Zuerst war ich an der Universität Lüneburg und habe etwas über die soziologische Erforschung des Klimawandels gelernt. Dann habe ich die Lüneburger Heide besucht und mir Gedanken über außerirdische Einflüsse auf das Klima gemacht. Aber meine „Klimareise“ geht weiter und mittlerweile bin ich in Bremerhaven an der Nordsee angelangt.
Hätte ich die 132 Kilometer mit dem Auto zurück gelegt, dann hätte ich dafür 18 Kilogramm CO2 in die Atmosphäre pusten müssen.
Wäre ich mit dem Zug gefahren, wären es immerhin noch 13,2 Kilogramm CO2 gewesen.
Und wäre ich mit dem Flugzeug geflogen (was mangels Flughafen in der Heide aber schwierig wird), wären enorme 38,2 Kilogramm CO2 angefallen.
Ich aber bin (es ist ja immerhin eine Klimareise!) mit dem Fahrrad gefahren. Und frage mich, wieviel CO2 ich dadurch in die Luft gepustet habe. An sich sollte Radfahren ja ziemlich klimaneutral sein. Aber zumindest bei der Produktion meines Fahrrads müssen irgendwann mal klimaschädliche Emissionen angefallen sein. Dazu habe ich aber – bis jetzt zumindest – noch keine brauchbaren Informationen gefunden. Aber da ich seit sieben Jahren nur noch mit Fahrrad bzw. Zug unterwegs bin (ok, zwei Flugreisen waren in der Zeit auch dabei), sollte ich das mittlerweile schon wieder eingespart haben.
Auf den 132 Kilometern zwischen Wilsede und Lüneburg habe ich aber natürlich auch Energie benötigt. Meine Fitness-App sagt mir, dass ich circa 2500 Kilokalorien verbraucht habe. Einen Teil davon habe ich in Form einer Quarkschnecke, eines Käsecroissants, eines Rosinenbrötchens, eines Vollkornbrötchens mit Wurst, einer 0,5 Liter-PET-Flasche Cola und einer Tasse Kaffee mit Milch während der Tour konsumiert. Auch dieses ganze Zeug musste produziert werden und wenn man genau darüber nachdenkt, wird die ganze Sache mit der Nachhaltigkeit vermutlich ein wenig deprimierend…
Ich bin jedenfalls gerade ein wenig zu erschöpft um mehr zu diesem Thema zu recherchieren und zu schreiben (was vor allem am verdammten Gegenwind lag, der mich die kompletten 132 Kilometer begleitet hat und die Fahrt deutlich länger dauern hat lassen, als sie dauern sollte). Ich muss mich auch noch auf meinen Besuch am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven vorbereitet, der als nächster Programmpunkt meiner Klimareise ansteht.
Ich beschränke mich also für heute auf einen Lesetipp: Nebenan bei „Frischer Wind“ beschreibt Christian Reinboth, wo man die direkten Auswirkungen des Klimawandels in Sachsen-Anhalt beobachten kann.
Und falls ihr anderswo interessante Geschichten über den Klimawandel beziehungsweise verlässliche Informationen über die Berechnung von CO2-Emissionen gefunden habt, dann sagt bitte Bescheid!
Alle Artikel aus meiner Serie zum Klimawandel gibt es hier.
Viel Spass am AWI und schöne Grüsse an meinen ehemaligen Arbeitgeber! Ich bin sicher, Du wirst einen netten und informativen Tag dort haben.
@Florian
Gestern habe ich einen Artikel bei Klimalounge gelesen, wo beschrieben wird, wie ein vermeintlicher Experte vor dem Umweltausschuss des niedersächsischen Landtags die Hypothese aufstellte, dass CO2 eigentlich das Klima abkühlen müsste, und dies anhand des Vergleichs der Maximaltemperaturen auf dem Mond und in der Sahara begründen wollte. Enthält auch eine sehr schöne Grafik der Strahlungsbilanz der Erde (mit 0,9 W/m² mehr Absorption als Emission). Auch die anschließende Diskussion ist lesenswert, man lernt, wie man die mittlere Temperatur des Mondes ausrechnen kann.
Mich würde in der Tat mal interessieren, wie viel CO2 die Produktion eines Fahrads freisetzt.
Natürlich verursacht hierbei die Produktion eines Oberklassemountainbikes, wie sie im Moment beim Verbraucher außerordetlich beliebt sind, deutlich mehr als ein Hollandrad.
Soweit ich weiß, werden die Stahlrahmen für die meißten Hollandradäder noch in Europa hergestellt, die Alu- und Carbonrahmen für ein gutes Mountainbike ausschließlich alle in Fernost, meißt Taiwan. (Abgesehen bis auf ganz wenige, allerdings für den Normalverbraucher fast unbezahlbare Rahmen .)
Ob in Taiwan bei der Aluminium- und Carbonmatrizenproduktion mehr CO2 als in Europa freigesetzt wird, könnte man annehmen.
Hinzu kommen Hightechteile wie z.B. die Federgabel am MTB. Diese sind äußerts aufwendig in der Produktion. Des eiteres folgen Scheibenbremsen, Dämpfer und Laufräder, die beim vielgekauften Oberklasse MTB von etwa € 3000.- bis € 4000.- alle hochqualitative Teile darstellen und damit entsprechend aufwendig und mit viel CO2 Freisetzung produziert werden müssen. Dies geschieht bis auf Ausnahme bei den Fox Federgabeln und den höherwertigen DT Swiss Naben alles in Ferost, da ansonsten der Preis für so ein MTB schnell bei € 8000.- bis 10000.- läge.
Man sieht, daß so ein OK-MTB bei der Produktion eine richtige CO2-Schleuder ist, wo man zunächst „grüne Technik“ erwarten könnte.
@Oliver: „Man sieht, daß so ein OK-MTB bei der Produktion eine richtige CO2-Schleuder ist, wo man zunächst “grüne Technik” erwarten könnte.“
Naja, da müsste man das zuerst aber in Vergleich mit Produktion und Betrieb eines Autos/eines Zugs setzen um das sagen zu können…
Sehr schön zu lesen, dass auch endlich mal mit der Legende vom emissionsfreien bzw. klimaneutralen Fahrradfahren aufgeräumt wird. Bei der Herstellung geht sicher einiges an Rohstoffen drauf. Dazu kommt dann noch der Transport von Einzelteilen um die halbe Welt.
Der Energieverbrauch pro Kilometer ist zwar extrem niedrig (viel energieärmer als mit Fahrrad geht kaum) aber ist trotzdem vorhanden. Ich merke an meinem Hunger deutlich, ob ich mit Rad oder mit der Straßenbahn auf Arbeit gefahren bin. Die benötigte Menge an CO2 für die Produktion der zusätzlich benötigten Lebensmittel dürfte allerdings schwer zu ermitteln sein und auch davon abhängen, ob ich mich dann mit Kartoffeln, Schokolade oder mit Steak vollstopfe ;).
Um die Möglichkeit, Dienstreisen mit dem Rad absolvieren zu können, bis Du allerdings ernsthaft zu beneiden. Weiterhin viel Spaß dabei.
@Jürgen: „Sehr schön zu lesen, dass auch endlich mal mit der Legende vom emissionsfreien bzw. klimaneutralen Fahrradfahren aufgeräumt wird.“
Ob es eine „Legende“ ist, bezweifle ich. Radfahren ist mit Sicherheits emissionsärmer als Autofahren…
Nach meinen empirischen Beobachtungen herrscht beim Farradfahren IMMER Gegenwind. Wenn eine ausreichende Anzahl Farräder schnell genug im Kreisverkehr fahren würde, müsste man einen gegenläufigen Tornado erzeugen, der sich zur Energiegewinnung nutzen lassen müsste. Hoffentlich werden die Farradfahrer dabei nicht weggepustet oder die Energie- und Drehmomenterhaltungssätze verletzt!
Wo wir gerade bei Emissionen sind: viele Fluglinien bieten ja eine freiwillige „CO2-Kompensationsabgabe“ an. Weiss jemand, ob das eigentlich Hand und Fuss hat oder nicht doch nur Augenwischerei ist?
Kommt auf die Augenfarbe an, noch’n Flo. Nennt sich greenwashing.
@ noch’n Flo
schau mal da:
https://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=5326
@ Florian, moin moin!
Na, viel Spaß in meiner Heimat, und denk an einen Besuch im Klimahaus … und auf der alten Bürger, der Kneipenmeile 🙂
> Auf den 132 Kilometern zwischen Wilsede und Lüneburg habe ich aber natürlich auch Energie benötigt. Meine Fitness-App sagt mir, dass ich circa 2500 Kilokalorien verbraucht habe.
Ein Radfahrer leistet optimistisch betrachtet vielleicht ca. 200 Watt im Schnitt. Da kann er unterwegs selbst bei miserablem Wirkungsgrad keinen großen Schaden anrichten. Verglichen mit dem Auto oder der Bahn sind die tote Masse zu vernachlässigen.
Größer ist der Schaden wahrscheinlich bei den vorausgehenden und nachfolgenden Aktivitäten.Wenn ich beim ADFC Erlangen vorbeilaufe so beobachte ich ein Meer von Autoblech, wenn gerade wieder einmal Aktivitäten im gange sind.
Kurze Einsatzdauer neuer Fahrräder (Jahre statt Jahrzehnte, wenige tausend Kilometer statt zehntausende), teure Technik und Elektroantrieb sowie äußerst geringe Auslastung aufwendig errichteter Radwege machen viele Milchmädchenrechnungen zur Makulatur.
Umweltfreundlichkeit des Radfahrens war einmal.
@Florian: Ups, da habe ich mich wohl etwas ungenau ausgedrückt. Ich bezog mich auf das emissions_frei_, das suggeriert, dass Mobilität überhaupt keine Auswirkungen hat. Dies wird in den Medien immer wieder behauptet. Dass die Emissionen mit dem Rad vermutlich am niedrigsten sind, wenn man sich schon von A nach B bewegen möchte/muss, ist mir klar ;).
Die von Karl angesprochene Tendenz einerseits zu kurzlebigen, preiswerten Rädern als auch zu Elektrorädern dürfte die Bilanz aber auf keinen Fall verbessern.
Dass der ADFC zu eigenen Veranstaltung mit Auto anreist ist allerdings peinlich. Das ist mir beim Dresdner Ableger noch nicht aufgefallen. Da sehe ich immer nur Fahrräder.
@ Edith:
Danke für den Link. So ganz nutzlos scheinen solche Optionen also doch nicht zu sein.
„So ganz nutzlos scheinen solche Optionen also doch nicht zu sein.“
Das Gelbe vom Ei aber auch nicht.
Wirklich sinnvoll wäre wohl nur eine Einschränkung der Mobilität. Weniger Reisen und wenn, dann möglichst selten fliegen, Kurzstrecken öfter zu Fuss oder mit dem Velo.
Wenn CO2-Kompensation zum Verkaufsargument wird, dann ist es für mich sehr zweifelhaft.
In erster Näherung würde ich davon ausgehen, dass die CO2-Emissionen durch die Produktion eines Fahrzeugs etwa proportional zu dem Gewicht ist. Die Produktion eines Mittelklasse-Autos (Gewicht ca. 1.5 Tonnen) erzeugt rund 5 Tonnen CO2 (siehe https://www.vol.at/vcoe-produktion-eines-autos-verursacht-so-viel-co2-wie-30000-kilometer/news-20110224-01133457). Bei einem 15kg schweren Fahrrad ergibt sich damit rechnerisch etwa 50kg CO2.
Real wird es wahrscheinlich etwas mehr sein, weil Fahrräder zu einem höheren Anteil aus Aluminium bestehen und die Produktion von Aluminium viel Energie braucht.
Beim Obst gibt es diese „Regional“-Illusion. Im Nahverkehr kommen kleine Fahrzeuge zum Einsatz, die beim Transport vieleicht vielmal so viel Energie verbrauchen, wie der Anteil an der Großstrecke über das Meer.
Also 1kg Äpfel, die 100km vom Obstbauern zum Händler fahren, dann Großhandel, Handel, Konsument gegen 1kg Bananen, die nur 50km zum Händler fahren, Großhandel, Übersee, Großhandel, Handel Konsument, also mit 10-20.000 km dazwischen aber übers Meer – ein wenig sieht man es am Endpreis: Wenn 1kg Bananen nur 70 Cent kostet, dann kann der Transport nicht sehr teuer gewesen sein. Zugegeben: Schweröl ist sehr billig und sehr dreckig, aber einfache Hinweise auf Transportwege sind zu einfach gedacht.
Außerdem: Wenn man statt eines MTB mit Federgabel und Humbug ein Rennrad mit schlanken 9,5kg kauft statt 25kg Hollandrad, dann spart man täglich beim persönlichen Energieverbrauch.
Ich fahre übrigens ein 80er-Jahre Rennrad, aber eine Kette pro Saison, 4 bis 8 Bremsklötzchen, 2 Mäntel, 8 Schläuche – der ganze Abrieb liegt wohl als Feinstaub schon in irgendwelchen exponierten Lungen. Aber das ist ja nur ein entfernter Nachbar der Klimadiskussion.
Die Frage ist aber eine andere: Wenn wir heute alle Auto fahren würden, dann würden die Spritpreise schneller steigen, Peak-Oil wäre früher, der Crash käme härter (wenn er überhaupt kommt, man will nicht wirklich vor Endzeit warnen und „Umkehr“ rufen). Wäre das nicht vielleicht besser? Bzw. machen wir nicht das Autofahren attraktiver, weil wir kaum Parkraum beanspruchen, den Preis des Benzins durch Verzicht darauf, als Nachfrager in Erscheinung zu treten, bremsen – dann reicht die Suppe eben ein halbes Jahr länger.
Und was geschieht mit dem gesparten Geld? Sehr unübersichtlich, letztlich.
> #13 Jürgen, 22. August 2014
> Dass der ADFC zu eigenen Veranstaltung mit Auto anreist ist allerdings peinlich.
Ich habe nachgeguckt. Es handelt sich tatsächlich um den RC 1950 Erlangen e.V., Tätigkeiten: BMX-, Straßen- und MTB-Rennsport, RTF und Radwandern.
Zu den systemischen Emissionsbilanzen würde ich beim Ökoinstitut (oeko.de) anfangen zu suchen – die entwickeln seit den 1990er Jahren Systeme zur Abschätzung der Umweltauswirkungen von so gut wie allem (GEMIS etc.)
Muss man auch berücksichtigen, das der CO2 Ausstoß der Lunge beim Radfahren höher ist als im Ruhezustand, oder ist das vernachlässigbar ?