Ihr erinnert euch sicherlich noch an den Komet ISON, von dem wir uns alle viel versprochen hatten. Aber leider hat er seine Annäherung an die Sonne nicht überlebt. Die starke Strahlung und die starken Gezeitenkräfte haben den Kometen auseinander gerissen und es blieb nichts mehr übrig. Und was bei uns im Sonnensystem passiert, passiert auch anderswo! Es gibt keinen Grund anzunehmen, warum es anderswo im Universum keine Kometen geben sollte. Und warum diese Kometen dann nicht auch ihrem Stern zu nahe kommen sollten. Ein wenig überraschend ist es dann aber doch, dass wir der Kollision von extrasolaren Kometen mit ihren Sternen tatsächlich zu sehen können!
Natürlich nicht direkt sehen. Es ist ja schon schwer genug, die Kometen zu beobachten, die sich in unserem Sonnensystem befinden. Die Dinger sind ja nur ein paar Kilometer groß und wenn sie der Sonne nicht nahe kommen um dort ihre hell leuchtende Koma zu entwickeln, dann würden wir sie kaum sehen. Einen nur kilometergroßen Felsbrocken zu sehen, der einen anderen Stern umkreist, liegt natürlich außerhalb jeder technischen Möglichkeit. Aber die Astronomen sind kreativ! Es gibt Methoden, wie man die extrasolaren Kometen aufspüren kann.
Das gelang schon bei einigen Stern und erst kürzlich wieder einem Team aus französischen Astronomen („Exocomets in the circumstellar gas disk of HD 172555“). Sie haben das Licht des Sterns HD 172555 beobachtet und sein Spektrum analysiert. Das Spektrum eines Sterns zeigt uns seine chemische Zusammensetzung; es zeigt uns woraus die äußersten Schichten des Sterns bestehen, die das Licht auf dem Weg zu uns durchquert hat. Die Zusammensetzung eines Sterns ändert sich normalerweise nicht beziehungsweise nur auf sehr langen Zeitskalen. Wenn es hier kurzfristige Variationen gibt, dann hat das meistens andere Gründe.
Je näher ein Komet einem Stern kommt, desto heißer wird es. Immer mehr Eis das sich unter der Oberfläche des Kometen befindet kann in Form von Gas ins All entkommen und dabei Staub mitreißen. Steht der Komet kurz vor der Kollision mit einem Stern, dann ist der Effekt natürlich auch besonders extrem. Der Komet wird regelrecht auseinander gerissen; er wird zu einer großen Wolke die direkt vorm Stern steht. Das Licht aus dem Zentrum des Sterns durchquert nun also nicht nur die Atmosphäre des Sterns selbst, sondern auch die Wolke des zerfallenden Kometen. Das Spektrum des Sterns verändert sich kurzfristig und das kann man tatsächlich messen.
Flavien Kiefer vom Centre national de la recherche scientifique in Paris und seine Kollegen haben sich 129 Spektren des Sterns HD 172555 angesehen, die in den letzten Jahren aufgenommen wurden und dabei 4 Ereignisse gefunden, bei denen offensichtlich gerade ein Komet auf den Stern gefallen ist.
Das Diagramm oben zeigt zwei dieser Ereignisse. Die schwarze Linie gibt die Menge an Licht an, von der man erwartet, dass es absorbiert wird. Die rote Linie zeigt die kurzfristige Veränderung, die vom Kometen erzeugt wurde. Man bezeichnet diese Objekt in der Astronomie auch als „Falling Evaporating Bodies (FEBs)“.
Es ist natürlich schon interessant genug, solche Objekte einfach nur zu entdecken. Aber die Existenz von diesen speziellen Kometen liefert uns noch ein paar andere Informationen. Der Stern HD 172555 ist noch ein sehr junger und großer Stern. Er gehört zu denen, bei denen man eine Scheibe aus Staub entdeckt hat (über die habe ich ja erst vor wenigen Tagen geschrieben). Diese Staubscheibe ist ein Hinweis auf die dort stattfindende Planetenentstehung – aber Planeten hat man bei diesem Stern bisher noch nicht gefunden.
Die Entdeckung der extrasolaren Kometen ist nun aber ein klarer Hinweis, dass es dort Planeten geben muss und das aus zwei Gründen. Einmal, weil Kometen (und Asteroiden) die Vorstufe von Planeten sind. Aus Staub entstehen kleine Kometen und Asteroiden und aus denen dann die großen Planeten. Wenn schon Kometen entstanden sind, dann müssen dort auch Planeten seine. Aber auch die Tatsache, dass die Kometen mit dem Stern kollidieren ist ein Hinweis auf die Existenz von Planeten. Denn der Komet muss ja irgendwie auf diese Kollisionbahn gelangen und die gravitativen Störungen durch einen Planeten sind dafür der wahrscheinlichste Mechanismus.
HD 172555 ähnelt in der Hinsicht sehr dem Stern Beta Pictoris. Der ist ungefähr genau so alt; auch er hat eine große Staubscheibe und auch dort gibt es „Falling Evaporating Bodies“. Dort hat man allerdings vor einigen Jahren den verantwortlichen Planeten entdeckt. Man wird HD 172555 also nun nochmal ganz genau unter die Lupe nehmen müssen, um die Planeten endlich zu finden, die sich dort verstecken…
Ein wenig überraschend ist es dann aber doch, dass wir der Kollision von extrasolaren Kometen mit ihren Sternen tatsächlich zu sehen können!
Wir hatten es ja im ISON-Tread über die Trefferwahrscheinlichkeit, jetzt muss ich nochmal nachhaken:
Wenn das Auftreffen von extrasolaren Kometen auf Planeten so selten ist, wie ist das dann bei den Sternen selbst? Ist das wesentlich wahrscheinlicher (größe und Gravitation werden ein derartiges Szenario sicher begünstigen)?
@swage
Selbstverständlich wird die Sonne öfters von Kometen getroffen als die Planeten, weil sie einen viel größeren Querschnitt hat. Die Satelliten, die die Sonne beobachten, sehen öfters kleine Kometen dort einschlagen.
Wobei es oben um einen jungen Stern geht, der, wenn er mit Beta Pictoris vergleichbar ist, sicher von wesentlich mehr frischen Kometen umgeben ist als die Sonne.
Mhm… das Alter hat auch Auswirkungen, macht Sinn.
@swage
Musste eben weg, daher noch als Ergängzung:
Ein anderer wichtiger Grund dafür, dass die Sonne öfters als Planeten von Kometen getroffen wird, ist natürlich der, dass die Kometen die Sonne umkreisen, die in einem Brennpunkt der Kometenbahn steht. Wenn das Perihel der Bahn kleiner als ein Sonnenradius ist, muss der Komet dann mit der Sonne kollidieren. Mit einem Planeten kolldiert er nur, wenn der Planet zufällig seinen Weg kreuzt.
Dieser HD 172555 hat ja anscheinend noch seine protoplanetare Scheibe und die dort vermuteten Planeten räumen die gerade ab, dann lenken sie auch eine Menge Kometen nach außen in die Oort-Wolke oder eben nach innen zum Stern hin. Und der Stern muss auch gar nicht wirklich von den Kometen getroffen werden, es reicht ja, wenn sich die Kometen mit großen Komae umgeben und vor dem Stern vorbeiziehen (der Stern also durch die Koma oder den Schweif hindurch leuchten muss). Komet Holmes hatte 2007 mal einen Ausbruch, der seine Koma größer als die Sonne werden ließ (und er kam der Sonne nicht einmal nahe).
Schon richtig, aber es wird ausdrücklich von exosolaren Kometen gesprochen. Ein Stern ist natürlich ein weitaus leichteres Ziel als ein Planet. Hmm…
@swage
Ja, und ich habe die Sonne als Beispielstern genommen, warum sie mehr von Kometen getroffen wird, als Planeten (war ja Deine Frage).
Bei anderen Sternen gilt das entsprechend für ihre Kometen (das sind dann die genannten exosolaren Kometen, genau wie deren Planeten Exoplaneten genannt werden). Und NEIN, es geht NICHT darum, dass die anderen Sterne von Kometen getroffen würden, die aus anderen Sternensystemen als ihrem eigenen kommen. Es geht ausschließlich um Kometen, die aus deren eigener protoplanetaren Scheibe stammen, die sie umkreisen, und denen sie auf Bahnen mit engem Periastron nahe kommen. Nur die können so häufig mit dem Stern kollidieren, dass man gleich mehrfache Veränderungen im Spektrum nachweisen konnte (4mal, wie oben im Text steht). Falls das unklar gewesen sein sollte.
Nö, nur bei Dir, swage – und der Zustand ‚außerhalb der Sonne‘ ist für Kometen natürlich.
Und NEIN, es geht NICHT darum, dass die anderen Sterne von Kometen getroffen würden
Aaah, okay, das kam mir doch gleich irgendwie merkwürdig vor. Exosolare Kometen, weil exosolares System und nicht weil nicht bestandteil des jeweiligen Systems. Verwirrend, aber gut zu wissen.
nur bei Dir
Doch, schon in der entsprechenden Arbeit, aber ich habe das einfach missverstanden und die Bedeutung gründlich fehlgedeutet.
Was Planeten in HD172555 betrifft, gibt es zumindest einen indirekten Hinweis. Infrarotspektroskopie des warmen Staubs im inneren System deutet ein größeres Kollisionsereignis hin, das schon von der Masse her deutlich über ein paar Asteroiden liegt. (Lisse et al., 2009, ApJ 701. Ich bin der vierte Ko-Autor). Auch die Zusammensetzung unterscheidet sich von primitiven Asteroiden und deutet auf größere Planetesimale hin.
@Andreas Morlok: Das muss dann aber ein ordentlicher Impakt gewesen sein, wenn man den Staub davon immer noch sehen kann. Faszinierend. Am AIU Jena gibts ja auch ne Laborastrophysikgruppe die sich mit der Analyse von Staub beschäftigt hat. Ich fand das, was die da getrieben haben, immer enorm faszinierend!
Einmal anders rum: Gliese 710: Ein Stern, der mit Kometen um sich wirft.
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