Das ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.
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Sternengeschichten Folge 566: Ist das Universum eine Simulation?
„Einst träumte Dschuang Dschou, dass er ein Schmetterling sei, ein flatternder Schmetterling, der sich wohl und glücklich fühlte und nichts wußte von Dschuang Dschou. Plötzlich wachte er auf: da war er wieder wirklich und wahrhaftig Dschuang Dschou. Nun weiß ich nicht, ob Dschuang Dschou geträumt hat, dass er ein Schmetterling sei, oder ob der Schmetterling geträumt hat, dass er Dschuang Dschou sei, obwohl doch zwischen Dschuang Dschou und dem Schmetterling sicher ein Unterschied ist.“
Das hat vor gut 2300 Jahren der chinesische Philosoph und Dichter Zhuāngzǐ geschrieben. Er war sicherlich nicht der erste Mensch, der sich darüber Gedanken gemacht hat, was die eigentliche Natur der Realität ist; diese Frage hat man sich in der Philosophie, der Kunst, der Literatur, der Religion, und so weiter immer wieder gestellt und tut das bis heute. Mittlerweile ist allerdings auch die Naturwissenschaft dazu gekommen und stellt die Frage, ob unser gesamtes Universum vielleicht eine Simulation ist.
Spätestens seit dem Kinofilm „Matrix“ aus dem Jahr 1999 können so gut wie alle etwas mit dieser doch etwas seltsamen Idee anfangen. Im Film geht es ja darum, dass die Maschinen die Welt beherrschen und die Menschen in großen Lagern gefangen gehalten werden, ohne Bewusstsein. Ihnen wird allerdings eine künstliche Realität vorgespielt; sie leben ein Leben, dass ihnen völlig normal erscheint, obwohl es nur eine riesige Simulation ist.
Dass die Science Fiction so etwas aufgreift, ist nicht überraschend (und „Matrix“ war auch nicht das erste Werk, in dem es um dieses Thema ging). Wenn aber die seriöse Wissenschaft auch darüber nachdenkt, ob alles was wir als „real“ wahrnehmen vielleicht nur eine Simulation ist, dann sieht das schon ein wenig anders aus.
Schauen wir also mal, was das alles soll mit der Simulation des Universums. Die Grundidee geht ungefähr so: Unsere Computertechnik macht immer größere Fortschritte. Wenn wir unsere heutige Technik mit dem vergleichen, was vor ein paar Jahrzehnten möglich war, dann ist der Unterschied enorm. Und wer weiß, wie es in ein paar Jahrhunderten oder Jahrtausenden sein wird? Vielleicht sind wir dann in der Lage, eine so exakte Simulation der Welt in einem Computer zu erstellen, dass sie nicht von der Realität zu unterscheiden ist? Vielleicht können wir ja auch ein menschliches Bewusstsein so exakt simulieren, dass es nicht von einem echten Bewusstsein zu unterscheiden ist. Auch die Entwicklung künstlicher Intelligenz macht ja immer größere Fortschritte. Vielleicht sind wir also irgendwann in der Lage, Millionen, Milliarden oder noch viel mehr simulierte Menschen in einer simulierten Welt zu erschaffen, die dort ihr simuliertes Leben leben ohne zu merken, dass es nur eine Simulation ist.
Und wenn das alles so sein könnte: Was spricht dann dagegen, dass das nicht alles längst schon passiert ist und WIR die simulierten Menschen in der simulierten Welt sind? Die moderne Version dieser „Simulationshypothese“ stammt vom schwedischen Philosophen Nick Bostrom, der 2003 den Artikel „Are you living in a computer simulation?“ veröffentlicht hat. Er geht darin von drei Annahmen aus, und behauptet, dass sie alle mehr oder weniger gleich wahrscheinlich beziehungsweise unwahrscheinlich sind, und mindestens eine davon wahr sein muss. Diese drei Annahmen lauten so:
1) Wir Menschen schaffen es nicht, uns so weit zu entwickeln, um die nötige Technik zu erreichen, eine entsprechende Simulation durchzuführen.
2) Wenn es Zivilisationen gibt, die technisch in der Lage sind, solche Simulationen durchzuführen, dann hat so gut wie keine davon auch ein Interesse daran, die Simulation auch praktisch durchzuführen.
Und 3) Wir leben in einer Computersimulation.
Man kann noch nachvollziehen, dass zumindest eine der Möglichkeiten zutreffen muss. Entweder wir leben in einer Simulation, das ist Variante 3. Oder es gibt niemanden, der in der Lage ist oder Lust dazu hat, eine Simulation durchzuführen. Das sind Varianten 1 und 2.
Wir können aber nicht entscheiden, welche der drei Möglichkeiten zutrifft. Bostrom meint, wir könnten hoffen, dass Variante 3 richtig ist, denn das würde es unwahrscheinlicher machen, dass Variante 1 zutrifft, dass wir uns also irgendwann in Zukunft selbst auslöschen, bevor wir in der Lage sind, eine technisch hochstehende Zivilisation zu errichten.
Das klingt jetzt alles noch nicht sonderlich naturwissenschaftlich. Man kann aber zumindest mal überlegen, wie wahrscheinlich Varianten 1 und 2 sind. Gibt es etwas, dass rein prinzipiell dagegen spricht, dass wir die technischen Fertigkeiten entwickeln, eine Computersimulation zu entwickeln, die ein Universum simulieren kann? Die Anhänger der Simulationshypothese sagen „Nein“. Denn, so das Argument, wenn wir uns anschauen, wie sich die Rechenleistung der Computer im Laufe der Zeit entwickelt hat, sehen wir ein stetiges Wachstum. Und es spricht nichts dagegen, dass das auch in Zukunft so weiter geht. Das mag sein, aber es gibt tatsächlich keinen Beleg dafür, dass es WIRKLICH immer so weiter geht. Vor allem, und das ist der wichtigste Punkt, wissen wir nicht, wie wir ein echtes „künstliches“ Bewusstsein schaffen können. Wir können das jetzt jedenfalls definitiv nicht. Gut, vielleicht kriegt es jemand in der Zukunft hin. Vielleicht aber auch nicht. Wir wissen derzeit noch nicht einmal, wie ein Bewusstsein im Gehirn überhaupt entsteht. Und deswegen können wir auch nicht wissen, ob das ein Vorgang ist, der sich maschinell reproduzieren lässt. Oder, wenn sich so etwas irgendwie machen lässt, ob das was, das dabei entsteht, mit dem vergleichbar ist, was wir „Bewusstsein“ nennen. Und weil wir das nicht wissen, können wir auch nicht sagen, ob die Simulationshypothese überhaupt funktioniert.
Das muss man vielleicht noch einmal wiederholen, weil wir dazu neigen, es zu vergessen, angesichts all der Entwicklungen in der Computertechnik, bei der künstlichen Intelligenz, und so weiter. Wir wissen nicht, wie das Bewusstsein funktioniert. Wir können zwar daran glauben, dass zukünftige Technik in der Lage ist, ein Bewusstsein zu simulieren. Aber wir können es nicht wissen. Das liegt nicht nur daran, dass uns das notwendige medizinische Wissen über das Gehirn und so weiter fehlt. Wir wissen zum Beispiel auch noch zu wenig über die Grundlagen der Quantenmechanik, den fundamentalen Aufbau der Materie; wir wissen nicht, ob die Elementarteilchen in Wahrheit aus irgendwas anderem bestehen, den Strings der Stringtheorie, und so weiter. Das müssen wir aber wissen, weil all das eine Rolle spielt, wenn wir auch das Bewusstsein fundamental verstehen wollen und auch, wenn wir Computer bauen wollen, die ausreichend viel Rechenleistung haben für so eine Simulation. Mit konventionellen Geräten ist das mit Sicherheit nicht möglich; wenn, dann braucht man irgendeine Weiterentwicklung von Quantencomputern, die auf völlig anderen Prinzipien beruhen.
Aber lassen wir all das mal beiseite. Und behaupten einfach „Wir leben in einer Simulation“. Was hätte das für Konsequenzen? Können wir das zum Beispiel irgendwie feststellen? Auch das ist knifflig. Wenn wir simuliert sind, dann kann man uns ja auch so simulieren, dass wir nicht in der Lage sind, die Simulation zu erkennen. Aber trotzdem hat sich die Wissenschaft auch damit beschäftigt. Die Details würden jetzt zu weit führen, aber es gibt bestimmte quantenmechanische Experimente, die zumindest theoretisch in der Lage wäre, eine Simulation zu erkennen. Sie beruhen auf einem Effekt, den man auch von den Computerspielen kennt, die wir jetzt benutzen: Da wird nie die komplette Welt simuliert, sondern nur der Teil, der gerade relevant ist und unter Beobachtung steht. Und weil es in der Quantenmechanik ja durchaus darauf ankommt, ob ein Vorgang beobachtet wird oder nicht, kann man daraus entsprechende Experimente konstruieren, die uns sagen könnten ob wir in einer Simulation leben oder nicht. Aber solche Experimente sind in der Praxis kaum umzusetzen und am Ende stehen wir wieder vor dem Problem, dass wir 1) nicht wissen, ob wir die Quantenmechanik gut genug verstehen, um solche Aussagen machen zu können und wir 2) nicht wissen, ob die Simulation nicht ganz anders läuft als wir uns jetzt vorstellen, wie so eine Simulation laufen könnte.
Und 3) ist es vielleicht keine gute Idee, die Existenz der Simulation nachzuweisen. Denn wer weiß, ob es denen, die die Simulation laufen lassen, gefällt, dass wir das tun. Vielleicht drehen sie den Computer auch einfach ab, wenn wir drauf kommen, dass es die Simulation gibt? Die hypothetischen Simulierer könnten aber übrigens in einer ähnlichen Situation sein. Denn WENN wir nur simuliert sind, wäre es seltsam, wenn wir die einzigen wären. Wir denken ja auch darüber nach, wie wir eine Welt simulieren können. Und wenn wir es können, dann tun wir es vermutlich auch. Und wenn es solche Simulationen tatsächlich gibt, dann spricht zumindest theoretisch nichts dagegen, dass eine simulierte Welt selbst wieder eine Welt simuliert. Und so weiter. Wenn es möglich ist, ein Universum zu simulieren, dann sind vermutlich die überwiegende Mehrheit der existierenden Bewusstseine simuliert und nur eine Minderheit davon ist echt.
Am Ende ist die Sache mit dem simulierten Universum aber vor allem nur eine interessante Idee, über die man durchaus nachdenken kann. Aber auch wenn es eine interessante Idee ist, auch wenn es spannend ist, sich das vorzustellen und sich mit den Science-Fiction-Geschichten zu beschäftigen, die das getan haben: Es gibt keine wissenschaftlich seriösen Argumente, aus denen man ableiten könnte, dass es wahrscheinlich ist, dass wir in einer Simulation leben. Die philosophische Gedanken über die Natur der Realität in eine naturwissenschaftliche Hypothese umdeuten zu wollen, nach der das Universum ein Computerprogramm ist und wir nur Simulationen sind: Das ist eigentlich schon nah an der Pseudowissenschaft. Aber gut, es kann natürlich sein, dass da nur die Simulation aus mir spricht…
Für mich ist die Frage ob wir simuliert sind oder nicht, nicht wirklich wissenschaftlich, denn egal was wir über unser Universum herausfinden können, das ist das was uns auch simuliert werden kann. Wir können ja nicht wissen, wie denn das „echte“ Universum aussieht in dem wir simuliert werden. Vielleicht sind wir für die Wissenschaftler die uns simulieren, nur so was wie die Massepunkte in den himmelsmechanischen Simulationen die wir durchführen.
Im Prinzip ist es aber auch egal, weil ohne Folgen. Wenn in 30 Sekunden die Simulation abgeschaltet werden würde, würden wir die Zeit danach ja nicht mehr erleben.
Ein Aspekt an der Sache, die ich aber wirklich schwierig finde ist, dass es Leute haben die vor folgender Situation Angst haben: Sie glauben, dass wenn ihr Leben einer zukünftigen KI nicht gefällt, diese KI sie simulieren wird, und die Simulation davon zu quälen. Das ist Religion von ihrer schlimmsten Seite. Davor haben Leute Angst, auch wenn völlig unklar ist, warum eine KI so was tun sollte, oder warum es für mich relevant sein sollte, wenn eine simulierte Kopie von mir gequält werden sollte.
Ach ja übrigens ein Film der das Thema auch ganz interessant angeht ist der Zweiteiler „Welt am Draht“. Da wurde dann die Möglichkeit in die Simulation zu gehen als Element eingeführt um daraus eine Geschichte zu stricken.
Die Geschichte ist relativ einfach, der Chef des „Instituts für Kybernetik und Zukunftsforschung“ stirbt unter seltsamen Umständen nach dem er wohl verrückt wurde und meinte, die Welt um ihn herum sei nur simuliert. Sein Interims-Nachfolger geht dem aber nach, und findet immer mehr Merkwürdigkeiten. Beispielsweise passiert auf Grund eines technischen Defekts der Austausch zwischen des Bewusstseins einer simulierten Figur und einer Figur aus seiner Welt. Man tritt in die virtuelle Welt ein, in dem man sich so eine Art Helm aufsetzt und dann quasi den Platz mit einer virtuellen Figur tauscht. Die simulierte Welt ist dabei einfacher und in Schwarz-Weiß.
Zur Ergänzung:
In »Welt am Draht« wird die Möglichkeit, daß die Welt, in der eine Welt simuliert wird, selbst ein Simulation ist durchgespielt. Denn der ursprüngliche Institutleiter, der unter mysteriösen Umständen stirbt, muß deshalb sterben, weil er herausfindet, daß er selbst in einer simulierten Welt lebt, was dessen Nachfolger herausfindet und schließlich in der realen Welt über Bewußtseinaustausch landet.
Der Zweiteiler, nach dem Roman »Simulacron 3« des Franzosen Daniel F. Galouye, 1973 von Rainer Werner Fassbinder für den WDR inszeniert, thematisiert auch andere Probleme, u. a. das öffentliche Forschungsprojekte für privatwirtschaftliche Zwecke mißbraucht werden können. Sehenswert ist er auch jeden Fall und es gibt ihn aktuell immer noch DVD und BluRay.
Ich wollte da nicht so viel spoilern. 🙂
Es geht um grundlegende philosophische Konzepte des Seins und der Realitätswahrnehmung: Ich denke, also bin ich? Sein oder Nichtsein? Es kann nicht sein, was nicht sein darf? Das Leben: Realität oder Trugbild? Da es im Film Welt am Draht komplett um Philosophie geht, handelt es sich um echten Hirnfick. Daniel F. Galouye bezieht sich mit seinem Roman Simulacron-3 beispielsweise auf Platons Höhlengleichnis ->
https://info-allerlei.de/welt-am-draht.php
Stanislaw Lem, Die Sterntagebücher: Aus den Erinnerungen Ijon Tichys I.
„Aber dann ist es auch möglich, daß der Eigentümer des verstaubten Labors, auf dessen Regalen WIR stehen, selbst eine Kiste ist, die ein anderer, in der Rangordnung noch höherer Gelehrter erbaut hat, der über originellere und phantastischere Konzeptionen verfügt … und so bis ins Unendliche.“
Ein Computer, der in der Lage wäre, ein komplettes Universum, also sämtliche Elementarteilchen (oder noch kleinere Untereinheiten) zu simulieren, müsste mindestens so groß sein wie dieses Universum selbst – denn jedes Elementarteilchen o. ä. müsste ja ein physisches Korrelat im Speicher dieses Computers haben! Eine Zivilisation, die etwa unser Universum simulierte, müsste sich in einem anderen, noch viel größeren Universum befinden, verglichen mit dem unser Universum (oder der es simulierende Computer) winzig ist – andernfalls wäre diese Zivilisation weder imstande, diesen Computer zu handhaben, noch hätte sie überhaupt ausreichend realen Lebensraum für sich selbst…
Die drei Möglichkeiten scheinen mir allerdings nicht das gesamte Spektrum abzudecken. Wieso gibt es da nicht die Möglichkeit, dass wir eines Tages Simulationen erstellen können, existierende Zivilisationen das heute bereits tun, wir aber trotzdem in der Realität leben?
Mir erscheint das ganze Thema einen recht religiösen Charakter zu haben. Wir werden niemals nachweisen können, dass wir in einer Simulation leben, genauso wenig können wir es widerlegen. Ähnliches trifft auf die Existenz eines Schöpfers zu. Aber wenn wir einmal annehmen, dass wir in einem Simulationsmodell existieren, es also offenbar möglich ist, ein Universum zu simulieren, dann müssen wir uns fragen, ob das „Hostuniversum“, in dem die Simulation läuft, vielleicht auch eine Simulation ist (warum sollte es anders sein?). Besteht also am Ende das ganze Universum aus einer Hierarchie aus einander simulierenden Simulationen? Zumindest müsste es irgendwo eine Toplevel-Realität geben, die ein absurd riesiges Simulationssystem enthält, das mehr Energie schluckt, als in irgeneinem simulierten Universum enthalten ist und mehr Platz verbraucht als dieses. Und dann stellt sich noch die Frage, warum sich die Bewohner der Realität die Mühe machen, ein solches Monstrum zu erschaffen (so langweilig kann das Leben doch eigentlich gar nicht sein…). Überhaupt ist das Warum die entscheidende Frage in der ganzen Sache.
Wie so häufig bei religiösen Gedankenspielen, landen wir bei einer völligen Absurdität, wenn wir den Gedanken konsequent zu Ende denken. Ohne es nachweisen zu können, bin ich daher ziemlich fest davon überzuegt, dass das Universum die einfachste Methode implementiert hat, bei der wir in einer Realität – und zwar der einzigen – existieren und schon aus rein physikalischen Gründen niemals in der Lage sein werden, ein Universum zu simulieren, dessen Komplixität der unseres Universums nahekommt.
Interessanter Beitrag! Diese Thesen Bostroms sind vor einiger Zeit schon einmal in einem Video von Raumzeit (wie ich finde sehr apodiktisch) dargestellt worden. Ich habe auch nie begriffen, wieso angeblich ein sehr wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen der Unfähigkeit des Erschaffens einer Simulation und dem Aussterben der Menschheit bestehen soll.
@Schlappohr:
Ich wüßte gern, wie du darauf kommst. Zuerst müßtest du mal eine fundamentale Einschränkung einführen: „[…] dass wir in einer perfekten Simulation leben […]“. Hast du nicht gesagt, und es gibt unglaublich viele Simulationen, die sehr schnell als Simulationen erkennbar sind, weil du in ihnen an ihre bewußt sehr eng gezogenen Grenzen stößt.
Zudem hat Yadgar weiter oben bereits darauf gezeigt, daß eine Simulation, die auf irgendeiner Hardware läuft, nicht von der Größe der Hardware abgekoppelt ist. Einfaches Beispiel: man versuche, eine entsprechend gepatchte Version von VBox auf einem 386-DX40 laufen zu lassen und darauf eine VM mit Windows 11 zum Laufen zu bringen. Viel Glück. Das scheitert schon an der virtuellen Festplatte mit 100 GB auf einer IDE-Festplatte, die aufgrund der CHS-Adressierung im HDD-Controller und eines FAT-Dateisystems in Windows 3.1 gar nicht abbildbar ist.
Dann, als drittes, müßten wir noch mal über das „wir“ sprechen: solange nur ich existiere und das Universum eine Simulation für mich ist, isses einfach. Also: wirklich einfach. So wie in „hinter meinem Rücken existiert kein Universum“. Das ist einfach: ich laß mich einfach rücklings vom Dach fallen. Wenn es ein „Danach“ für mich gibt und meine Welt sich ab da aufs Daumenlutschen beschränkt, wars keine Simulation. (Daß diese Idee dann auch noch den ultimativen Egozentrismus darstellt, laß ich jetzt mal außen vor. Das führt dann doch zu weit.)
Sollte aber das „wir“ ernst gemeint sein und „wir“ als planetare Ökosphäre echt existieren, sieht es für eine Simulation, die nicht von dem, was wir für real halten, unterscheidbar ist, schlecht aus. Aus den Gründen, die Yadgar angeführt hat, und aus noch ein paar anderen.
„Ich wüßte gern, wie du darauf kommst.“
Der Grund ist, dass wir nicht wissen können, wie sich eine Simulation von einem realen Universum unterscheidet. Im Gegensatz zu den Matrix-Filmen, sind wir (im Falle einer Simulation) keine außerhalb des Modells entstandenen und unabhängig denkenden Entitäten, denen nur eine Realität vorgegaukelt wird, sondern wir sind Teil der Simulation, und das Modell entscheidet darüber, was wir denken und erkennen können.
Jedes Naturgesetz und und jede physikalische Gegebenheit kann entweder Realität sein oder eine spleenige Vorgabe des Simulationsmodells. Wie sollen wir das unterscheiden können? Es gibt keine rote und blaue Pille. Selbst wenn wir irgendwann durch einen unbeabsichtigten Bug im Simulationsmodell auf die Idee kommen würden, dass das Universum so eigentlich nicht funktionieren kann, dann könnte die Simulation gestoppt, der Bug gefixt, und die Simulation beim letzten Snapshot fortgesetzt werden. Wir würden nicht das Geringste davon mitbekommen. Wir würden vielleicht als Primaten wieder aufsetzen und die gesamte Wissenschaft neuentwicklen, diesmal ohne den Bug. Das gleiche gilt für deinen Sprung vom Dach. Wenn das Modell deinen Sprung nicht zulässt, dann springst du nicht. Wenn das Modell vorsieht, dass du Daumen lutscht, wird du das tun und denken, das Universum sei echt. Oder das Modell entfernt die Idee mit dem Sprung aus deinem Kopf und spult dich zurück an den Punkt, wo du auf das Dach kletterst.
Es braucht gar nicht das ganze Universum simuliert zu werden, sondern nur unsere Sinneseindrücke. Weil das ist alles, was wir haben, plus vielleicht noch Gedanken, Emotionen und Erinnerungen.
Wenn wir eine Kuh auf der Wiese sehen, sehe wir in Wirklichkeit nicht die Kuh, sondern braune, optische Sinneseindrücke umgeben von grünen Eindrücken. Aus Erfahrung wissen wir dann, ah, das ist einen Kuh. Ein Baby weiss das aber noch nicht und sieht einfach farbige Flecken ohne Bedeutung.
Dasselbe trifft auf Hör-, Riech-, Geschmacks- und Tastempfindungen zu. Einzig den Sinneseindrücke im gegenwärtigen Augenblick können wir uns sicher sein. Weil die nehmen wir ja gerade jetzt wahr. Aber die Interpretation dieser Eindrücke hängt massgeblich von unserer inneren Landkarte ab – resp. den Erfahrungen, die wir in unserem Leben gesammelt haben. Es gibt hingegen keinerlei Beweis, dass das was wir in die Sinneseindrücke hinein interpretieren, auch tatsächlich wahr ist!
Von da her reicht ein einzelnes Programm welches eine Art künstliches Bewusstsein erzeugt, dem als Input Sinneseindrücke gefüttert werden, die gemäss den im künstlichen „Lebenserfahrungsspeicher“ abgelegten Regeln plausibel erscheinen. That’s it.
Man braucht nur ein einzelnes Bewusstsein zu simulieren. Alle anderen Menschen, die ganze Welt, ja das ganze Universum brauchen gar nicht zu existieren, sondern können vorgegaukelt werden. Ja selbst mit der Konsistenz der Erfahrungen braucht man es nicht allzu genau zu nehmen, wenn jederzeit die Erinnerungen manipuliert werden können. Vielleicht ging ja gestern die Sonne im Westen auf? Nicht sehr wahrscheinlich, aber ich kann mir dessen nicht sicher sein. Es ist auch nicht klar, ob wir einen Körper haben. Die Sinneseindrücke sind alles, worauf wir uns verlassen können.
Innerhalb der Simulation wird man vermutlich auch nie in der Lage sein, diese festzustellen. Selbst wenn die Taktrate des Rechners nur 1Mhz beträgt, würde man das in der Simulation nicht merken. Die Planck-Zeit entspräche dann vielleicht einem Programmschritt.
Spannend finde ich, wie sich hier am äussersten Rand der Wissenschaft der Kreis zur Spiritualität und zu Buddha wieder schliesst: Das Ich sei nur eine Illusion und wahr sei einzig das Wahrgenommene.
Relativ zu was eine Simulation?
Wenn alles Seiende eine Simulation ist und es sonst nichts anderes gibt, dann ist die Simulation die Realität und keine Simulation.
Eine Simulation könnte nur relativ zu einer Realität eine Simulation sein. In diesem Fall jedoch wäre die Simulation keine Simulation, sondern die Realität.