Was bisher geschah
Ich habe mich kürzlich dafür entschieden, mit dem Fahrrad zu den Asteroiden zu fahren. Da es bis ins Weltall allerdings ein wenig weit ist, man dort oben Schwierigkeiten mit dem Atmen bekommt und ich noch nicht ausreichend trainiert habe, um die Fluchtgeschwindigkeit zu erradeln, habe ich mich vorerst auf einen Besuch bei den Asteroiden von Wien beschränkt (ja, die gibts tatsächlich). Und unterwegs halte ich die Augen offen um interessante Geschichten über Asteroiden zu finden. Gestern zum Beispiel bin ich in der thüringischen Kleinstadt Weida auf Georg Samuel Dörffel gestoßen, einen deutschen Theologen und Amateurastronom, der als erster und noch bevor Isaac Newton seine Gravitationstheorie aufgestellt hat, herausfand, wie sich Kometen bewegen. Kometen sind zwar keine Asteroiden – aber irgendwie doch. Den genauen Unterschied und alle Gemeinsamkeiten habe ich gestern erklärt. Und heute geht es weiter Richtung Süden, immer auf der Suche nach Asteroiden!
Die heutige Reise
Aus dem verregneten Greiz hinaus geht es heute erstmal weiter die verregnete Elster entlang.
Und dann verlasse ich das verregnete Thüringen und radle hinüber in das verregnete Sachsen:
Das Vogtland verbirgt sich in feuchten Nebelschwaden:
Und dann bin ich in der Kreisstadt Plauen. Dort ist um 9 Uhr morgens absolut nichts los; es gibt nur Regen. Und zum Glück einen offenen Bäcker fürs Frühstück.
Es wird wieder Zeit für Handschuhe… (verdammt, es ist fast Juni!!)
Der Elsterradweg hinter Plauen ist sicher gut gedacht. Aber wer immer den auch festgelegt hat, ist dort sicher noch nie mit nem Rad lang gefahren. Die Strecke ist entweder eine Matschpiste:
Oder ein schmaler, kurviger und hügeliger Wanderweg am Hang des Elstertals (und die Horden biertrinkender Leute die heute durch die Wälder ziehen machen die Sache nicht unbedingt angenehmer…):
Die Lieblingsverkehrszeichen aller Radfahrer:
In Bayern ist ja angeblich immer alles besser. Aber hinter der Landesgrenze regnet es leider genau so heftig wie davor…
Und hier hab ich mich offensichtlich ein wenig verfahren.
Aber dann hab ich es doch noch ins Tagesziel in Rehau geschafft. Hier gibt es „Raum für Visionen“:
Aber ich hab nur die Vision einer heißen Dusche und einer warmen Heizung zum trocknen meiner Kleider. Und danach schau ich mir vielleicht die Stadt an. Sieht ja ganz nett aus…
Wo stecken die Asteroiden?
Die habe ich heute im sächsischen Plauen gefunden. In der großen Kreisstadt ist im Laufe der Zeit jede Menge passiert und jede Menge interessante Leute wurden dort geboren. Zum Beispiel Georg Samuel Dörffel, den wir ja schon gestern in Weida getroffen haben. Aus Plauen kommt auch Erich Ohser, der die „Vater und Sohn“-Comics gezeichnet hat. Und in Plauen wurde am 2. April 1843 Hermann Dunger geboren. Keine Sorge, wenn ihr den nicht kennt – ich kannte ihn auch nicht und bin das erste Mal auf den Namen gestoßen als ich mich heute während der Mittagspause ein wenig mit der Geschichte der Stadt beschäftigt habe. Dunger war Germanist, Sprachpurist und Mitbegründer des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins (ADSV). Eines der Hauptziele des Vereins war die Bekämpfung von Fremdwörtern in der deutschen Sprache und man wollte den „echten Geist und das eigentümlichen Wesens der deutschen Sprache“ schützen und wiederherstellen. Ich habe zwar keine Ahnung, was das „eigentümliche Wesen“ der deutschen Sprache sein soll; so wie alle anderen Sprachen ändert sich auch das Deutsche ständig und wenn man nur weit genug zum „echten Geist“ zurück geht, landet man irgendwann beim Gotischen oder Lateinischen… Seltsamerweise wurde der ADSV von den Nazis verboten (wohl unter anderem deswegen, weil der ADSV den Gebrauch bestimmter Fremdwörter wie „Sterilisation“ kritisierte, die von den Nazis aber absichtlich benutzt wurden, um zu verschleiern, was da eigentlich abgeht und die ganz und gar nicht begeistert waren, als der ADSV meinte man solle doch „Unfruchtbarkeitsmachung“ dazu sagen). Nach dem Krieg wurde die Gesellschaft für deutsche Sprache als Nachfolgeorganisation gegründet und ich vermute langsam fragt ihr euch, was das alles mit Asteroiden zu tun hat.
Nicht viel – aber „Asteroid“ ist auch ein Fremdwort und vermutlich hätten Hermann Dunger und seine Sprachpuristen ein viel besseres und „echt deutsches“ Wort gewusst, das man stattdessen benutzen sollte. Wenn man es genau betrachtet, dann ist „Asteroid“ aber tatsächlich ein seltsames Wort, denn es kommt aus dem Griechischen, wo asteroeidēs so viel bedeutet wie „sternförmig“. Und wenn ein Asteroid eines ganz sicher nicht ist, dann ist es sternförmig. Ein Stern ist eine gewaltige Kugel aus Gas, ein Asteroid ein winziger unregelmäßig geformter Brocken aus Fels. Wieso kommt man auf die Idee, diesen Felsbrocken gerade „Asteroid“ zu nennen?
Als man im Jahr 1801 den allerersten Asteroiden entdeckte, wusste man noch nicht wirklich, worum es sich handelt. Eigentlich war man ja schon länger gezielt auf der Suche nach einem weiteren Planeten des Sonnensystems. Der sollte sich genau dort befinden, wo dann schließlich am 1. Januar 1801 der sizilianische Astronom Guiseppe Piazzi tatsächlich einen bisher unbekannten Himmelskörper entdeckte und ihn „Ceres“ nannte.
Anfangs war man fest davon überzeugt, mit Ceres den (damals) achten Planeten des Sonnensystems entdeckt zu haben und bezeichnete ihn auch ganz selbstverständlich als Planet. Aber dann fand man in genau der gleichen Gegend plötzlich immer mehr „Planeten“. Dort wo eigentlich nur ein Planet sein sollte, war plötzlich alles voll mit „Planeten“. Und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nannte man die neu entdeckten Himmelskörper um Ceres herum auch immer noch Planeten. Das Sonnensystem hatte damals also mehr als ein Dutzend Planeten. Aber irgendwann merkte man dann, dass hier irgendwas nicht stimmen konnte. Eine genauere Beobachtung von Ceres & Co zeigte, dass sie ziemlich klein sein musste. Im Teleskop kann man die anderen Planeten des Sonnensystems normalerweise als kleine Scheibchen sehen. Die neuen Planeten aber waren auch in den optischen Geräten und bei maximaler Vergrößerung nur Punkte.
Sie musste also sehr klein sein; viel kleiner als die anderen Planeten und deswegen schlug der britische Astronom Wilhelm Herschel vor, sie nicht mehr „Planeten“ zu nennen, sondern eben „Asteroiden“: Weil sie im Teleskop „sternförmig“ sind, also so aussehen wie die Sterne, die ebenfalls immer nur als Lichtpunkte zu sehen sind. Nicht alle waren davon begeistert. Besonders diejenigen, die in der Umgebung von Ceres neue Himmelskörper fanden, wollten lieber „Planeten“ entdecken und keine kleinen „Asteroiden“. Und vielleicht war das ja auch der Grund, warum gerade Herschel die Namensänderung vorschlug. Im Jahr 1786 hatte er als erster Mensch tatsächlich einen echten, neuen Planeten entdeckt: den Uranus. Und vielleicht wollte er einfach seinen Ruhm als Planetenentdecker nicht mit der inflationär wachsenden Zahl der Leute teilen, die die kleinen Himmelskörper fanden (Ich sag gleich dazu, dass es dafür meines Wissens nach keinerlei historische Anhaltspunkte gibt – aber zumindest mir käme das nicht unplausibel vor).
Richtig durchgesetzt hat sich die Bezeichnung „Asteroid“ aber erst im Jahr 1851, als der große Alexander von Humboldt diese Bezeichnung in seinen Büchern verwendete und den Rest der Wissenschaftler aufforderte es ebenso zu tun. Aber selbst heute wird für die Asteroiden immer noch oft das Wort „Kleinplaneten“ verwendet (Ob das den Sprachschützern um Dunger besser gefallen hätte? So wie „Asteroid“ kommt auch „Planet“ aus dem Griechischen und „Klein“ stammt – zumindest laut Duden – von einem althochdeutschen Wort ab, das „mit fett verschmiert“ bedeutet, also auch nicht unbedingt hilfreich ist, wenn man die Sprache sauber halten will). Im Englischen wird ebenso oft das Wort „minor planet“ verwendet und die weltweit durchgeführten Asteroidenbeobachtungen werden im Minor Planet Center der Internationalen Astronomischen Union gesammelt. Eine offizielle Definition dessen, was ein „Asteroid“ ist, gibt es bis heute nicht.
Aber es ist ja eigentlich auch egal, welchen Namen die Dinger tragen! Sie sind deswegen nicht weniger interessant.
Wie geht es weiter?
Morgen geht es hart an der tschechischen Grenze entlang, durchs Fichtelgebirge und bis in die Oberpfalz. Dort ist mein Tagesziel die Stadt Weiden und darauf freue ich mich schon besonders! Ich bin mir auch sicher, dass ich dort auf Asteroiden und Astronomie stoßen werde? (Und die wirklich gut informierten Fans meines Blogs werden wissen, warum)
Asteroiden sind also fettige Wanderer?
Stramme Leistung bei diesem Wetter den ganzen Tag mit dem Rad unterwegs zu sein! Hut ab!
Bewundernswert, einen so gut gelaunten (klingenden) Reisebericht zu tippen. Wenn ich bedenke, wie mies ich drauf war, weil ich nass wurde … und ich bin nicht einmal Rad gefahren …
Trotzdem beneide ich dich doch ein bisschen, nicht um Nässe und Kälte – um die Aussichten. Es soll langsam besser werden, zum Troste.