche Statistik zu instrumentalisieren für die Forderung nach mehr Integrierte Gesamtschulen halte ich zumindest für Darmstadt als Standort von überwiegend Gymnasien seltsam. Wir haben neulich einige blinde Flecken identifiziert, als wir bei den Grünen über den Stand des Schulentwicklungsplans gesprochen haben. Es fehlen z.B. Daten über Abbrecher bei Gymnasien. Um global wettbewerbsfähig zu werden, halte ich es für erforderlich, dass alle die Hochschulreife erhalten sollten, zumindest als Ziel. Das heißt nicht, dass wir die Zulassungskriterien senken sollten, sondern dass es individuelle Entwicklungspläne geben sollte, das zu ermöglichen. Inklusionsthema. Will sagen, um Geld in das Bildungssystem zu investieren, sollten wir uns erst um die Ziele klar werden, um dann konkret zu werden, anstatt Ideologien hinterherzurennen, nach dem Motto gerüchteweise verlautet, dass IGSe toll sind..
@Christian: „Meinem Erachten nach würde man damit eine Zwei-Klassen-Bildungsgesellschaft, wie sie heute ja bereits im Ansatz existiert, erst richtig zur Entfaltung bringen und zementieren. Und das halte ich für alles andere als wünschenswert… „
Aber warum bekommen andere Länder das dann hin? So spezial ist Deutschland ja nicht…
Wie bitte? bei einer Standardabweichung von 100 will man mit 19 Punkten Differenz „beweisen“, welches System besser ist? (Ich gehe mal davon aus, dass Deine Zahlen stimmen). Wäre ja mal wieder ein schönes Beispiel dafür, wie nicht vorhandene Unterschiede politisch ausgebeutet werden (dass die OECD bzw. deren deutsche Vertreter bei Pisa und Co eine Agenda zu haben scheint(!) ist ja nicht ganz unbekannt)
Ansonsten sehe ich das wie JS: nur weil Länder, in denen weniger als 10% der Schüler „sitzenbleiben“ minimal höhere Ergebnisse haben heisst das nicht, dass jeder Schüler mitgezogen werden muss und nie sitzenbleiben darf (ohne je die Chance zu haben, das aufzuholen oder gefördert zu werden), sondern es kann auch bedeuten, dass schwächere besser gefördert werden in diesen Ländern (oder schneller die Schulart wechseln, oder von vornherein „richtig“ sortiert wird). Ebenso ist natürlich die Verzerrung durch extrem hoch/niedrig gepunktete Länder denkbar.
Zudem scheinen meines Wissens die „innerdeutschen“ Ergebnisse den internationalen zu widersprechen: Bayern und Baden-Württemberg liegen ja traditionell nicht gerade unter den schlechtesten Bundesländern, trotz (oder wegen) extrem gegliederten Schulsystem mit Trennung ab Klasse 5.
@Florian: Andere Länder haben nicht unbedingt ein historisch gewachsenes mehrgliedriges Schulsystem, von daher tritt das beschriebene Problem dort zumindet in dieser Form nicht auf. Wenn man aber die Bevölkerung über mehrere Generationen hinweg auf den sozialen Aufstieg über die Glieder des Schulsystems konditioniert, kann man dem Ganzen meiner Ansicht nicht einfach ein Gesamtschulwesen überstülpen und auf positive Annahme hoffen. Außerdem gibt es ja durchaus Staaten, in denen es ähnliche Probleme gibt – man denke nur an die berühmten, teuren Oberschicht-Schulen in Großbritannien, auf denen die künftigen Lords und Ladies kaum je einem Sprößling aus der Arbeiterklasse begegnen…
Es geht bei allen Graphiken um die Lesefähigkeiten?
Klar kann man/“ein land“ hier nicht mehr besser werden, als ein bestimmtes Level. Vielleicht geht die Graphik aber in anderen Bildungsbereichen noch deutlich länger nach oben? Noch dazu: Man liest verschiedene Sprachen…
Finde die Graphik, wie schon die PISA-Studie im Allgemeinen kaum aussagekräftig.
Eine Statistik die sehr interessant ist, ist die Verteilung an besonders hoher und niedriger Kompetenz (Seite 9):
https://www.mpib-berlin.mpg.de/Pisa/PISA_im_Ueberblick.pdf
Deutschland hat einen geringen Anteil an Schülern einer hohen Kompetenzstufe, aber einen hohen Anteil an Schülern auf geringer Komepetenzstufe, beides schlechter als der OECD-Durchschnitt.
Es gibt also schlechte Durchschnittsleistungen und schlechte Spitzenleistungen.
Ein großer Unterschied in den Bildungsystemen ist zum einen die frühkindliche Förderung von 3-6 Jahren, da hier bei einem Zweiklassenstaat, wozu Deutschland zunehmend tendiert, ein Teil des Nachwuchs nicht angemessen gefördert wird und die Schule es nicht leisten kann dieses zu kompensieren (Problem der Grundschule, führt zur Hauptschule, der weitere Weg ist vorgezeichnet).
Die Hauptschule wiederum ist einer den Herausforderungen der Globalisierung nicht mehr angemessene Bildungsinstitution, was dazu führt, dass viele qualifizierte Ausbildungsplätze aufgrund von zu vielen Studienanfängern nicht mehr adäquat besetzt werden können.
Fachkräftemangel besteht im akademischen Bereich ohnehin nur in wenigen Ingenieurstechnischen Disziplinen und vielleicht Medizinern, nicht in den Naturwissenschaften oder Humanwissenschaften. Viel gravierender ist er in spezialisierten Ausbildungsberufen, (Vulkaniseure, Elektroinstallateure).
Jetzt bin ich irgendwie vom Thema abgekommen, aber musste halt raus :P.
[zitat]Warum muss in einer Gesamtschule die „Eltite“ unbedingt runtergezogen werden? Gesamtschule heißt ja nicht, dass gute Schüler nicht mehr entsprechend gefördert werden können. [/zitat] — Wie kann man hier quotes machen?
Wie stellst du dir das denn vor? Indem man kurse für gute und kurse für schlechte anbietet? Genau das ist ja nicht gewollt in einem solchen modell.
Indem man die kinder nach 32h schule die woche nochmal für 8h nachsitzen lässt? Also ich hatte nachdem ich um 6 uhr aufstehen musste, von 8-13/14 uhr in der schule sitzen (wobei ich um 11 schon kurz vorm einschlafen war), besseres zu tun als noch weiter in der schule zu sitzen.
Den schülern während des unterrichts andere aufgaben geben als anderen schülern? Das ist absolut realitätsfremd.
Gymnasium ist heutzutage schon eine gesamtschule, wenn man sich anschaut welche schüler dort mit ihren arbeitseinstellungen sitzen.
Also, wie genau soll das fördern denn funktionieren?
@Ben: „Indem man kurse für gute und kurse für schlechte anbietet? Genau das ist ja nicht gewollt in einem solchen modell.“
Gesamtschule heißt nicht, dass jegliche individuelle Förderung abgeschafft wird. Es heißt nur, dass man die Kinder nicht schon mit10 Jahren auf ihre Zukunft festlegt.
„Den schülern während des unterrichts andere aufgaben geben als anderen schülern? Das ist absolut realitätsfremd. „
Tatsächlich? Es ist z.B. durchaus üblich, dass in Grundschulen zwei Klassen gemeinsam unterrichtet werden. Da sind dann 1 und 2 Klasse zu einer Gruppe zusammengefasst. Da haben die Kinder dann natürlich auch mal unterschiedliche Aufgaben. Außerdem können die älteren den jüngeren helfen und beide lernen was dabei.
@Ben
Ich denke hier sollte es differenziert werden zwischen ‚Gesamtschule‘ und ‚Gemeinschaftsschule‘. Gesamtschulen beherbergen alle 3 Schularten unter einem Dach und bieten leistungsbezogene ‚Züge‘ an. Gemeinschaftsschulen sind Schulen (oder sollen es zumindest in BaWü werden), in denen keine leistungbezogenen Kurse angeboten werden, sondern alle Schüler einer Jahrgangsstufe in einer Klasse individuell gefördert werden (wobei es mir recht schleierhaft ist, wie das eine Lehrkraft bewerkstelligen soll, bei bis zu 28 Kindern pro Klasse)
@Florian:
Hast du schon einmal davon gehört, dass es in Deutschland mehrere Möglichkeiten gibt, wie auch Leute, die „nur“ auf der Hauptschule waren, trotzdem noch ihr Abitur nachmachen und studieren können?
Klar haben die es dann schwerer – aber einfach zu sagen, die Zukunft wäre durch die Entscheidung, auf welche Schule man mit 10 Jahren geschickt wird, „festgelegt“, ist eine klare Übertreibung. (ich spreche hier aus Erfahrung – ich arbeite schliesslich selbst an einer Fach- und Berufsoberschule, wo wir genau ein solches Klientel haben…)
Bei standardisierten Studien wäre ich etwas vorsichtiger. Wenn man ein Bildungssystem nach zu vielen Standards ausrichtet, wird auch häufig das Individuum standardisiert, da es sich dann im Lernprozess an den durch die Standards legitimierten und von oben vorgegebenen Prüfungen zu von oben bestimmten Zeitpunkten, Lerninhalten, Unterrichtsmethoden und -zeiträumen richten muss.
So vernachlässigen viele ihre eigenen Interessen um sich in der Schule zu integrieren und viele verschlechtern sich, weil sie entweder mit dem vorgegebenen Frontalunterricht nicht klar kommen, den Prüfungsdruck nicht ertragen, sich mehr für andere, nicht unterrichtsrelevante Themen interessieren oder weil sie z.B. am Nachmittag besser lernen können als am Morgen.
Daher finde ich es wichtig das Bildungssystem so zu verändern, dass die freie Entfaltung des Individuums im Mittelpunkt steht, so dass sich jedes Individuum frei entwickeln kann, ohne an Zwänge wie Lernzeiträume und Lerninhalte, sowie aufgezwungene Benotung, gebunden zu sein. Außerdem sollte jeder Lernende den Schulalltag mitgestalten können.
Demokratische Schulen gehen in diese Richtung ( Siehe unter anderem https://www.eudec.org/ ). Diese könnte man vielleicht als Vorbild für ein neues staatliches Schulsystem nehmen.
Ich bin der Geist, der stets verneint.
Was besagt eigentlich so ein reading score? Ist es die Lesefähigkeit, oder die Lesewilligkeit?
Kann es sein, dass in den Ländern, die hier die höchsten reading scores erreicht haben, die gefügigsten Leute sind?
Störrisches Verhalten der Schüler verläuft in einem breiten Spektrum. Das geht vom Spaß am Ärgern des Lehrers über das Sich-gut-verkaufen-Können bis hin zur Barometer-Frage.
Innerhalb Deutschlands gibt es eine interessante Begründung für das gute Abschneiden der bayerischen Schulen. Es ist das Zentralabitur. Da wussten die, die Einfluss auf die Auswahl der teilnehmenden Schulen hatten, wo die höheren Ergebnisse zu erwarten sind.
Und dann frage ich mich, wie man die Lesekompetenz zwischen Argentinien und Russland vergleichen soll? In Silben pro Minute?
Und was ist erst mit China?
Leider werden viele Entscheidungen aufgrund von solchen Fakten getroffen.
Die grundschulen, die ich kenne haben maximal 20 schüler; die gymnasien, die ich kenne ~32. In grundschulen ist ein großteil des tages in einem raum bei einem lehrer, da ist das nicht allzu schwer freier zu arbeiten – zb wochenpläne o.ä.. In eine normalen gymnasium ist das nicht möglich, da du weder die zeit noch den raum hast sowas zu machen.
Wie genau stellst du dir – im momentanen schulsystem – vor, zb zwei klassen zusammen zu unterrichten; mir fällt keine möglichkeit ein.
Sowas wie ’schüler individuell fördern‘ ist absoluter realitätsferner quatsch im momentanen gymnasialsystem.
Es gibt projektschulen, die eben sowas behaben zu versuchen, zb jena-plan schulen; dort ist sowas zum teil umsetzbar; nicht jedoch im restlichen dt. schulsystem.
@SCHWAR_A
Das spielt für das Vorlesen von finnischen Texten keine Rolle. Auch ich kann fließend finnische Texte vorlesen. Keine Ahnung was das bedeutet. Ich kann kein Finnisch.
@Bjoern
Selbstverständlich gibt es die Möglichkeit, mit jedem Schulabschluss die Hochschulzugangsberechtigung zu erlangen. Doch gerade die Hauptschulen zielen – überspitzt formuliert – auf Bildungsbegrenzung. Die Art, wie dort gelernt wird, lässt die kognitiven Fähigkeiten verkümmern, die für ein Studium aber unerlässlich sind. Deshalb gibt es auch so wenige Hauptschulabsolventen, die sich ein Studium zutrauen.
Menschenverachtend ist auch die Begründung des 3-gliedrigen Schulsystems in D. von Heinrich Weinstock. Zitat: „Dreierlei Menschen braucht die Maschine, den, der sie bedient und im Gang hält; den, der sie repariert und verbessert; schließlich den, der sie erfindet und konstruiert“ Und darauf sind die Schulen auch ausgerichtet. Jemand, der die Maschine bedienen soll, braucht die Fähigkeiten erst gar nicht zu erlernen, die man für ein Studium braucht.
Es gibt viele traditionelle Eigenschaften im Schulsystem, die dringend überprüft und dann möglicherweise verändert werden sollen.
Da ist zum einen, dass Schüler in Jahrgängen eingezogen werden. Warum hat man in Großstädten mehrere Schulen mit Klasse 7a bis Klasse 7e? Warum rekrutiert man nicht zwei mal oder vier mal jährlich. Dann ist der Sprung nach oben oder das Sitzenbleiben nicht so schwierig.
Als nächstes frage ich mich, warum man einen Lehrer auf 30 Schüler hat. Millionen Menschen machen vor Ämtern und Verwaltungen Männchen oder werden mit sonst einem Quatsch beschäftigt. Warum kriegen wir es nicht gebacken, die Anzahl der Lehrer zu verdoppeln?
Es liegt mal wieder an der Verwaltung. Ich habe es vor ein paar Wochen wieder einmal erlebt. Da muss eine Schule zwei mal die Stelle für einen Mathematiklehrer ausschreiben. Und da meldet sich keiner, weil es keine Mathematiklehrer gibt. Und dann darf sie für Seiteneinsteiger ausschreiben. Jetzt kommen sieben Diplom-Leute, darunter drei Doktor der Physik.
Und dann komme ich zum Spocht. Sport gehört abgeschafft. Das ist Kinderquälerei. Die Leute, die ihre schlechten Leistungen in Mathematik kompensieren wollen, sollen das gefälligst am Nachmittag im Verein machen, wenn der Streber nicht dabei sein muss.
@engywuck:
Das mit der Normierung auf µ = 500 und σ = 100 steht so in der Wikipedia, das habe ich jetzt einfach mal so geglaubt und übernommen.
Siehe hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Pisa-Studie#Durchf.C3.BChrung_und_Auswertung
Und auch 19 Punkte Unterschied können signifikant sein, wenn der Datensatz nur groß genug ist. Und ich gehe mal davon aus, das man das überprüft hat, immerhin ist das eine offizielle Veröffentlichung der OECD.
Die Bedeutung ist letztendlich, dass die Punktzahlen relativ im Bezug zu den andern Ländern zu sehen sind, und nicht als absolutes Maß für „Bildungsqualität“, was auch immer das ist. Vom Konzept her unterscheidet es gar nicht so sehr vom IQ-Punktsystem, nur das dieses seltener normalisiert wird.
@Noe:
Auch wenn das stimmt (kann ich nicht beurteilen): Deswegen muss man aber die Hauptschule doch nicht gleich abschaffen – es würde genügen, sie zu reformieren…
„deshalb“? Wirklich nur deshalb? Oder könnte es evtl. nicht vielleicht auch daran liegen, dass auf der Hauptschule eben doch im Schnitt (!) die Schüler sind, die eben nicht intelligent genug für ein Studium sind?
Und: so wenige Hauptschulabsolventen sind das auch wieder nicht – die Berufsoberschulen sind meist gut gefüllt…
@Lohengrin:
Klingt auf den ersten Blick nicht schlecht – macht es aber wohl schwierig, eine Klassengemeinschaft aufzubauen…
Liegt es nicht auch daran, dass einfach nicht so viele Leute überhaupt Lehramt studieren wollen?
Und was genau willst du mit dem Beispiel aussagen? Dass genügend Lehrer da wären, wenn wir nur alle Seiteneinsteiger berücksichtigen würden, oder was?
Als selbst betroffener Streber wage ich hier trotzdem zu widersprechen. 😉 Gerade die Streber neigen halt doch dazu, sich körperlich gehen zu lassen, was ohne Zweifel eher ungesund ist. Wenn’s den Schulsport nicht gäbe, hätten die praktisch überhaupt keine Bewegung mehr. Was man dagegen abschaffen könnte, ist die Benotung des Sportunterrichts… oder halt nur die Teilnahme bewerten, aber nicht die Ergebnisse.
@Bjoern: „Hast du schon einmal davon gehört, dass es in Deutschland mehrere Möglichkeiten gibt, wie auch Leute, die „nur“ auf der Hauptschule waren, trotzdem noch ihr Abitur nachmachen und studieren können? „
Natürlich weiß ich das. Aber ich versteh nicht, warum es den Leuten unbedingt schwerer machen muss als nötig? Warum muss man schon 10jährige selektieren? (auch wenn sie später noch wechseln können)
@Bjoern
Ja. Und die Seiteneinsteiger haben es drauf. Die haben oft jahrelange Erfahrung als Tutor oder als Lektor.
Mein letztes Halbjahr Sport war das erste Halbjahr der Klasse 13. Es wurde Hallenfußball gespielt, und wir hatten fast jedes mal Verletzte. Der Sportlehrer hat den Fehler gemacht, anzukündigen, dass er die beiden Ergebnisse aus den beiden Quartalen mitteln werde, und dass er mir im ersten Quartal zwei Punkte gegeben hat. Da konnte ich das letzte Quartal mich auf die Ersatzbank setzen.
Lustig war, dass der Triathlon-Mensch, der auf Klassenfahrt eine Medikamentenkiste dabei hatte, leider nicht die Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr antreten konnte, weil er ausgemustert wurde.
Und dann war da noch die schriftliche Abstimmung, was wir denn im Sport machen wollen. Der Lehrer bemerkte über mich entsetzt „Aber Volleyball schreibt man doch nicht mit i.“. Ich antwortete „Volleiball schon.“.
Und dann war da noch ein Brief an einen Politiker, den ich in einen Computer eintippen sollte. Als der Politk-Lehrer, der mir diktierte, völlig entsetzt ausrief „Das darf doch nicht wahr sein! Das ist hier Jahrgangstufe 11, und du schreibst Gymnasium mit ü.“, war es mir unmöglich, ihn davon zu überzeugen, dass ich ihn veräppeln wollte.
Auch der Deutsch-Lehrer fand es gar nicht witzig, als ich in einer Interpretation von Borcherts „Das Brot“, etwas von, „denn der Gatte, den sie hatte“ schrieb. Ich hatte übrigens Deutsch als Abiturfach, damit ich mir im Grundkursbereich einen Defizit mehr leisten konnte. Die Defizite in Englisch, Sport und Musik (Lehrer: Was könnte der Titel dieses Stücks sein? Tröt tröt. Ich: Öffentliche Toilette bei Nacht.) waren schon sicher. Dass ich ein Abitur gekriegt habe, ist ein Wunder. Und ohne Abitur hätte ich auf der Uni Brückenkurs Deutsch belegen und ohne Defizit bestehen müssen, was ich nicht geschafft hätte.
@Bjoern
Was ja auch ein Beleg dafür ist, dass die Grundschulempfehlung nichts taugt und die Schüler einen Umweg über die Hauptschulen machen müssen, der ihnen überwiegend Nachteile bringt.
Hinzu kommt noch die Hierarchisierung der Abschlüsse in der Wirtschaft. Die Bewerber werden oftmals danach aussortiert, wo z.B. das Abitur gemacht worden ist. Und die ehem. Hauptschüler sind hier auch schon wieder benachteiligt. Und das zusätzlich zum ohnehin schon erschwerten Weg, an ihr (Fach-)Abitur zu kommen.
Außerdem sind die gut gefüllten Berufsoberschulen und ähnliche Einrichtungen ein Zeichen dafür, dass die Hauptschulabsolventen auf dem Arbeitsmarkt kaum Chancen haben, einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu bekommen. Solche Schulen sind ein Versuch, sich für den Arbeitsmarkt aufzuwerten.
Ob es ausreichen würde, die Hauptschule ’nur‘ zu reformieren? Wenn es mittlerweile für Ausbildungsplätze, die früher überwiegend mit Hauptschülern besetzt wurden, viele Bewerber mit der Mittleren Reife oder sogar Abitur gibt, reicht es ,denke ich, nicht, die Hauptschule zu reformieren. Die Schulbildung soll allgemein sein. Das 3-gliedrige Schulsystem macht sie aber zweckorientiert. Da die Hauptschule ihren Zweck, die Kinder für die Ausübung von minder qualifizierten Berufen (klingt hart, ist aber so) vorzubereiten, nicht mehr erfüllt, so hat sie auch keine Daseinsberechtigung mehr.
@Lohengrin:
Ich bin selbst Seiteneinsteiger, und habe auch mehrere andere direkt erlebt – und ich kann dir sagen: es ist etwas völlig anderes, ob man Tutor an der Uni ist, oder vor einer Klasse an einer Schule steht…
@Florian:
Zumindest da kann ich (teilweise) zustimmen: die Selektion findet wohl zu früh statt. Vor allem, weil es meines Wissens Ergebnisse der Lernpsychologie gibt, wonach man in dem Alter noch kaum das intellektuelle Potenzial abschätzen kann…
@Noe:
Es ist ein Beleg dafür, dass die Grundschulempfehlung alles andere als perfekt ist – „nichts taugt“ finde ich dann doch etwas übertrieben…
Da sehe ich halt das Problem weniger bei der Hauptschule an sich, sondern mehr bei ihrer Akzeptanz in Bevölkerung und Wirtschaft…
Vielleicht sollte man als Maßstab nicht das Gesamt-BIP nehmen, sondern nur die Ausgaben für Primär- und Sekundarstufe.
Nur weil ein Land unheimlich viel Geld umsetzt, muss ja nicht unbedingt auch viel für die Bildung der Kinder ausgegeben werden!
@Bjoern
Hmmm… wenn ein großer Teil der Haupt- und Realschüler über einen Umweg höherwertige Schulabschlüsse erlangt, und ein Teil der Gymnasiasten und Realschüler noch während ihrer Schulzeit auf eine ’niedrigere‘ Schule wechseln müssen, dann ist es weit untertrieben zu sagen, die Grundschulempfehlung wäre ’nicht perfekt‘ Ein Auswahlsystem, das in so einem Umfang nachgebessert werden muss, taugt in meinen Augen nichts. Es sind schließlich keine Äpfel die hier sortiert werden, sondern Menschen.
Da stimme ich dir nur zum Teil zu. Die Hauptschule ist ein Auslaufmodell, so wie sie ist. Sie erfüllt die Anforderungen der Globalisierung an die Gesellschaft nicht. Man kann sie selbstverständlich reformieren. Dies läuft aber darauf hinaus eine weitere Schule nach Art der Realschule zu schaffen. Da kann man sie (die Hauptschule) aber auch gleich abschaffen.
Interessant ist übrigens, dass der Reading Score bei den Amis, über deren (eingleisiges) Schulsystem hierzulande ja gerne gespottet wird, höher ist als der deutsche – wenn auch nur geringfügig. Aber schon bemerkenswert. Noch viel höher ist allerdings die Punktzahl der Kanadier, die ebenfalls eingleisig arbeiten.
Ich war Schüler an einer US-amerikanischen High School und einer kanadischen Uni und bin ein Verfechter des Gesamtschulsystems. Ich empfinde es als gerechter und in der Regel auch effizienter. Die ganz Elitendiskussion geht meiner Meinung nach völlig in die falsche Richtung. Natürlich muss es an einer Gesamtschule entsprechende Leistungsförderung geben, so dass Kinder zum Beispiel jahrgangsstufenübergreifend Kurse besuchen, also auch mal ein 15-jähriger mit einem 18-jährigen im Mathekurs sitzt.
Viel wichtiger als das zugrundeliegende Schulsystem ist aber die angemessene Würdigung und Entlohnung der Lehrer – das ist ein Job, den ich nicht 35 oder 40 Jahre lang machen wollen würde. Gerade Grundschullehrer, die mit den Eltern das Fundament für jede vernünftige Bildung legen, werden in Deutschland meiner Meinung nach nicht ihrem Wert für die Gesellschaft entsprechend behandelt (d.h. auch bezahlt).
@Uli: Die zweite Grafik zeigt doch genau das, was du sehen willst… (wie viel Geld direkt in die Bildung investiert wird)
@Noe: Also, irgendwie argumentierst du nach „Heads, I win; tails, you lose“: wenn an den Berufsoberschulen wenig Schüler sind/wären, dann sagst du, das liege daran, dass die Hauptschulen „die kognitiven Fähigkeiten verkümmern“ lassen. Wenn dort viele Schüler sind/wären, dann sagst du, das zeige, dass auf den Hauptschulen viele Schüler wären, die eigentlich intelligenter wären und falsch einsortiert wurden. Sprich: egal, wie viele Schüler aus der Hauptschule an der BOS ihr Abitur nachmachen – du machst immer ein Argument gegen die Hauptschule daraus…
Klingt stark nach der neuen „Mittelschule“ in Bayern… 😉
https://de.wikipedia.org/wiki/Mittelschule_%28Bayern%29
Hmm…
ich finde die Diskussionen hier sehr spannend, aber auch etwas fruchtlos. Diese Streitgespräche werden seit langer Zeit, und noch vor PISA, geführt und offensichtlich lassen sich keine Lösungen finden, weil zu sehr Emotionen, politisch/gesellschaftliche Vorstellungen oder persönlich Vorlieben involviert bzw. im Weg sind.
Für mich ist gerade die Grafik 2 der feuchte Traum eines jeden Finanzministers. Wenn man sich mal zurück lehnt und die Grafen betrachtet, könnte man daraus schließen, dass wir für Deutschland leicht 20.000 Euro pro Schüler einsparen könnten. Damit lägen wir zwar auf dem Niveau von Polen, aber noch auf der oberen Geraden. Und dort ist es ja egal wie viel man ausgibt. /ironie Off
Ich finde diesen Aspekt viel wichtiger, eigentlich auch gefährlicher, als der Streit über die richtige Schule, weil darin eine wirkliche Gefahr für unsere Kinder besteht.
(BTW ich finde die aktuellen Bestrebungen zur Zusammenfassung von Schulformen gut. Nur müssten die neuen Schulen/-formen nur noch deutlich durchlässiger und flexibler gestaltet werden.)
„Ja. Und die Seiteneinsteiger haben es drauf. Die haben oft jahrelange Erfahrung als Tutor oder als Lektor.“
Verrate mir doch bitte wer, wie man Zitatboxen einfügt; danke.
Das war Ironie nehme ich an? Falls das Ernst gemeint war; der Beruf eines Lehrers hat (abgesehen davon, dass man Stoff vermitteln soll) garnichts, aber auch garnichts mit dem eines Lektors/Tutors zu tun. Kleiner Tipp; in der Schule sind nicht alle Schüler ‚freiwillig‘ 😉
Die grundidee des dreigliedrigen schulsystems ist ja ok, das was daraus mit der zeit gemacht wurde ist das problem. Gut wäre ein kurssystem bei dem jeder schüler individuell in zwei/drei leistungsstufen wählen kann; sozusagen mathe (einfach und langsam) -> mathe (effizient und schnell).
Wichtig wäre dabei, dass lehrer auch kontrolle haben und somit schlechte und v.a. unwillige schüler (es gibt echt nichts schlimmeres als leute die den unterricht boykottieren und für andere vermiesen) direkt zu entfernen; wer nicht mitmacht fliegt raus und fertig, statt den rest zu belästigen.
Nur realistisch ist dies aus vielen anderen gründen auch wieder nicht.
Ideal wären einfach schüler, die interesse am fach haben in gruppen von max 15 schüler / lehrer. Größer und/oder unwillige schüler ist chaos und ineffektiv.
1. Zitatbox: man stelle ein in spitze Klammern eingeschlossenes blockquote voran und am Ende mache man ein ebenfalls in spitze Klammern eingeschlossenes /blockquote. Ob man es richtig gemacht hat, sieht man in der Kommentarvorschau.
2. Daß der Wunsch nach der Gesamtschule ausgerechnet immer von politisch links Stehenden kommt (mit ein paar wenige Ausnahmen), und daß dabei regelmäßig Studien vernachlässigt werden, die nicht für die Gesamtschule sprechen, deutet aber auch nicht unbedingt auf Ideologiefreiheit der Befürworter der GS hin, oder? Siehe dazu den interessanten Artikel auf Scilogs, der weiter oben verlinkt wurde.
Noch was zu dem Thema: https://www.schuelerbegehren.at/
Einen hab ich noch: https://www.ak-gesamtschule.de/
Man lese sich dort einmal die Informationen zu den Forschungsprojekten des Max-Planck-Institutes für Bildungsforschung durch. (Die sind im Artikel auf Scilogs eh erwähnt.)
:-)))
Benachrichtigung funzt natürlich wieder nicht;-(
Bei Georg Hoffmann auch nicht:-(((. Bei allen anderen schon.
Toxische Tastenkombination: der Kommentar sollte zu Geograffitico. Den krieg ich nicht benachrichtigt. Muss halt in die Lesezeichen.
Dich krieg ich immer gut;-)
Zum Thema: heiß, heißer, am heißesten. Meine eigenen Erfahrungen widersprechen den Forschungsergebnissen, was aber keine Kritik an den Forschungsergebnissen sein soll…:-)
Übrigens genauso wie bei Schuluniformen: Hätte ich nie haben wollen. Scheint aber sehr sinnvoll und auch akzeptiert zu sein.
Man wird so alt wie eine Kuh und lernt doch immer noch dazu…
@Ben
Ich habe das ernst gemeint.
Die Fähigkeit, Stoff vermitteln zu können, ist das Wichtigste. Ich habe sowohl bei Tutorien von Lehramtstudenten als auch bei Nachhilfe für Schüler immer wieder die gleichen Fehler bemerkt. Es liegt immer an mangelnder Präzision und dem Versuch, den Eindruck zu erwecken, keine Fehler zu machen.
Ein Beispiel: Wenn man f und f(x) synonym verwendet, dann kommt man spätestens bei der Kettenregel in Teufels Küche.
Die Gründe sind relativ neu. Der Lehrer wird juristisch belangt, wenn er seine Aufsichtspflicht vernachlässigt.
Ich bin damals vom Deutschlehrer vor die Tür gesetzt worden, bevor ich überhaupt gestört habe. „Das ist prophylaktisch.“, sagte er. Das war das Beste, was er tun konnte, und war auch in meinem Sinne.
Das sehe ich genauso.
Gegen Unwilligkeit in Mathematik kann man hervorragend mit praktischen Anwendungen vorgehen. Es gibt viele Beispiele, wo der gewöhnliche Mensch aus dem Bauch heraus völlig daneben liegt. Außerdem gibt es schöne Videos, die man vorführen kann, wie zB dies von Knorkator. Anschließend kann man den Vorzeichenfehler und die Umgehung des Rundungsfehlers besprechen.
Das Aufzeigen der Fehler in der Pisa-Studie ist auch so etwas. Nebenbei kann man erklären, was die statistischen Aussagen bedeuten würden, wenn denn die Voraussetzungen erfüllt wären.
ist es nicht so, dass man das alles auf „Kinder frustrieren oder nicht frustrieren“ herunter brechen kann?
schulsysteme, die kinder systematisch frustrieren (durch aussonderung, durchfallen usw.) sind weniger erfolgreich. das leuchtet mir auf einer sehr grundsätzlichen ebene ein. da müsste schon jemand kommen und mir mit sehr harten empirischen belegen das gegenteil beweisen.